Aus http://tirol.orf.at/radio/stories/2549552/ :
Mit einer Premiere wartet das rot-weiß-rote Aufgebot für die am Mittwoch in Paris beginnende Kletter-Weltmeisterschaft auf. Mit Andreas Holzer stellt Österreich erstmals einen Starter im Paraclimbing, dem Sportklettern für Menschen mit Behinderung.
Im Gegensatz zu den Titelverteidigern Angela Eiter und Anna Stöhr sowie den Favoriten Kilian Fischhuber und Jakob Schubert geht es für Holzer nicht so sehr um den Reiz von Medaillen, vielmehr will er die Atmosphäre erleben und genießen.
Paraclimbing ist seit der WM im Vorjahr in Arco (ITA) eine eigene Disziplin der Sportkletterer. „Wir sind froh, dass wir jetzt heuer auch einen eigenen Starter haben. Und noch dazu eine echte Stimmungskanone“, betonte ÖWK-Generalsekretär Michael Schöpf.
Der 46-jährige Osttiroler Holzer, der seit seiner Geburt komplett blind ist, lebt seit drei Jahren vom Bergsteigen. Der verheiratete Lienzer ist durch Vorträge und sein Buch „Balanceakt - Blind auf die Gipfel der Welt“ bekannt geworden.
Zum Zeitvertreib ins Kletterzentrum
„Irgendwie bin ich da rein gekugelt, als wäre ich nicht gesichert gewesen“, schilderte Holzer seine erste Berührung mit dem Sportklettern. Auf der Durchreise zu einer Vortragsreihe in der Schweiz machte er im Sommer Halt in Imst und vertrieb sich die Zeit im dortigen Kletterzentrum. Holzer wurde sofort überredet, für den ÖWK zu starten.
Videos zur Vorbereitung
„In Paris will ich schauen, was los ist und die Atmosphäre in mich aufnehmen“, hat sich Holzer zum Ziel gesetzt. Als behinderter Mensch sieht er sich nicht. „In meinem Sport sind ja alles Versehrte. Normale Menschen machen ja so was nicht und klettern auf die steilsten Berge“, sagte er. „Als Vorbereitung habe ich mir Videos von früheren Weltmeisterschaften angesehen. Und ich sage bewusst angesehen. Ich muss mich mit der Stimmung, dem Lärm, dem Krawall und der Musik auseinandersetzen. Das ist für uns Blinde nicht so einfach“, erläutert Holzer.
Er habe am meisten Angst vor dem Gang zur Kletterwand: „Das ist Neuland für mich. Wenn ich dann die Wand mit den Händen berühre, habe ich wieder Boden unter den Füßen.“
Künstliche Tritte und Griffe ohne Logik
Das Sportklettern sei für ihn schwieriger, als das Klettern in der freien Natur. „Weil die Tritte und Griffe von Menschen gesetzt sind, das ist willkürlich. Wenn ich aber zum Beispiel die 800 Meter hohe Südwand der Marmolata in den Dolomiten besteige, dann weiß ich jeden Griff. In der Natur ist alles logisch und wiederholt sich. Das können sehende Menschen nur nicht erkennen“, erläutert Holzer den Unterschied.
Der Bergsteiger erklärt seine Motivation, mit dem Sportklettern zu beginnen, damit, dass er eine neue Perspektive kennenlernen wollte.
Selbstverständnis als autonomer Alpinist
Auch ärgert sich der Neo-Sportkletterer, dass bei der WM nicht Vorstieg, sondern im gesicherten „Nachstieg“ geklettert werden muss. „Da muss ich nicht so viel Verantwortung übernehmen, da kann ich mich aber auch nicht so konzentrieren“, sagte Holzer. „Normale Menschen und besonders die Behörden haben Angst, dass uns etwas passieren könnte.“
Sendungshinweis:
Sport am Samstag, 15.8., 17.00 Uhr, Radio Tirol
Da kommt wieder durch, dass sich Holzer trotz seiner Blindheit nicht als behinderter Mensch sieht. Immerhin ist er schon zweimal nur knapp unter den Gipfeln an 8.000ern im Himalaya gescheitert. Er bestieg 7.000er mit seinem versehrten Bergkumpel Peter Mair in Südamerika oder bezwang den höchsten Berg der Antarktis und sechs der „Seven Summits“ schon auf Anhieb. „Die Kälte und die Stürme dort waren wirklich hart“, erinnerte sich Holzer und freut sich auf sein nächstes Abenteuer: Die Sportkletter-WM in Paris.
Link:
Das österreichische Team bei der Kletter-WM
Publiziert am 11.09.2012
Großartig!
