Der Extrembergsteiger Andy Holzer ist seit seiner Geburt blind - und meistert trotzdem schwierigste Kletterrouten. Ohne Augenlicht besteigt er die höchsten Gipfel der Kontinente. Sein Credo: Das Sehen wird überschätzt.
Plötzlich ist da kein Echo mehr, die Luft fühlt sich anders an. "Wenn du oben am Gipfel bist, ist das so, als würde man einen Hut herunternehmen", sagt Andy Holzer. "Da ist kein Druck mehr über dir, alles ist nur noch frei und luftig."
Als Holzer zum ersten Mal in seinem Leben dieses Gefühl hat, ist er acht Jahre alt. Mit seiner Familie zusammen hat er den Spitzkofel bestiegen, eine gewaltiges Felsmassiv in den Lienzer Dolomiten, 2717 Meter hoch. Gewaltig ist das Panorama hier oben, einige der schönsten Berge der Alpen sind zu sehen: im Nordwesten die Venediger-Gruppe, im Nordosten die Großglockner-Gruppe, weiter östlich die Schobergruppe und die nahen Lienzer Dolomiten. Holzer sieht nichts davon an diesem Tag im August 1975. Der Österreicher ist von Geburt an blind.
Bei einem Vortrag in Brixen zeigt der inzwischen 44-jährige Holzer ein Super-8-Video, das sein Onkel an diesem Tag aufgenommen hat. Man sieht einen kleinen Jungen mit Beatles-Haarschnitt und rotem Wollpulli, dem die Eltern ein rustikal anmutendes Sicherungsseil um den Oberkörper gebunden haben. Langsam tastet er sich an einer Felswand entlang, einmal stolpert er im Schnee. "Meine Mutter erzählt heute noch von dem unheimlichen Strahlen in meinen Augen, als wir oben ankamen. Und dass ihr damals klar wurde, dass von mir noch einige Bergtouren zu erwarten waren", erinnert er sich heute.
Holzers große blaue Augen strahlen auch, wenn er von seinen Abenteuern berichtet, nur die Größe der Pupillen verändert sich nicht. Die blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, erzählt er auf der Bühne des "International Mountain Summit" in Südtirol von einer der ungewöhnlichsten Bergsteigerkarrieren unserer Zeit. Das Mikrofon hält er wie eine zarte Pflanze, zweieinviertel Stunden bewegt er sich keinen Zentimeter von seinem Standplatz hinter dem Pult. Er zeigt Bilder von Schneegipfeln und Alpenpanoramen, die er noch nie gesehen hat. Nur dank einem Kopfhörer weiß er, was die Zuschauer vor Augen haben.
Sein Projekt: die höchsten Gipfel aller Kontinente
Immer öfter wird er für Managementseminare gebucht, der Mann, der das scheinbar Unmögliche möglich macht. Sein derzeitiges "Projektl" ist, die sieben höchsten Gipfel der Kontinente zu besteigen, die Seven Summits (siehe Kasten).
Nur auf den ersten Blick ist Klettern eine Sportart, die ohne Augenlicht absurd erscheint. Denn für Blinde ist ein waagerechter Wanderpfad eine größere Herausforderung als ein steiler Hang. "Ich sehe mit meinen zehn Fingern", sagt Holzer. "Sobald meine Hände Kontakt mit dem Fels kriegen, habe ich ein Bild der Umgebung." Schon als Kind beklagte er sich auf Wanderungen mit seinen Eltern über das flache Gelände, in das sie wanderten. Er brauchte Steilwände, um die Welt begreifen zu können.
Wenn einer der fünf Sinne nicht funktioniert, müssen die anderen vier umso präziser arbeiten. Holzer orientiert sich am Klang der Schritte seiner Mitwanderer und stößt Schnalzlaute aus, um am Echo zu erkennen, wie der Stein um ihn herum aussieht. Wenn Holzer in einer Steilwand hängt, nimmt er manchmal eine Handvoll Sand und wirft sie aus, wie ein Säer auf dem Feld. "Jedes einzelne Körnchen prallt irgendwo auf, der Schall wird reflektiert, und ich kann Entfernung und Höhenabstand berechnen. Dadurch habe ich ein Bild der Umgebung, das so viele Pixel hat, wie ich Sandkörner geworfen habe", sagt der Österreicher.
