Zehn Stunden unter Lawine überlebt
Quelle: orf-tirol
Ein tödliches Lawinenunglück hat sich am Sonntag im hinteren Gschnitztal ereignet. Ein Deutscher kam dabei ums Leben, sein österreichischer Begleiter hat stundenlang unter den Schneemassen überlebt. Er war bei der Bergung sogar ansprechbar.
Gegen 18.35 Uhr ging über die Leitstelle Tirol die Meldung über zwei vermisste Tourengeher im Bereich Gschnitztal ein. Nachdem die Sportler zur vereinbarten Zeit zu Mittag nicht zu Hause waren und auch telefonisch nicht erreichbar waren, schlug der Vater eines Vermissten Alarm. Dieser konnte keine näheren Angaben über die Tour machen. Eine aufwendige Suchaktion wurde eingeleitet.
Suche war erfolgreich
Mit dem Polizeihubschrauber „Libelle“ wurde das gesamte Gschnitztal nach Lawinen abgesucht. Die Besatzung des Helikopters flog sämtliche Gipfel in diesem Bereich ab und kontrollierte die dortigen Gipfelbücher - ohne Erfolg. Kurz vor Abbruch der Suche stieß die Mannschaft des Polizeihubschraubers doch auf einen frischen Lawinenkegel in rund 1.900 Meter Seehöhe im Bereich der Sandesalm der „Gargglerin“.
Die Lawine hatte ein Ausmaß von ca. 400 Meter Länge und 200 Meter Breite. Der Flugretter der Polizei konnte schließlich das Signal eines Lawinenverschüttetensuchgeräts orten. „Dass diese mächtige Nassschneelawine jemand überleben könnte, damit haben wir zu diesem Zeitpunkt nicht gerechnet“, sagte Hubschrauberpilot Helmut Metzler.
Ein Vermisster tot
Einer der beiden Tourengeher - ein 27-jähriger, in Innsbruck wohnhafter Deutscher - konnte nur noch tot geborgen werden. Sein Kamerad, ein 23-jähriger, ebenfalls in Innsbruck lebender Oberösterreicher, wurde beim Sondieren des Lawinenkegels entdeckt. Nach Kontakt mit dem Suchgerät hörte der Flugretter der Polizei sogar Hilferufe. Es sei wie ein Wunder gewesen, dass nach so langer Zeit unter den Schneemassen noch Lebenszeichen festgestellt werden konnten, berichtete Metzler weiter.
Der Oberösterreicher konnte stark unterkühlt gerettet werden
Nach zehn Stunden konnte der Verschüttete lebend und ansprechbar geborgen und gerettet werden. Er war rund eineinhalb Meter tief verschüttet. Mit rund 29 Grad Körpertemperatur wurde er in die Innsbrucker Klinik geflogen. Der 23-Jährige wird wahrscheinlich noch am Montag die Intensivstation verlassen und auf eine Beobachtungsstation verlegt werden. Sein Zustand sei „völlig stabil“, sagte Kliniksprecher Johannes Schwamberger der APA. Derzeit werde vor allem die Unterkühlung behandelt, meinte der Sprecher.
Experte spricht von Wunder
Die Überlebenschance in einer Lawinen nach einer Verschüttungsdauer von 15 bis 20 Minuten sinke steil, sagte der Alpinmediziner Hermann Brugger. Im Fall des 23-jährigen Tourengehers spricht er von einem Wunder - mehr dazu in Langes Überleben in Lawine grenzt an Wunder.
Ergänzend der allgemeinere Beitrag zur Überlebenschance Verschütteter
Langes Überleben in Lawine grenzt an Wunder
Quelle: orf-tirol
Die Chance, in einer Lawinen zu überleben, sinke nach 15 bis 20 Minuten rapid, erklärt der Alpinmediziner Hermann Brugger. Bei einer Unterkühlung auf 29 Grad wie im Fall des Verschütteten im Gschnitztal seien Lebensfunktionen bedroht, erläutert der Intensivmediziner Peter Paal.
Die Wahrscheinlichkeit, so lange unter den Schneemassen zu überleben, ist äußerst gering, sagte der Leiter des Instituts für Alpine Notfallmedizin an der EURAC in Bozen, Hermann Brugger, im Gespräch mit der APA. Im Fall des 23-jährigen Tourengehers, der im Gschnitztal bis zu zehn Stunden überlebt haben soll, spricht er von einem Wunder – mehr dazu in Zehn Stunden unter Lawine überlebt. Nach 15 bis 20 Minunten nehme die Überlebenschance von über 90 auf knapp über 30 Prozent ab, erklärte Brugger. Dann gebe es eine sogenannte Plateauphase, in der die Überlebenswahrscheinlichkeit auf etwa gleichem Niveau bleibe, und nach 35 Minuten sinke sie erneut.
