Nach längerer Pause wieder eine Vorschau auf die kommenden Tage.
Unser Wettergeschehen heute und in den kommenden Tagen steht ganz im Zeichen von Hurrikan LORENZO.
Zunächst ein paar Daten und Fakten:
Neben vielen sachlich falschen und reißerischen Medienberichten kann ich zwei gute erwähnen, populärwissenschaftlich "DiePresse" (30.09.) und meteorologisch aufbereitet von der Meteoschweiz (01.10.). Darin ist auch mein Medienblog verlinkt, wo ich die Medienberichte zu LORENZO kritisch analysiert habe.
Genug zu den Fakten, die Ausgangslage:
Das Satellitenbild von Mittwoch, 02. Oktober 2019, 12.00 MESZ: Quelle: https://kachelmannwetter.com/at/sat/...002-1000z.html
lorenzo2.jpg
Es zeigt Hurrikan LORENZO (derzeit Stärke 1) unmittelbar vor den Azoren. Die riesigen Cirrenbänder zeigen noch das tropische Erscheinungsbild, doch ist er insgesamt zunehmend oval und nicht mehr kreisrund wie vor ein paar Tagen. Die Umwandlung in ein außertropisches Sturmtief ist bereits im Gang. Das hat vor allem zwei Ursachen: Die Höhenwinde durch den Jetstream nehmen stark zu und die Luftmassenunterschiede vergrößern sich mit Annäherung an die Frontalzone. Dadurch wird rückseitig kühlere und vor allem deutlich trockenere Luft in das tropische System einbezogen. Zudem sinken die Wasseroberflächentemperaturen in diesem Teil des Atlantiks deutlich ab - von 26°C im Entstehungsgebiet auf 20°C östlich der Azoren. Vor Irland sind es sogar nur noch 15°C. Treibende Kraft für starke Hurrikane sind hohe Wassertemperaturen und treibende Kraft für tropische Stürme generell ist die Konvektion (riesige Gewittersysteme). Und was Gewittern gar nicht gut bekommt, ist trockene Luft, die Wolken verdunstet.
Das macht LORENZO aber nicht weniger gefährlich! Denn durch den Umwandlungsprozess in ein gewöhnliches Orkantief bildet sich an der Rückseite ein kleinräumiges, aber intensives Starkwindband aus: Der Sting Jet!
Ein Sting Jet entsteht vereinfacht, wenn rückseitig der Kaltfront ein Strom trockener Luft absinkt und dabei feuchte Luft (mit und ohne Wolken) darunter verdunstet. Die Verdunstungskälte verstärkt das Absinken und kann am Boden Orkanböen verursachen.
Beispiele aus der Vergangenheit gibt es unzählige:
Was hat das jetzt mit dem Wetter in den Alpen zu tun?
Die Großwetterlage im Satellitenbild von heute Mittag (11.00) sah so aus:
image_586479.jpg
Hurrikan LORENZO (links im Bild) schiebt einen mächtigen Höhenrücken mit Warmluft vor sich her. Davor ein ebenso mächtiger Kaltluftvorstoß über Mitteleuropa und ein letzter Rest Warmluft über Südosteuropa. Die Alpen liegen zwischen den Stühlen. Von Nordwesten strömt in tieferen Schichten kühlere Luft ein, gleichzeitig gleitet die Warmluft vom Mittelmeerraum her auf der Kaltluft auf. Die Warmluft ist auch noch labil und daher gewittert es an der Alpensüdseite teilweise kräftig und die Reste bringen Starkregen in den Südalpen.
Die weitere Entwicklung von LORENZO ist durchaus ungewöhnlich, wenn auch nicht besorgniserregend:
Um das besser zu veranschaulichen ein Vorhersageloop mit Bodendruck (Isobaren, weiße Linien) und die pseudopotentielle Temperatur in 850 hPa (ca. 1500m Seehöhe), vereinfacht gesagt die beteiligten Luftmassen. Gelb und orange bedeutet Warmluft, grün und blau Kaltluft.
