(Publiziert vom Österreichischen Kuratorium für alpine Sicherheit, 02. Feb. 2019 - Quelle http://www.alpinmesse.info/de/Rechtl...kitourengeher/ )
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR PISTENSKITOURENGEHER
Das Recht, auf einer Skipiste mit Tourenski aufzusteigen, wird nur von wenigen Tourengehern hinterfragt und von den meisten Sportlern als selbstverständlich angesehen – eine vorherrschende Fehleinschätzung. Diese Selbstverständlichkeit rührt zum Teil von der unbegrenzten Freiheit, die die Skitourengeher im freien Skiraum genießen. Daher kommt der Abgrenzung des organisierten vom freien Skiraum, nicht zuletzt auch aufgrund der Haftungsfrage, eine besondere Bedeutung zu.
Als organisierten Skiraum bezeichnet man alle Pisten, die nicht zwingend zu präparieren sind, diverses Übungsgelände sowie Funparks aller Art. Zu diesem Skiraum gehören in der Praxis meist all jene Bereiche, die der Skigebietsbetreiber in seinem Pistenplan als solche deklariert und die dadurch zum Vertragsinhalt werden. Der freie Skiraum umfasst im Umkehrschluss jene Bereiche, die nicht zum organisierten Skiraum gehören. Das beinhaltet das echte Skitourengelände, Varianten, „wilde Abfahrten“ sowie jenen Bereich, der über fünf bis zehn Meter neben den, durch Skiroutentafeln gekennzeichneten, Abfahrtslinien liegt.
Das allgemeine Bergaufgehen wird sowohl national als auch international von der Pistenwidmung umfasst. Die Pistenwidmung ist eine rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, für deren Auslegung § 914 ABGB zur Anwendung kommt. Für die Ermittlung des Erklärungswerts des Verhaltens, wodurch die Piste gewidmet wird, werden die „im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche“ herangezogen. Die herrschende Lehre in Österreich stuft den Aufstieg mit Tourenski als widmungskonforme Nutzung der Piste ein.
Bestätigt wird diese Einschätzung durch die FIS-Regeln, in denen u.a. das Bergaufgehen geregelt wird. Die FIS-Regel 7 lautet: „Ein Skifahrer oder Snowboarder, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.“ Ein Hinaufgehen über kurze Strecken kommt ohnehin des Öfteren vor und ist daher in jedem Fall zulässig. Eine Differenzierung zwischen kürzerem und längerem Aufsteigen zu treffen, wäre hier wohl alles andere als praxisorientiert. Aufgrund einer fehlenden ablehnenden oder verbietenden Stellungnahme der Seilbahnunternehmen stellt das Skitourengehen daher eine bestimmungsgemäße Nutzung der Piste dar. Die Widmung als Piste kann genauso schlüssig und ohne die explizite Bezeichnung als Piste durch verschiedene Maßnahmen, wie deren Anlegung oder Präparierung, erklärt werden. Sie bedeutet jedoch nicht automatisch ein Verbot für Skitourengeher und schließt eine diesbezügliche stillschweigende Widmung der Piste nicht aus. Skipistentrassen, die angesichts der ganzjährigen Verkehrsbestimmung als Straßen im Sinne der LStG gelten, können, sofern die anderen Tatbestandsmerkmale vorhanden sind, für Skitourengeher stillschweigend gewidmet sein.
Das Pistentourengehen ist also grundsätzlich erlaubt.
Es gibt jedoch durchaus Möglichkeiten, ein Betreten des Berglandes zu verbieten. Die Benützung der Piste kann demnach auch verboten werden, wofür verschiedene Rechtsgrundlagen als mögliche Instrumente in Frage kommen.
VERBOT AUFGRUND DES EIGENTUMSRECHTS
Eine gesetzliche Grundlage für ein konkretes Betretungsverbot auf Skipisten durch Skitourengeher existiert in Österreich bisher nicht. Ein generelles Aufstiegsverbot neben den Pisten, das nur durch die ausdrückliche Erlaubnis des Pistenhalters umgangen werden kann, wie es 2003 in Italien erlassen wurde, wäre in Österreich rechtlich auch nicht so einfach durchzusetzen.