Sauerstoffzufuhr entscheidet
Der wichtigste Faktor für das Überleben ist die Sauerstoffzufuhr, erläuterte der Experte: „Es braucht eine Verbindung zur Außenwelt.“ Dabei sei aber nicht entscheidend, ob die Verbindung zur Oberfläche bestehe. Auch Höhlen unterhalb des Verschütteten könnten die Sauerstoffversorgung sicherstellen. Dies sei etwa von der Mikrotopografie des Geländes abhängig, so der Wissenschafter: „Aber auch wenn der Schnee nach unten hin lockerer wird, kann das Überleben eine Zeit lang gesichert werden.“
Das Problem bei einer abgeschlossenen Atemhöhle sei das Kohlendioxid (CO2). Durch die Rückatmung der ausgeatmeten, CO2-hältigen Luft trete rasch Bewusstlosigkeit ein, erklärte Brugger. Zudem kühle der Körper wesentlich schneller ab - und zwar bis zu neun Grad pro Stunde. „Dann kommt es rasch zur Unterkühlung“, veranschaulichte der Experte. Unter 32 Grad komme es zu Herzrhythmusstörungen und in weiterer Folge zum Herzstillstand.
Sterben an Unterkühlung
Bei Lawinenunfällen wie jenem des 23-jährigen Tourengehers im Gschnitztal stellt die Unterkühlung ein weiteres großes Problem dar, führt der Innsbrucker Intensivmediziner Peter Paal aus. Hermann Brugger ergänzte: „Bei einer ausreichenden Sauerstoffversorgung ist die Absenkgeschwindigkeit der Körpertemperatur extrem langsam.“ Pro Stunde sinke sie dann nur um ein Zehntel Grad. „Wir hatten den Fall eines Südtirolers, der 24 Stunden unter einer Lawine war und mit einer Körpertemperatur von 35 Grad geborgen wurde“, sagte der Alpinmediziner.
Auch die isolierende Funktion der Schneedecke spiele eine Rolle. Denn im Tiefschnee herrsche eine Temperatur von etwa Null Grad. Zudem bilde sich um den Körper eine Feuchtigkeitsschicht, die isolierend wirke. „Alles in allem herrschen im Schnee bessere Konditionen als außerhalb des Schnees“, betonte Brugger.
Was tun mit einem Unterkühlten?
Nach der Bergung sei es zunächst einmal wichtig, den Patienten gut zu isolieren bzw. zu stabilisieren, erläutert der Intensivmediziner Peter Paal. Dann müsse der Verschüttete möglichst schnell ins Krankenhaus gebracht werden. „Je früher, desto besser. Und zwar nicht unbedingt ins nächste, sondern ins richtige Krankenhaus“, meinte der Mediziner. Dies gelte vor allem bei Unterkühlungsopfern mit einer Körpertemperatur von unter 30 Grad Celsius. In dieser „Todeszone“ könne es nämlich zu einem plötzlichen Herzstillstand kommen. Vor der Behandlung in einem solchen „Schwerpunktkrankenhaus“ sei eine Wiedererwärmung jedenfalls ausgeschlossen.
Langsame Erwärmung über mehrere Stunden
Bei vorhandenem Kreislauf sei im Spital mit einer rund zwölfstündigen Phase der Wiedererwärmung zu rechnen, erläuterte der Experte. Dabei werde etwa eine Wärmedecke über den gesamten Körper des Patienten mit Ausnahme des Kopfes gezogen. Diese werde wie eine Heizdecke erwärmt. Eine mit Warmluft befüllte Luftmatratze könne ebenso zum Einsatz kommen wie „warme Infusionen“. Pro Stunde erwärme sich die Körpertemperatur des Patienten um ein bis zwei Grad. Die Erfolge der Wiedererwärmung stellen sich eigentlich immer ein, sagte der Intensivmediziner.
Der Schockraum, in den der 23-Jährige sofort nach der Einlieferung gebracht worden war, sei eine „extrem gut aufgestellte Notfallaufnahme“ mit einem rund sechsköpfigen Team aus Anästhesie- und Unfallchirurgie-Oberärzten sowie Assistenzärzten. An den Schockraum sei zudem ein Computertomograf (CT) angeschlossen. Wenn notwendig könne der Verschüttete auch noch im Schockraum operiert werden.
