AW: Mit Diabetes Mellitus zum Everest...
Bericht Nr. 11:
Die Berge sind in zauberhaftes Abendrot gehuellt. Wenig spaeter ist es Nacht - ein unglaublicher Sternenhimmel ueber der Wueste Baluchistans. Einige wenige Huetten. Wieder wird es eine scharfe Sauce, in der ein Stueck Fleisch schwimmt geben, dazu eine Chapati, so wie jeden Abend. Und wir sitzen am Boden und bestaunen die Trucks, die hier ihren Stop machen - fahrende Lichtspiele. Und wir trinken mit den Fahrern Tee, plaudern, geniessen, dass wir an diesem abgeschiedenen Ort sein duerfen.
Habe ich nicht ein grosses Projekt vor? Ist da nicht ein Zeitplan? Will ich nicht auf den Everest? All das ist hier weit weg. Hier gibt es nur das Heute. Selbst Quetta ist unendlich weit weg. Die naechsten Stunden, nichts ist vorhersehbar. Hier in der Wueste sind wir reduziert auf das Wesentliche. Wo werde ich schlafen? Wo bekomme ich etwas zu essen? Gibt es Wasser? Und genau dieses Leben an der Basis ist einfach wunderschoen - der Weg zum Everest als Ziel lang gehegter Lebenstraeume.
Damit es nicht zu verwirrend wird - ein bisschen Reisechronologie:
Am 20.12. startete ich aus Zahedan, und das mit einiger Unsicherheit. Der hygienische Standard des Iran ist wohl in der Wueste Baluchistans kaum zu finden. Und dennoch brauche ich viel Hygiene. Schliesslich ist meine Operationswunde noch offen, und das sicher noch 14 Tage. Nach sechs Stunden erreiche ich die pakistanische Grenze. Ich schiebe mein Rad aus dem Grenzbereich heraus und sehe neben den vielen Baluchen einen, der so ganz anders aussieht. Es ist Markus aus Deutschland, der seit 15 Monaten mit dem Fahrrad unterwegs ist. Sein Fahrrad hat er bereits auf dem Dach des Busses nach Quetta festgemacht. So gut wie kein Radfahrer faehrt durch diesen Teil Baluchistans, die Strecke gilt als sehr gefaehrlich. Als er hoert, dass ich trotz allem mit dem Fahrrad weiter will, laedt er kurzerhand wieder sein Fahrrad vom Bus ab - und nun sind wir zu zweit unterwegs - fuer mich wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Die Nacht verbringen wir in dem Grenzdorf Taftan, und wir begreifen - wir sind nun wirklich im urtuemlichen Asien angekommen.
Am naechsten Tag gleich eine maechtige Etappe von 130 km, bis wir das erste Dorf erreichen - Nok Kundi. Hier in der Wueste Baluchistans gibt es kaum Siedlungen - nur etwa alle 100 km eine kleine Oase, einige Huetten, einige kleine Laeden, ein Platz, wo man (und vor allem die zahlreichen Trucker) eine warme Mahlzeit bekommt - ja, wir sind auch in dieser einsamen Gegend noch immer auf der Hauptverbindung Europa-Asien.
Ein leerer Raum, wir breiten unsere Matten und Schlafsaecke aus - die Wuestennaechte werden empfindlich kalt.
Am folgenden Tag erreichen wir nach 115 km den Ort Yak Mach. Was wird nicht alles geschrieben ueber die Strecke Taftan-Quetta. Scheinbar kann man sie kaum ueberleben. Tatsache ist, dass sich die Baluchen nicht wirklich als Pakistanis fuehlen. In dieser Gegend gilt das Stammesrecht, nicht das pakistanische. Das heisst aber nicht, dass es Gaesten deshalb schlechter geht. Wir haben die Baluchen dieser Region als extrem liebenswert und gastfreundlich erlebt und auch sehr viele Stunden guter Gespraeche mit ihnen verlebt (mit Englisch geht es doch ganz gut in Pakistan).
Dalbandin, etwas groesser als die beiden anderen Orte, erreichen wir am 23.12. Und hier gibt es sogar ein Hotel - Betten, Kaltwasser und einige Stunden Strom pro Tag. Als wollten wir die Gunst der Stunde fuer froehliche Weihnachten nutzen, werden Markus und ich fast synchron krank, fiebern etwas und verbringen gleich auch den 24. und 25.12. in Dalbandin.
26.12. - on the road again. Nach 105 km erreichen wir einige Huetten, der Ort wird Padaq genannt. Wieder findet sich ein leerer Raum, auf dessen Boden wir unsere Matten ausbreiten koennen.
