Vier Bergsteiger bleiben im Schneesturm stecken:
Eine Nacht lang gefangen in Eis und Kälte
Vier Bergsteiger sind bei Schneesturm am Mittenwalder Gjaidsteig stecken geblieben. Aufgrund der Lawinengefahr musste die Bergwacht ihre Rettungsaktion abbrechen.
Mittenwald – Die Retter hören die Schreie, sehen das Licht der Stirnlampen. Nur noch 200 Meter trennen das Bergwacht-Kommando von den Hilfesuchenden. Doch es gibt kein Durchkommen. Der Schneesturm an der steilen Felswand ist unerbittlich. Die Temperaturen auf etwa 1780 Metern gehen im Karwendel gegen null Grad. Die Sicht – miserabel. Lawinen, die sich bis zu zwei Meter auftürmen, donnern hinab. Es hilft nichts: Die Bergretter müssen ihre Aktion abbrechen. Das Leben der sieben Kameraden können und wollen die Mittenwalder Einsatzleiter Peter Reindl und Josef Rieger nicht aufs Spiel setzen.
Gegen 20.15 Uhr kehrt der Hilfstrupp um, muss die vier in Not geratenen Bergsteiger im Schneetreiben zurücklassen. Er geht in dem Wissen, dass es sein könnte, dass das Quartett die Nacht nicht überlebt. Mulmig ist ihnen allen zumute.
Bergsteiger wollten von Mittenwald aus über den Gjaidsteig zum Karwendelhaus
Am Sonntag haben zwei Paare aus dem Münchner Umland und aus dem Allgäu, alle zwischen 25 und 27 Jahre alt, eine fatale Entscheidung getroffen: Von Mittenwald aus wollen sie über den Gjaidsteig bis zum Karwendelhaus – eine hochalpine Tour mit vielen ausgesetzten Stellen durch schroffes, steiles Gelände.
Schon Tage zuvor hatte der Wetterbericht gegen Nachmittag Regen angesagt – was oben im Gebirge natürlich Schneetreiben bedeutet. So geraten die vier am späten Nachmittag unterhalb des Bärenalpl in Bergnot, bleiben im hüfthohen Weiß stecken, kommen weder vor noch zurück. Um 16 Uhr alarmieren sie die Leitstelle. Sieben Bergwacht-männer in zwei Teams machen sich sofort auf den Weg zu ihnen – im Schneesturm, unter Lawinengefahr und in völliger Dunkelheit.
Die Bergretter steuern mit den Fahrzeugen bis zur Vereiner Alm. Von dort aus stapfen sie gegen 16.30 Uhr im Schnee den Gjaidsteig entlang. „Die Spuren von den Bergsteigern hat man teilweise noch gesehen“, sagt Josef Rieger, Stellvertretender Bereitschaftsleiter, der beide Gruppen führt. Je dunkler die Nacht, desto ärger tobt der Schnee. Dann entdecken die Helfer das Licht der Stirnlampen, hören Hilferufe. Um 19 Uhr stellen sie die Position der beiden Paare fest. „Aber keine Chance, wir kamen nicht an sie ran“, informiert der Einsatzleiter.
Bergretter aus Scharnitz versuchten von der anderen Seite an das Quartett heranzukommen
So werden die Kollegen der Bergrettung Scharnitz alarmiert. Zwölf Tiroler versuchen daraufhin, von der anderen Seite zu dem Quartett zu gelangen – über das Karwendeltal. Doch auch sie haben keine Chance, müssen gegen Mitternacht ebenfalls ihre Aktion abbrechen.
Zur gleichen Zeit kann die Bergwacht Kontakt mit dem Quartett aufnehmen, erklärt ihm, wie es das Notbiwak einrichten soll. „Sie waren für diese Wetterverhältnisse nicht ausgerüstet“, bemerkt Luis Ostler, der noch in der Nacht die Einsatzleitung von Peter Reindl übernimmt.
