Hallo,
anknüpfend an whitewaters Frage:
ein paar erläuternde Abbildungen:
Die Hitze ist zweitrangig - denn wie man letzte Woche sah, reichen schon 27 Grad, damit es gewittrig wird.
Entscheidend ist viel mehr, was in der Höhe passiert. Man muss sich vorstellen, dass in der Höhe ein Starkwindband die Erde auf der Nord- und Südhalbkugel umrundet. Klimatologisch gesehen gibt es zwei davon: in der Polarregion (Polarjet) und am Subtropengürtel (Subtropenjet).
Die beigefügte Karte ist gültig für heute mittag (UTC-Zeit; MESZ = UTC+ 2 Std, also 14 Uhr). Dargestellt ist in schwarzen Linien die 300 hPa Fläche, d.h. angegeben ist die Höhe (Zahlen), in der sich ein Luftdruck von 300 hPa befindet. Bei Tiefdruckeinfluss ist die Druckfläche niedriger, bei Hochdruckeinfluss höher. Vereinfacht kann man sich merken, dass hier die Windgeschwindigkeit in ca. 9,1-9,4 km Höhe dargestellt ist, jedoch nur ab einem Wert von 60 Knoten (ca. 110 km/h). Der Meteorologe spricht ab 60 Knoten von einem Jetstream, die Maxima innerhalb dieser Jetstreams heißen Jetstreak, z.B. über Nordfrankreich, Benelux und Nordsee (110 Knoten, ca. 190 km/h).
Die Luftfahrt profititiert von den Jetstreams. Demzufolge ist der Flug von New York nach London eine Stunde kürzer als umgekehrt (mit Gegenwind). Das hat auch Einfluss auf die Flugrouten, weil die Piloten versuchen werden, starken Gegenwind zu meiden (Rückflug weiter südlich).
Wenn es um die Vorhersage für Mitteleuropa geht, achtet der Meteorologe vorwiegend auf das, was sich zwischen der Ostküste Nordamerikas und dem Ostatlantik auftut:
Hier ist der Jetstream keinesfalls geradlinig, sondern durchläuft Berge und Täler. Die Berge heißen Keile und die Täler Tröge. Keile erzeugen am Boden ein Hochdruckgebiet und Tröge ein Tiefdruckgebiet. Die Situation auf der Karte ist keinesfalls statisch, die Keile und Tröge wandern nach Osten, vergrößern und verkleinern sich dabei (d.h. ihre W-O und N-S-Ausdehnung ändert sich).
Der tiefste Punkt des Troges ist die Trogachse, der höchste Punkt des Keiles die Keilachse. Zum besseren Verständnis hab ich die Trogachsen schwarz und die Keilachsen rot markiert.
Die Region östlich der Trogachse wird Trogvorderseite, die östlich des Keiles Keilvorderseite genannt. Analog für die Trog- und Keilrückseite westlicher.
Tendenziell bringt eine Keilvorderseite Schönwetter und eine Trogvorderseite Schlechtwetter. Die Keilrückseite liegt näher am Keil als die Trogvorderseite, während die Trogrückseite näher am Trog als die Keilvorderseite liegt.
In der Situation heute mittag um 14 Uhr MESZ liegt Frankreich auf der Trogvorderseite und Österreich auf der Keilrückseite. In Österreich gibt es also bereits noch verbreitet Schönwetter mit strahlendem Sonnenschein und nur wenigen Quellwolken. In Frankreich ziehen dagegen schon dicke Quellwolken mit kräftigen Gewittern durch. Die Richtung der Wolken/Gewitter orientiert sich am Jetstream. Er ist über Frankreich nordostwärts gerichtet, entsprechend driften die Gewitter auch nach Nordosten. Starke Gewitter entwickeln manchmal ein Eigenleben und scheren nach rechts (hier: Osten) aus. Man kann also aufgrund des Jetstreams nicht zwangsläufig sagen, dass heute alle Gewitter nach Nordosten ziehen werden.
Wie ändert sich die Lage nun?
Nach 24 Stunden
liegt die Trogachse genau über Frankreich, die Keilachse über dem Balkan. Entsprechend befindet sich Österreich an der Trogvorderseite mit Regenwetter.
Weitere 24 Stunden später
ist die Trogachse über uns und der Höhepunkt des Schlechtwetters erreicht,
dahinter gelangen wir allmählich in den Einfluss des Keiles über dem Ostatlantik, der unser Wetter am Wochenende weniger schiach gestalten wird.
Wie man sieht, wandern die Tröge und Keile auf der gesamten Nordhalbkugel nach Osten. Je kürzer der Abstand zwischen Trogachse und darauffolgender Keilachse, umso rascher wandern die Gebilde. Man könnte auch sagen: je mehr Keile und Tröge es gibt, umso rascher wandert alles nach Osten.
