Die Südflanke der Annapurna im Himalaja ist eine 2500 Meter hohe Steilwand aus Eis und Stein. Der Schweizer Alpinist Ueli Steck wollte sie als erster Mensch im Alleingang bezwingen - und stürzte Hunderte Meter in die Tiefe.
Die Nacht war kurz. Um ein Uhr sind sie aufgewacht in ihrem Zelt, das in knapp 5000 Meter Höhe auf einer Felsnase liegt, um zwei erneut, dann wieder um vier, aber erst um sechs Uhr ist der Nebel verschwunden.
Das Frühstück von Ueli Steck und Robert Bösch besteht aus einer Kanne Espresso, den sie auf einem Gaskocher zubereiten, dann ziehen sie los über den Gletscher. Der Anstieg ist anstrengender als vermutet. Nach mehr als drei Stunden Spuren durch sulzigen Schnee, bedroht von Eisbruch und Lawinen, erreichen sie schließlich die breite Gletscherspalte.
Es ist die Stelle, an der Bösch seinen Partner zum letzten Mal mit einem Seil sichert. Dann trennen sich ihre Wege.
Bösch, der Fotograf, kehrt zum Zelt auf der Felsnase zurück. Steck, der Extrembergsteiger, klettert weiter, einen 18 Kilogramm schweren Rucksack auf den Schultern, einen Plastikhelm auf dem Kopf, in jeder Hand einen Eispickel. Immer wieder sinkt er bis zu den Knien im Schnee ein.
Sein Ziel: der Gipfel der Annapurna, 8091 Meter hoch, der zehnthöchste Berg der Erde. Seine Route: eine direkte Linie über die Südwand, ein Massiv aus Eis und Fels, das fast 2500 Meter senkrecht in den Himmel ragt und erst knapp unterhalb der Spitze etwas abflacht. Sechs, sieben Tage würde er für den Aufstieg brauchen.
Steck erreicht den Wandfuß. Eigentlich wollte er dort ein Biwak errichten und bis zum Abend die Lage observieren. Wo drohen Lawinen, wo hängen Eistürme? Wie verändert sich die Sicht, nachdem in den letzten zweieinhalb Wochen schon mittags immer dichte Wolken aufgezogen waren?
Doch die Verhältnisse sind besser als erwartet. Die steile Schneedecke sieht gut aus, er wird zunächst nicht einmal Steigeisen brauchen, die Sicht ist klar und die Wetterprognose, die Steck über Satellitentelefon aus Bern erhalten hat, günstig: Für die nächsten vier Tage haben die Meteorologen eine stabile Hochdrucklage angekündigt.
Es ist Montag, 21. Mai, elf Uhr. Steck verzichtet auf das Biwak. In 5600 Meter Höhe steigt er direkt in die Steilwand ein.
Das Vorhaben des Schweizers, die Annapurna über die Südseite solo und im Alpinstil - ohne Fixseile, ohne künstlichen Sauerstoff, ohne voreingerichtete Höhenlager - zu bezwingen, ist eine der wenigen Pionierleistungen, die auf einem der 14 Achttausender noch zu vollbringen sind.
Es ist ein hochriskantes Unternehmen. Kaum eine andere Route auf einen der welthöchsten Gipfel ist klettertechnisch so anspruchsvoll, und kaum ein anderer Bergriese in Himalaja und Karakorum fordert so viele Opfer. Seit der Erstbesteigung durch die Franzosen Maurice Herzog und Louis Lachenal, die im Juni 1950 über die flachere, aber ebenfalls gefahrvolle Nordvariante den Gipfel bezwangen, standen 150 Menschen auf der Annapurna.
59 andere kamen an dem Berg ums Leben.
Es war Ende Mai 1970, als eine Expedition unter der Führung des englischen Alpinisten Chris Bonington erstmals über die Südwand die Spitze erreichte. Wochenlang hatten elf der damals weltbesten Bergsteiger aus Großbritannien und den Vereinigten Staaten in einer Art Stellungskrieg den Himalaja-Koloss belagert, behämmert und befestigt, ehe zwei von ihnen, Dougan Haston und Don Whillans, mit letzter Kraft ans Ziel gelangten.
Doch beim Abstieg durch den Gletscher, die letzte kritische Passage vor dem Basislager, wurde einer der führenden Expeditionsteilnehmer, Ian Clough, von einer Eislawine erschlagen.
Expeditionsleiter Bonington, ein ehemaliger Berufssoldat, war getrieben von militärischem Eifer. Heute dienen die Grenzgänge in eisige Höhen den Bergsteigern der Selbstverwirklichung - und dann der Selbstvermarktung.
