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Regelwerk für die Benutzung des Forums Gipfeltreffen

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Sie sind von den Forenbetreibern verpflichtet, für die Einhaltung der Regeln zu sorgen und somit ermächtigt, die von Usern/-innen bereit gestellten Inhalte (Texte, Anhänge und Verlinkungen) daraufhin zu prüfen und im Bedarfsfall zu bearbeiten, verschieben, zu löschen oder Themen zu schließen. Im Falle der Löschung von Beiträgen können auch jene Beiträge anderer User ganz oder teilweise entfernt werden, die auf einen gelöschten Beitrag Bezug nehmen.

Änderungen von Beiträgen werden - soweit irgend möglich – unter Angabe des Änderungsgrundes gekennzeichnet. Eingriffe, die den Sinn eines Beitrags verändern, werden nicht vorgenommen. Für die geänderten Teile eines Beitrags haftet der ursprüngliche Ersteller nicht.

Wer etwas gegen das aktive Handeln der Moderatoren/-innen vorzubringen hat, kann dies sachlich, mit konkretem Bezug und zeitnah (innerhalb von 6 Wochen ab Anlass) im Unterforum "Zum Forum/Moderation..." darlegen. In allen anderen Foren werden solche Postings im Sinne der Thementreue der Beiträge kommentarlos gelöscht. Bloßes „Mod-Bashing“ führt zu einer sofortigen Sperre.

Das Unterlaufen von Handlungen und Maßnahmen der Moderatoren ist nicht zulässig. Darunter fällt auch das Fortführen des Themas eines geschlossenen oder gelöschten Threads in einem neuen gleichartigen oder ähnlichen Thread. Ergänzungen und Hinweise von Moderatoren und Administratoren dürfen von Usern in deren Beiträgen nicht verändert oder gelöscht werden.

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Ein übermäßiges Ausnutzen der Signatur ist unerwünscht. Diese sollte vor allem eine maßvolle Größe haben. Nicht mit der Forumsleitung abgesprochene Werbung (für kommerzielle Angebote), Beleidigungen oder Anspielungen in der Signatur oder dem Profiltext werden nicht toleriert.

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10) Gemeinschaftstouren/Bazar

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11) Regelwidriges Verhalten

User/-innen, die sich regelwidrig verhalten, werden per PN verwarnt und/oder gesperrt. Art und Dauer der Maßnahme richten sich nach der Schwere und der Häufigkeit der Regelübertretung/en. Die betroffenen User/-innen werden darüber per Mail informiert. Ein Posten unter einer anderen Registrierung in der Zeit der Accountsperre ist verboten und zieht automatisch eine Verlängerung der Sperre nach sich.

Wer gegen geltendes Recht verstößt, wird im Ernstfall von uns zur Anzeige gebracht.

12) Information

Die Forumsbetreiber behalten sich das Recht vor,
- alle registrierten User/-innen in unregelmäßigen Abständen über Themen rund um das Bergsteigen, alpiner Sicherheit, Risikomanagement und Weiterbildung per Mail zu informieren und
- dieses Regelwerk jederzeit abzuändern.

13) Nutzung von hochgeladenen Anhängen

Die User/-innen stellen den Forenbetreibern die eingestellten Bilder sowie sonstige Anhänge zur Nutzung im Forum zur Verfügung. Eine darüber hinaus gehende Nutzung der eingestellten Bilder und sonstigen Anhänge durch die Forenbetreiber erfolgt nicht.
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Alpine Umwelten

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  • Alpine Umwelten


    Bei meinen Recherchen zu Krisengebieten der Erde stosse ich immer wieder auf kleine, aber brisante Meldungen und grössere, sehr spezialisierte Forschungsberichte aus der Welt der Berge. Dafür ein eigenes Thema zu eröffnen, lohnt meist nicht. Ich sammle sie hier, parallel zu den Polaren Umwelten. Hinweisen versuche ich solange nachzugehen, bis ich auf online zugängliches Quellenmaterial stosse. Passende Beiträge aller Art sind sehr willkommen.

  • #2
    AW: Alpine Umwelten

    Alpentransitbörse: Untersuchung der Praxistauglichkeit

    Das Schweizer Bundesamt für Raumentwicklung hat die umfangreiche Machbarkeitsstudie Alpentransitbörse: Untersuchung der Praxistauglichkeit erarbeitet.

    Wir erinnern uns: Der Alpentransit verursacht 8%, der Tourismus- und Ausflugsverkehr 20% und der Binnenverkehr 72% des Gesamtverkehrsaufkommens in den Alpen.

    Die Alpentransitbörse betrifft LKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5t. Jeder LKW benötigt ein Alpentransitrecht zur Alpenüberquerung. Für jeden LKW muss eine On-Board Unit mit Nahbereichsfunk erworben und eingebaut werden. An der Passstelle wird das Transitrecht im Vorbeifahren entwertet.

    Der Staat oder die Staatengemeinschaft bestimmt die Gesamtzahl der Alpentransitrechte. Für die Schweiz spricht man von 600,000 Transiten pro Jahr. Diese Obergrenze ist eine politische Grösse. Sinn der Alpentransitbörse ist, den alpenquerenden Verkehr mit marktwirtschaftlichen Mitteln zu beschränken. Strassen- und Schienenverkehr sollen auf Augenhöhe um den besten Preis konkurrieren.

    Die Gesamtzahl der Alpentransitrechte wird mit dem Faktor 10 multipliziert (warum, wird gleich erklärt). Aus 600,000 Alpentransitrechten werden so 6,000,000 Alpentransiteinheiten. Diese werden versteigert und außerbörslich gehandelt. Jede Alpentransiteinheit bekommt dadurch einen Marktpreis.

    Man unterscheidet drei Kategorien: den Standardverkehr (transalpin), den Kurzstreckenverkehr (150km) und den Lokalverkehr (40km). Jetzt wird klar, wozu der Faktor 10 gut ist. Ein Alpentransitrecht für den Standardverkehr kostet 10 Alpentransiteinheiten, eines für den Kurzstreckenverkehr 5 Alpentransiteinheiten und eines für den Lokalverkehr 2 Alpentransiteinheiten. Mit diesem Alpentransitrecht kann der LKW losfahren.

