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Über 200 Tote und Tausende sind noch vermisst nach den schweren Überflutungen im Großraum Valencia am vergangenen Dienstag. Alleine hier sind über 77 000 Gebäude betroffen. Während sich der ORF wieder einmal vornehm zurückhält, was die Erwähnung der Klimaerwärmung betrifft, sind die Fakten doch relativ eindeutig - und zwar selbst dann, wenn man historische Überflutungen berücksichtigt.
Ich hab mir die Mühe gemacht, aus einem Artikel mit zahlreichen Datumsangaben die jeweiligen Orte auf der Open Topo Map herauszusuchen - da konzentrieren sich die meisten Unwetter auf die Mittelmeerküste, aber auch einzelne in den Pyrenäen oder auf der Spanischen Hochnebene brachten viele Todesopfer in kurzer Zeit, meist hervorgerufen durch ähnliche Ereignisse wie heute. Der Niederschlagsrekord für Spanien fand am 3. November 1987 in Oliva, südlich von Valencia statt (rot markiert), hier fielen in 24 Std. unglaubliche 817mm. Das Ereignis vom 29. Oktober war knapp dran - eine private Station in Mojonera, südöstlich der schwer betroffenen Stadt Chiva, registrierte 784mm in 24 Stunden.
Was war geschehen? Ein ausgeprägter Trogvorstoß mit Kaltluft schnürte sich über der Iberischen Halbinsel ab. Das geschieht regelmäßig im Herbst, dass die Höhenkaltluft dann auf das noch warme Mittelmeer trifft und ausgeprägte Gewitterniederschläge verursacht. Es ist klimatologisch so gut bekannt und erforscht, dass es einen eigenen Namen hat: depresión aislada en niveles altos - kurz dana. In Deutschland bekannt als "Kaltlufttropfen", das sich vom Höhentief nur darin unterscheidet, dass es kein zugehöriges Bodentief gibt. Es verlagert sich mit der Höhenströmung um ein Hochdruckgebiet meist retrograd nach Westen. Im Spätherbst und Winter gut für Überraschungssschneefall, über dem Meer hingegen kräftige Konvektion.
Ende Oktober 2024 waren die Bedingungen ähnlich wie das letzte vergleichbare Ereignis in Valencia, Herbst 1957. DANA saß zwischen Marokko und Portugal, vorderseitig eine kräftige Südostströmung. Im Gegensatz zu damals war die Höhenströmung aber viel stärker, und auch am Boden entstanden kleinräumige Tiefdruckgebiete, die die lebhafte Ostströmung in Bodennähe verstärkten. Eine teufliche Mischung für eine Region, die geradezu anfällig für Oststau an den Küstenerhebungen ist. Es sind auch nur dort enorme Regenmengen gefallen, nicht in Valencia selbst, das dann aber von den hochwasserführenden Flüssen überschwemmt wurde, einschließlich des Flughafens (ICAO-Code LEVC).
Beim Ereignis von 1957 waren es rund 230mm in 12 Stunden stromaufwärts von Valencia, dieses Mal reden wir von verbreitet 300 bis 600mm, lokal auch mehr, vieles davon in nur wenigen Stunden, z.B. 343mm in nur 4 Stunden in Chiva. Zum Vergleich: Die 440mm in Wastl am Wald Mitte September fielen innerhalb von sechs Tagen!
Warum war das Ereignis dieses Mal so ausgeprägt?
Es waren alle Zitaten für anhaltende Schwergewitter inklusive dreier starker Tornados vorhanden: Starke Boden- und Höhenwinde, eine nahezu ortsfeste Konvergenz über mehrere Stunden, an der immer wieder neue Gewitterzellen entstanden. Die Labilität war enorm, teilweise gab es auch großen Hagel.
Die Klimaerwärmung spielte natürlich eine gewichtige Rolle, u.a. ...
... war das Hochdruckgebiet nordwestlich des Höhentiefs stärker ausgeprägt als sonst und ein meteorologischer Prozess namens Downstream Development sorgte dafür, dass auch das Höhentief sich stärker vertieft hat.
... durch die umgebenden kräftigen Hochdruckgebiete waren die Luftmassen- und Druckgegensätze zum Höhentief hin stärker als gewöhnlich. Das ist gut belegbar, weil die Analysekarten für die 850 hPa positive Temperaturanomalien zeigten (überdurchschnittlich warm), und wie gestern im Vorhersageteil geschrieben lag die Nullgradgrenze rekordhoch. Wärmere Luftmasse in der Höhe bedeutet stärkeres Höhenhoch.
