Zwei Allgäuer Studenten haben mit dem Bergmönch einen Faltroller für Gipfelstürmer erfunden. Das Downhill-Gefährt nimmt spielend steile Steige, an denen manche Mountainbikes scheitern. Doch für den Abstieg echter Alpinisten ist das nichts, sondern eher für Funsportler mit Geld.
In den Alpen würde an so einem Tag niemand freiwillig in die Berge gehen: Morgens schüttet es wie aus Eimern. Jetzt gegen Mittag sprüht feinster Nieselregen aus der geschlossenen Wolkendecke. Wir sind nicht in den Alpen, sondern im Harz und wollen den neuen Downhill-Roller aus der Edelschmiede von Koga Miyata testen. Die Ingenieure Thomas Kaiser und Christian Wassermann aus dem Allgäu haben den 1499 Euro teuren Faltroller, der fest mit einem speziellen Rucksack verbunden ist, während ihres Studiums konstruiert und ihn auf den Namen Bergmönch getauft.
"Wie trägt sich der Rucksack?", fragt Wassermann nach fünf Minuten Fußmarsch. Der Bergmönch ist sein Baby und sein ganzer Stolz. Über Monate hat er mit Thomas Kaiser das Design und die technischen Details des Rollers perfektioniert. Selbst das Material und die Maße der Tragegurte, Rückenpolster und Taschen des Rucksacks haben die beiden festgelegt. Jetzt sind die zehn Kilo Gesamtgewicht so gut verteilt, dass ich sie kaum spüre. Bei dieser Antwort nickt Wassermann zufrieden. "Nach fünf Stunden Aufstieg merkt man das Gewicht natürlich schon", schränkt er ein.
So lange brauchen wir nicht. Nach 15 Minuten haben wir unsere erste Abfahrt erreicht: Einen Schotterweg neben einer Winterrodelbahn. Rucksack abstreifen und Roller aufbauen. Ziehen, drehen, stecken, fertig. Nach wenigen Handgriffen steht der Bergmönch. Dann geht es abwärts.
Schmerzfrei ins Tal gleiten
Der Downhill-Roller nimmt sofort Fahrt auf. Die kleinen Räder rollen in dem Schotter wie auf Schienen. Das starre Stehen auf den Fußrasten ist ungewohnt. Wassermann kniet schon entspannt auf den Rückenpolstern seines Bergmönch-Rucksacks und grinst. "Wenn man sich richtig reinkniet, sind die Handgelenke ganz entspannt", sagt er. Stimmt. Es lastet überhaupt kein Gewicht auf den Händen und die festen Polster sind erstaunlich bequem.
"Gerade ältere Wanderer haben Spaß mit dem Bergmönch", erklärt Wassermann. Studien zufolge haben 67 Prozent aller Bergwanderer Knieprobleme. Für sie wäre der Bergmönch eine Möglichkeit, schmerzfrei ins Tal zu gleiten. Grobes Gelände setzt dem Downhill-Roller keine Grenzen. Er schafft alpine Steige, an denen Mountainbikes scheitern. Das hängt mit der ungewöhnlichen Geometrie des Rollers zusammen.
Die beiden Ingenieure haben den Schwerpunkt weit nach hinten verlagert. Das Hinterrad ist mit 16 x 2,4 Zoll deutlich kleiner und breiter als das Vorderrad mit 20 x 1,85 Zoll. Durch diese Eigenschaften verlagert der Fahrer automatisch sein Gewicht Richtung Heck. Außerdem vermindert das kleine Hinterrad die gefühlte Hangneigung. Der Fahrer steht sicherer und spürt das auch. Allerdings sollte er für Fahrten in steilem Gefälle ein Mindestmaß an Mountainbike-Erfahrung mitbringen oder den Roller vorher auf einfacheren Strecken ausgiebig testen.
Mit jedem gefahrenen Meter wächst der Spaß
An einem steilen Geröllfeld wedelt Wassermann lässig hinunter. "Ganz schön anspruchsvoll", denke ich und rolle hinterher. Die ersten Meter gleite ich noch sicher dahin, dann denke ich über die ungewohnte Fußstellung nach und wie man normalerweise beim Mountainbike-Fahren sein Gewicht verlagert. Sofort macht mein Hinterkopf dicht und ich schöpfe die Bremskraft der beiden Shimano SLX Scheibenbremsen voll aus. Die funktionieren einwandfrei. Und ich rolle seitwärts durchs Steinfeld.