Und das erklärt letzendlich, warum es manchmal im 3-Tage Rhythmus schiach wird: Es gibt viele Tröge und Keile (bzw. Wellen), und nach Trogpassage (Schlechtwetter) folgt lediglich ein Zwischenhoch (Schönwetter), ehe schon der nächste Trog vor der Tür steht.
Das Muster könnte jetzt den ganzen Sommer so bleiben, es kann sich aber auch ändern, d.h. die Zahl der Wellen verringert sich und die Schönwetterphasen werden länger. Viele werden sich noch an den Jahrhundertsommer 2003 erinnern. Da gab es vom Februar bis November mit kurzen Unterbrechungen (Mai/Juni) immer wieder langanhaltende Trockenperioden, von den Wärmegewittern im Alpenraum einmal abgesehen.
Damals gab es zwar ebenfalls viele Tröge und Keile, allerdings war das Starkwindband deutlich nach Norden verschoben. Die Trogachsen erreichten Mitteleuropa kaum bzw. streiften nur im Norden und der Hochdruckeinfluss überwog im Großen und Ganzen.
Zusammenfassung:
Der 3-Tage-Rhythmus kommt dadurch zustande, dass das Starkwindband über der Nordhalbkugel nicht kreisrund ist, sondern Berge und Täler ausbildet, die zusammen eine Welle bilden. Mit den Bergen ist Hochdruckwetter, mit den Tälern Tiefdruckwetter verbunden. Je nach Anzahl der Wellen wandern diese rasch oder langsam nach Osten. Bei rascher Wanderung ergibt sich ein 3-4 Tage Rhythmus, bei langsamer Wanderung ein Wochenrhythmus oder noch länger. Entscheidend ist auch, ob das Starkwindband eher nördlich von Europa oder genau über Mitteleuropa verläuft. In Trocken- oder Hitzesommern wie 2003 verläuft es eher nördlich, in Sommern wie heuer eher südlich.
Dieses Jahr kommt zumindest bisher beides zusammen: Das Starkwindband liegt weit im Süden und die Zahl der Wellen ist groß. Bis Ende Juni soll sich nach den aktuellen Prognosen die Zahl der Wellen leicht verringern, d.h. das Schlechtwetter kommt in längeren Abständen. Entsprechend zeichnet sich nach dem Regenwetter am Do/Fr der nächste signifikante Regen erst für darauffolgenden Mi/Do ab.
Gruß,Felix
anknüpfend an whitewaters Frage:
Zitat von whitewater
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Die Hitze ist zweitrangig - denn wie man letzte Woche sah, reichen schon 27 Grad, damit es gewittrig wird.
Entscheidend ist viel mehr, was in der Höhe passiert. Man muss sich vorstellen, dass in der Höhe ein Starkwindband die Erde auf der Nord- und Südhalbkugel umrundet. Klimatologisch gesehen gibt es zwei davon: in der Polarregion (Polarjet) und am Subtropengürtel (Subtropenjet).
Die beigefügte Karte ist gültig für heute mittag (UTC-Zeit; MESZ = UTC+ 2 Std, also 14 Uhr). Dargestellt ist in schwarzen Linien die 300 hPa Fläche, d.h. angegeben ist die Höhe (Zahlen), in der sich ein Luftdruck von 300 hPa befindet. Bei Tiefdruckeinfluss ist die Druckfläche niedriger, bei Hochdruckeinfluss höher. Vereinfacht kann man sich merken, dass hier die Windgeschwindigkeit in ca. 9,1-9,4 km Höhe dargestellt ist, jedoch nur ab einem Wert von 60 Knoten (ca. 110 km/h). Der Meteorologe spricht ab 60 Knoten von einem Jetstream, die Maxima innerhalb dieser Jetstreams heißen Jetstreak, z.B. über Nordfrankreich, Benelux und Nordsee (110 Knoten, ca. 190 km/h).
Die Luftfahrt profititiert von den Jetstreams. Demzufolge ist der Flug von New York nach London eine Stunde kürzer als umgekehrt (mit Gegenwind). Das hat auch Einfluss auf die Flugrouten, weil die Piloten versuchen werden, starken Gegenwind zu meiden (Rückflug weiter südlich).
Wenn es um die Vorhersage für Mitteleuropa geht, achtet der Meteorologe vorwiegend auf das, was sich zwischen der Ostküste Nordamerikas und dem Ostatlantik auftut:
Hier ist der Jetstream keinesfalls geradlinig, sondern durchläuft Berge und Täler. Die Berge heißen Keile und die Täler Tröge. Keile erzeugen am Boden ein Hochdruckgebiet und Tröge ein Tiefdruckgebiet. Die Situation auf der Karte ist keinesfalls statisch, die Keile und Tröge wandern nach Osten, vergrößern und verkleinern sich dabei (d.h. ihre W-O und N-S-Ausdehnung ändert sich).