Ihm gehe es um die "persönliche Herausforderung", sagt Ueli Steck, 30. Andere sprechen vom "ultimativen Gefühlsrausch", einem Moment der Erhabenheit nach fast übermenschlicher Anstrengung. Die Kletterprofis bilden einen elitären Zirkel. Nur Erlesenen sind die Grenzerfahrungen zwischen Lebensgier und Todesahnung vorbehalten, wenn die Temperaturen unter minus 40 Grad stürzen, der Sauerstoffanteil in der Luft um zwei Drittel sinkt und permanent Absturz, Lawinen, Eisbruch oder Steinschlag drohen, begleitet von Schlafentzug, Durst und Hunger.
Steck ist ein Prototyp aus dieser Welt. Der gelernte Zimmermann aus dem Berner Oberland, der in Bönigen lebt, gilt seit mehreren Jahren als einer der besten Extrembergsteiger und Freeclimber der Welt. Seinen Ruf hat er sich mit spektakulären Touren erworben. So kletterte er im Sommer 2004 den Excalibur, einen 350 Meter hohen, fast lotrechten Felspfeiler in den Schweizer Wendenstöcken, im Free-Solo-Stil, ohne Sicherung durch Seil und Haken.
Im gleichen Jahr überwand er in nur 25 Stunden die Nordwände des Dreigestirns Eiger, Mönch und Jungfrau. Vor allem am Eiger, seinem Hausberg, hat Steck Maßstäbe gesetzt. Bereits 2001 hatte er in der legendären Nordwand eine neue Route eingerichtet, "The Young Spider", die er im Winter 2006 in fünf Tagen kletterte. Im Februar dieses Jahres stellte er auf der konventionellen Heckmair-Route einen fabelhaften Rekord auf: Vom Einstieg bei 2200 Meter Höhe bis zum 3970 Meter hohen Gipfel benötigte Steck gerade einmal 3 Stunden und 54 Minuten.
Wer sich derart schwerelos in einer der mächtigsten Wände der Alpen bewegt, den locken irgendwann die mächtigsten Wände des Himalaja.
Die Südwand der Annapurna beschäftigt Steck bereits seit zwei Jahren. Befeuert wurde die Idee von den Alleingängen des slowenischen Spitzenkletterers Tomaz Humar an der Südwand des Dhaulagiri (8167 Meter) und an der Rupalwand des Nanga Parbat (8125 Meter).
Die Annapurna mit ihren kombinierten Passagen aus Fels und Eis würde klettertechnisch noch komplizierter zu bewältigen sein als Humars Routen über Eis. Außerdem war der Slowene an der Rupalwand gescheitert. Es ging auch darum, den Einsatz zu erhöhen.
Im vorigen Herbst reiste Steck nach Nepal, wanderte durch das Tal des Modi Khola und erreichte nach fünf Tagen einen grandiosen Kessel, der den Namen Sanctuary trägt, das Heiligtum. Hinter ihm lag der Machapuchare, ein heiliger Berg der Nepalesen, eine Schönheit wie das Matterhorn, nur viel gewaltiger. Vor ihm lag die Annapurna-Südwand.
Drei Tage lang spähte Steck den monumentalen Klotz mit einem Fernglas aus, die Notizen und Skizzen in seinem Tagebuch füllen Seiten. Schließlich fotografierte er den Berg mit einem Teleobjektiv ab, Ausschnitt für Ausschnitt, wie ein Kriminalist, der die Spuren an einem Tatort dokumentiert. Steck wollte die Besonderheiten dieser Wand auswendig lernen, den Verlauf ihrer Sporne, Verschnitte und Rinnen, ihre Fels-, Eis- und Schneepassagen.
Die Linie, die Steck von Beginn an favorisierte und die vom Wandfuß aus mehr oder weniger direkt auf den Gipfel zuläuft, waren zwei Franzosen bereits im Oktober 1992 geklettert. Doch Pierre Béghin und Jean-Christophe Lafaille kamen nur bis auf eine Höhe von gut 7400 Metern, dann zwang ein Unwetter sie zur Umkehr. Bei einem überhasteten Abseilmanöver stürzte Béghin in die Tiefe. Lafaille, verzweifelt über den Tod seines Partners und von einem herabstürzenden Stein schwerverletzt, überlebte den mehrtägigen Abstieg wie durch ein Wunder. Es war ein Martyrium.
In seinem Buch "Gefangener der Annapurna" beschreibt Lafaille, der im Februar 2006 beim Aufstieg auf den Makalu (8485 Meter) ums Leben kam, den Berg als geröllspuckende und lawinenspeiende Bestie, von der Hitze des Tages aufgeweicht, von der Kälte der Nacht schockgefroren, mörderisch und unbezwingbar.
Steck, der Lafailles Schilderungen mehrmals las, verstand das Buch anders: als Hinweis, Fehler zu vermeiden.
Im Unterschied zu Béghin und Lafaille, die im Herbst in die Wand einstiegen, entschied Steck sich für eine Expedition im Frühjahr. Eine Glaubensfrage. Von Oktober bis Dezember, nach dem Monsun, ist die Luft in der Regel trockener. Dafür sind im Frühling, von April bis Anfang Juni, die Temperaturen erträglicher, und in Gipfelhöhe blasen die Winde, sogenannte Jetstreams, meistens weniger fulminant.