Durch die verschiedenen landesrechtlichen Rechtsquellen und Rahmenbedingungen zur Nutzung von Skigebieten, vom Straßengesetz bis hin zur Ersitzung, ist eine einheitliche Regelung juristisch unmöglich. Vor allem bei, in Österreich sehr häufig anzutreffenden, ersessenen Rechten ist ein durchgehender Ausschluss von Pistenskitourengehern unmöglich. Diese Pisten werden schon seit Jahrzehnten ebenso für den Aufstieg verwendet, wodurch nach 30 Jahren eine Ersitzung eintritt.
Eine Möglichkeit wäre, ein Verbot aufgrund des Eigentumsrechts im Allgemeinen auszusprechen. Dabei muss der Eigentümer der Pistengrundfläche nach § 354 ABGB autorisiert sein, andere Personen vom Betreten seines Grundstückes auszuschließen. In der Praxis sind Pistenhalter und Grundeigentümer meist nicht ein und dieselbe Person, der Halter hat aber oft das Recht, die Nutzung der Piste näher zu bestimmen. Er erhält das Recht zur Errichtung einer Skipiste und zur Regelung des damit einhergehenden Benützungsrechts mittels Servitut oder als Bestandsrecht. Wird ihm das Recht zum Betrieb einer Piste durch Servitut zuteil, hat der Halter ein dingliches Recht.
Besitzt er ein Bestandsrecht, so steht ihm gem § 372 ff ABGB die actio publiciana gegenüber jedem, der in sein Bestandsrecht eingreift, zu – so die ständige Rechtsprechung. Die Rechte des Pistenhalters gehen in der Regel nicht über die Rechte des Grundeigentümers hinaus. Muss der Eigentümer, von dem der Halter seine Rechte ableitet, das Betreten in einigen Fällen zulassen, gilt diese Duldung für den Halter gleichermaßen. Das wird vor allem immer dann der Fall sein, wenn dem Verbot ein Betretungsrecht entgegensteht. In den allermeisten Fällen besteht ein Gewohnheitsrecht, eine ersessene Dienstbarkeit an Skitouren oder ein Gemeingebrauch und der Eigentümer darf somit keine Hindernisse erzeugen, die die Ausübung dieser Rechte erschweren oder gar verhindern. Das Betretungsrecht gegen den Willen von Grundeigentümer und Pistenhalter ergibt sich aus unzähligen Rechtsquellen. Der Großteil dieser allgemeinen Betretungsrechte ist in landesgesetzlichen Rechtsquellen normiert und daher von Bundesland zu Bundesland oft unterschiedlich geregelt. Im Zuge seines Eigentumsrechts kann der Grundeigentümer eine Skitour zusammenfassend immer dann verbieten, wenn dem kein Betretungsrecht entgegensteht.
AUSSERHALB DER BETRIEBSZEITEN
Die durchgehende Sperre der Pisten außerhalb der Betriebszeiten als zweites Instrument stellt ein attraktives Mittel zur Vermeidung von Haftungsfällen dar. Nach einem, in Österreich nicht existierenden, generellen Aufstiegsverbot per Gesetz bildet eine Pistensperre eine gute Möglichkeit, Skitourengeher zumindest zu bestimmten Zeiten komplett von der Piste zu verbannen. Dies würde vor allem zum Schutz vor möglichen Gefahrenquellen wie etwa Schneekanonen oder Pistenpräparierungsgeräten dienen. Rechtliche Grundlagen für eine solche Sperre gibt es einige, allen voran das Sicherheitspolizeigesetz, bei dem ein sogenanntes „Platzverbot“ vom Bezirkshauptmann ausgesprochen werden kann. Außerdem könnte man auch auf ortspolizeiliche Verordnungen, erlassen durch den jeweiligen Bürgermeister, zurückgreifen oder Grundstücke sogar auf Grundlage der Tourismusgesetze enteignen.