Am 27.12. sind wir gerade mal 21 km unterwegs, als wir von zwei Baluchen auf einem Motorrad, die sich als Polizisten ausweisen, angehalten. Wir muessen sofort zur naechsten Polizeistation zurueckkehren. Wir haben diese gerade erst vor 5 Minuten passiert. Und just genau danach kam die Meldung, dass es vor uns entlang der Strasse zu "Attacken" mit etlichen Toten gekommen sei und nun die Strasse fuer jedermann gesperrt sei. Spaeter sickert durch, dass es Kaempfe zwischen Regierungstruppen und der Armee eines der lokalen Stammesfuersten gewesen war und dass 14 Menschen dabei ums Leben kamen. Wir verbringen den Tag und die Nacht in dieser Ansammlung von Huetten, die Khuchaki Cha genannt wird. Morgen geht es weiter? Inshallah! (so Gott will)
28.12. Gott wollte! Die Strasse ist wieder frei und wir wollen Noushki, das groesste Dorf entlang der Strecke, gerade vor dem grossen Anstieg in die Berge gelegen, erreichen. Gut zwei Stunden sind wir unterwegs und die Vegetation wird reicher. Oase reiht sich an Oase - Felder. Und da sehen wir sie, etwa 100 m von der Strasse entfernt. Es gibt sie also doch, eingehuellt in bodenlange Schleier! Frauen! Wir sind heute den 9. Tag in Baluchistan und haben bisher noch keine Frau gesehen. Wir haben in Doerfern mit wenigen Huetten verweilt und dort wohl jeden Mann kennengelernt, aber nie eine Frau gesehen. Wo waren sie? Stets in den winzigen Huetten ohne Licht? Ich weiss es nicht. Aber jetzt wissen wir, dass es auch in Baluchistan Frauen gibt.
29.12. Wir wollen endlich hinein in den Luxus von Quetta - weiche Betten, warmes Wasser, Baeckereien. Darum nehmen wir einen extrem harten Radtag in Kauf - 144 km hinauf in das fast 2000 m hoch gelegene Quetta, eine Fahrt durch eine faszinierende Gebirgswueste. In der Dunkelheit erreichen wir die Stadt und bald haben wir ein wunderschoenes Zimmer - fuer zwei (Ruhe)Tage beginnt ein anderes Leben.
Tagesetappen:
20.12. Zahedan - Grenze - Taftan: 100,5 km
21.12. Taftan - Nok Kundi: 131,1 km
22.12. Nok Kundi - Yak Mach: 114,6 km
23.12. Yak Mach - Dalbandin: 59,8 km
24.12. Dalbandin
25.12. Dalbandin
26.12. Dalbandin - Padaq: 105,3 km
27.12. Padaq - Umkehrpunkt (Polizei) - Khuchaki Cha: 23,1 km
28.12. Khuchaki Cha - Noushki: 81,4 km
29.12. Noushki - Quetta: 144,0 km
30.12. Quetta (Ruhertag)
Bericht Nr. 11:
Die Berge sind in zauberhaftes Abendrot gehuellt. Wenig spaeter ist es Nacht - ein unglaublicher Sternenhimmel ueber der Wueste Baluchistans. Einige wenige Huetten. Wieder wird es eine scharfe Sauce, in der ein Stueck Fleisch schwimmt geben, dazu eine Chapati, so wie jeden Abend. Und wir sitzen am Boden und bestaunen die Trucks, die hier ihren Stop machen - fahrende Lichtspiele. Und wir trinken mit den Fahrern Tee, plaudern, geniessen, dass wir an diesem abgeschiedenen Ort sein duerfen.
Habe ich nicht ein grosses Projekt vor? Ist da nicht ein Zeitplan? Will ich nicht auf den Everest? All das ist hier weit weg. Hier gibt es nur das Heute. Selbst Quetta ist unendlich weit weg. Die naechsten Stunden, nichts ist vorhersehbar. Hier in der Wueste sind wir reduziert auf das Wesentliche. Wo werde ich schlafen? Wo bekomme ich etwas zu essen? Gibt es Wasser? Und genau dieses Leben an der Basis ist einfach wunderschoen - der Weg zum Everest als Ziel lang gehegter Lebenstraeume.
Damit es nicht zu verwirrend wird - ein bisschen Reisechronologie:
Am 20.12. startete ich aus Zahedan, und das mit einiger Unsicherheit. Der hygienische Standard des Iran ist wohl in der Wueste Baluchistans kaum zu finden. Und dennoch brauche ich viel Hygiene. Schliesslich ist meine Operationswunde noch offen, und das sicher noch 14 Tage. Nach sechs Stunden erreiche ich die pakistanische Grenze. Ich schiebe mein Rad aus dem Grenzbereich heraus und sehe neben den vielen Baluchen einen, der so ganz anders aussieht. Es ist Markus aus Deutschland, der seit 15 Monaten mit dem Fahrrad unterwegs ist. Sein Fahrrad hat er bereits auf dem Dach des Busses nach Quetta festgemacht. So gut wie kein Radfahrer faehrt durch diesen Teil Baluchistans, die Strecke gilt als sehr gefaehrlich. Als er hoert, dass ich trotz allem mit dem Fahrrad weiter will, laedt er kurzerhand wieder sein Fahrrad vom Bus ab - und nun sind wir zu zweit unterwegs - fuer mich wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Die Nacht verbringen wir in dem Grenzdorf Taftan, und wir begreifen - wir sind nun wirklich im urtuemlichen Asien angekommen.