Vor einem Monat, am 3. Mai, erreicht Steck mit seinem Team das Plateau auf 4200 Meter Höhe, von dem aus er die Südwand der Annapurna so ausführlich studiert hat. Hier haben sie ihr Basislager aufgebaut, ein Kochzelt, sechs Schlafzelte, ein Gemeinschaftszelt, fünf Tagesmärsche entfernt von Pokhara, der nächstgrößeren Stadt. Das Camp liegt auf einer flachen Wiese am Rande einer Moräne, etwa vier Kilometer Luftlinie vom Bergschrund der Annapurna entfernt, gut geschützt vor Steinschlag. Eine ideale Stelle.
Steck ist in blendender Form. Schon Mitte März ist der Ausnahmekletterer in den Himalaja gereist, um sich im Gebiet des Mount Everest zu akklimatisieren. Dort hat er den Cholatse (6335 Meter) bestiegen, später ist er im Alleingang und in nur 24 Stunden die Westwand des Pumori (7138 Meter) hochgeklettert, eine fast senkrechte Route über 1400 Meter, der Annapurna-Südwand nicht unähnlich. Allerdings nur halb so hoch.
Via Satellitentelefon kommuniziert Steck jeden Morgen mit einem Wetterdienst in Bern, und schon nach wenigen Tagen kommt die Auskunft, dass sich eine stabile Hochdrucklage mit Nordwestwind an der Annapurna durchsetzen würde, beginnend am 10. Mai. Nordwestwind heißt: weniger Wolken.
Doch das Wetter bleibt wechselhaft, mehr als zwei Wochen lang. Nach Sonnenaufgang ist es meist klar, aber schon nach wenigen Stunden drängt feuchte Luft wie eine graue Riesenschlange aus dem Tal des Modi Khola in das Heiligtum, als würde sie von der Annapurna angesaugt. Dort stauen sich die Wolken und türmen sich zu gewaltigen Formationen auf. Unten regnet es. Oben schneit es.
Und immer wieder Lawinen oder Eisbruch. Mal erinnern die Geräusche an einen vorbeiratternden Güterzug in der Nacht, mal an eine Sprengung in einem Steinbruch, mal an Maschinengewehrsalven, mal an Baustellenfahrzeuge, die Wackersteine entladen. Es ist nicht ratsam, der Annapurna unter diesen Bedingungen zu nahe zu kommen.
Steck sitzt im Basislager auf einem Klappstuhl und beobachtet den Berg durch ein Fernrohr wie einen Duellanten, der sich nicht stellen will. Oder er balanciert in Badeschlappen wie in Trance minutenlang auf einem Nylonseil, das er auf einer Länge von 15 Metern zwischen zwei Felsen aufgespannt hat. Oder er schmökert in "Riptide", einem Thriller über eine Schatzsuche.
Das Buch "Der fliegende Berg" des österreichischen Autors Christoph Ransmayr, das der Expeditionsarzt Oswald Oelz in seinem Gepäck hat, legt Steck schnell wieder zur Seite. Der Roman beginnt mit den Sätzen: "Ich starb 6840 Meter über dem Meeresspiegel am vierten Mai im Jahr des Pferdes. Der Ort meines Todes lag am Fuß einer eisgepanzerten Felsnadel, in deren Windschatten ich die Nacht überlebt hatte."
Am Morgen des 13. Mai ist sogar das Basislager tief eingeschneit. Steck flucht: "Des isch ä Hureschissdreck." Es fällt ihm schwer, sich zu gedulden. Er schläft schlecht. Ist er zu zaghaft? Zu vorsichtig?
"Jetzt in die Wand einzusteigen wäre Wahnsinn", sagt Oelz, ein routinierter Alpinist, bis vor wenigen Monaten Chef der Abteilung Innere Medizin am Stadtspital Triemli in Zürich. Der gebürtige Vorarlberger, der auf dem Gebiet der Höhenmedizin bahnbrechende Forschungen geleistet hat, ist mit den besten Bergsteigern seiner Zeit auf Expeditionen gewesen, mit Reinhold Messner oder mit Hans Kammerlander. Er weiß, wovon er spricht. Solange das Wetter weiter unberechenbar ist, reicht er Steck nach dem Abendessen kleine blaue Pillen über den Tisch, 0,25 Milligramm Halcion, Schlaftabletten. Steck liegt trotzdem immer noch anderthalb Stunden wach im Zelt.
Die knappen Wettermeldungen aus Bern werden nicht besser. Steck reicht es. Mit dem Satellitentelefon ruft er einen Meteorologen in Innsbruck an. "Eine zweite Meinung einholen", sagt er. Doch auch der Mann in Tirol kann nicht helfen: Die Lage sei weiter instabil. Schlimmer noch: Die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner sei vor zwei Tagen beim Versuch, ihren zehnten Achttausender zu besteigen, am Dhaulagiri auf 6650 Meter Höhe in eine Lawine geraten. Sie habe sich retten können, zwei Spanier seien umgekommen.