    Für die Schweiz rechnet man mit Investitionskosten von 50 bis maximal 60 Mio. CHF und mit jährlichen Nettoeinnahmen von über 100 Mio. CHF.

    In Österreich arbeitet Hellmut Alde von der Fachhochschule Kufstein an ähnlichen Konzepten.

    Historische Erinnerung: "Bäuerliche Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Nutzung von Ressourcen führten im Spätmittelalter zur Herausbildung sogenannter Passstaaten, die sich über beide Seiten des Alpenkammes erstreckten. Neben dem Bund von Briançon gehören Savoyen, die Alte Eidgenossenschaft und Tirol dazu. [...] Spätestens die Nationalstaaten des 19. Jahrhunderts trachteten jedoch danach, den aus ihrer Sicht peripheren alpinen Raum einzubinden, so dass beispielsweise Tirol zwischen Österreich und Italien sowie Savoyen-Piemont zwischen Frankreich und Italien geteilt werden musste. Die Schweiz ist der einzige der alpinen Passstaaten, der bis heute überlebt hat." (Wikipedia) Die Alpenkonvention von 1991 und ihre Folgen sind ein Beleg dafür, dass die vom Alpenhauptkamm her gedachten Alpen zu einem eigenständigen Politikfeld werden. Die Alpentransitbörse beansprucht Passstaatenqualität für den Alpenraum.

    Volltext Alpentransitbörse: Untersuchung der Praxistauglichkeit (pdf)
    Zuletzt geändert von geröllheimer; 06.05.2007, 19:39.

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    • #3
      AW: Alpine Umwelten

      Gotthard-Bergstrecke soll UNESCO-Weltkulturerbe werden

      Semmeringbahn und Darjeeling Himalayan Railway sind bereits seit 1998 und 1999 UNESCO-Weltkulturerbe. Die Kandidatur der Kulturlandschaft Albula- und Berninabahn ist eingereicht. Zum 125jährigen Jubiläum der Gotthardbahn streben die Kantone Uri und Tessin und die SBB eine weitere Bewerbung an: "Die Arbeitsgruppe empfiehlt, die Kandidatur am Gotthard auf das Thema der so genannten "culture route", die historische Transitachse, auszurichten, die über ihre Verkehrswege Träger des kulturellen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Austausches zwischen dem Norden und Süden Europas war und ist." Ausser der Gotthardbahn sollen "auch andere Elemente der Passgeschichte am Gotthard wie beispielsweise die Tremola als Relikt der Gotthardkutschenzeit, das Hospiz, die Teufelsbrücke und das Suworowdenkmal in der Schöllenen, die Säumersiedlung Silenen-Dörfli, ja selbst die bedeutendsten Autobahnbrücken in der Leventina und die Eisenbahnerorte Biasca und Erstfeld" in die Kulturroute einbezogen werden. Zu erwägen ist auch der Einbezug militärischer Verteidigungsanlagen, die in einem engen Zusammenhang mit den historischen Verkehrswegen stehen."


      Gotthard-Bergstrecke soll UNESCO-Weltkulturerbe werden [Volkswirtschaftsdirektion Uri, 23. April 2007]

      Der Regierungsrat hat die Vorbereitungen zur definitiven Lancierung einer Kandidatur zur Anerkennung der Gotthard-Bergstrecke als UNESCO-Weltkulturerbe beschlossen und will dabei die Federführung übernehmen. Der Beschluss stützt sich auf die Ergebnisse einer aus den Kantonen Uri und Tessin, sowie den SBB zusammengesetzten Arbeitsgruppe. Danach ist eine Kandidatur inhaltlich gerechtfertigt. Die Arbeitsgruppe schätzt die Chancen für eine Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe als "gut" ein.

      Die zentralen Chancen des Projekts liegen darin, dass die touristischen Vermarktungsmöglichkeiten unter dem Label "UNESCO" auf dem nationalen und internationalen Markt entscheidend verbessert werden. Damit lässt sich - ergänzt mit neuen Angeboten (z. B. Bahnwanderweg, Aussichtsplattformen, Dampfzüge, Packages, Nostalgiefahrten auf Bahn und Strasse, Sasso San Gottardo etc.) - die touristische Wertschöpfung im Kanton Uri und in der Leventina nachhaltig steigern.

      Der Kanton Tessin und die SBB haben ihre Bereitschaft signalisiert, die Kandidatur mit zutragen und zu unterstützen. Das Bundesamt für Kultur (BAK) unterstützt eine Kandidatur der Gotthard-Bergstrecke ebenfalls. Es hat auch eine anteilige finanzielle Unterstützung der Kandidatur in Aussicht gestellt.

      In einer ersten, rund ein Jahr dauernden Phase, wird nun eine aus den vier Trägern (Kantone Uri und Tessin, SBB und BAK) gebildete Projektgruppe ein Vorgehens- und Finanzierungskonzept sowie erste Fachgutachten und einen detaillierten Terminplan erarbeiten. Basierend darauf will der Regierungsrat die Lancierung zu gegebener Zeit definitiv auslösen oder stoppen. Fällt dieser Entscheid positiv aus, wird der Kanton Uri ein umfassendes Kandidaturdossier erarbeiten. Die entsprechenden Arbeiten dürften rund zwei Jahre beanspruchen.
      Volltext Die Gotthardbergstrecke als Weltkulturerbe der UNESCO? Chancen und Risiken der Lancierung einer Kandidatur (pdf)

      related: PanGottardo
      Zuletzt geändert von geröllheimer; 06.05.2007, 19:45.

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      • #4
        AW: Alpine Umwelten

        Alter von Bergstürzen

        Den Fernpass kennen fast alle. Viele wissen, dass der Fernpass auf der 16km langen Schüttung eines riesigen Bergsturzes verläuft. Der Fernpass-Bergsturz ist mit etwa einem Kubikkilometer Masse der drittgrösste der Ostalpen. Am Fernpass-Scheitel ist die Bergsturzmasse mehrere hundert Meter dick. Aber wann ist dieser Bergsturz passiert? Mit einer neuen Methode berechnete eine internationale Forschergruppe ein Bergsturzalter von 4150 ± 100 Jahren.

        fernpass.jpg
        Blick vom Fernpass nach Nordosten über den Blindsee. Alles unter der rosa Linie ist Bergsturzmasse!

