Hallo,
am 24. Mai 2010 hat sich eine Reihe von schweren Gewittern im Osten Österreichs ereignet, darunter schwerer Hagelschlag in der Buckligen Welt/Burgenland, ein "Webcam"-Tornado bei Hollenthon (ist noch nicht aufgeklärt, ob es wirklich einer war) sowie zwei weitere Verdachtsfälle nahe Absdorf (Bezirk Tulln) und Klosterneuburg (nordwestlich von Wien).
Der Tornado bei Klosterneuburg scheint aufgrund zahlreicher Augenzeugenbeobachtungen und Fotoaufnahmen, aber auch entsprechender schneisenförmiger Schäden bestätigt.
Tornados hat es schon immer in Österreich gegeben - die absolute Zahl reicht natürlich längst nicht an den deutschen Nachbarn (dort sind es pro Jahr 50-70 + Dunkelziffer), geschweige denn an die USA - heran. Das Verhältnis von starken zu schwachen Tornados ist aber generell sehr ähnlich, d.h. sowohl bei uns als auch in der berüchtigten "Tornado Alley" in den USA überwiegen die schwachen Tornados.
Erste Aufzeichnungen eines Tornados in Deutschland datieren aus 879 n. Chr, aber auch sonst gibt es zahlreiche teils starke Tornados (nicht nur der von Pforzheim 1968, der immer wieder erwähnt wird), mind. auch 3 Tornados der höchsten Kategorie F5.
Das Problem in der Statistik liegt darin begründet, dass erst seit dem Zeitalter von Internet, Handykameras, Digitalkameras und ähnlichem Tornados erstens praktisch von jedem fotografiert werden können und zweitens sofort weiter verbreitet werden können. Das hat dazu geführt, dass die Fallzahlen - in Mitteleuropa allgemein, in Deutschland und Österreich im Besonderen (weil es dort ein organisiertes Netzwerk von Forschern und Beobachtern gibt) - seit den späten 90ern stark zugenommen haben.
Es gibt also einen steilen Trend nach oben, weil es mehr Möglichkeiten der Beobachtungen gibt. Ob sich dahinter ein zweiter Trend - durch den Klimawandel häufiger tornadoträchtige Wetterlagen - verbirgt, lässt sich nicht herauslesen.
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Noch ein paar Worte zu den Begriffen, die in Zusammenhang mit Tornados - mal mehr, mal weniger richtig - durch die Medienlandschaft geistern:
Windhose:
auch Großtrombe, Tornado, Twister, Wasserhose genannt, bezeichnet alles ein und dasselbe Phänomen. Mini-Tornados gibt es nicht, physikalisch und phänomenologisch gesehen gibt es zwischen Tornados in den USA und hierzulande keinen Unterschied!
Staubteufel:
auch Kleintrombe, Heuteufel, Sandteufel, Schneeteufel, Wasserteufel, Nebelteufel (siehe http://www.wetter-foto.de/foto-19018...er-morgen.html) genannt. Ein Wirbel um eine senkrechte Drehachse, ohne (!) Kontakt zu einer konvektiven Wolke, meist an Schönwettertagen mit viel Sonne und bodennaher Überhitzung entstehend (im Fall des Nebelteufels reicht warmes Wasser).
Tornado:
ein Wirbel um eine senkrechte Drehachse, der sich vom Boden aus wenigstens bis zur Wolkenbasis (mit dieser Wolkenuntergrenze ist hochreichende Feuchtkonvektion verbunden) ausdehnt, der auf dem Boden heftig genug ist, um Schaden an einem oder mehreren Stellen seiner Zugbahn anzurichten
hochreichende Feuchtkonvektion bezeichnet nichts anderes als eine hochreichende Schauerwolke (Cumulus congestus) oder eine Gewitterwolke (Cumulonimbus)
Warum betonte ich den Unterschied? Weil es nicht zwangsläufig ein Gewitter sein muss, aus dem ein Tornado entsteht. (dazu gleich mehr)
Trichterwolke (engl. funnel cloud):
Es gibt rotierende und nichtrotierende Trichterwolken, sie befinden sich sehr nah am Boden, laufen nach unten konisch zu, im besten Fall laminar wie hier:
(Bild von Stefan Hofer, nahe Wien, 24.5.2010)
Quelle: http://www.skywarn.at/forum/viewtopi...t=4703&start=0
Es gibt aber auch weniger eindeutiger Trichterwolken wie beispielsweise bei dem Tornado in Mogersdorf, Burgenland (13.5.2010).