Der Dhaulagiri ist etwa 40 Kilometer von der Annapurna entfernt.
Am Nachmittag des 18. Mai, draußen fällt Schnürlregen wie an einem miesen Sommertag im bayrischen Voralpenland, kommt die Meldung aus Bern: noch drei Tage Feuchtigkeit, ab Montag setze sich Hochdruckeinfluss durch. "Irgendwann kann man nicht mehr auf den Wetterbericht warten", sagt Steck, "irgendwann muss man klettern."
An dem Montag, an dem das Wetter umschlagen soll, ist er in der Steilwand. Es ist kurz vor 12 Uhr, beharrlich nähert er sich der Marke von 6000 Höhenmetern. Seine Pickel graben sich in den weichen Schnee, mit seinen Stiefelspitzen findet er Halt, Steck zieht sich schnell nach oben, schneller als gedacht.
Es war eine gute Idee, auf das Biwak am Wandfuß zu verzichten. Sein neuer Plan ist nun, so rasch wie möglich bis zu dem Vorsprung zu gelangen, den Lafaille in seinem Buch "Birne" nennt: einen unbequemen, aber gut geschützten Platz zum Rasten auf 6500 Meter. Steck will die Stelle am späten Nachmittag passieren.
Dann trifft ihn ein herabfallender Stein mit voller Wucht am Helm.
Als Steck aus der Bewusstlosigkeit erwacht, liegt er vor einer Gletscherspalte. Er zittert, er wimmert, er weiß nicht, wo er ist. Um ihn herum nichts als dunkelgraue Eisberge. "Ich hatte panische Angst, es war der Horror", sagt er später. Steck ist die Steilwand hinabgestürzt, unkontrolliert und mehr als 300 Meter tief, wie auf einer riesigen Rutschbahn. Es grenzt an ein Wunder, dass er fast unverletzt ist.
Er kann die Beine bewegen, die Arme, den Kopf, er steht unter Schock, seine Hände verkrampfen, das Gesicht ist verzerrt, sein Blick leer, der Stein hat den Helm zerschmettert. Schmerzen nimmt er in diesem Moment nicht wahr. Die Riemen des Rucksacks haben gehalten, die Eispickel baumeln am Klettergurt. Sein einziger Gedanke: weg hier! Nur: wohin?
Es ist etwa 12.30 Uhr, als Robert Bösch per Funk den ersten Notruf von Steck erhält. "Ich bin abgestürzt", sagt Steck.
"Bist du verletzt?", fragt Bösch. Er könne laufen, antwortet Steck.
Bösch befürchtet das Schlimmste. Er bittet Steck zu beschreiben, was er sieht.
Doch alles, was Steck erkennen kann, sind Eistürme und Gletscherspalten, darüber Wolken, Nebel. Steck beendet die Verbindung und läuft los, instinktiv. Wieder hat er fast unglaubliches Glück. Er entdeckt in dem Eislabyrinth ein Bambusrohr mit einem roten Plastikfähnchen. Es ist eine der Markierungen, die Bösch und er elf Tage zuvor in den Gletscher gesteckt hatten, als sie zum Wandfuß der Annapurna aufgestiegen waren, um Aufnahmen zu machen.
Diese Spur ist seine Rettung. Erneut funkt Steck Bösch an, er weiß nun, wo er ist. Gegen 14 Uhr findet der Profikletterer das Zelt, das er morgens um sieben verlassen hat, am späten Nachmittag erreicht er in Böschs Begleitung schließlich das Basislager, taumelnd und benommen.
Oelz, der Arzt, führt ihn sofort ins Zelt und untersucht ihn. Steck hat nichts als Prellungen und eine Gehirnerschütterung, Lappalien bei diesem Absturz, an den er sich nicht erinnert. Die Kopfschmerzen bekämpft er in den Tagen danach mit Ibuprofen. Die Ohnmacht des Bergsteigers, die er verspürt, lässt sich nicht mit Tabletten lindern: Die Annapurna hat ihn abgeschüttelt wie ein lästiges Insekt.
Wenige Tage später sitzt Steck in Katmandu in der Lobby des Hotels Manaslu, er muss die prüfenden Fragen beantworten, die ihm Elizabeth Hawley stellt, die 84jährige Chronistin des Himalaja-Bergsteigens. Schon zu Beginn seiner Expedition hatte sie Steck interviewt, und zum Abschied hatte die alte Dame gescherzt: "Nehmen Sie unbedingt zwei Helme mit!"
Nun will sie zum Abschluss wissen: "Werden Sie zur Südwand der Annapurna zurückkehren, Mister Steck?"
Der Profibergsteiger aus dem Berner Oberland lächelt gequält und antwortet: "Es ist noch zu frisch, sich darüber Gedanken zu machen."