Die Anwendung des Platzverbotes nach § 36 Abs 1 SPG, um Skitourengeher am Betreten von Skipisten zu hindern, kommt aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Der Begriff der „Gefahr“ ist im SPG aufgrund dessen verfassungsrechtlichen Kompetenzgrundlage des Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG strafrechtlich geprägt. Ein Platzverbot in Zusammenhang mit Pistenskitourengehern betrifft allerdings nicht die, wie im Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG formuliert, „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“, sondern bestenfalls ein der örtlichen Sicherheitspolizei zugeordnetes Sachgebiet. Voraussetzungen für eine Anwendung des § 36 SPG sind eine meist unvorhersehbare Gefahr sowie eine rechtlich unzulässige Handlung, die zur Bedrohung von Leben, Gesundheit, Eigentum oder Umwelt führt. Zusammenfassend kann man den § 36 SPG zur Anwendung für eine Pistensperre deshalb eindeutig ausschließen, behandelt er doch wesentlich gefährlichere Bereiche und Belange, bei denen schon allein der Gefahrenbegriff ein völlig anderer ist.
Eine weitere Möglichkeit für eine Pistensperre stellt die ortspolizeiliche Verordnung dar, deren Voraussetzungen im Art 118 Abs 6 B-VG geregelt sind. Sie fungiert zur Abwehr oder Beseitigung von Missständen, die das örtliche Gemeinschaftsleben stören. Die Verordnung darf nicht gegen bestehende Verordnungen oder Gesetze verstoßen, darf keine inhaltlich gleichen Normen enthalten und ist ortsüblich bzw. nach den jeweiligen Gemeindegesetzen kundzumachen. Nach dem Grundgedanken der Bundesverfassung dienen ortspolizeiliche Verordnungen allerdings zur Abschaffung von akut drohenden oder bereits bestehenden Missständen, sie werden also zur Beseitigung von bestimmten Ereignissen erlassen. Beim vorliegenden Fall der Pistensperren für Skitourengeher werden solche Missstände so gut wie nie gegeben sein und selbst wenn, würde ein solcher Zustand eine pauschale Verordnung über einen längeren Zeitraum hinweg verlangen. Die Anwendung von ortspolizeilichen Verordnungen zur Sperre von Skipisten für Skitourengeher ist daher tendenziell zu verneinen.
JAGDGEBIETE & LAWINENGEFAHR
Ein taugliches Instrument um Skitouren zu verbieten sind Beschränkungen der Wegefreiheit aufgrund von Sperren nach den Jagdgesetzen der Länder. 77 % aller Sperrgebiete sind Jagdsperr- und Wildschutzgebiete, die über 100 bekannte Skitouren betreffen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei aber nur um Wegegebote, der Skitourengeher wird dazu angehalten auf den allgemein genutzten Routen zu bleiben. Ein Abweichen von den örtlich üblichen Wegen ist allerdings verboten. Darunter könnte man auch ein Abweichen von der Piste auf ein angrenzendes Waldstück, das Teil dieses Sperrgebiets ist, subsumieren. Örtlich üblich sind jene Touren, die auf Karten eingezeichnet sind, in Führern genannt werden oder im lokalen Tourengeherkreis bekannt sind.
Als allgemein genutzt gilt eine Route, sobald an ihr Gewohnheitsrecht oder Gemeingebrauch besteht, was beim Großteil der Skitouren der Fall sein wird. Skitouren, an denen zugunsten der Allgemeinheit eine ersessene Servitut besteht, werden gleichermaßen als allgemein genutzt gelten müssen. In seltenen Fällen ist das Betreten des ganzen Sperrgebiets verboten, wobei die Wegefreiheit dadurch nicht übermäßig eingeschränkt werden darf.
Die Enteignungsregelungen der Tourismusgesetze als weitere mögliche Grundlage für eine Pistensperre kommen ebenfalls nicht in Frage. Diese Bestimmungen, die nur im Tiroler Tourismusgesetz zu finden sind, erlauben eine Enteignung nach § 43 TourismusG nur zur Errichtung von infrastrukturellen Einrichtungen. Eine Ausdehnung der Bestimmung, die Personen zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten soll, scheidet, aufgrund des rein bodenakzessorischen Inhaltes dieser Regelung, aus.