Hierbei ist wichtig zu wissen: Eine Trichterwolke ist keine Vorstufe zu einem Tornado - der Kontakt zum Boden kann bereits unsichtbar (ohne Kondensation) passiert sein und macht sich dann durch die Aufwirbelung von Dreck/Staub am Boden bemerkbar. Anders gesagt: Der Tornado ist ein Luftwirbel, der Trichter eine Wolke.
(siehe beispielsweise diese Wasserhose bei Sylt - der Trichter ist nur bis zur Hälfte der Entfernung Wolke - Boden kondensiert, aber auf der Wasseroberfläche ist schon eine Aufwirbelung sichtbar: http://www.saevert.de/bilder/tornados/050825sylt8.jpg )
Windscherung:
Wenn der Wind mit der Höhe zunimmt, spricht man von vertikaler Windscherung bzw. Geschwindigkeitsscherung.
Wenn sich die Windrichtung mit der Höhe ändert (gemeint ist meist eine 2-3 km dicke Höhenschicht über dem Boden), spricht man von Richtungsscherung.
Man unterscheidet heute zwischen Typ-I und Typ-II-Tornados:
Typ-I-Tornado (auch Superzellentornado oder mesozyklonaler Tornado genannt:
Diese Gattung entsteht bei Schwergewittern aus rotierenden Gewitterwolken (= Superzellen/Mesozyklonen) und setzt gewisse Wetterbedingungen voraus:
- hohe relative Feuchte am Boden
- viel Auftrieb in den untersten 3km
- Richtungs- und Geschwindigkeitsscherung
Die Bedingungen waren hierfür am 24. 5. 2010 gegeben, leider reichen unsere technischen Verfahren in Österreich nicht aus, um Tornados schon frühzeitig zu erkennen und vorhersagen zu können.
Typ-II-Tornado (engl. landspout bzw. waterspout)
Hier handelt es sich um meist schwache Tornados, die bevorzugt über Wasserflächen auftreten (auch Wasserhosen genannt), und aus Schauerwolken entstehen, hierzu dieses schöne Beispiel:
http://www.tornadoliste.de/080929helgoland.htm
In seltenen Fällen (noch viel seltener als bei Typ-I) kann es auch starke Typ-II-Tornados geben.
Voraussetzungen:
- hohe relative Feuchte am Boden
- viel Auftrieb in den untersten 3km
- windschwach (!) in den untersten 3km
- Region, wo Bodenwinde aus unterschiedlichen Richtungen aufeinandertreffen
Beispiel : http://www.skywarn.at/forum2/showtop...threadid=23759
(Tornado bei Atzenbrugg/Bezirk Tulln am 11.5.2009)
auch der Mogersdorfer Tornado zählt zu dieser Gattung.
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Durch die unterschiedlichen Voraussetzungen - einmal windschwach, einmal windstark - sind die Bedingungen für Tornados recht oft gegeben, aber nur selten so bedeutend, dass man die Gefährdung durch Tornados in einer Vorhersage berücksichtigen kann.
Zudem fehlt in Österreich auch die Sensibilisierung in der Bevölkerung, aber selbst wenn diese vorhanden wäre, ist die Tornadodichte mit ca. 5 pro Jahr hierzulande so gering, dass Tornadoschäden eher die Ausnahme darstellen.
Generell sind Gewitter weitaus gefährlicher durch....
- Starkregen (siehe Wien am 13.5.)
- Blitzschlag (na no na ned)
- Hagel (Korngrößen bis 10cm wurden schon beobachtet)
- Orkanböen (in der Fachsprache Downbursts genannt)
Ich kann also insofern Entwarnung geben, dass nicht jedes Gewitter gleich einen Tornado hervorbringen muss, selbst von den rotierenden Schwergewittern tun dies nur 10-15 % (Typ-I).
Falls jemand von Euch Trichterwolken oder Tornados gesehen hat, unabhängig vom 24.5.2010, dann wendet Euch bitte an http://www.skywarn.at
- dort kann dann Augenzeugen/Bildmaterial ausgewertet und eine Analyse erstellt werden, bis hin zu einer Statistik.
Unabhängig von Österreich gibt es noch eine allgemeine Statistik:
http://www.essl.org/ESWD/ wo man seine Meldung absetzen kann
Ich denke, dass die "Werbung" hier nicht ganz am fehl am Platze ist, da die überwiegende Mehrheit der Gipfeltreffenuser gerne draußen in der Natur unterwegs ist, meist mit Kamera bewaffnet...