Temperatur unter 24 Grad löscht Lebensfunktion
Generell gebe es verschiedene Stufen der Unterkühlung, erklärte Paal. Von einer „milden Unterkühlung“ spreche man zwischen 35 und 32 Grad Celsius. Patienten in diesem Bereich könnten von jedem peripheren Krankenhaus ausreichend behandelt werden. Eine „moderate Unterkühlung“ bestehe zwischen 32 und 28 Grad. Dabei seien die wichtigsten Lebensfunktionen bereits eingeschränkt. Eine „schwere Unterkühlung“ mit nur mehr sehr geringen Lebensfunktionen weisen Patienten mit einer Körpertemperatur zwischen 28 und 24 Grad auf. Unter 24 Grad herrsche eine „tiefe Unterkühlung“ mit „ausgelöschten Lebensfunktionen“ vor.
Paal betonte, dass aber auch Unterkühlungsopfer mit einem Herzstillstand heutzutage noch durchaus gute Chancen hätten, durch den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine ohne bleibende Schäden zu überleben. Die „tiefste jemals überlebte Temperatur“ habe übrigens eine Skitourengeherin in Norwegen vor rund 15 Jahren mit 13,7 Grad aufgewiesen. Diese war aus einer Bachrinne geborgen worden und sei bereits klinisch tot gewesen. Durch den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine sei sie aber nach rund zwei Wochen ins Leben zurückgeholt worden. Später habe sie das Krankenhaus ohne wesentliche Schäden verlassen können.
Rekord: 48 Stunden unter Lawine überlebt
Die Wahrscheinlichkeit, eine Verschüttung länger als zwei Stunden zu überleben, liege bei drei bis zehn Prozent. Referenz seien die im Alpenraum erhobenen Lawinenunfälle. Auf der anderen Seite sei die Wahrscheinlichkeit auch nie Null, sagte Hermann Brugger: „Die Hoffnung darf man niemals aufgeben.“ Absoluter Rekord sei der Fall einer Frau in der Lombardei, die 1974 verschüttet worden sei und 48 Stunden überlebt habe.
Quelle: orf-tirol
Ein tödliches Lawinenunglück hat sich am Sonntag im hinteren Gschnitztal ereignet. Ein Deutscher kam dabei ums Leben, sein österreichischer Begleiter hat stundenlang unter den Schneemassen überlebt. Er war bei der Bergung sogar ansprechbar.
Gegen 18.35 Uhr ging über die Leitstelle Tirol die Meldung über zwei vermisste Tourengeher im Bereich Gschnitztal ein. Nachdem die Sportler zur vereinbarten Zeit zu Mittag nicht zu Hause waren und auch telefonisch nicht erreichbar waren, schlug der Vater eines Vermissten Alarm. Dieser konnte keine näheren Angaben über die Tour machen. Eine aufwendige Suchaktion wurde eingeleitet.
Suche war erfolgreich
Mit dem Polizeihubschrauber „Libelle“ wurde das gesamte Gschnitztal nach Lawinen abgesucht. Die Besatzung des Helikopters flog sämtliche Gipfel in diesem Bereich ab und kontrollierte die dortigen Gipfelbücher - ohne Erfolg. Kurz vor Abbruch der Suche stieß die Mannschaft des Polizeihubschraubers doch auf einen frischen Lawinenkegel in rund 1.900 Meter Seehöhe im Bereich der Sandesalm der „Gargglerin“.
Die Lawine hatte ein Ausmaß von ca. 400 Meter Länge und 200 Meter Breite. Der Flugretter der Polizei konnte schließlich das Signal eines Lawinenverschüttetensuchgeräts orten. „Dass diese mächtige Nassschneelawine jemand überleben könnte, damit haben wir zu diesem Zeitpunkt nicht gerechnet“, sagte Hubschrauberpilot Helmut Metzler.
Ein Vermisster tot
Einer der beiden Tourengeher - ein 27-jähriger, in Innsbruck wohnhafter Deutscher - konnte nur noch tot geborgen werden. Sein Kamerad, ein 23-jähriger, ebenfalls in Innsbruck lebender Oberösterreicher, wurde beim Sondieren des Lawinenkegels entdeckt. Nach Kontakt mit dem Suchgerät hörte der Flugretter der Polizei sogar Hilferufe. Es sei wie ein Wunder gewesen, dass nach so langer Zeit unter den Schneemassen noch Lebenszeichen festgestellt werden konnten, berichtete Metzler weiter.