        Unter Einbeziehung detaillierter Geländeuntersuchungen von Christoph Prager (alpS, Universität Innsbruck), konnte nun durch Zusammenarbeit von Geologen, Geochemikern und Physikern verschiedenerForschungseinrichtungen der Uni Innsbruck, Uni Zürich und Uni Bern dem Fernpass-Bergsturz erstmals ein sehr enger Altersbereich zugewiesen werden. Die Lösung des Problems lag bei zwei verschiedenen Mess-Verfahren.

        Die Physikerin Susan Ivy-Ochs von der Universität Zürich datierte das Expositionsalter der Gesteinsoberfläche der riesigen Ausbruchsnische des Bergsturzes mit Hilfe der chemischen Veränderungen im Gestein, die durch kosmische Strahlung entstehen. Die dabei gewonnenen zwei Alter zeigen an, vor wie langer Zeit eine Gesteinsfläche durch Abbruch freigelegt worden ist: 3600 ± 900 Jahre; 4800 ± 1100 Jahre; Durchschnitt 4100 ± 1300 Jahre, das wahrscheinlichste Alter des Bergsturzes.

        Geologen der Universität Innsbruck und von alpS beschritten einen völlig anderen Weg. "Wir fanden etwas, das bisher niemandem aufgefallen war: Unter riesigen Bergsturzblöcken war es knapp nach dem Bergsturz zur chemischen Absonderung einer bestimmten Art von Kalk, dem sogenannten "Aragonit" gekommen", sagt Prof. Sanders. Der Aragonit vom Fernpass enthält die radioaktiven Elemente Uran und Thorium. Das Isotop 234Uran zerfällt im Laufe der Zeit mit gleichbleibender Wahrscheinlichkeit in das Isotop 230Thorium.

        Sanders erklärt weiter "man hat also eine "Uhr" zur Verfügung, die es erlaubt, die Zeit seit der Bildung des Aragonits zu messen, indem man die relativen Mengen an Thorium und Uran in diesem Mineral misst!"

        Im Rahmen eines vom FWF finanzierten Projekts, geleitet von Prof. Diethard Sanders, gelang es Marc Ostermann im Rahmen seiner Dissertation, mit der Uran-Thorium Methode das Alter des Bergsturzes mit bislang unerreichter Genauigkeit zu ermitteln. Die Messungen von Marc Ostermann wurden an der Universität Bern, im Labor und unter Beratung von Prof. Jan Kramers, ausgeführt. Demnach ging der Bergsturz vor mindestens 4150 ± 100 Jahren vor heute nieder.

        Die Übereinstimmung der Alter des Fernpass-Bergsturzes, die mit zwei völlig verschiedenen Methoden bestimmt wurden, ist beeindruckend (4100 ± 1300 Jahre: Durchschnitt der Gesteins-Expositionsalter; 4150 ± 100 Jahre: U/Th-Alter des Aragonits).

        Presseaussendung der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck vom 15. März 2007 (pdf)
        Warum ist der Berg gerade damals gestürzt, und was waren die Folgen? Ersteres ist halb geklärt: Der Berg war schon zerrüttet, unter ihm liegt eine tektonische Bruchzone, das Klima spielte auch mit, es gab mehr Niederschläge, sie brachten mehr Wasser in den Berg. Letzteres wird sich wohl nie klären lassen: "2000 vor Christus waren sicher schon Menschen oben", glaubt Ostermann, "aber Spuren gibt es keine, das Bergsturzmaterial liegt im früheren Tal 300 bis 400 Meter hoch."

        Geologie: Der Bergsturz, aus dem der Fernpass wurde [Die Presse, 18. April 2007]
        Forschungsprojekt von alpS: Methodisch innovative multidisziplinäre Prozessanalyse für Monitoring und Modellierung instabiler Hänge

        Diethard Sanders

        Geologie und Paläontologie der Universität Innsbruck

        Weiterführende Literatur:
        • Christoph Prager und Christian Zangerl, Kinematics of a Long Run-Out Rockslide: A Case Study from the Fernpass-Region (Northern Calcareous Alps, Tyrol, Austria), in: Geophysical Research Abstracts, Vol. 7, 02737, 2005
        • Marc Ostermann, Diethard Sanders, Christoph Prager and Jan Kramers, Aragonite and Calcite Cementation in "Boulder-Controlled" Meteoric Environments on the Fern Pass Rockslide (Austria): Implications for Radiometric Age Dating of Catastrophic Mass Movements, in: Facies, Volume 53, Number 2, Mai 2007 (abstract)
        Zuletzt geändert von geröllheimer; 07.05.2007, 11:08.

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        • #5
          AW: Alpine Umwelten

          Wasser kann Erdbeben auslösen

          Viel Aufregung gab es Ende 2006/Anfang 2007 in Basel, weil die Wassereinpressung in die 5000m tiefe Geothermie-Bohrung der Geopower AG mehrere deutlich wahrnehmbare Erdbeben (bis Stärke 3,4) auslöste.


          Dass Wasser Erdbeben auslösen kann, damit beschäftigt sich der Seismologe Joachim Wassermann vom Geophysikalischen Observatorium der Ludwig-Maximilians-Universität in Fürstenfeldbruck. Wenn es regnet, studiert er die einlaufenden Daten von acht am 1771m hohen Hochstaufen bei Bad Reichenhall installierten Seismographen.

          Seine Forschungen erläutert anschaulich ein Artikel im Münchner Merkur vom 5. Mai 2007: Bei Regen bebt der Berg: Tausende Erdstöße durch Wasser - Auch Geothermie als Auslöser.