lorenzo3.gif
Man sieht, wie LORENZO vor Irland rasch an Stärke einbüßt. Der Kerndruck steigt sich von 975 hPa auf 991 hPa. Für Irland wird Ex-LORENZO durchaus noch schwere Orkanböen bereithalten. Der Rekord von Ex-Hurrikan OPHELIA (2018) mit 191 km/h Spitzenböen könnte dabei geknackt werden, evtl. auch durch den beteiligten Sting Jet. Dann zieht LORENZO aber ostwärts und schwächt sich beim Überqueren von England deutlich ab. Über dem Ärmelkanal hat er noch 1003 hPa Kerndruck, das sind fast 80 hPa mehr als zu seinem Höhepunkt als Kategorie-5-Hurrikan. Über Ostfrankreich bleibt ein Rest mit 1009 hPa übrig. Das langgestreckte Bodentief (zwei Kerne) verlagert sich ostwärts über Deutschland, während sich dahinter ein Zwischenhoch aufbaut. Rückseitig des Bodentiefs wird polare Kaltluft über Skandinavien angezapft. Ein weiteres Bodentief, was sich von dem neuen Orkantief über dem Atlantik ablöst und eine ähnliche Zugbahn wie Ex-LORENZO anschlägt, könnte dann am Montag sogar Schneeflocken bis unter 1500m im östlichen Nordalpenraum bringen.
Gruß,Felix
Unser Wettergeschehen heute und in den kommenden Tagen steht ganz im Zeichen von Hurrikan LORENZO.
Zunächst ein paar Daten und Fakten:
- Seit dem Jahr 1900 haben insgesamt 9 Hurrikane die Azoren überquert.
- Der stärkste Hurrikan auf den Azoren brachte Spitzenwinde von 168km/h, am 26. September 1926.
- Hurrikan LORENZO war der östlichste und nördlichste Hurrikan der Stärke 5 seit Aufzeichnungsbeginn (45°W)
- Hurrikan LORENZO hatte den niedrigsten Kerndruck (929 hPa) östlich von 50°W
- Hurrikan LESLIE (2018) zog am 13. Oktober knapp nördlich an Madeira vorbei und erreichte als außertropisches Sturmtief (Shapiro-Keyser-Zyklone) Portugal.
- Hurrikan OPHELIA (2017) zog am 14. Oktober knapp südlich an den Azoren vorbei, erreichte Stärke 3 auf 27.7°W – noch nie so weit östlich.
- Hurrikan GORDON (2012) traf am 19. August auf die südlichen Azoren als Cat 2, der sich rasch abschwächte.
- Tropensturm ROLF** (2011) wird am 08.Oktober erstmals in der Geschichte des NHC als solches im Mittelmeerraum klassifiziert.
- Tropensturm GRACE (2009) bildete sich am 05. Oktober auf dem Ostatlantik und erreichte Irland unter Auflösung am 06. Oktober.
- Hurrikan GORDON (2006) überquerte die Azoren am 20. September.
- Hurrikan VINCE (2005) lag am 09.Oktober westlich von Madeira und erreichte noch als Tropensturm Portugal am 11. Oktober
- Tropensturm DELTA (2005) erreichte am 24.November südwestlich von den Azoren fast Hurrikanstärke und zog dann zwischen Madeira und den Kanaren durch.
- Hurrikan DEBBIE (1961) überquert die Azoren am 15.September und erreicht als außertropisches Orkantief Irland mit Spitzenböen mit Spitzenböen von 183 km/h.
Neben vielen sachlich falschen und reißerischen Medienberichten kann ich zwei gute erwähnen, populärwissenschaftlich "DiePresse" (30.09.) und meteorologisch aufbereitet von der Meteoschweiz (01.10.). Darin ist auch mein Medienblog verlinkt, wo ich die Medienberichte zu LORENZO kritisch analysiert habe.
Genug zu den Fakten, die Ausgangslage:
Das Satellitenbild von Mittwoch, 02. Oktober 2019, 12.00 MESZ: Quelle: https://kachelmannwetter.com/at/sat/...002-1000z.html
lorenzo2.jpg
Es zeigt Hurrikan LORENZO (derzeit Stärke 1) unmittelbar vor den Azoren. Die riesigen Cirrenbänder zeigen noch das tropische Erscheinungsbild, doch ist er insgesamt zunehmend oval und nicht mehr kreisrund wie vor ein paar Tagen. Die Umwandlung in ein außertropisches Sturmtief ist bereits im Gang. Das hat vor allem zwei Ursachen: Die Höhenwinde durch den Jetstream nehmen stark zu und die Luftmassenunterschiede vergrößern sich mit Annäherung an die Frontalzone. Dadurch wird rückseitig kühlere und vor allem deutlich trockenere Luft in das tropische System einbezogen. Zudem sinken die Wasseroberflächentemperaturen in diesem Teil des Atlantiks deutlich ab - von 26°C im Entstehungsgebiet auf 20°C östlich der Azoren. Vor Irland sind es sogar nur noch 15°C. Treibende Kraft für starke Hurrikane sind hohe Wassertemperaturen und treibende Kraft für tropische Stürme generell ist die Konvektion (riesige Gewittersysteme). Und was Gewittern gar nicht gut bekommt, ist trockene Luft, die Wolken verdunstet.