Daraufhin sagt Hawley: "Ach, wissen Sie, wenn Sie sagten, Sie würden es kein zweites Mal versuchen, würde ich Ihnen nicht glauben."
Quelle: spiegel.de
Die Nacht war kurz. Um ein Uhr sind sie aufgewacht in ihrem Zelt, das in knapp 5000 Meter Höhe auf einer Felsnase liegt, um zwei erneut, dann wieder um vier, aber erst um sechs Uhr ist der Nebel verschwunden.
Das Frühstück von Ueli Steck und Robert Bösch besteht aus einer Kanne Espresso, den sie auf einem Gaskocher zubereiten, dann ziehen sie los über den Gletscher. Der Anstieg ist anstrengender als vermutet. Nach mehr als drei Stunden Spuren durch sulzigen Schnee, bedroht von Eisbruch und Lawinen, erreichen sie schließlich die breite Gletscherspalte.
Es ist die Stelle, an der Bösch seinen Partner zum letzten Mal mit einem Seil sichert. Dann trennen sich ihre Wege.
Bösch, der Fotograf, kehrt zum Zelt auf der Felsnase zurück. Steck, der Extrembergsteiger, klettert weiter, einen 18 Kilogramm schweren Rucksack auf den Schultern, einen Plastikhelm auf dem Kopf, in jeder Hand einen Eispickel. Immer wieder sinkt er bis zu den Knien im Schnee ein.
Sein Ziel: der Gipfel der Annapurna, 8091 Meter hoch, der zehnthöchste Berg der Erde. Seine Route: eine direkte Linie über die Südwand, ein Massiv aus Eis und Fels, das fast 2500 Meter senkrecht in den Himmel ragt und erst knapp unterhalb der Spitze etwas abflacht. Sechs, sieben Tage würde er für den Aufstieg brauchen.
Steck erreicht den Wandfuß. Eigentlich wollte er dort ein Biwak errichten und bis zum Abend die Lage observieren. Wo drohen Lawinen, wo hängen Eistürme? Wie verändert sich die Sicht, nachdem in den letzten zweieinhalb Wochen schon mittags immer dichte Wolken aufgezogen waren?
Doch die Verhältnisse sind besser als erwartet. Die steile Schneedecke sieht gut aus, er wird zunächst nicht einmal Steigeisen brauchen, die Sicht ist klar und die Wetterprognose, die Steck über Satellitentelefon aus Bern erhalten hat, günstig: Für die nächsten vier Tage haben die Meteorologen eine stabile Hochdrucklage angekündigt.
Es ist Montag, 21. Mai, elf Uhr. Steck verzichtet auf das Biwak. In 5600 Meter Höhe steigt er direkt in die Steilwand ein.
Das Vorhaben des Schweizers, die Annapurna über die Südseite solo und im Alpinstil - ohne Fixseile, ohne künstlichen Sauerstoff, ohne voreingerichtete Höhenlager - zu bezwingen, ist eine der wenigen Pionierleistungen, die auf einem der 14 Achttausender noch zu vollbringen sind.
Es ist ein hochriskantes Unternehmen. Kaum eine andere Route auf einen der welthöchsten Gipfel ist klettertechnisch so anspruchsvoll, und kaum ein anderer Bergriese in Himalaja und Karakorum fordert so viele Opfer. Seit der Erstbesteigung durch die Franzosen Maurice Herzog und Louis Lachenal, die im Juni 1950 über die flachere, aber ebenfalls gefahrvolle Nordvariante den Gipfel bezwangen, standen 150 Menschen auf der Annapurna.
59 andere kamen an dem Berg ums Leben.
Es war Ende Mai 1970, als eine Expedition unter der Führung des englischen Alpinisten Chris Bonington erstmals über die Südwand die Spitze erreichte. Wochenlang hatten elf der damals weltbesten Bergsteiger aus Großbritannien und den Vereinigten Staaten in einer Art Stellungskrieg den Himalaja-Koloss belagert, behämmert und befestigt, ehe zwei von ihnen, Dougan Haston und Don Whillans, mit letzter Kraft ans Ziel gelangten.
Doch beim Abstieg durch den Gletscher, die letzte kritische Passage vor dem Basislager, wurde einer der führenden Expeditionsteilnehmer, Ian Clough, von einer Eislawine erschlagen.
Expeditionsleiter Bonington, ein ehemaliger Berufssoldat, war getrieben von militärischem Eifer. Heute dienen die Grenzgänge in eisige Höhen den Bergsteigern der Selbstverwirklichung - und dann der Selbstvermarktung.
Ihm gehe es um die "persönliche Herausforderung", sagt Ueli Steck, 30. Andere sprechen vom "ultimativen Gefühlsrausch", einem Moment der Erhabenheit nach fast übermenschlicher Anstrengung. Die Kletterprofis bilden einen elitären Zirkel. Nur Erlesenen sind die Grenzerfahrungen zwischen Lebensgier und Todesahnung vorbehalten, wenn die Temperaturen unter minus 40 Grad stürzen, der Sauerstoffanteil in der Luft um zwei Drittel sinkt und permanent Absturz, Lawinen, Eisbruch oder Steinschlag drohen, begleitet von Schlafentzug, Durst und Hunger.