Gruß,Felix
am 24. Mai 2010 hat sich eine Reihe von schweren Gewittern im Osten Österreichs ereignet, darunter schwerer Hagelschlag in der Buckligen Welt/Burgenland, ein "Webcam"-Tornado bei Hollenthon (ist noch nicht aufgeklärt, ob es wirklich einer war) sowie zwei weitere Verdachtsfälle nahe Absdorf (Bezirk Tulln) und Klosterneuburg (nordwestlich von Wien).
Der Tornado bei Klosterneuburg scheint aufgrund zahlreicher Augenzeugenbeobachtungen und Fotoaufnahmen, aber auch entsprechender schneisenförmiger Schäden bestätigt.
Tornados hat es schon immer in Österreich gegeben - die absolute Zahl reicht natürlich längst nicht an den deutschen Nachbarn (dort sind es pro Jahr 50-70 + Dunkelziffer), geschweige denn an die USA - heran. Das Verhältnis von starken zu schwachen Tornados ist aber generell sehr ähnlich, d.h. sowohl bei uns als auch in der berüchtigten "Tornado Alley" in den USA überwiegen die schwachen Tornados.
Erste Aufzeichnungen eines Tornados in Deutschland datieren aus 879 n. Chr, aber auch sonst gibt es zahlreiche teils starke Tornados (nicht nur der von Pforzheim 1968, der immer wieder erwähnt wird), mind. auch 3 Tornados der höchsten Kategorie F5.
Das Problem in der Statistik liegt darin begründet, dass erst seit dem Zeitalter von Internet, Handykameras, Digitalkameras und ähnlichem Tornados erstens praktisch von jedem fotografiert werden können und zweitens sofort weiter verbreitet werden können. Das hat dazu geführt, dass die Fallzahlen - in Mitteleuropa allgemein, in Deutschland und Österreich im Besonderen (weil es dort ein organisiertes Netzwerk von Forschern und Beobachtern gibt) - seit den späten 90ern stark zugenommen haben.
Es gibt also einen steilen Trend nach oben, weil es mehr Möglichkeiten der Beobachtungen gibt. Ob sich dahinter ein zweiter Trend - durch den Klimawandel häufiger tornadoträchtige Wetterlagen - verbirgt, lässt sich nicht herauslesen.
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Noch ein paar Worte zu den Begriffen, die in Zusammenhang mit Tornados - mal mehr, mal weniger richtig - durch die Medienlandschaft geistern:
Windhose:
auch Großtrombe, Tornado, Twister, Wasserhose genannt, bezeichnet alles ein und dasselbe Phänomen. Mini-Tornados gibt es nicht, physikalisch und phänomenologisch gesehen gibt es zwischen Tornados in den USA und hierzulande keinen Unterschied!
Staubteufel:
auch Kleintrombe, Heuteufel, Sandteufel, Schneeteufel, Wasserteufel, Nebelteufel (siehe http://www.wetter-foto.de/foto-19018...er-morgen.html) genannt. Ein Wirbel um eine senkrechte Drehachse, ohne (!) Kontakt zu einer konvektiven Wolke, meist an Schönwettertagen mit viel Sonne und bodennaher Überhitzung entstehend (im Fall des Nebelteufels reicht warmes Wasser).
Tornado:
ein Wirbel um eine senkrechte Drehachse, der sich vom Boden aus wenigstens bis zur Wolkenbasis (mit dieser Wolkenuntergrenze ist hochreichende Feuchtkonvektion verbunden) ausdehnt, der auf dem Boden heftig genug ist, um Schaden an einem oder mehreren Stellen seiner Zugbahn anzurichten
hochreichende Feuchtkonvektion bezeichnet nichts anderes als eine hochreichende Schauerwolke (Cumulus congestus) oder eine Gewitterwolke (Cumulonimbus)
Warum betonte ich den Unterschied? Weil es nicht zwangsläufig ein Gewitter sein muss, aus dem ein Tornado entsteht. (dazu gleich mehr)
Trichterwolke (engl. funnel cloud):
Es gibt rotierende und nichtrotierende Trichterwolken, sie befinden sich sehr nah am Boden, laufen nach unten konisch zu, im besten Fall laminar wie hier:
(Bild von Stefan Hofer, nahe Wien, 24.5.2010)
Quelle: http://www.skywarn.at/forum/viewtopi...t=4703&start=0
Es gibt aber auch weniger eindeutiger Trichterwolken wie beispielsweise bei dem Tornado in Mogersdorf, Burgenland (13.5.2010).