          Verantwortlich für das Naturphänomen ist der besondere Zustand der Erdkruste in der Region, vermuten die Forscher. Der Berg scheint unter hoher mechanischer Spannung zu stehen, weil die afrikanische Kontinentalplatte die Alpen nach Norden drückt. "Der Hochstaufen besteht vor allem aus klüftigem Kalkstein, in den das Wasser gut eindringen kann", erklärt Wassermann. Wenn viel Regenwasser in den Berg einsickert, wirkt es dem Druck entgegen, der die Felsmassen eigentlich zusammen presst. Dann können sich Spannungen plötzlich entladen – und die Erde bebt. "Das Wasser wirkt wie ein Schmiermittel", erläutert der Seismologe die Vorgänge anschaulich.
          Zuletzt geändert von geröllheimer; 06.05.2007, 19:47.

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          • #6
            AW: Alpine Umwelten

            Hallo Geröllheimer,

            ich muß es dir jetzt mal hier ganz deutlich sagen, ich finde deine postings irre interessant(ganz ehrlich) - sag woher hast all diese Infos, hast du beruflich damit zu tun oder ist dein Hobby?

            Ich finde deine threads zu all diesen Tehmen sind eine wichtige Bereicherung in diesem Unterforum - kaum wer bringt so viel Interssantes zu diesem kaum bekannten Themen ein!
            LGr. Pablito

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            • #7
              AW: Alpine Umwelten

              Danke pablito. Das tut gut, wenn man von denen gegengelesen wird, deren Leben und Werk man bewundert. Im Mittelpunkt des Forums stehen ja persönliche Erfahrungs- und Anschauungsberichte. Manchmal wirkt aber auch ein Streiflicht aus wissenschaftlichen, medialen und kulturellen Welten erhellend. Dank Internet kann auch ein Hinterwäldler am Weltgeschehen teilnehmen.

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              • #8
                AW: Alpine Umwelten

                Klimawandel und Gesundheit

                StartClim ist ein von auffälligen Klimaereignissen angeregtes Forschungsprogramm, in dem sich seit Anfang 2003 österreichische Forscher und Forscherinnen aus zahlreichen österreichischen Institutionen interdisziplinär mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen, insbesondere auf Österreich, auseinandersetzen.

                Jährlich erfolgt eine Ausschreibung, 2007 die fünfte. Knapp zehn Projekte werden jährlich gefördert. Interessante Forschungsideen können so in kurzer Zeit angepackt und die aussichtsreichsten später im Rahmen der üblichen Forschungsförderung weiter verfolgt werden.

                Seit kurzem liegt die Abschlussberichte von StartClim2005 in Zusammenfassungen und Volltexten vor. Acht Projekte erforschten die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit. Zwei davon untersuchten die steigende Sterblichkeit in Wien, wenn die Maximaltemperatur an drei aufeinander folgenden Tagen 30 Grad erreicht bzw. die nächtliche Abkühlung 20 Grad nicht unterschreitet. Die Studien zeigen eine erhöhte Mortalität, bleiben aber, wie mir scheint, die Antwort auf die Frage schuldig, ob es sich um eine zusätzliche oder eine kurzfristig verschobene erhöhte Sterblichkeit handelt.

                Klimawandel verändert die Lebensbedingungen aller Lebewesen und damit die Population in bestimmten Räumen. Nicht weniger als fünf Projekte beschäftigen sich mit der klimatologischen Begünstigung bestimmter (tularämieauslösender) Bakterien, Insekten (Schadinsekten im biologischen Landbau), Pflanzen (Gewächshausschädling Kalifornischer Blütenthrips), Allergene (Vordringen der Ambrosie) und Wälder (Anstieg der Baumgrenze).

                Das letztgenannte Projekt ist für den Kontext unseres Forums einschlägig. Es heisst GIS-gestützte Ermittlung der Veränderung des Lebensraumes gefährdeter Wildtierarten (Schneehuhn, Birkhuhn, Gamswild, Steinwild) bei Anstieg der Waldgrenze aufgrund Klimaveränderung (pdf-Volltext). Das Untersuchungsgebiet sind die Niederen Tauern.

                Man weiss, dass das Baumwachstum sehr temperaturabhängig ist und dass für die Baumobergrenze die 10°C Juli-Isotherme eine wichtige Rolle spielt. Legt man das gängige Klimamodell MM5 zugrunde, wandert die 10°C Juli-Isotherme in den nächsten 50 Jahren um 450m nach oben.

                Das aktuelle Habitat von Schneehuhn, Birkhuhn, Gamswild, Steinwild in den Niederen Tauern wurde mit Hilfe eines Geografischen Informationssystem kartographiert und im Gelände überprüft. Würde die Waldgrenze der prognostizierten 10°C Juli-Isotherme folgen, ergäbe sich eine dramatische Arealeinschränkung für die genannten Tierarten. Insbesondere das Schneehuhn wäre in seiner Existenz gefährdet.

                huhn.jpg
                Aktuelle und zukünftige Habitateignung für Schneehuhn unter Annahme des Ansteigens der Waldgrenze aufgrund Klimaerwärmung

                StartClim2005 Zusammenfassung Helga Kromp-Kolb und Ingeborg Schwarzl, StartClim2005: Klimawandel und Gesundheit, Wien: Institut für Meteorologie 2006 (pdf)

                Der Volltext aller acht Studien ist von der StartClim2005-Seite abrufbar.

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                • #9
                  AW: Alpine Umwelten

                  Zukunft in den Alpen

                  "Die Zukunft gehört denen, die sie mitgestalten. In den Alpen arbeiten ungezählte Initiativen mit abertausenden AktivistInnen als Zukunftsmacher. Doch wissen die meisten von ihnen nicht, dass irgendwo Menschen an exakt den gleichen Problemen tüfteln wie sie. An dieser Stelle setzt das Projekt Zukunft in den Alpen der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA an. Es geht darum, alpenweit Erfahrungswissen zu sammeln, zu ordnen und jenen zur Verfügung zu stellen, die dieses Wissen benötigen."

                  Zukunft in den Alpen/Future in the Alps ist ein im Sommer 2004 gestartetes Wissensmanagementprojekt der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA. Ziel ist eine Zusammenfassung und Vernetzung soziokultureller Initiativen im Alpenraum, die eine nachhaltige Entwicklung anstreben.