Steck ist ein Prototyp aus dieser Welt. Der gelernte Zimmermann aus dem Berner Oberland, der in Bönigen lebt, gilt seit mehreren Jahren als einer der besten Extrembergsteiger und Freeclimber der Welt. Seinen Ruf hat er sich mit spektakulären Touren erworben. So kletterte er im Sommer 2004 den Excalibur, einen 350 Meter hohen, fast lotrechten Felspfeiler in den Schweizer Wendenstöcken, im Free-Solo-Stil, ohne Sicherung durch Seil und Haken.
Im gleichen Jahr überwand er in nur 25 Stunden die Nordwände des Dreigestirns Eiger, Mönch und Jungfrau. Vor allem am Eiger, seinem Hausberg, hat Steck Maßstäbe gesetzt. Bereits 2001 hatte er in der legendären Nordwand eine neue Route eingerichtet, "The Young Spider", die er im Winter 2006 in fünf Tagen kletterte. Im Februar dieses Jahres stellte er auf der konventionellen Heckmair-Route einen fabelhaften Rekord auf: Vom Einstieg bei 2200 Meter Höhe bis zum 3970 Meter hohen Gipfel benötigte Steck gerade einmal 3 Stunden und 54 Minuten.
Wer sich derart schwerelos in einer der mächtigsten Wände der Alpen bewegt, den locken irgendwann die mächtigsten Wände des Himalaja.
Die Südwand der Annapurna beschäftigt Steck bereits seit zwei Jahren. Befeuert wurde die Idee von den Alleingängen des slowenischen Spitzenkletterers Tomaz Humar an der Südwand des Dhaulagiri (8167 Meter) und an der Rupalwand des Nanga Parbat (8125 Meter).
Die Annapurna mit ihren kombinierten Passagen aus Fels und Eis würde klettertechnisch noch komplizierter zu bewältigen sein als Humars Routen über Eis. Außerdem war der Slowene an der Rupalwand gescheitert. Es ging auch darum, den Einsatz zu erhöhen.
Im vorigen Herbst reiste Steck nach Nepal, wanderte durch das Tal des Modi Khola und erreichte nach fünf Tagen einen grandiosen Kessel, der den Namen Sanctuary trägt, das Heiligtum. Hinter ihm lag der Machapuchare, ein heiliger Berg der Nepalesen, eine Schönheit wie das Matterhorn, nur viel gewaltiger. Vor ihm lag die Annapurna-Südwand.
Drei Tage lang spähte Steck den monumentalen Klotz mit einem Fernglas aus, die Notizen und Skizzen in seinem Tagebuch füllen Seiten. Schließlich fotografierte er den Berg mit einem Teleobjektiv ab, Ausschnitt für Ausschnitt, wie ein Kriminalist, der die Spuren an einem Tatort dokumentiert. Steck wollte die Besonderheiten dieser Wand auswendig lernen, den Verlauf ihrer Sporne, Verschnitte und Rinnen, ihre Fels-, Eis- und Schneepassagen.
Die Linie, die Steck von Beginn an favorisierte und die vom Wandfuß aus mehr oder weniger direkt auf den Gipfel zuläuft, waren zwei Franzosen bereits im Oktober 1992 geklettert. Doch Pierre Béghin und Jean-Christophe Lafaille kamen nur bis auf eine Höhe von gut 7400 Metern, dann zwang ein Unwetter sie zur Umkehr. Bei einem überhasteten Abseilmanöver stürzte Béghin in die Tiefe. Lafaille, verzweifelt über den Tod seines Partners und von einem herabstürzenden Stein schwerverletzt, überlebte den mehrtägigen Abstieg wie durch ein Wunder. Es war ein Martyrium.
In seinem Buch "Gefangener der Annapurna" beschreibt Lafaille, der im Februar 2006 beim Aufstieg auf den Makalu (8485 Meter) ums Leben kam, den Berg als geröllspuckende und lawinenspeiende Bestie, von der Hitze des Tages aufgeweicht, von der Kälte der Nacht schockgefroren, mörderisch und unbezwingbar.
Steck, der Lafailles Schilderungen mehrmals las, verstand das Buch anders: als Hinweis, Fehler zu vermeiden.
Im Unterschied zu Béghin und Lafaille, die im Herbst in die Wand einstiegen, entschied Steck sich für eine Expedition im Frühjahr. Eine Glaubensfrage. Von Oktober bis Dezember, nach dem Monsun, ist die Luft in der Regel trockener. Dafür sind im Frühling, von April bis Anfang Juni, die Temperaturen erträglicher, und in Gipfelhöhe blasen die Winde, sogenannte Jetstreams, meistens weniger fulminant.