Der Harz ist nicht optimales Bergmönch-Terrain. Immer wieder müssen wir an diesem Tag absteigen und den Bergmönch ein Stück tragen. Das mindert allerdings nicht das Vergnügen. Denn: Der Bergmönch ist ein Spaßgefährt, extrem sicher und sehr komfortabel. Selbst schmalste Wurzelwege, modrige Waldpfade und holprige Passagen rollt der Roller rasant und sicher hinunter. Mit jedem gefahrenen Meter wächst der Spaß und die Gewissheit, was der Bergmönch braucht: Gefälle und steile Passagen. Dort ist er ein Gewinn für alle Bergwanderer.
Der Allgäuer Wassermann nutzt kleine Seitenwege und hoppert über Bäche und neben Wasserfällen hinunter. Die Federgabel und das gedämpfte Heck machen jede Fahrt extrem komfortabel. Die letzten Kilometer über die asphaltierte Autostraße zurück zum Parkplatz erspart der Bergmönch uns mindestens 30 Minuten langweiliges Straßelaufen. Stattdessen flitzen wir in wenigen Minuten entspannt die frisch geteerte Straße zurück zum Transporter.
Wassermann packt den Bergmönch in den Wagen und fährt zurück nach Berlin. Mit Kaiser ist er gerade aus dem Allgäu in die Hauptstadt gezogen. An ihr Maschinenbau-Studium schließen sie das Studium Produktdesign an. Schließlich soll der Bergmönch nicht alleine bleiben. Dafür lief alles zu gut: Nach einem Zeitungsbericht über den Bergmönch-Prototyp meldete sich der niederländische Radhersteller Koga-Miyata bei den Studenten und bot ihnen an, den Roller zu bauen. Später gewannen sie mit ihm noch den begehrten ISPO BrandNew Award. Die ISPO ist die weltweit größte Sportmesse und zeichnet mit ihrem Award jährlich junge Unternehmen mit innovativen Sportprodukten aus. An ihren Erfolg wollen Wassermann und Kaiser nun anknüpfen. Bis es so weit ist, veröffentlichen sie regelmäßig geeignete Downhill-Touren für den Roller auf ihrer Bergmönch Facebook-Seite.
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Quelle: spiegel.de
In den Alpen würde an so einem Tag niemand freiwillig in die Berge gehen: Morgens schüttet es wie aus Eimern. Jetzt gegen Mittag sprüht feinster Nieselregen aus der geschlossenen Wolkendecke. Wir sind nicht in den Alpen, sondern im Harz und wollen den neuen Downhill-Roller aus der Edelschmiede von Koga Miyata testen. Die Ingenieure Thomas Kaiser und Christian Wassermann aus dem Allgäu haben den 1499 Euro teuren Faltroller, der fest mit einem speziellen Rucksack verbunden ist, während ihres Studiums konstruiert und ihn auf den Namen Bergmönch getauft.
"Wie trägt sich der Rucksack?", fragt Wassermann nach fünf Minuten Fußmarsch. Der Bergmönch ist sein Baby und sein ganzer Stolz. Über Monate hat er mit Thomas Kaiser das Design und die technischen Details des Rollers perfektioniert. Selbst das Material und die Maße der Tragegurte, Rückenpolster und Taschen des Rucksacks haben die beiden festgelegt. Jetzt sind die zehn Kilo Gesamtgewicht so gut verteilt, dass ich sie kaum spüre. Bei dieser Antwort nickt Wassermann zufrieden. "Nach fünf Stunden Aufstieg merkt man das Gewicht natürlich schon", schränkt er ein.
So lange brauchen wir nicht. Nach 15 Minuten haben wir unsere erste Abfahrt erreicht: Einen Schotterweg neben einer Winterrodelbahn. Rucksack abstreifen und Roller aufbauen. Ziehen, drehen, stecken, fertig. Nach wenigen Handgriffen steht der Bergmönch. Dann geht es abwärts.
Schmerzfrei ins Tal gleiten
Der Downhill-Roller nimmt sofort Fahrt auf. Die kleinen Räder rollen in dem Schotter wie auf Schienen. Das starre Stehen auf den Fußrasten ist ungewohnt. Wassermann kniet schon entspannt auf den Rückenpolstern seines Bergmönch-Rucksacks und grinst. "Wenn man sich richtig reinkniet, sind die Handgelenke ganz entspannt", sagt er. Stimmt. Es lastet überhaupt kein Gewicht auf den Händen und die festen Polster sind erstaunlich bequem.