Der Oberösterreicher konnte stark unterkühlt gerettet werden
Nach zehn Stunden konnte der Verschüttete lebend und ansprechbar geborgen und gerettet werden. Er war rund eineinhalb Meter tief verschüttet. Mit rund 29 Grad Körpertemperatur wurde er in die Innsbrucker Klinik geflogen. Der 23-Jährige wird wahrscheinlich noch am Montag die Intensivstation verlassen und auf eine Beobachtungsstation verlegt werden. Sein Zustand sei „völlig stabil“, sagte Kliniksprecher Johannes Schwamberger der APA. Derzeit werde vor allem die Unterkühlung behandelt, meinte der Sprecher.
Experte spricht von Wunder
Die Überlebenschance in einer Lawinen nach einer Verschüttungsdauer von 15 bis 20 Minuten sinke steil, sagte der Alpinmediziner Hermann Brugger. Im Fall des 23-jährigen Tourengehers spricht er von einem Wunder - mehr dazu in Langes Überleben in Lawine grenzt an Wunder.
Ergänzend der allgemeinere Beitrag zur Überlebenschance Verschütteter
Langes Überleben in Lawine grenzt an Wunder
Quelle: orf-tirol
Die Chance, in einer Lawinen zu überleben, sinke nach 15 bis 20 Minuten rapid, erklärt der Alpinmediziner Hermann Brugger. Bei einer Unterkühlung auf 29 Grad wie im Fall des Verschütteten im Gschnitztal seien Lebensfunktionen bedroht, erläutert der Intensivmediziner Peter Paal.
Die Wahrscheinlichkeit, so lange unter den Schneemassen zu überleben, ist äußerst gering, sagte der Leiter des Instituts für Alpine Notfallmedizin an der EURAC in Bozen, Hermann Brugger, im Gespräch mit der APA. Im Fall des 23-jährigen Tourengehers, der im Gschnitztal bis zu zehn Stunden überlebt haben soll, spricht er von einem Wunder – mehr dazu in Zehn Stunden unter Lawine überlebt. Nach 15 bis 20 Minunten nehme die Überlebenschance von über 90 auf knapp über 30 Prozent ab, erklärte Brugger. Dann gebe es eine sogenannte Plateauphase, in der die Überlebenswahrscheinlichkeit auf etwa gleichem Niveau bleibe, und nach 35 Minuten sinke sie erneut.
Sauerstoffzufuhr entscheidet
Der wichtigste Faktor für das Überleben ist die Sauerstoffzufuhr, erläuterte der Experte: „Es braucht eine Verbindung zur Außenwelt.“ Dabei sei aber nicht entscheidend, ob die Verbindung zur Oberfläche bestehe. Auch Höhlen unterhalb des Verschütteten könnten die Sauerstoffversorgung sicherstellen. Dies sei etwa von der Mikrotopografie des Geländes abhängig, so der Wissenschafter: „Aber auch wenn der Schnee nach unten hin lockerer wird, kann das Überleben eine Zeit lang gesichert werden.“
Das Problem bei einer abgeschlossenen Atemhöhle sei das Kohlendioxid (CO2). Durch die Rückatmung der ausgeatmeten, CO2-hältigen Luft trete rasch Bewusstlosigkeit ein, erklärte Brugger. Zudem kühle der Körper wesentlich schneller ab - und zwar bis zu neun Grad pro Stunde. „Dann kommt es rasch zur Unterkühlung“, veranschaulichte der Experte. Unter 32 Grad komme es zu Herzrhythmusstörungen und in weiterer Folge zum Herzstillstand.
Sterben an Unterkühlung
Bei Lawinenunfällen wie jenem des 23-jährigen Tourengehers im Gschnitztal stellt die Unterkühlung ein weiteres großes Problem dar, führt der Innsbrucker Intensivmediziner Peter Paal aus. Hermann Brugger ergänzte: „Bei einer ausreichenden Sauerstoffversorgung ist die Absenkgeschwindigkeit der Körpertemperatur extrem langsam.“ Pro Stunde sinke sie dann nur um ein Zehntel Grad. „Wir hatten den Fall eines Südtirolers, der 24 Stunden unter einer Lawine war und mit einer Körpertemperatur von 35 Grad geborgen wurde“, sagte der Alpinmediziner.