Im Übrigen wäre ein Ausschluss daher ferner nur bei Skipisten, die in den letzten 30 Jahren entstanden sind, rechtlich durchsetzbar. Das Ausschlussrecht des Pistenhalters, der entweder Servitutsberechtigter oder Bestandnehmer ist, geht dabei nicht weiter als das des Grundeigentümers. Dort wo die alpinen Institutionen die Skitourenservitut längst ersessen haben, kann der Aufstieg mit Tourenski aber weder vom Pistenhalter noch vom Grundeigentümer unterbunden werden.
Gem § 484 ABGB sind Servitutsberechtigte jedoch dazu angehalten, die Dienstbarkeit möglichst schonend auszuüben. Daraus lassen sich für Pistentourengeher einige Pflichten ableiten:
Hinterlässt der Tourengeher beim Befahren von frisch präparierten Flächen furchenartige Spuren die neu eingewalzt werden müssen, so wird man ohne weiteres von einer beträchtlichen Mehrbelastung des Grundeigentums sprechen können. Selbst eine Pistennutzung durch Skitourengeher die auf Gemeingebrauch basiert, würde eine solche Verwüstung frischer Pisten mangels Gemeinverträglichkeit nicht mehr decken.
Eine weitere, jedoch zeitlich beschränkte, Möglichkeit, um Skitourengeher zu verbannen, ist die Pistensperrung aufgrund von Lawinengefahr. Diese kann durch eine ortspolizeiliche Verordnung oder durch eine Verordnung aufgrund der Katastrophenabwehrgesetze der Länder vollzogen werden, die ein rechtlich taugliches Mittel für ein Betretungsverbot von Skigelände darstellen.
[QUELLE:]
RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR PISTENSKITOURENGEHER
02.02.2019
Autor: Mag. Sarah Lanzanasto, Österreichisches Kuratorium für Alpine Sicherheit
Das Recht, auf einer Skipiste mit Tourenski aufzusteigen, wird nur von wenigen Tourengehern hinterfragt und von den meisten Sportlern als selbstverständlich angesehen – eine vorherrschende Fehleinschätzung. Diese Selbstverständlichkeit rührt zum Teil von der unbegrenzten Freiheit, die die Skitourengeher im freien Skiraum genießen. Daher kommt der Abgrenzung des organisierten vom freien Skiraum, nicht zuletzt auch aufgrund der Haftungsfrage, eine besondere Bedeutung zu.
Als organisierten Skiraum bezeichnet man alle Pisten, die nicht zwingend zu präparieren sind, diverses Übungsgelände sowie Funparks aller Art. Zu diesem Skiraum gehören in der Praxis meist all jene Bereiche, die der Skigebietsbetreiber in seinem Pistenplan als solche deklariert und die dadurch zum Vertragsinhalt werden. Der freie Skiraum umfasst im Umkehrschluss jene Bereiche, die nicht zum organisierten Skiraum gehören. Das beinhaltet das echte Skitourengelände, Varianten, „wilde Abfahrten“ sowie jenen Bereich, der über fünf bis zehn Meter neben den, durch Skiroutentafeln gekennzeichneten, Abfahrtslinien liegt.
Das allgemeine Bergaufgehen wird sowohl national als auch international von der Pistenwidmung umfasst. Die Pistenwidmung ist eine rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, für deren Auslegung § 914 ABGB zur Anwendung kommt. Für die Ermittlung des Erklärungswerts des Verhaltens, wodurch die Piste gewidmet wird, werden die „im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche“ herangezogen. Die herrschende Lehre in Österreich stuft den Aufstieg mit Tourenski als widmungskonforme Nutzung der Piste ein.