                  "Ein Jahr lang waren mehr als 40 Wissenschaftler, Planerinnen und Praktiker in den Alpen unterwegs, um das Wissen zu sechs Themenkomplexen zusammen zu tragen." Das sind die Themenkomplexe: (1) Regionale Wertschöpfung, (2) Soziale Handlungsfähigkeit, (3) Schutzgebiete, (4) Mobilität, (5) Neue Formen der Entscheidungsfindung, (6) Politische Handlungsstrategien.

                  "Die Recherche dieser "Best Practices" mündete im Sommer 2005 in einem alpenweit ausgeschriebenen Wettbewerb, bei dem zu jedem der sechs Themen Projekte eingereicht werden konnten. In jeder Kategorie erhielt das beste Projekt ein Preisgeld von 25'000 Euro. Das Echo war groß: 572 Projekte bewarben sich.

                  Ausgezeichnet wurden beispielsweise die Holzbaukunst Bregenzerwald in Österreich, der Landschaftspark im slowenischen Logartal, der von lokalen AkteurInnen im Rahmen einer eigenen Gesellschaft getragen wird und die Gemeinde Werfenweng, ebenfalls in Österreich, mit ihren Aktivitäten zum Thema nachhaltige Mobilität."


                  Inzwischen gibt es den Wissensfundus alpKnowhow, eine Datenbanksuche, eine umfangreiche Linkliste zu den einzelnen Initiativen, (englischsprachige) Einzelreports zu den sechs Themenkomplexen und einen Synthesereport, sowie die in wechselnden Alpenorten stattfindende Workshopreihe Wissen verbreiten-Menschen vernetzen.

                  Die Online-Datenbank umfasst 240 Literaturexzerpte zum Stand des Wissens, 160 Best Practice Beispiele aus den gesamten Alpen und 570 Projekte, die im Rahmen des alpenweiten Wettbewerbs im Sommer 2005 eingereicht wurden.

                  "Darüber hinaus wird die CIPRA Ende 2007 ihren 3. Alpenreport veröffentlichen. Dieser wird in sehr attraktiver und leserfreundlicher Form ebenfalls die Erkenntnisse aus dem Projekt "Zukunft inden Alpen" präsentieren."

                  Den besten Einstieg bietet im Moment die deutsche Ausgabe des CIPRA Info 82 Zukunft in den Alpen: Wissen verbreiten, Menschen vernetzen vom März 2007. Dieser Überblick kann im pdf-Format heruntergeladen werden.

                  Während Datenaufnahme und -auswertung abgeschlossen sind, verlagert sich das Schwergewicht auf Vernetzungsprojekte.

                  Mi einem Budget von rund 2,4 Mio. Euro wird von März 2006 bis Februar 2008 NENA, das Netzwerk nachhaltig wirtschaftender Klein- und Mittelunternehmen im Alpenraum aufgebaut. Lead Partner ist der Entwicklungsverein Natur- und Kulturerbe Vorarlberg. Die anderen Projektpartner sind Dachverbände, Forschungsinstitutionen sowie Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen aus verschiedenen Fachrichtungen.

                  Im Rahmen des Projekts DYNALP2 setzen Gemeinden aus dem Alpenraum die in alpKnowhow erarbeiteten Empfehlungen um. Das Projekt wird vom Gemeinde-Netzwerk Allianz in den Alpen getragen. Es hat die Umsetzung der Alpenkonventionsprotokolle und die verstärkte Vernetzung zwischen Gemeinden zum Ziel. Für Projektausschreibungen wurden bislang 500'000,– Euro ausgelobt.

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                  • #10
                    AW: Alpine Umwelten

                    Zwei Zeitungsartikel zu Versuchen selbstbestimmten Lebens in den Alpen, auf die ich gerade gestossen bin:

                    (1) Bettina Dyttrich, Aufbruch im Goms [WOZ, 3. Mai 2007]

                    "Sie ziehen mit Maultieren über alle Berge, erfinden Raviolisorten oder servieren Suppe aus Schlüsselblumen - alles biologisch. Besuch bei drei Pionierbetrieben zuoberst im Wallis."

                    (2) Ulrike Moser, Urlaub: Auszeit auf der Alm [profil 19/07]

                    "Zur Selbstfindung muss man nicht unbedingt mit tibetischen Mönchen meditieren. Immer mehr Städter entfliehen dem Alltagstrott, indem sie sich zeitweise als Bergbauern oder Hüttenwirte betätigen – und finden in der rauen Natur oft zu einer neuen Ausgeglichenheit."

                    Kommentar


                    • #11
                      AW: Alpine Umwelten

                      Zwei Zeitungsartikel zur Permafrostforschung in der Schweiz und zum Alarmsystem am Grindelwaldgletscher:

                      (1) "Am Permafrost zeigt sich die Klimaerwärmung – sein Schmelzen verringert die Felsstabilität"

                      Der Zeigefinger [St. Galler Tagblatt, 8. Mai 2007]

                      Links: Permafrost Monitoring Switzerland | Wilfried Haeberli

                      (2) "Der See auf dem Grindelwaldgletscher wächst und die Gefahr einer Flutwelle ist nicht gebannt. Dank einem Alarmsystem soll die Gletscherschlucht am nächsten Wochenende trotzdem wieder geöffnet werden."

                      Alarm warnt vor Flutwellen [Der Bund, 8. Mai 2007]

                      Link: Gletscherschlucht

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                      • #12
                        AW: Alpine Umwelten

                        Ein ausführlicher Bericht und eine aktuelle Meldung zum Felsenweg am Bürgenstock über den senkrechten Wänden am Vierwaldstättersee:

                        (1) Corinne Buchser, Der Kampf am Berg [Wochenzeitung, 10. Mai 2007]

                        Sehr lesenswerte geoklimatologische und kulturgeschichtliche Reportage über den historischen Felsenweg am Bürgenstock, der immer wieder von Bergstürzen, Felsabbrüchen und Steinschlag heimgesucht wird.