Während eines Interviews vor einigen Monaten stieß eine Journalistin versehentlich eine Packung Kaffee um, ein Teil des Inhalts ratterte zu Boden. "'Das sind 24 Bohnen', habe ich sofort gesagt - sie zählte nach, und ich hatte recht!" Sein Gehör arbeitet so präzise, er könnte damit bei "Wetten, dass..?" auftreten. Doch solche Zirkus-Nummern interessieren ihn nicht. "Unter Druck klappt so was nie - nur dann, wenn man Fehler machen darf."
Unterwegs auf Schlittschuhen und Skiern
Genausowenig schert sich der gelernte Heilmasseur darum, was ohne Augenlicht nach allgemeiner Einschätzung möglich ist und was nicht. Er besitzt nicht mal einen Blindenstock, kann keine Blindenschrift lesen. Schon als Kind fuhr er Fahrrad und Schlittschuh, mit elf Jahren entdeckte er den Skilanglauf für sich.
"Langlaufen ist wie für Blinde gemacht: Die Spur ist wie eine Eisenbahnschiene, die die Füße leitet". Er zählte, wie oft er die Stöcke in den Boden stieß, um seine Routen wiederholen zu können und sich Abzweigungen zu merken. "Damals habe ich die Lienzer Alpen auswendig gelernt."
Die Orientierung war weniger das Problem als die anderen Langläufer. Einmal fuhr er eine ältere Dame um. "Haben Sie keine Augen im Kopf?", brüllte sie. Er wollte die Wütende nicht noch mehr irritieren und entschuldigte sich: Er habe gerade auf seine Stoppuhr geschaut und sie dadurch übersehen. Als er zwei Kilometer später auch noch einen Mann überfuhr, entschied er, sein Trainingsprogramm zu ändern. "Ich ging nachts los, spulte 30 bis 40 Kilometer ab, kam manchmal erst um zwei Uhr morgens zurück", sagt Holzer.
Mit nahezu manischem Ehrgeiz trainierte er. Wenn er sich ein "Projektl" in den Kopf gesetzt hat, tut er alles dafür, dass es gelingt. Damals war sein Ziel die Teilnahme an einem großen Wettbewerb. Beim Dolomitenlauf, einem internationalen Langlaufrennen mit 4000 Teilnehmern, erreichte er Platz 181. Zum Fiasko dagegen geriet ein 400-Meter-Lauf bei einem Leichtathletik-Wettbewerb für Behinderte. Er lief seinem überforderten Mitläufer davon, der ihm den Weg weisen sollte. Nachdem Holzer durchs Ziel gespurtet war, stürzte er am Geländer in einer Kurve, musste mit einem Bänderriss ins Krankenhaus. "Von da an war klar: Der Versehrtensport, wie ich ihn betreibe, ist zu gefährlich", sagt Holzer in seinem Vortrag. Großes Gelächter in der Halle in Brixen.
Viele erklärten ihn für verrückt
Dann doch lieber in die Berge, wo nichts behindertengerecht eingerichtet ist. Schon in den achtziger Jahren erklärten viele den blonden Sturkopf für verrückt. Nur der damals 60-jährige Hans Bruckner, Bergrettungsobmann von Lienz, war bereit, mit ihm regelmäßig ins Gebirge zu gehen. Er wurde sein Mentor, als Holzer 20 war.
Bald stieg er auf berühmte Alpengipfel wie Großglockner und Großvenediger, später auf Kilimandscharo, Aconcagua, Mount McKinley. Im Dezember 2010 stand er auf dem 4897 Meter hohen Mount Vinson in der Antarktis. Seine Vierer-Mannschaft hatte riesiges Glück mit dem Wetter - bei minus 30 Grad und bester Sicht herrschte kaum Wind, in keinem Camp mussten die Männer länger als geplant ausharren. Gefährlich war es trotzdem, schließlich ging es zeitweise über einen Grat, wo man bei einem Fehltritt 1000 Meter in die Tiefe stürzt. Gerade an solchen Schlüsselstellen war die Windstille für Holzer ein Segen. "Der Feind des Blinden ist der Lärm - doch dort konnten wir uns über 50 Meter Entfernung verständigen."