Auch die isolierende Funktion der Schneedecke spiele eine Rolle. Denn im Tiefschnee herrsche eine Temperatur von etwa Null Grad. Zudem bilde sich um den Körper eine Feuchtigkeitsschicht, die isolierend wirke. „Alles in allem herrschen im Schnee bessere Konditionen als außerhalb des Schnees“, betonte Brugger.
Was tun mit einem Unterkühlten?
Nach der Bergung sei es zunächst einmal wichtig, den Patienten gut zu isolieren bzw. zu stabilisieren, erläutert der Intensivmediziner Peter Paal. Dann müsse der Verschüttete möglichst schnell ins Krankenhaus gebracht werden. „Je früher, desto besser. Und zwar nicht unbedingt ins nächste, sondern ins richtige Krankenhaus“, meinte der Mediziner. Dies gelte vor allem bei Unterkühlungsopfern mit einer Körpertemperatur von unter 30 Grad Celsius. In dieser „Todeszone“ könne es nämlich zu einem plötzlichen Herzstillstand kommen. Vor der Behandlung in einem solchen „Schwerpunktkrankenhaus“ sei eine Wiedererwärmung jedenfalls ausgeschlossen.
Langsame Erwärmung über mehrere Stunden
Bei vorhandenem Kreislauf sei im Spital mit einer rund zwölfstündigen Phase der Wiedererwärmung zu rechnen, erläuterte der Experte. Dabei werde etwa eine Wärmedecke über den gesamten Körper des Patienten mit Ausnahme des Kopfes gezogen. Diese werde wie eine Heizdecke erwärmt. Eine mit Warmluft befüllte Luftmatratze könne ebenso zum Einsatz kommen wie „warme Infusionen“. Pro Stunde erwärme sich die Körpertemperatur des Patienten um ein bis zwei Grad. Die Erfolge der Wiedererwärmung stellen sich eigentlich immer ein, sagte der Intensivmediziner.
Der Schockraum, in den der 23-Jährige sofort nach der Einlieferung gebracht worden war, sei eine „extrem gut aufgestellte Notfallaufnahme“ mit einem rund sechsköpfigen Team aus Anästhesie- und Unfallchirurgie-Oberärzten sowie Assistenzärzten. An den Schockraum sei zudem ein Computertomograf (CT) angeschlossen. Wenn notwendig könne der Verschüttete auch noch im Schockraum operiert werden.
Temperatur unter 24 Grad löscht Lebensfunktion
Generell gebe es verschiedene Stufen der Unterkühlung, erklärte Paal. Von einer „milden Unterkühlung“ spreche man zwischen 35 und 32 Grad Celsius. Patienten in diesem Bereich könnten von jedem peripheren Krankenhaus ausreichend behandelt werden. Eine „moderate Unterkühlung“ bestehe zwischen 32 und 28 Grad. Dabei seien die wichtigsten Lebensfunktionen bereits eingeschränkt. Eine „schwere Unterkühlung“ mit nur mehr sehr geringen Lebensfunktionen weisen Patienten mit einer Körpertemperatur zwischen 28 und 24 Grad auf. Unter 24 Grad herrsche eine „tiefe Unterkühlung“ mit „ausgelöschten Lebensfunktionen“ vor.
Paal betonte, dass aber auch Unterkühlungsopfer mit einem Herzstillstand heutzutage noch durchaus gute Chancen hätten, durch den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine ohne bleibende Schäden zu überleben. Die „tiefste jemals überlebte Temperatur“ habe übrigens eine Skitourengeherin in Norwegen vor rund 15 Jahren mit 13,7 Grad aufgewiesen. Diese war aus einer Bachrinne geborgen worden und sei bereits klinisch tot gewesen. Durch den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine sei sie aber nach rund zwei Wochen ins Leben zurückgeholt worden. Später habe sie das Krankenhaus ohne wesentliche Schäden verlassen können.
Rekord: 48 Stunden unter Lawine überlebt
Die Wahrscheinlichkeit, eine Verschüttung länger als zwei Stunden zu überleben, liege bei drei bis zehn Prozent. Referenz seien die im Alpenraum erhobenen Lawinenunfälle. Auf der anderen Seite sei die Wahrscheinlichkeit auch nie Null, sagte Hermann Brugger: „Die Hoffnung darf man niemals aufgeben.“ Absoluter Rekord sei der Fall einer Frau in der Lombardei, die 1974 verschüttet worden sei und 48 Stunden überlebt habe.