Bestätigt wird diese Einschätzung durch die FIS-Regeln, in denen u.a. das Bergaufgehen geregelt wird. Die FIS-Regel 7 lautet: „Ein Skifahrer oder Snowboarder, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.“ Ein Hinaufgehen über kurze Strecken kommt ohnehin des Öfteren vor und ist daher in jedem Fall zulässig. Eine Differenzierung zwischen kürzerem und längerem Aufsteigen zu treffen, wäre hier wohl alles andere als praxisorientiert. Aufgrund einer fehlenden ablehnenden oder verbietenden Stellungnahme der Seilbahnunternehmen stellt das Skitourengehen daher eine bestimmungsgemäße Nutzung der Piste dar. Die Widmung als Piste kann genauso schlüssig und ohne die explizite Bezeichnung als Piste durch verschiedene Maßnahmen, wie deren Anlegung oder Präparierung, erklärt werden. Sie bedeutet jedoch nicht automatisch ein Verbot für Skitourengeher und schließt eine diesbezügliche stillschweigende Widmung der Piste nicht aus. Skipistentrassen, die angesichts der ganzjährigen Verkehrsbestimmung als Straßen im Sinne der LStG gelten, können, sofern die anderen Tatbestandsmerkmale vorhanden sind, für Skitourengeher stillschweigend gewidmet sein.
Das Pistentourengehen ist also grundsätzlich erlaubt.
Es gibt jedoch durchaus Möglichkeiten, ein Betreten des Berglandes zu verbieten. Die Benützung der Piste kann demnach auch verboten werden, wofür verschiedene Rechtsgrundlagen als mögliche Instrumente in Frage kommen.
VERBOT AUFGRUND DES EIGENTUMSRECHTS
Eine gesetzliche Grundlage für ein konkretes Betretungsverbot auf Skipisten durch Skitourengeher existiert in Österreich bisher nicht. Ein generelles Aufstiegsverbot neben den Pisten, das nur durch die ausdrückliche Erlaubnis des Pistenhalters umgangen werden kann, wie es 2003 in Italien erlassen wurde, wäre in Österreich rechtlich auch nicht so einfach durchzusetzen.
Durch die verschiedenen landesrechtlichen Rechtsquellen und Rahmenbedingungen zur Nutzung von Skigebieten, vom Straßengesetz bis hin zur Ersitzung, ist eine einheitliche Regelung juristisch unmöglich. Vor allem bei, in Österreich sehr häufig anzutreffenden, ersessenen Rechten ist ein durchgehender Ausschluss von Pistenskitourengehern unmöglich. Diese Pisten werden schon seit Jahrzehnten ebenso für den Aufstieg verwendet, wodurch nach 30 Jahren eine Ersitzung eintritt.
Eine Möglichkeit wäre, ein Verbot aufgrund des Eigentumsrechts im Allgemeinen auszusprechen. Dabei muss der Eigentümer der Pistengrundfläche nach § 354 ABGB autorisiert sein, andere Personen vom Betreten seines Grundstückes auszuschließen. In der Praxis sind Pistenhalter und Grundeigentümer meist nicht ein und dieselbe Person, der Halter hat aber oft das Recht, die Nutzung der Piste näher zu bestimmen. Er erhält das Recht zur Errichtung einer Skipiste und zur Regelung des damit einhergehenden Benützungsrechts mittels Servitut oder als Bestandsrecht. Wird ihm das Recht zum Betrieb einer Piste durch Servitut zuteil, hat der Halter ein dingliches Recht.