                        "Am letzten Samstagmorgen war es endlich so weit: Das erste Stück des legendären Höhenwegs am Bürgenstock wurde nach einer umfassenden Sanierung wieder geöffnet. Allerdings nicht für lange: Bereits am Nachmittag ist ein rund fünfzehn Meter langes Stück des Wegs in die Tiefe gedonnert. Nun ist er wieder zu, der Felsenweg, gesperrt. Es ist nicht das erste Mal. Der Felsenweg hat eine turbulente Geschichte."

                        (2) Felsenweg am Bürgenstock bleibt vorläufig geschlossen [Liechtensteiner Vaterland, 7. Mai 2007]

                        "Der spektakuläre Felsenweg am Bürgenstock bleibt nach dem Felsabbruch vom Samstag vorläufig geschlossen. Die erneute Sanierung des eben erst erneuerten Wegs würde rund sechs Wochen dauern und 200 000 Franken kosten."
                        Zuletzt geändert von geröllheimer; 09.05.2007, 21:22.

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                        • #13
                          AW: Alpine Umwelten

                          Kulturwege Schweiz


                          Am 4. Mai 2007 ging das Tourismusprogramm Kulturwege Schweiz, das sorgloses Wandern, Geniessen und Erleben auf historischen Wegen verspricht, in die aktive Betriebsphase über.

                          Die Grundlage von Kulturwege Schweiz ist ein Netz von 12 Kulturweg-routen auf historischen Wegen und Strassen. Sie verbinden lokale touristische Initiativen, Attraktionen der Kultur- und Naturlandschaft und Angebote regionaler Spezialitäten im ganzen Land. Stimmungsvolle Hotels sowie Restaurants mit besonderer Atmosphäre und einem typischen Angebot runden das Programm ab. Im Sommer 2007 bietet Kulturwege Schweiz nun erstmals mehrere Erlebnispackages auf den Kulturwegrouten im ganzen Land an: Übernachtungen, Routeninformation, Gepäcktransport, Museumseintritte, Lunchpakete – für alles ist gesorgt. Wanderer und Wanderinnen, welche die durchwanderte Kulturlandschaft mit all ihren Facetten kennen lernen und dabei doch ganz der eigenen Lust und Laune folgen wollen, kommen mit den Packages von Kulturwege Schweiz voll auf ihre Rechnung.

                          Medienmitteilung Verkehrshaus der Schweiz vom 3. Mai 2007
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                          Die Schweizerische Post bringt eine Sondermarken-Serie zu den Kulturwegen.

                          --------------------------------------------------------------------

                          Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz


                          Seit Januar 2007 ist das Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz durch ein geografisches Informationssystems (GIS) erschlossen. Es können die Inventar- und die Geländekarte online betrachtet und die Dokumentation in Form von PDF-Dokumenten heruntergeladen werden.

                          Das Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz IVS ist ein weltweit einmaliges Unternehmen: Im Auftrag des Bundes erstellt ViaStoria eine kartografische und beschreibende Bestandesaufnahme aller Strassen und Wege, die aufgrund ihrer historischen Verkehrsbedeutung oder der erhaltenen historischen Bausubstanz von nationaler Bedeutung sind. Ende 2003 hat das Projekt seinen Abschluss gefunden.

                          Dokumentation der zwanzigjährigen Arbeit
                          Die Abteilung Forschung von ViaStoria entstand Mitte der 1990er-Jahre aus dem Bedürfnis heraus, die in der Arbeit am IVS gewonnenen empirischen Erkenntnisse zur Verkehrsgeschichte theoretisch zu untermauern und das spezifische Fachwissen der MitarbeiterInnen von ViaStoria wissenschaftlich zu vernetzen. ViaStoria ist der Universität Bern angegliedert.

                          Das Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz ergänzt das Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz und das Inventar der rechtskräftig geschützten Naturschutzgebiete der Schweiz.
                          Zuletzt geändert von geröllheimer; 10.05.2007, 10:47.

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                          • #14
                            AW: Alpine Umwelten

                            Potenzialarme Räume - Alpine Brachen - Reservate

                            2005 erschienen drei umfangreiche Studien über die räumliche Struktur der Schweiz, die deren am Ausgleich zwischen den Regionen orientierte Raumplanung radikal in Frage stellen:

                            (1) Hansjörg Blöchliger, Baustelle Föderalismus: Metropolitanregionen versus Kantone. Untersuchungen und Vorschläge für eine Revitalisierung der Schweiz. Herausgegeben von Avenir Suisse, Zürich: NZZ 2005 (Zusammenfassung, pdf)

                            Der Autor konfrontiert die politisch-institutionelle Gliederung nach Kantonen mit den wirtschaftlich dominierenden Metropolitanregionen der Schweiz.


                            Sechs metropolitane Grossregionen plus drei grosse ländliche Gebiete würden zur funktionalen Gliederung des Landes ausreichen.

                            (2) Roger Diener, Jacques Herzog, Marcel Meili und Christian Schmid, Die Schweiz: Ein städtebauliches Porträt. Einführung, Grenzen und Gemeinden, Materialien. Herausgegeben von ETH Studio Basel, Institut Stadt der Gegenwart, 3 Bände, Basel: Birkhäuser 2006

                            Drei Architekten, ein Geograf, mehrere Wissenschaftliche Mitarbeiter und 140 Studenten unternahmen zwischen 1999 und 2004 fünf Dutzend Bohrungen durch die geografischen und statistischen Landschaften der Schweiz und fassten die Resultate in fünf Siedlungs-Typen zusammen.


                            Die weisse Ellipse um die Achse von Martigny nach Chur (siehe obere Karte) tauften sie Alpine Brache. Diese "Zone des Niedergangs und der langsamen Auszehrung" breitet sich vom "geografischen und mythologischen Zentrum rund um den Gotthard" in vier Himmelsrichtungen aus und umfasst grosse Teile der Kantone Uri, Graubünden, Tessin und Wallis.

