Wir erleben eine extreme Wetterperiode, die Vergleiche zur Hitze im Juli 2006 bzw. im Sommer 2003 nicht scheuen braucht. Vor allem in Teilen Deutschlands war der Sommer bisher deutlich zu trocken, an einigen Orten hat es seit 4 Wochen keinen Tropfen mehr gegeben, während Ostösterreich im Juni regelrecht abgesoffen ist, und kürzlich auch das Salzkammergut Rekordmengen verzeichnete (z.B. Ebensee an privater Wetterstation bis zu 190 mm in 48h, Bad Aussee 150 mm).
Im restlichen Alpenraum wird es ab heute bis in die kommende Woche hinein immer wieder mal Gewitter geben. An den Temperaturen ändert sich bis zum nächsten Wochenende wenig, es wird höchstens vorübergehend durch schwache Kaltfronten bzw. lokale Gewitter kühler. Die Gletscher erleben wohl den stärksten Rückgang an Masse seit 4 bzw. 7 Jahren.
Empfehlen kann man bei derartigen Temperaturen, zeitig loszugehen bzw. sich schattige Routen auszusuchen, bzw. gleich in Schluchten oder Klämmen unterwegs zu sein. Andernfalls, da selbst auf 2000m weit über 20°C erreicht werden, sollte man genügend Wasser mitnehmen oder Wasserstellen an der Route einplanen. Die haarige Geschichte mit den Gewittern bleibt aber (s.u.).
1. Ursache der Hitzewelle und zunehmenden Gewittergefahr
(wer einfach nur wissen will, wie es wird, und nicht warum, soll bitte gleich zum 2. Teil der Vorhersage springen)
Verantwortlich für die erste und zweite Hitzewelle dieses Sommers sind zwei prominente Gegenspieler: ein ausgedehnter Kaltlufttrog über dem Ostatlantik und ein ausgedehntes Warmlufthoch über Süd- und Mitteleuropa. Zwischen beiden strömt aus Südwesten einerseits immer heißere Luft nach Europa, andererseits wurde die Luftmasse bisher noch von Hochdruckeinfluss beherrscht, der ebenfalls zu einer Erwärmung durch absinkende Luftbewegung führt. An der Konstellation dieser hartnäckigen Genossen ändert sich auch in den nächsten Tagen wenig, obwohl, nur für den weniger versierten Wetterkartenleser. Denn der Höhenrücken über Europa beginnt sich wie bei einer Lavalampe die Blasen abzuschnüren und ein eigenständiges Hoch über Skandinavien zu bilden - dazu mal eine primitive Skizze:
Aktuell liegen die Alpen unter einem zwar schwachen, aber dennoch größtenteils dominanten Höhenrücken (auch Höhenkeil genannt), der für sonnig-heißes Wetter sorgt. Der Trog (Tief auf dem Atlantik ist weit entfernt, kühlere Luftmassen einfließen zu lassen.
Bis zum Montag passiert der zuvor angesprochene Prozess des sogenannten Abtropfvorgangs (im Englischen cut-off genannt), d.h. vom Höhenrücken löst sich eine eigenständige Hochdruckzelle über Skandinavien ab. Damit gerät der Alpenraum zwischen zwei Hochdruckregionen, also in den relativ gesehen tieferen Luftdruck. Gleichzeitig nähert sich von Westen ein Ausläufer des breiten Atlantiktroges an, der die Gewitteraktivitäten wortwörtlich anheizt.
Bis Donnerstag verlagert sich dieses Gefüge weiter nach Osten, sodass der Alpenraum genau zwischen den Höhenrücken und dem westlich liegenden Trog gerät. Zu jedem Trog gehört eine (Kalt)Front und diese nähert sich allmählich den Westalpen an.
Das noch als Interpretationshilfe:
Das Entscheidende für die Gewitterbildung ist nämlich, dass wir bis heute noch direkt unter dem Keil lagen und nun langsam auf dessen Rückseite kommen. Gewitterbildende Prozesse spielen sich überwiegend rückseitig des Keils bzw. trogvorderseitig ab, und das ist die Ursache für die zunehmende Gewittergefahr ab dem heutigen Tag.
Ein weiterer Grund ist, dass sich, wie aus der Skizze ersichtlich, der Keil abschwächt und gleichzeitig von Südwesten noch feuchtere Luft einströmt - erkennbar an den ausgedehnten mittelhohen Wolkenfeldern am Freitag:
Das Webcambild vom Patscherkofel vom Freitag, 18.00 MESZ, zeigt kompakte Wolkenfelder weit über Kammniveau (ca. 4,5km), der Wolkenart Altocumulus stratiformis (= schichtförmig). Dies liefert eine wichtige Zutat für die Langlebigkeit von (potentiellen) Gewitterwolken: bei sehr trockener Luft in der Höhe trocknen die Gewitterwolken oft aus, ehe sie das Eisstadium erreichen (also einen Wattebausch an der Oberseite bilden), während genügend feuchte Luft dafür sorgt, dass sie weiter gedeihen und schließlich Gewitterregen bringen können.