Besitzt er ein Bestandsrecht, so steht ihm gem § 372 ff ABGB die actio publiciana gegenüber jedem, der in sein Bestandsrecht eingreift, zu – so die ständige Rechtsprechung. Die Rechte des Pistenhalters gehen in der Regel nicht über die Rechte des Grundeigentümers hinaus. Muss der Eigentümer, von dem der Halter seine Rechte ableitet, das Betreten in einigen Fällen zulassen, gilt diese Duldung für den Halter gleichermaßen. Das wird vor allem immer dann der Fall sein, wenn dem Verbot ein Betretungsrecht entgegensteht. In den allermeisten Fällen besteht ein Gewohnheitsrecht, eine ersessene Dienstbarkeit an Skitouren oder ein Gemeingebrauch und der Eigentümer darf somit keine Hindernisse erzeugen, die die Ausübung dieser Rechte erschweren oder gar verhindern. Das Betretungsrecht gegen den Willen von Grundeigentümer und Pistenhalter ergibt sich aus unzähligen Rechtsquellen. Der Großteil dieser allgemeinen Betretungsrechte ist in landesgesetzlichen Rechtsquellen normiert und daher von Bundesland zu Bundesland oft unterschiedlich geregelt. Im Zuge seines Eigentumsrechts kann der Grundeigentümer eine Skitour zusammenfassend immer dann verbieten, wenn dem kein Betretungsrecht entgegensteht.
AUSSERHALB DER BETRIEBSZEITEN
Die durchgehende Sperre der Pisten außerhalb der Betriebszeiten als zweites Instrument stellt ein attraktives Mittel zur Vermeidung von Haftungsfällen dar. Nach einem, in Österreich nicht existierenden, generellen Aufstiegsverbot per Gesetz bildet eine Pistensperre eine gute Möglichkeit, Skitourengeher zumindest zu bestimmten Zeiten komplett von der Piste zu verbannen. Dies würde vor allem zum Schutz vor möglichen Gefahrenquellen wie etwa Schneekanonen oder Pistenpräparierungsgeräten dienen. Rechtliche Grundlagen für eine solche Sperre gibt es einige, allen voran das Sicherheitspolizeigesetz, bei dem ein sogenanntes „Platzverbot“ vom Bezirkshauptmann ausgesprochen werden kann. Außerdem könnte man auch auf ortspolizeiliche Verordnungen, erlassen durch den jeweiligen Bürgermeister, zurückgreifen oder Grundstücke sogar auf Grundlage der Tourismusgesetze enteignen.
Die Anwendung des Platzverbotes nach § 36 Abs 1 SPG, um Skitourengeher am Betreten von Skipisten zu hindern, kommt aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Der Begriff der „Gefahr“ ist im SPG aufgrund dessen verfassungsrechtlichen Kompetenzgrundlage des Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG strafrechtlich geprägt. Ein Platzverbot in Zusammenhang mit Pistenskitourengehern betrifft allerdings nicht die, wie im Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG formuliert, „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“, sondern bestenfalls ein der örtlichen Sicherheitspolizei zugeordnetes Sachgebiet. Voraussetzungen für eine Anwendung des § 36 SPG sind eine meist unvorhersehbare Gefahr sowie eine rechtlich unzulässige Handlung, die zur Bedrohung von Leben, Gesundheit, Eigentum oder Umwelt führt. Zusammenfassend kann man den § 36 SPG zur Anwendung für eine Pistensperre deshalb eindeutig ausschließen, behandelt er doch wesentlich gefährlichere Bereiche und Belange, bei denen schon allein der Gefahrenbegriff ein völlig anderer ist.
Eine weitere Möglichkeit für eine Pistensperre stellt die ortspolizeiliche Verordnung dar, deren Voraussetzungen im Art 118 Abs 6 B-VG geregelt sind. Sie fungiert zur Abwehr oder Beseitigung von Missständen, die das örtliche Gemeinschaftsleben stören. Die Verordnung darf nicht gegen bestehende Verordnungen oder Gesetze verstoßen, darf keine inhaltlich gleichen Normen enthalten und ist ortsüblich bzw. nach den jeweiligen Gemeindegesetzen kundzumachen. Nach dem Grundgedanken der Bundesverfassung dienen ortspolizeiliche Verordnungen allerdings zur Abschaffung von akut drohenden oder bereits bestehenden Missständen, sie werden also zur Beseitigung von bestimmten Ereignissen erlassen. Beim vorliegenden Fall der Pistensperren für Skitourengeher werden solche Missstände so gut wie nie gegeben sein und selbst wenn, würde ein solcher Zustand eine pauschale Verordnung über einen längeren Zeitraum hinweg verlangen. Die Anwendung von ortspolizeilichen Verordnungen zur Sperre von Skipisten für Skitourengeher ist daher tendenziell zu verneinen.