                            (3) Raumentwicklungsbericht 2005, Bern: Bundesamt für Raumentwicklung 2005 (Volltext)

                            Der Raumentwicklungsbericht unterscheidet drei Raumtypen im ländlichen Raum:

                            • Die Gemeinden des periurbanen ländlichen Raums liegen im Einzugsbereich von Agglomerationen oder Einzelstädten. (S. 26)
                            • Die alpinen Tourismuszentren zeichnen sich durch mindestens 100 000 Hotel-Logiernächte pro Jahr sowie durch eine gute bis sehr gute Dienstleistungs- und Infrastrukturausstattung aus. (S. 27)
                            • Der periphere ländliche Raum liegt ausserhalb des direkten Einzugsgebietes der Agglomerationen und ausserhalb des Mittellandes. Er setzt sich zusammen aus peripheren Zentren (5000 bis 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner), peripheren Kleinzentren (2000 bis 5000 Einwohnerinnen und Einwohner), weiteren peripheren Gemeinden (500 bis 2000 Einwohnerinnen und Einwohner) sowie bevölkerungsarmen peripheren Gemeinden (unter 500 Einwohnerinnen und Einwohner). Der periphere ländliche Raum der Schweiz umfasst insgesamt 387 Gemeinden mit rund 278 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und 99 000 Arbeitsplätzen (ohne primären Sektor). (S. 29)
                            • Seite 62 wird rhetorisch angemerkt, es handle sich freilich nicht um "Naturreservate".
                            Aus vier Szenarien für eine Schweiz 2030 entscheidet sich das Bundesamt für Raumentwicklung für das Szenario einer polyzentrischen urbanen Schweiz in einem vernetztes Städtesystem und stellt das Raumkonzept Schweiz in die Mitte einer landesweiten Diskussion. Ab 2008 wird die Neue Regionalpolitik des Bundes in eiem Mehrjahresprogramm bis 2015 umgesetzt. Der Ausrichtung auf Wachstums- und Innovationsprojekte entspricht ein Verzicht auf direkte interregionale Umverteilung.

                            Einen gut lesbaren Überblick über die drei Studien gibt:

                            Markus Schneider, Lebe wild und gemütlich [Weltwoche, 44/05]

                            Rein statistisch müsse heute jede zwölfte Gemeinde der Schweiz als "gefährdet" eingestuft werden. Das ergibt insgesamt 231 "gefährdete" Gemeinden, die sich wie folgt übers Land verteilen: 22 Dörfer im Jura (in denen noch acht Prozent der Kantonsbevölkerung leben), 8 Dörfer in Glarus (sieben Prozent der Bevölkerung), 5 Dörfer in Uri (sechs Prozent der Bevölkerung), 54 Dörfer in Graubünden (fünf Prozent der Bevölkerung) und 46 Dörfer im Tessin (in denen sich nicht einmal mehr drei Prozent der Bevölkerung aufhalten).
                            ------------------------------------------------------------------------

                            Der Begriff der "Alpinen Brache" wurde von Gebietsansässigen als Unwort aufgefasst. Der Ausdruck "Peripherer Urbaner Raum" blieb zu blass. So scheint sich der Terminus "Potenzialarme Räume" durchzusetzen, wie aus den Dokumenten hervorgeht, die wir abschliessend in Augenschein nehmen.

                            Die Beratungsunternehmen BHP Brugger und Partner und Flury & Giuliani haben 2006 für die Kantone Graubünden und Uri Studien zu den kantonalen Potenzialarmen Räumen vorgelegt. Ich beziehe mich im folgenden hauptsächlich auf die Studie für Uri, die online am entwickeltsten vorliegt.

                            Potenzialarme Räume Graubünden: Handlungsmöglichkeiten und Strategien von Kanton Graubünden und Bund, Chur: Kanton Graubünden 2006 (Anhang)

                            Potenzialarme Räume Uri: Handlungsmöglichkeiten und Strategien von Bund und Kanton Uri, Altdorf: Kanton Uri 2006 (Anhang)

                            Folgender Begriff des Potenzialarmen Raums wurde in einem "iterativen Prozess" entwickelt:

                            Potenzialarme Räume sind geographisch-topographisch abgrenzbare Räume, in denen es Gemeinden gibt, deren mittel- bis längerfristige (Über-) Lebensfähigkeit gefährdet ist. Potenzialarme Räume zeichnen sich dadurch aus, dass sich mehrere Prozesse zu einer "Abwärtsspirale" kumulieren. Insbesondere sind dies:
                            • eine negative Beschäftigungs- und Wertschöpfungsentwicklung: Bisher tragende wirtschaftliche Entwicklungspfeiler wie Land- und Forstwirtschaft, Tourismus und öffentliche Arbeitsplätze fallen weg und konnten nicht durch Beschäftigungsmöglichkeiten und Wertschöpfung in gleichen oder anderen Bereichen kompensiert werden.
                            • eine ungünstige Entwicklung der Altersstruktur bzw. Abwanderung: Es fällt den Gemeinden schwer, die gestiegenen Ansprüche der Bevölkerung an das Lebensumfeld (moderne Arbeitsfelder; Bildungs-, Freizeit- und Kulturangebote) zu erfüllen.
                            • ein Abbau oder die Inexistenz der Grundversorgungsleistungen: Die Angebote an Schulen, Lebensmittelgeschäften, Restaurants, Banken oder medizinischer Versorgung sind in diesen Gemeinden tendenziell rückläufig oder fehlen schon heute.
                            • ungünstige Finanzkennzahlen: Die Gemeinden weisen pro Kopf ein vergleichsweise geringes Steueraufkommen auf und verfügen über eine geringe Finanzkraft (hohe Kosten für den Unterhalt der Basisinfrastruktur und die Wahrnehmung der Gemeindefunktionen).

                            Mittel- bis längerfristig ist dadurch in diesen Gemeinden und Talschaften eine weitere Abwanderung bis hin zu einer weitgehenden Entsiedlung zu erwarten.
                            In einer Kombination aus statistischer Auswertung mit Fach- und Praxiswissen wurden kritische, eher kritische, eher nicht kritische und nicht kritische Gemeinden und Gemeindefraktionen bestimmt und zu geographisch-topographischen Clustern zusammengefasst.