Blinder Osttiroler fährt zur Kletter-WM
Mit einer Premiere wartet das rot-weiß-rote Aufgebot für die am Mittwoch in Paris beginnende Kletter-Weltmeisterschaft auf. Mit Andreas Holzer stellt Österreich erstmals einen Starter im Paraclimbing, dem Sportklettern für Menschen mit Behinderung.
Im Gegensatz zu den Titelverteidigern Angela Eiter und Anna Stöhr sowie den Favoriten Kilian Fischhuber und Jakob Schubert geht es für Holzer nicht so sehr um den Reiz von Medaillen, vielmehr will er die Atmosphäre erleben und genießen.
Paraclimbing ist seit der WM im Vorjahr in Arco (ITA) eine eigene Disziplin der Sportkletterer. „Wir sind froh, dass wir jetzt heuer auch einen eigenen Starter haben. Und noch dazu eine echte Stimmungskanone“, betonte ÖWK-Generalsekretär Michael Schöpf.
Der 46-jährige Osttiroler Holzer, der seit seiner Geburt komplett blind ist, lebt seit drei Jahren vom Bergsteigen. Der verheiratete Lienzer ist durch Vorträge und sein Buch „Balanceakt - Blind auf die Gipfel der Welt“ bekannt geworden.
Zum Zeitvertreib ins Kletterzentrum
„Irgendwie bin ich da rein gekugelt, als wäre ich nicht gesichert gewesen“, schilderte Holzer seine erste Berührung mit dem Sportklettern. Auf der Durchreise zu einer Vortragsreihe in der Schweiz machte er im Sommer Halt in Imst und vertrieb sich die Zeit im dortigen Kletterzentrum. Holzer wurde sofort überredet, für den ÖWK zu starten.
Videos zur Vorbereitung
„In Paris will ich schauen, was los ist und die Atmosphäre in mich aufnehmen“, hat sich Holzer zum Ziel gesetzt. Als behinderter Mensch sieht er sich nicht. „In meinem Sport sind ja alles Versehrte. Normale Menschen machen ja so was nicht und klettern auf die steilsten Berge“, sagte er. „Als Vorbereitung habe ich mir Videos von früheren Weltmeisterschaften angesehen. Und ich sage bewusst angesehen. Ich muss mich mit der Stimmung, dem Lärm, dem Krawall und der Musik auseinandersetzen. Das ist für uns Blinde nicht so einfach“, erläutert Holzer.
Er habe am meisten Angst vor dem Gang zur Kletterwand: „Das ist Neuland für mich. Wenn ich dann die Wand mit den Händen berühre, habe ich wieder Boden unter den Füßen.“
Künstliche Tritte und Griffe ohne Logik
Das Sportklettern sei für ihn schwieriger, als das Klettern in der freien Natur. „Weil die Tritte und Griffe von Menschen gesetzt sind, das ist willkürlich. Wenn ich aber zum Beispiel die 800 Meter hohe Südwand der Marmolata in den Dolomiten besteige, dann weiß ich jeden Griff. In der Natur ist alles logisch und wiederholt sich. Das können sehende Menschen nur nicht erkennen“, erläutert Holzer den Unterschied.
Der Bergsteiger erklärt seine Motivation, mit dem Sportklettern zu beginnen, damit, dass er eine neue Perspektive kennenlernen wollte.
Selbstverständnis als autonomer Alpinist
Auch ärgert sich der Neo-Sportkletterer, dass bei der WM nicht Vorstieg, sondern im gesicherten „Nachstieg“ geklettert werden muss. „Da muss ich nicht so viel Verantwortung übernehmen, da kann ich mich aber auch nicht so konzentrieren“, sagte Holzer. „Normale Menschen und besonders die Behörden haben Angst, dass uns etwas passieren könnte.“
Sendungshinweis:
Sport am Samstag, 15.8., 17.00 Uhr, Radio Tirol
Da kommt wieder durch, dass sich Holzer trotz seiner Blindheit nicht als behinderter Mensch sieht. Immerhin ist er schon zweimal nur knapp unter den Gipfeln an 8.000ern im Himalaya gescheitert. Er bestieg 7.000er mit seinem versehrten Bergkumpel Peter Mair in Südamerika oder bezwang den höchsten Berg der Antarktis und sechs der „Seven Summits“ schon auf Anhieb. „Die Kälte und die Stürme dort waren wirklich hart“, erinnerte sich Holzer und freut sich auf sein nächstes Abenteuer: Die Sportkletter-WM in Paris.
Link:
Das österreichische Team bei der Kletter-WM
Publiziert am 11.09.2012
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