JAGDGEBIETE & LAWINENGEFAHR
Ein taugliches Instrument um Skitouren zu verbieten sind Beschränkungen der Wegefreiheit aufgrund von Sperren nach den Jagdgesetzen der Länder. 77 % aller Sperrgebiete sind Jagdsperr- und Wildschutzgebiete, die über 100 bekannte Skitouren betreffen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei aber nur um Wegegebote, der Skitourengeher wird dazu angehalten auf den allgemein genutzten Routen zu bleiben. Ein Abweichen von den örtlich üblichen Wegen ist allerdings verboten. Darunter könnte man auch ein Abweichen von der Piste auf ein angrenzendes Waldstück, das Teil dieses Sperrgebiets ist, subsumieren. Örtlich üblich sind jene Touren, die auf Karten eingezeichnet sind, in Führern genannt werden oder im lokalen Tourengeherkreis bekannt sind.
Als allgemein genutzt gilt eine Route, sobald an ihr Gewohnheitsrecht oder Gemeingebrauch besteht, was beim Großteil der Skitouren der Fall sein wird. Skitouren, an denen zugunsten der Allgemeinheit eine ersessene Servitut besteht, werden gleichermaßen als allgemein genutzt gelten müssen. In seltenen Fällen ist das Betreten des ganzen Sperrgebiets verboten, wobei die Wegefreiheit dadurch nicht übermäßig eingeschränkt werden darf.
Die Enteignungsregelungen der Tourismusgesetze als weitere mögliche Grundlage für eine Pistensperre kommen ebenfalls nicht in Frage. Diese Bestimmungen, die nur im Tiroler Tourismusgesetz zu finden sind, erlauben eine Enteignung nach § 43 TourismusG nur zur Errichtung von infrastrukturellen Einrichtungen. Eine Ausdehnung der Bestimmung, die Personen zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten soll, scheidet, aufgrund des rein bodenakzessorischen Inhaltes dieser Regelung, aus.
Im Übrigen wäre ein Ausschluss daher ferner nur bei Skipisten, die in den letzten 30 Jahren entstanden sind, rechtlich durchsetzbar. Das Ausschlussrecht des Pistenhalters, der entweder Servitutsberechtigter oder Bestandnehmer ist, geht dabei nicht weiter als das des Grundeigentümers. Dort wo die alpinen Institutionen die Skitourenservitut längst ersessen haben, kann der Aufstieg mit Tourenski aber weder vom Pistenhalter noch vom Grundeigentümer unterbunden werden.
Gem § 484 ABGB sind Servitutsberechtigte jedoch dazu angehalten, die Dienstbarkeit möglichst schonend auszuüben. Daraus lassen sich für Pistentourengeher einige Pflichten ableiten:
- stets am Rand der Piste aufsteigen,
- auf steilen Hängen in engen Spitzkehren aufsteigen,
- Pistenquerungen nur an gut einsehbaren Stellen durchführen
- oder auf frisch präparierten Pisten in engem Radius am Rand abfahren.
Hinterlässt der Tourengeher beim Befahren von frisch präparierten Flächen furchenartige Spuren die neu eingewalzt werden müssen, so wird man ohne weiteres von einer beträchtlichen Mehrbelastung des Grundeigentums sprechen können. Selbst eine Pistennutzung durch Skitourengeher die auf Gemeingebrauch basiert, würde eine solche Verwüstung frischer Pisten mangels Gemeinverträglichkeit nicht mehr decken.
Eine weitere, jedoch zeitlich beschränkte, Möglichkeit, um Skitourengeher zu verbannen, ist die Pistensperrung aufgrund von Lawinengefahr. Diese kann durch eine ortspolizeiliche Verordnung oder durch eine Verordnung aufgrund der Katastrophenabwehrgesetze der Länder vollzogen werden, die ein rechtlich taugliches Mittel für ein Betretungsverbot von Skigelände darstellen.
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