.. das westliche Mittelmeer war etwa 1-2 Grad wärmer als normal. Nicht so extrem wie noch im September das zentrale Mittelmeer, aber doch ein Faktor für mehr Wasserdampf. Zudem wurde durch die kräftige Südströmung über Nordafrika viel Saharastaub aufgewirbelt und nach Spanien verfrachtet. Diese Luft ist sehr trocken und erzeugt dann über feuchter Grundschicht enorme Labilitätsenergiewerte.
Wie bei jedem Hochwasserereignis mit vielen Todesopfern und Infrastruktur/Sachschäden spielen auch hier Eingriffe des Menschen in natürliches Überschwemmungsgebiet und Flussbegradigungen eine Rolle.
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Im Fall von Valencia ist das nach dem Hochwasser von 1957 geschehen. Der ursprüngliche Flussverlauf des Rio Turia durch die Stadt wurde trocken gelegt. Heute befinden sich dort wunderschöne Parks und Gärten (Jardin del Turia). Der neue Verlauf geht südlich an der Stadt vorbei. Die Stadtplaner haben wohl angenommen, dass die Stadtentwicklung künftig eher nördlich und westlich des trocken gelegten Verlaufs stattfinden wird. Stattdessen ist die Stadt vor allem südlich des neuen Kanals gewachsen. Und praktisch das gesamte Gebiet entlang und südlich des Kanals wurde meterhoch überflutet.
Nun mag man sagen, ok, Fehlplanung, aber es gab auch in zahlreichen Städten abseits von Valencia schwere Überflutungen und zerstörte Flussbette, die Infrastruktur alleine ist nicht Schuld an der Katastrophe, eher gab es zu spät Warnungen und es hat viele Autofahrer in der Rush Hour im Stau erwischt und sie konnten nicht mehr entkommen.
Das andere sind politische Fehler, die ohnehin ausführlich in den Medien besprochen werden.
Wer mehr wissen will und des Englischen mächtig ist, ich hab eine Fallstudie zum Ereignis verfasst.
Das hier ist sozusagen die deutsche Zusammenfassung.
Lg, Felix
Über 200 Tote und Tausende sind noch vermisst nach den schweren Überflutungen im Großraum Valencia am vergangenen Dienstag. Alleine hier sind über 77 000 Gebäude betroffen. Während sich der ORF wieder einmal vornehm zurückhält, was die Erwähnung der Klimaerwärmung betrifft, sind die Fakten doch relativ eindeutig - und zwar selbst dann, wenn man historische Überflutungen berücksichtigt.
Ich hab mir die Mühe gemacht, aus einem Artikel mit zahlreichen Datumsangaben die jeweiligen Orte auf der Open Topo Map herauszusuchen - da konzentrieren sich die meisten Unwetter auf die Mittelmeerküste, aber auch einzelne in den Pyrenäen oder auf der Spanischen Hochnebene brachten viele Todesopfer in kurzer Zeit, meist hervorgerufen durch ähnliche Ereignisse wie heute. Der Niederschlagsrekord für Spanien fand am 3. November 1987 in Oliva, südlich von Valencia statt (rot markiert), hier fielen in 24 Std. unglaubliche 817mm. Das Ereignis vom 29. Oktober war knapp dran - eine private Station in Mojonera, südöstlich der schwer betroffenen Stadt Chiva, registrierte 784mm in 24 Stunden.
Was war geschehen? Ein ausgeprägter Trogvorstoß mit Kaltluft schnürte sich über der Iberischen Halbinsel ab. Das geschieht regelmäßig im Herbst, dass die Höhenkaltluft dann auf das noch warme Mittelmeer trifft und ausgeprägte Gewitterniederschläge verursacht. Es ist klimatologisch so gut bekannt und erforscht, dass es einen eigenen Namen hat: depresión aislada en niveles altos - kurz dana. In Deutschland bekannt als "Kaltlufttropfen", das sich vom Höhentief nur darin unterscheidet, dass es kein zugehöriges Bodentief gibt. Es verlagert sich mit der Höhenströmung um ein Hochdruckgebiet meist retrograd nach Westen. Im Spätherbst und Winter gut für Überraschungssschneefall, über dem Meer hingegen kräftige Konvektion.