Nächstes Ziel ist dieses Jahr der Shisha Pangma in Tibet, sein erster Achttausender wäre das. Und nur ein Kontinentgipfel fehlt ihm noch: 2012 will er den Mount Everest besteigen. "Die Seven Summits sind nicht deshalb interessant, weil es so spektakuläre Gipfel sind, sondern weil es sieben Kulturen sind, sieben Kontinente, sieben ganz andere Welten." So viele verschiedene Tast-Erfahrungen, Gerüche, Klänge und Geschmäcker.
Auch in der ewigen Dunkelheit des Blinden ist jeder Berg anders. "Ob das Granit ist oder Schiefer oder Gneis, das riecht alles anders", sagt Holzer. Und auf Reisen kann er schon am Flughafen erschnüffeln, ob er in Asien oder in Afrika ist. "Es gibt so viele Gerüche, wie es Länder gibt, aber die Menschen nehmen es nicht wahr, weil sie vom Augenlicht überwältigt sind." Zumal der Sehsinn derjenige sei, der sich am leichtesten täuschen ließe. Nach einem Gespräch mit Holzer wird man das Gefühl nicht los, dass er vier Sinne mehr hat als die anderen, nicht einen weniger.
Viele werfen ihm vor, leichtfertig sein Leben zu riskieren. Dabei sind für Holzer schroffe Wände am Mount Vinson in der Stille der Antarktis eine weniger feindliche Umgebung als eine laute Straßenkreuzung in der Großstadt. Mit bröckelndem Fels an einer Steilwand im siebten Schwierigkeitsgrad kommt er besser zurecht als mit einem Regal voller Tütensuppen im Supermarkt.
"Ich bin in meinem Leben noch nie einkaufen gegangen", sagt Holzer, und kurz stockt seine Stimme, er wirkt traurig. Aber nur für einen Moment. "Da steige ich lieber auf einen schönen Berg."
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Quelle: spiegel.de
Plötzlich ist da kein Echo mehr, die Luft fühlt sich anders an. "Wenn du oben am Gipfel bist, ist das so, als würde man einen Hut herunternehmen", sagt Andy Holzer. "Da ist kein Druck mehr über dir, alles ist nur noch frei und luftig."
Als Holzer zum ersten Mal in seinem Leben dieses Gefühl hat, ist er acht Jahre alt. Mit seiner Familie zusammen hat er den Spitzkofel bestiegen, eine gewaltiges Felsmassiv in den Lienzer Dolomiten, 2717 Meter hoch. Gewaltig ist das Panorama hier oben, einige der schönsten Berge der Alpen sind zu sehen: im Nordwesten die Venediger-Gruppe, im Nordosten die Großglockner-Gruppe, weiter östlich die Schobergruppe und die nahen Lienzer Dolomiten. Holzer sieht nichts davon an diesem Tag im August 1975. Der Österreicher ist von Geburt an blind.
Bei einem Vortrag in Brixen zeigt der inzwischen 44-jährige Holzer ein Super-8-Video, das sein Onkel an diesem Tag aufgenommen hat. Man sieht einen kleinen Jungen mit Beatles-Haarschnitt und rotem Wollpulli, dem die Eltern ein rustikal anmutendes Sicherungsseil um den Oberkörper gebunden haben. Langsam tastet er sich an einer Felswand entlang, einmal stolpert er im Schnee. "Meine Mutter erzählt heute noch von dem unheimlichen Strahlen in meinen Augen, als wir oben ankamen. Und dass ihr damals klar wurde, dass von mir noch einige Bergtouren zu erwarten waren", erinnert er sich heute.