Dazu noch eine kleine Einführung und Veranschaulich mit Hilfe sogenannter Radiosondenaufstiege (auch Soundings oder Temps genannt).
Zuerstmal - dargestellt ist jeweils der Verlauf der Lufttemperatur (rechte schwarze Linie) und des Taupunkts (diejenige Temperatur, die erreicht werden muss, damit man 100 % relative Feuchte hat, linke schwarze Linie) mit der Höhe (Angaben in Meter und hPa), sowohl am Freitag, 9. Juli als auch am Samstag, 10. Juli, jeweils um 05.00 MESZ (= 3 z(ulu)).
Ganz einfach gesagt: je dichter beide Linien zusammenliegen, umso feuchter ist die Luft. Um anzuzeigen, was sich von gestern auf heute getan hat, hab ich den Bereich pink gekennzeichnet, der feuchter geworden ist.
Vor allem zwischen 700 hPa und 500 hPa (ca. 3-5km) ist es erheblich feuchter geworden, und das ist genau der Bereich, wo das Herz bzw. der Motor der Gewitterwolken sitzt (stärkste Aufwärtsbewegungen).
Weiters hab ich beschlossen, Euch noch weiter zu verwirren, indem ich auch die Höhen der Wolkenuntergrenzen (grün) und -obergrenzen (gelb) eingezeichnet habe.
Die roten Linien starten jeweils von der Bodentemperatur am Nachmittag (34 bzw. 35°C) und folgen den Trockenadiabaten (die Linie, entlang der die Temperatur um 1°C pro 100 m abnimmt). Gleichzeitig lasse ich vom Bodentaupunkt eine blaue Linie entlang der Linie gleichen Mischungsverhältniss (Verhältnis von feuchter Luft zu trockener Luft) legen, bis sie die rote Linie schneidet. Am Schnittpunkt befindet sich die Wolkenuntergrenzen, in beiden Fällen sind das ca. 2300-2600m.
Wenn wir davon ausgehen, dass ein Luftpaket bis zu dieser Höhe aufsteigen kann und Wolkenbildung eintritt, dann wird es bei weiterem Aufstieg nun den Feuchtadiabaten (das sind die gekrümmten Linien) folgen und immer (!) rechts der schwarzen Temperaturkurve liegen, also stets wärmer sein. Dann kann die gelbe Wolkenobergrenze erreicht werden (über 12000m Höhe).
Und wenn das der Fall ist, gibt es Gewitter mit Starkregen und Hagel.
Langer Rede kurzer Sinn:
es ist in der Höhe deutlich feuchter geworden, dadurch werden die Haufenwolken über den Bergen hochreichender und langlebiger und das Gewitterpotential nimmt ab dem Nachmittag deutlich zu.
Teil 2 folgt gleich...
Im restlichen Alpenraum wird es ab heute bis in die kommende Woche hinein immer wieder mal Gewitter geben. An den Temperaturen ändert sich bis zum nächsten Wochenende wenig, es wird höchstens vorübergehend durch schwache Kaltfronten bzw. lokale Gewitter kühler. Die Gletscher erleben wohl den stärksten Rückgang an Masse seit 4 bzw. 7 Jahren.
Empfehlen kann man bei derartigen Temperaturen, zeitig loszugehen bzw. sich schattige Routen auszusuchen, bzw. gleich in Schluchten oder Klämmen unterwegs zu sein. Andernfalls, da selbst auf 2000m weit über 20°C erreicht werden, sollte man genügend Wasser mitnehmen oder Wasserstellen an der Route einplanen. Die haarige Geschichte mit den Gewittern bleibt aber (s.u.).
1. Ursache der Hitzewelle und zunehmenden Gewittergefahr
(wer einfach nur wissen will, wie es wird, und nicht warum, soll bitte gleich zum 2. Teil der Vorhersage springen)
Verantwortlich für die erste und zweite Hitzewelle dieses Sommers sind zwei prominente Gegenspieler: ein ausgedehnter Kaltlufttrog über dem Ostatlantik und ein ausgedehntes Warmlufthoch über Süd- und Mitteleuropa. Zwischen beiden strömt aus Südwesten einerseits immer heißere Luft nach Europa, andererseits wurde die Luftmasse bisher noch von Hochdruckeinfluss beherrscht, der ebenfalls zu einer Erwärmung durch absinkende Luftbewegung führt. An der Konstellation dieser hartnäckigen Genossen ändert sich auch in den nächsten Tagen wenig, obwohl, nur für den weniger versierten Wetterkartenleser. Denn der Höhenrücken über Europa beginnt sich wie bei einer Lavalampe die Blasen abzuschnüren und ein eigenständiges Hoch über Skandinavien zu bilden - dazu mal eine primitive Skizze:
Aktuell liegen die Alpen unter einem zwar schwachen, aber dennoch größtenteils dominanten Höhenrücken (auch Höhenkeil genannt), der für sonnig-heißes Wetter sorgt. Der Trog (Tief auf dem Atlantik ist weit entfernt, kühlere Luftmassen einfließen zu lassen.