Ende Oktober 2024 waren die Bedingungen ähnlich wie das letzte vergleichbare Ereignis in Valencia, Herbst 1957. DANA saß zwischen Marokko und Portugal, vorderseitig eine kräftige Südostströmung. Im Gegensatz zu damals war die Höhenströmung aber viel stärker, und auch am Boden entstanden kleinräumige Tiefdruckgebiete, die die lebhafte Ostströmung in Bodennähe verstärkten. Eine teufliche Mischung für eine Region, die geradezu anfällig für Oststau an den Küstenerhebungen ist. Es sind auch nur dort enorme Regenmengen gefallen, nicht in Valencia selbst, das dann aber von den hochwasserführenden Flüssen überschwemmt wurde, einschließlich des Flughafens (ICAO-Code LEVC).
Beim Ereignis von 1957 waren es rund 230mm in 12 Stunden stromaufwärts von Valencia, dieses Mal reden wir von verbreitet 300 bis 600mm, lokal auch mehr, vieles davon in nur wenigen Stunden, z.B. 343mm in nur 4 Stunden in Chiva. Zum Vergleich: Die 440mm in Wastl am Wald Mitte September fielen innerhalb von sechs Tagen!
Warum war das Ereignis dieses Mal so ausgeprägt?
Es waren alle Zitaten für anhaltende Schwergewitter inklusive dreier starker Tornados vorhanden: Starke Boden- und Höhenwinde, eine nahezu ortsfeste Konvergenz über mehrere Stunden, an der immer wieder neue Gewitterzellen entstanden. Die Labilität war enorm, teilweise gab es auch großen Hagel.
Die Klimaerwärmung spielte natürlich eine gewichtige Rolle, u.a. ...
... war das Hochdruckgebiet nordwestlich des Höhentiefs stärker ausgeprägt als sonst und ein meteorologischer Prozess namens Downstream Development sorgte dafür, dass auch das Höhentief sich stärker vertieft hat.
... durch die umgebenden kräftigen Hochdruckgebiete waren die Luftmassen- und Druckgegensätze zum Höhentief hin stärker als gewöhnlich. Das ist gut belegbar, weil die Analysekarten für die 850 hPa positive Temperaturanomalien zeigten (überdurchschnittlich warm), und wie gestern im Vorhersageteil geschrieben lag die Nullgradgrenze rekordhoch. Wärmere Luftmasse in der Höhe bedeutet stärkeres Höhenhoch.
.. das westliche Mittelmeer war etwa 1-2 Grad wärmer als normal. Nicht so extrem wie noch im September das zentrale Mittelmeer, aber doch ein Faktor für mehr Wasserdampf. Zudem wurde durch die kräftige Südströmung über Nordafrika viel Saharastaub aufgewirbelt und nach Spanien verfrachtet. Diese Luft ist sehr trocken und erzeugt dann über feuchter Grundschicht enorme Labilitätsenergiewerte.
Wie bei jedem Hochwasserereignis mit vielen Todesopfern und Infrastruktur/Sachschäden spielen auch hier Eingriffe des Menschen in natürliches Überschwemmungsgebiet und Flussbegradigungen eine Rolle.
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Im Fall von Valencia ist das nach dem Hochwasser von 1957 geschehen. Der ursprüngliche Flussverlauf des Rio Turia durch die Stadt wurde trocken gelegt. Heute befinden sich dort wunderschöne Parks und Gärten (Jardin del Turia). Der neue Verlauf geht südlich an der Stadt vorbei. Die Stadtplaner haben wohl angenommen, dass die Stadtentwicklung künftig eher nördlich und westlich des trocken gelegten Verlaufs stattfinden wird. Stattdessen ist die Stadt vor allem südlich des neuen Kanals gewachsen. Und praktisch das gesamte Gebiet entlang und südlich des Kanals wurde meterhoch überflutet.
Nun mag man sagen, ok, Fehlplanung, aber es gab auch in zahlreichen Städten abseits von Valencia schwere Überflutungen und zerstörte Flussbette, die Infrastruktur alleine ist nicht Schuld an der Katastrophe, eher gab es zu spät Warnungen und es hat viele Autofahrer in der Rush Hour im Stau erwischt und sie konnten nicht mehr entkommen.
Das andere sind politische Fehler, die ohnehin ausführlich in den Medien besprochen werden.
Wer mehr wissen will und des Englischen mächtig ist, ich hab eine Fallstudie zum Ereignis verfasst.
Das hier ist sozusagen die deutsche Zusammenfassung.
Lg, Felix
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