Holzers große blaue Augen strahlen auch, wenn er von seinen Abenteuern berichtet, nur die Größe der Pupillen verändert sich nicht. Die blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, erzählt er auf der Bühne des "International Mountain Summit" in Südtirol von einer der ungewöhnlichsten Bergsteigerkarrieren unserer Zeit. Das Mikrofon hält er wie eine zarte Pflanze, zweieinviertel Stunden bewegt er sich keinen Zentimeter von seinem Standplatz hinter dem Pult. Er zeigt Bilder von Schneegipfeln und Alpenpanoramen, die er noch nie gesehen hat. Nur dank einem Kopfhörer weiß er, was die Zuschauer vor Augen haben.
Sein Projekt: die höchsten Gipfel aller Kontinente
Immer öfter wird er für Managementseminare gebucht, der Mann, der das scheinbar Unmögliche möglich macht. Sein derzeitiges "Projektl" ist, die sieben höchsten Gipfel der Kontinente zu besteigen, die Seven Summits (siehe Kasten).
Nur auf den ersten Blick ist Klettern eine Sportart, die ohne Augenlicht absurd erscheint. Denn für Blinde ist ein waagerechter Wanderpfad eine größere Herausforderung als ein steiler Hang. "Ich sehe mit meinen zehn Fingern", sagt Holzer. "Sobald meine Hände Kontakt mit dem Fels kriegen, habe ich ein Bild der Umgebung." Schon als Kind beklagte er sich auf Wanderungen mit seinen Eltern über das flache Gelände, in das sie wanderten. Er brauchte Steilwände, um die Welt begreifen zu können.
Wenn einer der fünf Sinne nicht funktioniert, müssen die anderen vier umso präziser arbeiten. Holzer orientiert sich am Klang der Schritte seiner Mitwanderer und stößt Schnalzlaute aus, um am Echo zu erkennen, wie der Stein um ihn herum aussieht. Wenn Holzer in einer Steilwand hängt, nimmt er manchmal eine Handvoll Sand und wirft sie aus, wie ein Säer auf dem Feld. "Jedes einzelne Körnchen prallt irgendwo auf, der Schall wird reflektiert, und ich kann Entfernung und Höhenabstand berechnen. Dadurch habe ich ein Bild der Umgebung, das so viele Pixel hat, wie ich Sandkörner geworfen habe", sagt der Österreicher.
Während eines Interviews vor einigen Monaten stieß eine Journalistin versehentlich eine Packung Kaffee um, ein Teil des Inhalts ratterte zu Boden. "'Das sind 24 Bohnen', habe ich sofort gesagt - sie zählte nach, und ich hatte recht!" Sein Gehör arbeitet so präzise, er könnte damit bei "Wetten, dass..?" auftreten. Doch solche Zirkus-Nummern interessieren ihn nicht. "Unter Druck klappt so was nie - nur dann, wenn man Fehler machen darf."
Unterwegs auf Schlittschuhen und Skiern
Genausowenig schert sich der gelernte Heilmasseur darum, was ohne Augenlicht nach allgemeiner Einschätzung möglich ist und was nicht. Er besitzt nicht mal einen Blindenstock, kann keine Blindenschrift lesen. Schon als Kind fuhr er Fahrrad und Schlittschuh, mit elf Jahren entdeckte er den Skilanglauf für sich.
"Langlaufen ist wie für Blinde gemacht: Die Spur ist wie eine Eisenbahnschiene, die die Füße leitet". Er zählte, wie oft er die Stöcke in den Boden stieß, um seine Routen wiederholen zu können und sich Abzweigungen zu merken. "Damals habe ich die Lienzer Alpen auswendig gelernt."
Die Orientierung war weniger das Problem als die anderen Langläufer. Einmal fuhr er eine ältere Dame um. "Haben Sie keine Augen im Kopf?", brüllte sie. Er wollte die Wütende nicht noch mehr irritieren und entschuldigte sich: Er habe gerade auf seine Stoppuhr geschaut und sie dadurch übersehen. Als er zwei Kilometer später auch noch einen Mann überfuhr, entschied er, sein Trainingsprogramm zu ändern. "Ich ging nachts los, spulte 30 bis 40 Kilometer ab, kam manchmal erst um zwei Uhr morgens zurück", sagt Holzer.