Kurzes Wetterfenster ermöglicht Rettung per Hubschrauber
Um 5.45 Uhr wird wieder Verbindung zu den Verstiegenen hergestellt. Sie sind unterkühlt – aber am Leben. Um 6.30 Uhr treffen sich die Bergretter in der Wache, besprechen das weitere Vorgehen. Das Wetter hat sich an diesem Montagvormittag nicht sonderlich verbessert. Dennoch fordert die Bergwacht die Hubschrauber Edelweiß (Polizei) und Christoph Murnau (ADAC) an – und zwar in der Hoffnung, ein kurzes Wetterfenster zu erwischen, in dem ein Helikopter die Bergsteiger unterhalb des Bärenalpl aufnehmen kann.
Und tatsächlich: Kurz reißt die Wolkendecke auf, der Heli kann fliegen. Alle vier Bergsteiger werden um 8.40 Uhr in einer Hauruck-Aktion vom Team samt Bergwachtler des „Christoph Murnau“ geholt. Das Quartett kommt direkt ins Klinikum Garmisch-Partenkirchen, alle vier sind extrem unterkühlt.
Bergwacht-Chef warnt vor hochalpinen Touren zurzeit
„Es ist unfassbar, was für ein Glück die hatten“, bilanziert Mittenwalds Bereitschaftsleiter Heinz Pfeffer. Hätte am Vormittag der Helikopter nicht fliegen können, wären die Temperaturen weiter gesunken – „dann wären die Überlebenschancen gleich null gewesen“. Pfeffer wird nicht müde, gebetsmühlenartig daraufhin zu weisen, dass in den Bergen bereits tiefster Winter herrscht, die Ausrüstung für eine Tour vernünftig geplant gehört, man seine eigenen alpinen Fähigkeiten richtig einschätzen und vor allem rechtzeitig umkehren sollte, wenn man merkt, dass es nur noch schwierig voran geht.
https://www.merkur.de/lokales/garmis...-92673803.html
Ergänzend die Schilderung der Bergrettung Scharnitz auf ihrer facebook-Seite:
https://www.facebook.com/BRScharnitz/
Eine Nacht lang gefangen in Eis und Kälte
Vier Bergsteiger sind bei Schneesturm am Mittenwalder Gjaidsteig stecken geblieben. Aufgrund der Lawinengefahr musste die Bergwacht ihre Rettungsaktion abbrechen.
Mittenwald – Die Retter hören die Schreie, sehen das Licht der Stirnlampen. Nur noch 200 Meter trennen das Bergwacht-Kommando von den Hilfesuchenden. Doch es gibt kein Durchkommen. Der Schneesturm an der steilen Felswand ist unerbittlich. Die Temperaturen auf etwa 1780 Metern gehen im Karwendel gegen null Grad. Die Sicht – miserabel. Lawinen, die sich bis zu zwei Meter auftürmen, donnern hinab. Es hilft nichts: Die Bergretter müssen ihre Aktion abbrechen. Das Leben der sieben Kameraden können und wollen die Mittenwalder Einsatzleiter Peter Reindl und Josef Rieger nicht aufs Spiel setzen.
Gegen 20.15 Uhr kehrt der Hilfstrupp um, muss die vier in Not geratenen Bergsteiger im Schneetreiben zurücklassen. Er geht in dem Wissen, dass es sein könnte, dass das Quartett die Nacht nicht überlebt. Mulmig ist ihnen allen zumute.
Bergsteiger wollten von Mittenwald aus über den Gjaidsteig zum Karwendelhaus
Am Sonntag haben zwei Paare aus dem Münchner Umland und aus dem Allgäu, alle zwischen 25 und 27 Jahre alt, eine fatale Entscheidung getroffen: Von Mittenwald aus wollen sie über den Gjaidsteig bis zum Karwendelhaus – eine hochalpine Tour mit vielen ausgesetzten Stellen durch schroffes, steiles Gelände.