Am naechsten Tag gleich eine maechtige Etappe von 130 km, bis wir das erste Dorf erreichen - Nok Kundi. Hier in der Wueste Baluchistans gibt es kaum Siedlungen - nur etwa alle 100 km eine kleine Oase, einige Huetten, einige kleine Laeden, ein Platz, wo man (und vor allem die zahlreichen Trucker) eine warme Mahlzeit bekommt - ja, wir sind auch in dieser einsamen Gegend noch immer auf der Hauptverbindung Europa-Asien.
Ein leerer Raum, wir breiten unsere Matten und Schlafsaecke aus - die Wuestennaechte werden empfindlich kalt.
Am folgenden Tag erreichen wir nach 115 km den Ort Yak Mach. Was wird nicht alles geschrieben ueber die Strecke Taftan-Quetta. Scheinbar kann man sie kaum ueberleben. Tatsache ist, dass sich die Baluchen nicht wirklich als Pakistanis fuehlen. In dieser Gegend gilt das Stammesrecht, nicht das pakistanische. Das heisst aber nicht, dass es Gaesten deshalb schlechter geht. Wir haben die Baluchen dieser Region als extrem liebenswert und gastfreundlich erlebt und auch sehr viele Stunden guter Gespraeche mit ihnen verlebt (mit Englisch geht es doch ganz gut in Pakistan).
Dalbandin, etwas groesser als die beiden anderen Orte, erreichen wir am 23.12. Und hier gibt es sogar ein Hotel - Betten, Kaltwasser und einige Stunden Strom pro Tag. Als wollten wir die Gunst der Stunde fuer froehliche Weihnachten nutzen, werden Markus und ich fast synchron krank, fiebern etwas und verbringen gleich auch den 24. und 25.12. in Dalbandin.
26.12. - on the road again. Nach 105 km erreichen wir einige Huetten, der Ort wird Padaq genannt. Wieder findet sich ein leerer Raum, auf dessen Boden wir unsere Matten ausbreiten koennen.
Am 27.12. sind wir gerade mal 21 km unterwegs, als wir von zwei Baluchen auf einem Motorrad, die sich als Polizisten ausweisen, angehalten. Wir muessen sofort zur naechsten Polizeistation zurueckkehren. Wir haben diese gerade erst vor 5 Minuten passiert. Und just genau danach kam die Meldung, dass es vor uns entlang der Strasse zu "Attacken" mit etlichen Toten gekommen sei und nun die Strasse fuer jedermann gesperrt sei. Spaeter sickert durch, dass es Kaempfe zwischen Regierungstruppen und der Armee eines der lokalen Stammesfuersten gewesen war und dass 14 Menschen dabei ums Leben kamen. Wir verbringen den Tag und die Nacht in dieser Ansammlung von Huetten, die Khuchaki Cha genannt wird. Morgen geht es weiter? Inshallah! (so Gott will)
28.12. Gott wollte! Die Strasse ist wieder frei und wir wollen Noushki, das groesste Dorf entlang der Strecke, gerade vor dem grossen Anstieg in die Berge gelegen, erreichen. Gut zwei Stunden sind wir unterwegs und die Vegetation wird reicher. Oase reiht sich an Oase - Felder. Und da sehen wir sie, etwa 100 m von der Strasse entfernt. Es gibt sie also doch, eingehuellt in bodenlange Schleier! Frauen! Wir sind heute den 9. Tag in Baluchistan und haben bisher noch keine Frau gesehen. Wir haben in Doerfern mit wenigen Huetten verweilt und dort wohl jeden Mann kennengelernt, aber nie eine Frau gesehen. Wo waren sie? Stets in den winzigen Huetten ohne Licht? Ich weiss es nicht. Aber jetzt wissen wir, dass es auch in Baluchistan Frauen gibt.
29.12. Wir wollen endlich hinein in den Luxus von Quetta - weiche Betten, warmes Wasser, Baeckereien. Darum nehmen wir einen extrem harten Radtag in Kauf - 144 km hinauf in das fast 2000 m hoch gelegene Quetta, eine Fahrt durch eine faszinierende Gebirgswueste. In der Dunkelheit erreichen wir die Stadt und bald haben wir ein wunderschoenes Zimmer - fuer zwei (Ruhe)Tage beginnt ein anderes Leben.
Tagesetappen:
20.12. Zahedan - Grenze - Taftan: 100,5 km
21.12. Taftan - Nok Kundi: 131,1 km
22.12. Nok Kundi - Yak Mach: 114,6 km
23.12. Yak Mach - Dalbandin: 59,8 km
24.12. Dalbandin
25.12. Dalbandin
26.12. Dalbandin - Padaq: 105,3 km
27.12. Padaq - Umkehrpunkt (Polizei) - Khuchaki Cha: 23,1 km
28.12. Khuchaki Cha - Noushki: 81,4 km
29.12. Noushki - Quetta: 144,0 km
30.12. Quetta (Ruhertag)
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