"Gerade ältere Wanderer haben Spaß mit dem Bergmönch", erklärt Wassermann. Studien zufolge haben 67 Prozent aller Bergwanderer Knieprobleme. Für sie wäre der Bergmönch eine Möglichkeit, schmerzfrei ins Tal zu gleiten. Grobes Gelände setzt dem Downhill-Roller keine Grenzen. Er schafft alpine Steige, an denen Mountainbikes scheitern. Das hängt mit der ungewöhnlichen Geometrie des Rollers zusammen.
Die beiden Ingenieure haben den Schwerpunkt weit nach hinten verlagert. Das Hinterrad ist mit 16 x 2,4 Zoll deutlich kleiner und breiter als das Vorderrad mit 20 x 1,85 Zoll. Durch diese Eigenschaften verlagert der Fahrer automatisch sein Gewicht Richtung Heck. Außerdem vermindert das kleine Hinterrad die gefühlte Hangneigung. Der Fahrer steht sicherer und spürt das auch. Allerdings sollte er für Fahrten in steilem Gefälle ein Mindestmaß an Mountainbike-Erfahrung mitbringen oder den Roller vorher auf einfacheren Strecken ausgiebig testen.
Mit jedem gefahrenen Meter wächst der Spaß
An einem steilen Geröllfeld wedelt Wassermann lässig hinunter. "Ganz schön anspruchsvoll", denke ich und rolle hinterher. Die ersten Meter gleite ich noch sicher dahin, dann denke ich über die ungewohnte Fußstellung nach und wie man normalerweise beim Mountainbike-Fahren sein Gewicht verlagert. Sofort macht mein Hinterkopf dicht und ich schöpfe die Bremskraft der beiden Shimano SLX Scheibenbremsen voll aus. Die funktionieren einwandfrei. Und ich rolle seitwärts durchs Steinfeld.
Der Harz ist nicht optimales Bergmönch-Terrain. Immer wieder müssen wir an diesem Tag absteigen und den Bergmönch ein Stück tragen. Das mindert allerdings nicht das Vergnügen. Denn: Der Bergmönch ist ein Spaßgefährt, extrem sicher und sehr komfortabel. Selbst schmalste Wurzelwege, modrige Waldpfade und holprige Passagen rollt der Roller rasant und sicher hinunter. Mit jedem gefahrenen Meter wächst der Spaß und die Gewissheit, was der Bergmönch braucht: Gefälle und steile Passagen. Dort ist er ein Gewinn für alle Bergwanderer.
Der Allgäuer Wassermann nutzt kleine Seitenwege und hoppert über Bäche und neben Wasserfällen hinunter. Die Federgabel und das gedämpfte Heck machen jede Fahrt extrem komfortabel. Die letzten Kilometer über die asphaltierte Autostraße zurück zum Parkplatz erspart der Bergmönch uns mindestens 30 Minuten langweiliges Straßelaufen. Stattdessen flitzen wir in wenigen Minuten entspannt die frisch geteerte Straße zurück zum Transporter.
Wassermann packt den Bergmönch in den Wagen und fährt zurück nach Berlin. Mit Kaiser ist er gerade aus dem Allgäu in die Hauptstadt gezogen. An ihr Maschinenbau-Studium schließen sie das Studium Produktdesign an. Schließlich soll der Bergmönch nicht alleine bleiben. Dafür lief alles zu gut: Nach einem Zeitungsbericht über den Bergmönch-Prototyp meldete sich der niederländische Radhersteller Koga-Miyata bei den Studenten und bot ihnen an, den Roller zu bauen. Später gewannen sie mit ihm noch den begehrten ISPO BrandNew Award. Die ISPO ist die weltweit größte Sportmesse und zeichnet mit ihrem Award jährlich junge Unternehmen mit innovativen Sportprodukten aus. An ihren Erfolg wollen Wassermann und Kaiser nun anknüpfen. Bis es so weit ist, veröffentlichen sie regelmäßig geeignete Downhill-Touren für den Roller auf ihrer Bergmönch Facebook-Seite.
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Quelle: spiegel.de
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