Bis zum Montag passiert der zuvor angesprochene Prozess des sogenannten Abtropfvorgangs (im Englischen cut-off genannt), d.h. vom Höhenrücken löst sich eine eigenständige Hochdruckzelle über Skandinavien ab. Damit gerät der Alpenraum zwischen zwei Hochdruckregionen, also in den relativ gesehen tieferen Luftdruck. Gleichzeitig nähert sich von Westen ein Ausläufer des breiten Atlantiktroges an, der die Gewitteraktivitäten wortwörtlich anheizt.
Bis Donnerstag verlagert sich dieses Gefüge weiter nach Osten, sodass der Alpenraum genau zwischen den Höhenrücken und dem westlich liegenden Trog gerät. Zu jedem Trog gehört eine (Kalt)Front und diese nähert sich allmählich den Westalpen an.
Das noch als Interpretationshilfe:
Das Entscheidende für die Gewitterbildung ist nämlich, dass wir bis heute noch direkt unter dem Keil lagen und nun langsam auf dessen Rückseite kommen. Gewitterbildende Prozesse spielen sich überwiegend rückseitig des Keils bzw. trogvorderseitig ab, und das ist die Ursache für die zunehmende Gewittergefahr ab dem heutigen Tag.
Ein weiterer Grund ist, dass sich, wie aus der Skizze ersichtlich, der Keil abschwächt und gleichzeitig von Südwesten noch feuchtere Luft einströmt - erkennbar an den ausgedehnten mittelhohen Wolkenfeldern am Freitag:
Das Webcambild vom Patscherkofel vom Freitag, 18.00 MESZ, zeigt kompakte Wolkenfelder weit über Kammniveau (ca. 4,5km), der Wolkenart Altocumulus stratiformis (= schichtförmig). Dies liefert eine wichtige Zutat für die Langlebigkeit von (potentiellen) Gewitterwolken: bei sehr trockener Luft in der Höhe trocknen die Gewitterwolken oft aus, ehe sie das Eisstadium erreichen (also einen Wattebausch an der Oberseite bilden), während genügend feuchte Luft dafür sorgt, dass sie weiter gedeihen und schließlich Gewitterregen bringen können.
Dazu noch eine kleine Einführung und Veranschaulich mit Hilfe sogenannter Radiosondenaufstiege (auch Soundings oder Temps genannt).
Zuerstmal - dargestellt ist jeweils der Verlauf der Lufttemperatur (rechte schwarze Linie) und des Taupunkts (diejenige Temperatur, die erreicht werden muss, damit man 100 % relative Feuchte hat, linke schwarze Linie) mit der Höhe (Angaben in Meter und hPa), sowohl am Freitag, 9. Juli als auch am Samstag, 10. Juli, jeweils um 05.00 MESZ (= 3 z(ulu)).
Ganz einfach gesagt: je dichter beide Linien zusammenliegen, umso feuchter ist die Luft. Um anzuzeigen, was sich von gestern auf heute getan hat, hab ich den Bereich pink gekennzeichnet, der feuchter geworden ist.
Vor allem zwischen 700 hPa und 500 hPa (ca. 3-5km) ist es erheblich feuchter geworden, und das ist genau der Bereich, wo das Herz bzw. der Motor der Gewitterwolken sitzt (stärkste Aufwärtsbewegungen).
Weiters hab ich beschlossen, Euch noch weiter zu verwirren, indem ich auch die Höhen der Wolkenuntergrenzen (grün) und -obergrenzen (gelb) eingezeichnet habe.
Die roten Linien starten jeweils von der Bodentemperatur am Nachmittag (34 bzw. 35°C) und folgen den Trockenadiabaten (die Linie, entlang der die Temperatur um 1°C pro 100 m abnimmt). Gleichzeitig lasse ich vom Bodentaupunkt eine blaue Linie entlang der Linie gleichen Mischungsverhältniss (Verhältnis von feuchter Luft zu trockener Luft) legen, bis sie die rote Linie schneidet. Am Schnittpunkt befindet sich die Wolkenuntergrenzen, in beiden Fällen sind das ca. 2300-2600m.
Wenn wir davon ausgehen, dass ein Luftpaket bis zu dieser Höhe aufsteigen kann und Wolkenbildung eintritt, dann wird es bei weiterem Aufstieg nun den Feuchtadiabaten (das sind die gekrümmten Linien) folgen und immer (!) rechts der schwarzen Temperaturkurve liegen, also stets wärmer sein. Dann kann die gelbe Wolkenobergrenze erreicht werden (über 12000m Höhe).
Und wenn das der Fall ist, gibt es Gewitter mit Starkregen und Hagel.
Langer Rede kurzer Sinn:
es ist in der Höhe deutlich feuchter geworden, dadurch werden die Haufenwolken über den Bergen hochreichender und langlebiger und das Gewitterpotential nimmt ab dem Nachmittag deutlich zu.
Teil 2 folgt gleich...
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