Vor einem Monat, am 3. Mai, erreicht Steck mit seinem Team das Plateau auf 4200 Meter Höhe, von dem aus er die Südwand der Annapurna so ausführlich studiert hat. Hier haben sie ihr Basislager aufgebaut, ein Kochzelt, sechs Schlafzelte, ein Gemeinschaftszelt, fünf Tagesmärsche entfernt von Pokhara, der nächstgrößeren Stadt. Das Camp liegt auf einer flachen Wiese am Rande einer Moräne, etwa vier Kilometer Luftlinie vom Bergschrund der Annapurna entfernt, gut geschützt vor Steinschlag. Eine ideale Stelle.
Steck ist in blendender Form. Schon Mitte März ist der Ausnahmekletterer in den Himalaja gereist, um sich im Gebiet des Mount Everest zu akklimatisieren. Dort hat er den Cholatse (6335 Meter) bestiegen, später ist er im Alleingang und in nur 24 Stunden die Westwand des Pumori (7138 Meter) hochgeklettert, eine fast senkrechte Route über 1400 Meter, der Annapurna-Südwand nicht unähnlich. Allerdings nur halb so hoch.
Via Satellitentelefon kommuniziert Steck jeden Morgen mit einem Wetterdienst in Bern, und schon nach wenigen Tagen kommt die Auskunft, dass sich eine stabile Hochdrucklage mit Nordwestwind an der Annapurna durchsetzen würde, beginnend am 10. Mai. Nordwestwind heißt: weniger Wolken.
Doch das Wetter bleibt wechselhaft, mehr als zwei Wochen lang. Nach Sonnenaufgang ist es meist klar, aber schon nach wenigen Stunden drängt feuchte Luft wie eine graue Riesenschlange aus dem Tal des Modi Khola in das Heiligtum, als würde sie von der Annapurna angesaugt. Dort stauen sich die Wolken und türmen sich zu gewaltigen Formationen auf. Unten regnet es. Oben schneit es.
Und immer wieder Lawinen oder Eisbruch. Mal erinnern die Geräusche an einen vorbeiratternden Güterzug in der Nacht, mal an eine Sprengung in einem Steinbruch, mal an Maschinengewehrsalven, mal an Baustellenfahrzeuge, die Wackersteine entladen. Es ist nicht ratsam, der Annapurna unter diesen Bedingungen zu nahe zu kommen.
Steck sitzt im Basislager auf einem Klappstuhl und beobachtet den Berg durch ein Fernrohr wie einen Duellanten, der sich nicht stellen will. Oder er balanciert in Badeschlappen wie in Trance minutenlang auf einem Nylonseil, das er auf einer Länge von 15 Metern zwischen zwei Felsen aufgespannt hat. Oder er schmökert in "Riptide", einem Thriller über eine Schatzsuche.
Das Buch "Der fliegende Berg" des österreichischen Autors Christoph Ransmayr, das der Expeditionsarzt Oswald Oelz in seinem Gepäck hat, legt Steck schnell wieder zur Seite. Der Roman beginnt mit den Sätzen: "Ich starb 6840 Meter über dem Meeresspiegel am vierten Mai im Jahr des Pferdes. Der Ort meines Todes lag am Fuß einer eisgepanzerten Felsnadel, in deren Windschatten ich die Nacht überlebt hatte."
Am Morgen des 13. Mai ist sogar das Basislager tief eingeschneit. Steck flucht: "Des isch ä Hureschissdreck." Es fällt ihm schwer, sich zu gedulden. Er schläft schlecht. Ist er zu zaghaft? Zu vorsichtig?
"Jetzt in die Wand einzusteigen wäre Wahnsinn", sagt Oelz, ein routinierter Alpinist, bis vor wenigen Monaten Chef der Abteilung Innere Medizin am Stadtspital Triemli in Zürich. Der gebürtige Vorarlberger, der auf dem Gebiet der Höhenmedizin bahnbrechende Forschungen geleistet hat, ist mit den besten Bergsteigern seiner Zeit auf Expeditionen gewesen, mit Reinhold Messner oder mit Hans Kammerlander. Er weiß, wovon er spricht. Solange das Wetter weiter unberechenbar ist, reicht er Steck nach dem Abendessen kleine blaue Pillen über den Tisch, 0,25 Milligramm Halcion, Schlaftabletten. Steck liegt trotzdem immer noch anderthalb Stunden wach im Zelt.
Die knappen Wettermeldungen aus Bern werden nicht besser. Steck reicht es. Mit dem Satellitentelefon ruft er einen Meteorologen in Innsbruck an. "Eine zweite Meinung einholen", sagt er. Doch auch der Mann in Tirol kann nicht helfen: Die Lage sei weiter instabil. Schlimmer noch: Die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner sei vor zwei Tagen beim Versuch, ihren zehnten Achttausender zu besteigen, am Dhaulagiri auf 6650 Meter Höhe in eine Lawine geraten. Sie habe sich retten können, zwei Spanier seien umgekommen.