                            Trendfortschreibung, Trendbruch und Trendumkehr benennen mögliche Entwicklungsmuster für als kritisch eingestufte Fraktionen, Gemeinden und Gebiete. Regionsspezifische Problemfelder, entwicklungsrelevante Potenziale und denkbare Strategierichtungen wurden ermittelt. Darauf bauen die politischen Handlungskonzepte auf, die in späteren Einträgen kurz skizziert werden.

                            ------------------------------------------------------------------------

                            Die 37. Konferenz der Regierungschefs der Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer ARGE ALP fasste am 23. Juni 2006 in Revò/Nonstal/Trient folgenden Beschluss (doc):

                            Potenzialarme Räume: Umgang mit ungenutzten Potenzialen in Funktionsräumen

                            Der Kanton Graubünden beschäftigt sich im Rahmen der Neukonzeption der Regionalpolitik des Bundes mit Talschaften mit besonderen Entwicklungsproblemen (potenzialarme Räume). Zum Thema Umgang mit potenzialarmen Räumen sind bereits erste Ergebnisse erarbeitet worden.

                            Basierend auf diesen Grundlagen soll unter der Federführung des Kantons Graubünden eine Vergleichstudie unter den Mitgliedsländern der Arge Alp durchgeführt werden. Letztere haben zu dieser alpenspezifischen Problemstellung auch bereits Studien entwickelt.

                            Projektziel ist somit der Aufbau eines grenzüberschreitenden Erfahrungsaustauschs, welcher die Nutzung von Synergien und allenfalls die Lancierung von grenzüberschreitenden Umsetzungsprojekten ermöglicht.

                            An einer internationalen Fachtagung sollen anschliessend die gewonnen Erkenntnisse präsentiert und ausgetauscht werden. Als weiterer Schritt ist der Aufbau eines Jung-Unternehmernetzwerkes zu prüfen.

                            Die Federführung dieses Projekts liegt beim Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden. Die Projektlaufzeit beträgt zwei Jahre (Herbst 2006 bis Herbst 2008). Budget: € 35'000 pro Jahr.
                            Damit eröffnet sich den Alpinen Brachen ein alpenweites Politikfeld.

                            ------------------------------------------------------------------------

                            Das Nationale Forschungsprogramm NFP48: Landschaften und Lebensräume der Alpen lässt sich als eine Art Begleitforschung zum Konzept der Alpinen Brache verstehen.

                            Dokumentation CIPRA-Forum: Alpine Brache–Wege zur Belebung, Luzern, 5. September 2006

                            Graubünden ist kein Reservat: Interview mit Claudio Lardi [Der Bund, 7. Oktober 2006, pdf]

                            related: Wildnisgebiete in den Alpen
                            Zuletzt geändert von geröllheimer; 10.05.2007, 19:01.

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                            • #15
                              AW: Alpine Umwelten

                              Strategien für Alpine Brachen

                              Nachdem der unbekannte Kontinent der Alpinen Brachen durch die Studien zur metropolitanen Schweiz entdeckt worden ist, stellt sich die Frage, wie damit umgehen.

                              Neun Strategien zeichnen sich ab:
                              • Die Wildnisstrategie. Man überlässt die Landschaft den Naturgewalten, tritt den geordneten Rückzug an, oder flüchtet. Ein geordneter Rückzug geht in Form eines Rückbaus und/oder einer Beihilfe für Wegzugswillige vonstatten. Grösstes Wildnisgebiet der Alpen ist der Parco Nazionale Val Grande.

                              • Das Reservat. Auf einer Skala zwischen Landschaftspflege und Freilichtmuseum werden alpine Berufsfelder konserviert und ausgestellt. Der Preis für den Erhalt der Biodiversität ist der Menschenzoo.

                              • Die Kultur der Peripherie. Wer nicht wegzieht oder aus anderen Gegenden herzieht, kann den Reichtum der alpinen Kultur ernst nehmen und an seine Formen anknüpfen, eine alpenspezifische Modernität aus ihm heraus entwickeln, oder sogar in einer Art Alpino-Futurismus ein progressives Angebot an den Rest der Welt entwickeln. Ein Beispiel wäre der Dorfarchitekt Gion A. Caminada.

                              • Alpenweite Vernetzung. Die Makroebene der Kultur der Peripherie. Soziokulturelle Projekte vernetzen sich alpenweit, werden überregional wahrgenommen, erschliessen neue Märkte und gestalten den Alpenraum von innen heraus. Das ist die Strategie der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA, wie wir sie in Beitrag #9 erläuterten.

                              • Digitaler Alpinismus. Virtuelle Vernetzung physischer, kultureller und mentaler Potenziale des Alpenraums. Dazu gibt es hier bereits einen Thread.

                              • Leuchttürme. Grossprojekte mit weltweiter Ausstrahlung werten eine Region auf und ziehen kleinere Investitionen nach. Dazu gehören spektakuläre Infrastrukturprojekte (Porta Alpina, Walliser Jungfraubahn), grossangelegte Tourismusprojekte (Savognin 1900, Tourismus Resort Andermatt), grossflächige Parkifizierungen mit Natur-, Themen-, Sport- und Vergnügungsparks, Welterbezertifizierungen (Gotthard-Bergstrecke) und eventuell auch Kulturbauten.

                              • Überregionaler Turnaround. Man bindet Grossprojekte in eine überregionale Strategie ein und schafft für den neu entstehenden Landschafts- und Kulturraum eine globale Marke. So verfahren die Kantone Uri, Graubünden, Tessin und Wallis mit ihrem Konzept San Gottardo.

                              • Dubai in the Alps. Die alpine Brache als Freiraum für eine Serie spektakulärer Grossprojekte.

                              • Mülldeponie. Endlager für alles, was die Metropolen nicht mögen. Radikale Nutzung der überbliebenen Bebauung zur sanften Zwangsansiedlung von Wohlfahrtsempfängern. Radikale Nutzung der alpinen Topographie zur Energieerzeugung. Radikale Nutzung der alpinen Geologie zur Müllbeseitigung und als atomares Endlager.
                              Zuletzt geändert von geröllheimer; 12.05.2007, 11:20.

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