Der tiefste Punkt des Troges ist die Trogachse, der höchste Punkt des Keiles die Keilachse. Zum besseren Verständnis hab ich die Trogachsen schwarz und die Keilachsen rot markiert.
Die Region östlich der Trogachse wird Trogvorderseite, die östlich des Keiles Keilvorderseite genannt. Analog für die Trog- und Keilrückseite westlicher.
Tendenziell bringt eine Keilvorderseite Schönwetter und eine Trogvorderseite Schlechtwetter. Die Keilrückseite liegt näher am Keil als die Trogvorderseite, während die Trogrückseite näher am Trog als die Keilvorderseite liegt.
In der Situation heute mittag um 14 Uhr MESZ liegt Frankreich auf der Trogvorderseite und Österreich auf der Keilrückseite. In Österreich gibt es also bereits noch verbreitet Schönwetter mit strahlendem Sonnenschein und nur wenigen Quellwolken. In Frankreich ziehen dagegen schon dicke Quellwolken mit kräftigen Gewittern durch. Die Richtung der Wolken/Gewitter orientiert sich am Jetstream. Er ist über Frankreich nordostwärts gerichtet, entsprechend driften die Gewitter auch nach Nordosten. Starke Gewitter entwickeln manchmal ein Eigenleben und scheren nach rechts (hier: Osten) aus. Man kann also aufgrund des Jetstreams nicht zwangsläufig sagen, dass heute alle Gewitter nach Nordosten ziehen werden.
Wie ändert sich die Lage nun?
Nach 24 Stunden
liegt die Trogachse genau über Frankreich, die Keilachse über dem Balkan. Entsprechend befindet sich Österreich an der Trogvorderseite mit Regenwetter.
Weitere 24 Stunden später
ist die Trogachse über uns und der Höhepunkt des Schlechtwetters erreicht,
dahinter gelangen wir allmählich in den Einfluss des Keiles über dem Ostatlantik, der unser Wetter am Wochenende weniger schiach gestalten wird.
Wie man sieht, wandern die Tröge und Keile auf der gesamten Nordhalbkugel nach Osten. Je kürzer der Abstand zwischen Trogachse und darauffolgender Keilachse, umso rascher wandern die Gebilde. Man könnte auch sagen: je mehr Keile und Tröge es gibt, umso rascher wandert alles nach Osten.
Und das erklärt letzendlich, warum es manchmal im 3-Tage Rhythmus schiach wird: Es gibt viele Tröge und Keile (bzw. Wellen), und nach Trogpassage (Schlechtwetter) folgt lediglich ein Zwischenhoch (Schönwetter), ehe schon der nächste Trog vor der Tür steht.
Das Muster könnte jetzt den ganzen Sommer so bleiben, es kann sich aber auch ändern, d.h. die Zahl der Wellen verringert sich und die Schönwetterphasen werden länger. Viele werden sich noch an den Jahrhundertsommer 2003 erinnern. Da gab es vom Februar bis November mit kurzen Unterbrechungen (Mai/Juni) immer wieder langanhaltende Trockenperioden, von den Wärmegewittern im Alpenraum einmal abgesehen.
Damals gab es zwar ebenfalls viele Tröge und Keile, allerdings war das Starkwindband deutlich nach Norden verschoben. Die Trogachsen erreichten Mitteleuropa kaum bzw. streiften nur im Norden und der Hochdruckeinfluss überwog im Großen und Ganzen.
Zusammenfassung:
Der 3-Tage-Rhythmus kommt dadurch zustande, dass das Starkwindband über der Nordhalbkugel nicht kreisrund ist, sondern Berge und Täler ausbildet, die zusammen eine Welle bilden. Mit den Bergen ist Hochdruckwetter, mit den Tälern Tiefdruckwetter verbunden. Je nach Anzahl der Wellen wandern diese rasch oder langsam nach Osten. Bei rascher Wanderung ergibt sich ein 3-4 Tage Rhythmus, bei langsamer Wanderung ein Wochenrhythmus oder noch länger. Entscheidend ist auch, ob das Starkwindband eher nördlich von Europa oder genau über Mitteleuropa verläuft. In Trocken- oder Hitzesommern wie 2003 verläuft es eher nördlich, in Sommern wie heuer eher südlich.
Dieses Jahr kommt zumindest bisher beides zusammen: Das Starkwindband liegt weit im Süden und die Zahl der Wellen ist groß. Bis Ende Juni soll sich nach den aktuellen Prognosen die Zahl der Wellen leicht verringern, d.h. das Schlechtwetter kommt in längeren Abständen. Entsprechend zeichnet sich nach dem Regenwetter am Do/Fr der nächste signifikante Regen erst für darauffolgenden Mi/Do ab.
Gruß,Felix
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