Der Dhaulagiri ist etwa 40 Kilometer von der Annapurna entfernt.
Am Nachmittag des 18. Mai, draußen fällt Schnürlregen wie an einem miesen Sommertag im bayrischen Voralpenland, kommt die Meldung aus Bern: noch drei Tage Feuchtigkeit, ab Montag setze sich Hochdruckeinfluss durch. "Irgendwann kann man nicht mehr auf den Wetterbericht warten", sagt Steck, "irgendwann muss man klettern."
An dem Montag, an dem das Wetter umschlagen soll, ist er in der Steilwand. Es ist kurz vor 12 Uhr, beharrlich nähert er sich der Marke von 6000 Höhenmetern. Seine Pickel graben sich in den weichen Schnee, mit seinen Stiefelspitzen findet er Halt, Steck zieht sich schnell nach oben, schneller als gedacht.
Es war eine gute Idee, auf das Biwak am Wandfuß zu verzichten. Sein neuer Plan ist nun, so rasch wie möglich bis zu dem Vorsprung zu gelangen, den Lafaille in seinem Buch "Birne" nennt: einen unbequemen, aber gut geschützten Platz zum Rasten auf 6500 Meter. Steck will die Stelle am späten Nachmittag passieren.
Dann trifft ihn ein herabfallender Stein mit voller Wucht am Helm.
Als Steck aus der Bewusstlosigkeit erwacht, liegt er vor einer Gletscherspalte. Er zittert, er wimmert, er weiß nicht, wo er ist. Um ihn herum nichts als dunkelgraue Eisberge. "Ich hatte panische Angst, es war der Horror", sagt er später. Steck ist die Steilwand hinabgestürzt, unkontrolliert und mehr als 300 Meter tief, wie auf einer riesigen Rutschbahn. Es grenzt an ein Wunder, dass er fast unverletzt ist.
Er kann die Beine bewegen, die Arme, den Kopf, er steht unter Schock, seine Hände verkrampfen, das Gesicht ist verzerrt, sein Blick leer, der Stein hat den Helm zerschmettert. Schmerzen nimmt er in diesem Moment nicht wahr. Die Riemen des Rucksacks haben gehalten, die Eispickel baumeln am Klettergurt. Sein einziger Gedanke: weg hier! Nur: wohin?
Es ist etwa 12.30 Uhr, als Robert Bösch per Funk den ersten Notruf von Steck erhält. "Ich bin abgestürzt", sagt Steck.
"Bist du verletzt?", fragt Bösch. Er könne laufen, antwortet Steck.
Bösch befürchtet das Schlimmste. Er bittet Steck zu beschreiben, was er sieht.
Doch alles, was Steck erkennen kann, sind Eistürme und Gletscherspalten, darüber Wolken, Nebel. Steck beendet die Verbindung und läuft los, instinktiv. Wieder hat er fast unglaubliches Glück. Er entdeckt in dem Eislabyrinth ein Bambusrohr mit einem roten Plastikfähnchen. Es ist eine der Markierungen, die Bösch und er elf Tage zuvor in den Gletscher gesteckt hatten, als sie zum Wandfuß der Annapurna aufgestiegen waren, um Aufnahmen zu machen.
Diese Spur ist seine Rettung. Erneut funkt Steck Bösch an, er weiß nun, wo er ist. Gegen 14 Uhr findet der Profikletterer das Zelt, das er morgens um sieben verlassen hat, am späten Nachmittag erreicht er in Böschs Begleitung schließlich das Basislager, taumelnd und benommen.
Oelz, der Arzt, führt ihn sofort ins Zelt und untersucht ihn. Steck hat nichts als Prellungen und eine Gehirnerschütterung, Lappalien bei diesem Absturz, an den er sich nicht erinnert. Die Kopfschmerzen bekämpft er in den Tagen danach mit Ibuprofen. Die Ohnmacht des Bergsteigers, die er verspürt, lässt sich nicht mit Tabletten lindern: Die Annapurna hat ihn abgeschüttelt wie ein lästiges Insekt.
Wenige Tage später sitzt Steck in Katmandu in der Lobby des Hotels Manaslu, er muss die prüfenden Fragen beantworten, die ihm Elizabeth Hawley stellt, die 84jährige Chronistin des Himalaja-Bergsteigens. Schon zu Beginn seiner Expedition hatte sie Steck interviewt, und zum Abschied hatte die alte Dame gescherzt: "Nehmen Sie unbedingt zwei Helme mit!"
Nun will sie zum Abschluss wissen: "Werden Sie zur Südwand der Annapurna zurückkehren, Mister Steck?"
Der Profibergsteiger aus dem Berner Oberland lächelt gequält und antwortet: "Es ist noch zu frisch, sich darüber Gedanken zu machen."
Daraufhin sagt Hawley: "Ach, wissen Sie, wenn Sie sagten, Sie würden es kein zweites Mal versuchen, würde ich Ihnen nicht glauben."
Quelle: spiegel.de
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