Das macht LORENZO aber nicht weniger gefährlich! Denn durch den Umwandlungsprozess in ein gewöhnliches Orkantief bildet sich an der Rückseite ein kleinräumiges, aber intensives Starkwindband aus: Der Sting Jet!
Ein Sting Jet entsteht vereinfacht, wenn rückseitig der Kaltfront ein Strom trockener Luft absinkt und dabei feuchte Luft (mit und ohne Wolken) darunter verdunstet. Die Verdunstungskälte verstärkt das Absinken und kann am Boden Orkanböen verursachen.
Beispiele aus der Vergangenheit gibt es unzählige:
- Ex-Hurrikan LESLIE am 13./14. Oktober 2018 vor Portugal
- Sturmtief FRIEDERIKE am 18. Jänner 2018 über Mitteleuropa
- Sturmtief XAVIER am 05.Oktober 2017 über Norddeutschland
- Frühere Beispiele: Orkan CHRISTIAN (28.10.2013, Norddeutschland), Orkan XYNTHIA (28.02.2010, Mitteleuropa), Sturmtief Joachim (16.12.2011, Mitteleuropa)
Was hat das jetzt mit dem Wetter in den Alpen zu tun?
Die Großwetterlage im Satellitenbild von heute Mittag (11.00) sah so aus:
image_586479.jpg
Hurrikan LORENZO (links im Bild) schiebt einen mächtigen Höhenrücken mit Warmluft vor sich her. Davor ein ebenso mächtiger Kaltluftvorstoß über Mitteleuropa und ein letzter Rest Warmluft über Südosteuropa. Die Alpen liegen zwischen den Stühlen. Von Nordwesten strömt in tieferen Schichten kühlere Luft ein, gleichzeitig gleitet die Warmluft vom Mittelmeerraum her auf der Kaltluft auf. Die Warmluft ist auch noch labil und daher gewittert es an der Alpensüdseite teilweise kräftig und die Reste bringen Starkregen in den Südalpen.
Die weitere Entwicklung von LORENZO ist durchaus ungewöhnlich, wenn auch nicht besorgniserregend:
Um das besser zu veranschaulichen ein Vorhersageloop mit Bodendruck (Isobaren, weiße Linien) und die pseudopotentielle Temperatur in 850 hPa (ca. 1500m Seehöhe), vereinfacht gesagt die beteiligten Luftmassen. Gelb und orange bedeutet Warmluft, grün und blau Kaltluft.
lorenzo3.gif
Man sieht, wie LORENZO vor Irland rasch an Stärke einbüßt. Der Kerndruck steigt sich von 975 hPa auf 991 hPa. Für Irland wird Ex-LORENZO durchaus noch schwere Orkanböen bereithalten. Der Rekord von Ex-Hurrikan OPHELIA (2018) mit 191 km/h Spitzenböen könnte dabei geknackt werden, evtl. auch durch den beteiligten Sting Jet. Dann zieht LORENZO aber ostwärts und schwächt sich beim Überqueren von England deutlich ab. Über dem Ärmelkanal hat er noch 1003 hPa Kerndruck, das sind fast 80 hPa mehr als zu seinem Höhepunkt als Kategorie-5-Hurrikan. Über Ostfrankreich bleibt ein Rest mit 1009 hPa übrig. Das langgestreckte Bodentief (zwei Kerne) verlagert sich ostwärts über Deutschland, während sich dahinter ein Zwischenhoch aufbaut. Rückseitig des Bodentiefs wird polare Kaltluft über Skandinavien angezapft. Ein weiteres Bodentief, was sich von dem neuen Orkantief über dem Atlantik ablöst und eine ähnliche Zugbahn wie Ex-LORENZO anschlägt, könnte dann am Montag sogar Schneeflocken bis unter 1500m im östlichen Nordalpenraum bringen.
Gruß,Felix
Kommentar