Hierbei ist wichtig zu wissen: Eine Trichterwolke ist keine Vorstufe zu einem Tornado - der Kontakt zum Boden kann bereits unsichtbar (ohne Kondensation) passiert sein und macht sich dann durch die Aufwirbelung von Dreck/Staub am Boden bemerkbar. Anders gesagt: Der Tornado ist ein Luftwirbel, der Trichter eine Wolke.
(siehe beispielsweise diese Wasserhose bei Sylt - der Trichter ist nur bis zur Hälfte der Entfernung Wolke - Boden kondensiert, aber auf der Wasseroberfläche ist schon eine Aufwirbelung sichtbar: http://www.saevert.de/bilder/tornados/050825sylt8.jpg )
Windscherung:
Wenn der Wind mit der Höhe zunimmt, spricht man von vertikaler Windscherung bzw. Geschwindigkeitsscherung.
Wenn sich die Windrichtung mit der Höhe ändert (gemeint ist meist eine 2-3 km dicke Höhenschicht über dem Boden), spricht man von Richtungsscherung.
Man unterscheidet heute zwischen Typ-I und Typ-II-Tornados:
Typ-I-Tornado (auch Superzellentornado oder mesozyklonaler Tornado genannt:
Diese Gattung entsteht bei Schwergewittern aus rotierenden Gewitterwolken (= Superzellen/Mesozyklonen) und setzt gewisse Wetterbedingungen voraus:
- hohe relative Feuchte am Boden
- viel Auftrieb in den untersten 3km
- Richtungs- und Geschwindigkeitsscherung
Die Bedingungen waren hierfür am 24. 5. 2010 gegeben, leider reichen unsere technischen Verfahren in Österreich nicht aus, um Tornados schon frühzeitig zu erkennen und vorhersagen zu können.
Typ-II-Tornado (engl. landspout bzw. waterspout)
Hier handelt es sich um meist schwache Tornados, die bevorzugt über Wasserflächen auftreten (auch Wasserhosen genannt), und aus Schauerwolken entstehen, hierzu dieses schöne Beispiel:
http://www.tornadoliste.de/080929helgoland.htm
In seltenen Fällen (noch viel seltener als bei Typ-I) kann es auch starke Typ-II-Tornados geben.
Voraussetzungen:
- hohe relative Feuchte am Boden
- viel Auftrieb in den untersten 3km
- windschwach (!) in den untersten 3km
- Region, wo Bodenwinde aus unterschiedlichen Richtungen aufeinandertreffen
Beispiel : http://www.skywarn.at/forum2/showtop...threadid=23759
(Tornado bei Atzenbrugg/Bezirk Tulln am 11.5.2009)
auch der Mogersdorfer Tornado zählt zu dieser Gattung.
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Durch die unterschiedlichen Voraussetzungen - einmal windschwach, einmal windstark - sind die Bedingungen für Tornados recht oft gegeben, aber nur selten so bedeutend, dass man die Gefährdung durch Tornados in einer Vorhersage berücksichtigen kann.
Zudem fehlt in Österreich auch die Sensibilisierung in der Bevölkerung, aber selbst wenn diese vorhanden wäre, ist die Tornadodichte mit ca. 5 pro Jahr hierzulande so gering, dass Tornadoschäden eher die Ausnahme darstellen.
Generell sind Gewitter weitaus gefährlicher durch....
- Starkregen (siehe Wien am 13.5.)
- Blitzschlag (na no na ned)
- Hagel (Korngrößen bis 10cm wurden schon beobachtet)
- Orkanböen (in der Fachsprache Downbursts genannt)
Ich kann also insofern Entwarnung geben, dass nicht jedes Gewitter gleich einen Tornado hervorbringen muss, selbst von den rotierenden Schwergewittern tun dies nur 10-15 % (Typ-I).
Falls jemand von Euch Trichterwolken oder Tornados gesehen hat, unabhängig vom 24.5.2010, dann wendet Euch bitte an http://www.skywarn.at
- dort kann dann Augenzeugen/Bildmaterial ausgewertet und eine Analyse erstellt werden, bis hin zu einer Statistik.
Unabhängig von Österreich gibt es noch eine allgemeine Statistik:
http://www.essl.org/ESWD/ wo man seine Meldung absetzen kann
Ich denke, dass die "Werbung" hier nicht ganz am fehl am Platze ist, da die überwiegende Mehrheit der Gipfeltreffenuser gerne draußen in der Natur unterwegs ist, meist mit Kamera bewaffnet...
Gruß,Felix
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