Mit nahezu manischem Ehrgeiz trainierte er. Wenn er sich ein "Projektl" in den Kopf gesetzt hat, tut er alles dafür, dass es gelingt. Damals war sein Ziel die Teilnahme an einem großen Wettbewerb. Beim Dolomitenlauf, einem internationalen Langlaufrennen mit 4000 Teilnehmern, erreichte er Platz 181. Zum Fiasko dagegen geriet ein 400-Meter-Lauf bei einem Leichtathletik-Wettbewerb für Behinderte. Er lief seinem überforderten Mitläufer davon, der ihm den Weg weisen sollte. Nachdem Holzer durchs Ziel gespurtet war, stürzte er am Geländer in einer Kurve, musste mit einem Bänderriss ins Krankenhaus. "Von da an war klar: Der Versehrtensport, wie ich ihn betreibe, ist zu gefährlich", sagt Holzer in seinem Vortrag. Großes Gelächter in der Halle in Brixen.
Viele erklärten ihn für verrückt
Dann doch lieber in die Berge, wo nichts behindertengerecht eingerichtet ist. Schon in den achtziger Jahren erklärten viele den blonden Sturkopf für verrückt. Nur der damals 60-jährige Hans Bruckner, Bergrettungsobmann von Lienz, war bereit, mit ihm regelmäßig ins Gebirge zu gehen. Er wurde sein Mentor, als Holzer 20 war.
Bald stieg er auf berühmte Alpengipfel wie Großglockner und Großvenediger, später auf Kilimandscharo, Aconcagua, Mount McKinley. Im Dezember 2010 stand er auf dem 4897 Meter hohen Mount Vinson in der Antarktis. Seine Vierer-Mannschaft hatte riesiges Glück mit dem Wetter - bei minus 30 Grad und bester Sicht herrschte kaum Wind, in keinem Camp mussten die Männer länger als geplant ausharren. Gefährlich war es trotzdem, schließlich ging es zeitweise über einen Grat, wo man bei einem Fehltritt 1000 Meter in die Tiefe stürzt. Gerade an solchen Schlüsselstellen war die Windstille für Holzer ein Segen. "Der Feind des Blinden ist der Lärm - doch dort konnten wir uns über 50 Meter Entfernung verständigen."
Nächstes Ziel ist dieses Jahr der Shisha Pangma in Tibet, sein erster Achttausender wäre das. Und nur ein Kontinentgipfel fehlt ihm noch: 2012 will er den Mount Everest besteigen. "Die Seven Summits sind nicht deshalb interessant, weil es so spektakuläre Gipfel sind, sondern weil es sieben Kulturen sind, sieben Kontinente, sieben ganz andere Welten." So viele verschiedene Tast-Erfahrungen, Gerüche, Klänge und Geschmäcker.
Auch in der ewigen Dunkelheit des Blinden ist jeder Berg anders. "Ob das Granit ist oder Schiefer oder Gneis, das riecht alles anders", sagt Holzer. Und auf Reisen kann er schon am Flughafen erschnüffeln, ob er in Asien oder in Afrika ist. "Es gibt so viele Gerüche, wie es Länder gibt, aber die Menschen nehmen es nicht wahr, weil sie vom Augenlicht überwältigt sind." Zumal der Sehsinn derjenige sei, der sich am leichtesten täuschen ließe. Nach einem Gespräch mit Holzer wird man das Gefühl nicht los, dass er vier Sinne mehr hat als die anderen, nicht einen weniger.
Viele werfen ihm vor, leichtfertig sein Leben zu riskieren. Dabei sind für Holzer schroffe Wände am Mount Vinson in der Stille der Antarktis eine weniger feindliche Umgebung als eine laute Straßenkreuzung in der Großstadt. Mit bröckelndem Fels an einer Steilwand im siebten Schwierigkeitsgrad kommt er besser zurecht als mit einem Regal voller Tütensuppen im Supermarkt.
"Ich bin in meinem Leben noch nie einkaufen gegangen", sagt Holzer, und kurz stockt seine Stimme, er wirkt traurig. Aber nur für einen Moment. "Da steige ich lieber auf einen schönen Berg."
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Quelle: spiegel.de
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