Schon Tage zuvor hatte der Wetterbericht gegen Nachmittag Regen angesagt – was oben im Gebirge natürlich Schneetreiben bedeutet. So geraten die vier am späten Nachmittag unterhalb des Bärenalpl in Bergnot, bleiben im hüfthohen Weiß stecken, kommen weder vor noch zurück. Um 16 Uhr alarmieren sie die Leitstelle. Sieben Bergwacht-männer in zwei Teams machen sich sofort auf den Weg zu ihnen – im Schneesturm, unter Lawinengefahr und in völliger Dunkelheit.
Die Bergretter steuern mit den Fahrzeugen bis zur Vereiner Alm. Von dort aus stapfen sie gegen 16.30 Uhr im Schnee den Gjaidsteig entlang. „Die Spuren von den Bergsteigern hat man teilweise noch gesehen“, sagt Josef Rieger, Stellvertretender Bereitschaftsleiter, der beide Gruppen führt. Je dunkler die Nacht, desto ärger tobt der Schnee. Dann entdecken die Helfer das Licht der Stirnlampen, hören Hilferufe. Um 19 Uhr stellen sie die Position der beiden Paare fest. „Aber keine Chance, wir kamen nicht an sie ran“, informiert der Einsatzleiter.
Bergretter aus Scharnitz versuchten von der anderen Seite an das Quartett heranzukommen
So werden die Kollegen der Bergrettung Scharnitz alarmiert. Zwölf Tiroler versuchen daraufhin, von der anderen Seite zu dem Quartett zu gelangen – über das Karwendeltal. Doch auch sie haben keine Chance, müssen gegen Mitternacht ebenfalls ihre Aktion abbrechen.
Zur gleichen Zeit kann die Bergwacht Kontakt mit dem Quartett aufnehmen, erklärt ihm, wie es das Notbiwak einrichten soll. „Sie waren für diese Wetterverhältnisse nicht ausgerüstet“, bemerkt Luis Ostler, der noch in der Nacht die Einsatzleitung von Peter Reindl übernimmt.
Kurzes Wetterfenster ermöglicht Rettung per Hubschrauber
Um 5.45 Uhr wird wieder Verbindung zu den Verstiegenen hergestellt. Sie sind unterkühlt – aber am Leben. Um 6.30 Uhr treffen sich die Bergretter in der Wache, besprechen das weitere Vorgehen. Das Wetter hat sich an diesem Montagvormittag nicht sonderlich verbessert. Dennoch fordert die Bergwacht die Hubschrauber Edelweiß (Polizei) und Christoph Murnau (ADAC) an – und zwar in der Hoffnung, ein kurzes Wetterfenster zu erwischen, in dem ein Helikopter die Bergsteiger unterhalb des Bärenalpl aufnehmen kann.
Und tatsächlich: Kurz reißt die Wolkendecke auf, der Heli kann fliegen. Alle vier Bergsteiger werden um 8.40 Uhr in einer Hauruck-Aktion vom Team samt Bergwachtler des „Christoph Murnau“ geholt. Das Quartett kommt direkt ins Klinikum Garmisch-Partenkirchen, alle vier sind extrem unterkühlt.
Bergwacht-Chef warnt vor hochalpinen Touren zurzeit
„Es ist unfassbar, was für ein Glück die hatten“, bilanziert Mittenwalds Bereitschaftsleiter Heinz Pfeffer. Hätte am Vormittag der Helikopter nicht fliegen können, wären die Temperaturen weiter gesunken – „dann wären die Überlebenschancen gleich null gewesen“. Pfeffer wird nicht müde, gebetsmühlenartig daraufhin zu weisen, dass in den Bergen bereits tiefster Winter herrscht, die Ausrüstung für eine Tour vernünftig geplant gehört, man seine eigenen alpinen Fähigkeiten richtig einschätzen und vor allem rechtzeitig umkehren sollte, wenn man merkt, dass es nur noch schwierig voran geht.
https://www.merkur.de/lokales/garmis...-92673803.html
Ergänzend die Schilderung der Bergrettung Scharnitz auf ihrer facebook-Seite:
https://www.facebook.com/BRScharnitz/