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Nordföhn in den Nordalpen (allgemein)

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  • Nordföhn in den Nordalpen (allgemein)

    Hallo,

    vermutlich haben sich manche von Euch auch schon gefragt, warum in den Wetterberichten fast nie die Rede von Nordföhn nördlich des Hauptkamms ist.
    Möglicherweise wissen es auch die Wenigsten und verbinden Nordföhn ausschließlich mit südlich des Hauptkamms und Südföhn mit nördlich des Hauptkamms.

    Tatsächlich ist Föhn nicht an die Hauptgebirgsketten gebunden, sondern tritt praktisch überall auf, wo sich eine Hügel- oder Gebirgskette von ausreichender Länge (sonst wird die Kette mehr umströmt als überströmt) vor ein Tal befindet.

    Beispiele für die "Abweichler":

    - der Jauk (slowenisch jug = Süden) in Kärnten ist ein Südföhn, der von den Karawanken her absteigt.

    - der Nordföhn in Innsbruck kommt vermutlich über das Seefelder Plateau

    - Nordföhn tritt außerdem im Gurgltal (über Fernpass), im Ötztal (Verlängerung vom Gurgltal/Mieminger Plateau) und am Achensee bzw. Jenbach auf

    - Westföhn gibt es im Stanzertal, in Mariazell und in seltenen Fällen (ca. 1x pro Jahr) auch im Oberinntal bis Innsbruck

    Über den Jauk weiß ich zugegebenermaßen wenig, vielleicht kann ein Kärntner mehr zum Erscheinungsbild dieses Föhntypus sagen.

    Nordföhn in Innsbruck ist häufig mit (messbaren) Niederschlag verbunden, da der Nordföhn meist mit einer Kaltfront oder einem Kaltlufttrog (Schauerstaffeln, Nordstau) durchgreift, und das Absinken im Lee des Karwendels und Wettersteingebirges nicht ausreicht, um die Wolken/Niederschlagsbildung vollständig zu unterdrücken.

    Westföhn gehört im Inntal zu den wärmsten Föhnarten überhaupt, da die Luft vom Arlberggebiet aus rund 3000m Höhe absteigt (bei Südföhn nur 2-2,7 km, bei Nordföhn 1,5 bis 3km, aber mit kälterer Luft im Alpenvorland), und sich die Leewellen (sichtbar durch die sogenannten Föhnfische) längsseitig entlang des Inntals ausbreiten können. Dadurch sinkt die relative Feuchte oft weit unter 30 %, im Extremfall unter 20 % ab und die Luft wird sehr klar.

    Föhnwolken können das unterschiedlichste Aussehen annehmen, wie die folgenden Bilder zeigen:



    Copyright Helene Wallner; über Großvenediger, Untersulzbachtal

    Das erste Bild zeigt einen Altocumulus lenticularis (linsenförmig) duplicatus (bzw. triplus), der unmittelbar an das Gebirge getackert ist.



    Copyright Helene Wallner; Gerlospass

    Das zweite Bild zeigt eine sogenannte "stehende Welle", die quer zur Höhenströmung "steht" und durch die Turbulenz eher wie ein Parallelogramm als ein Fisch geformt ist.



    Copyright Felix Welzenbach, Oberinntal

    Im letzten Bild sind die klassischen "Föhnfische" zu sehen, die entstehen, wenn die Strömung aufsteigt (Kondensation) und wieder absteigt (Verdunstung).

    Wann immer man Föhnwolken sieht, deuten sie auf eine stabile Luftschichtung hin, wobei das nicht zwangsläufig mit Schönwetter verbunden sein muss. Im Sommer unterdrückt nur hochreichender (über Hauptkammniveau) Südföhn Gewitterbildung inneralpin (!), wobei sich dann am Alpennordrand verstärkt schwere Gewitter ausbilden können, seichter Föhn (durch Passeinschnitte wie Reschenpass oder Brennerpass) unterdrückt die Gewitterbildung abseits der Föhnschneisen nicht (!).

    Zuletzt noch was zu den Temperaturen bei Nordföhn.

    Heute mittag hatte Innsbruck im Nordföhn magere 12°C, in Lugano waren es im Nordföhn hingegen 21°C.

    Woher dieser Unterschied? Dafür gibt es verschiedene Ursachen:

    Allgemein gültig ist, dass eine absteigende Luftbewegung in Abwesenheit von Niederschlag eine Erwärmung von 1°C pro 100m bringt. Das ist die Essenz des Föhns, unabhängig davon,ob luvseitig Niederschlag existiert oder nicht.

    Heute mittag hatte die Zugspitze -11°C, zwischen Zugspitze und Innsbruck liegt eine Höhendifferenz von 2400m, d.h. bei absteigender Luftbewegung aus dieser Höhe kann sich die Luft um 24°C erwärmen. Das theoretische Maximum in Innsbruck lag also bei +13°C (es waren +13,7°C).

    Lugano liegt auf ca. 270m, also rund 300m niedriger als Innsbruck, wodurch sich die Luft unabhängig von der Temperatur der heranströmenden Luftmasse schon um 3°C stärker als in Innsbruck erwärmen kann.

    Zudem ging der Schwerpunkt der Höhenkaltluft über Tirol und Salzburg, während es in der Ostschweiz in 3000m ca. 4°C wärmer war.

    Berücksichtigt man beide Faktoren, so konnte sich die Luft in Lugano um 4+3 = 7°C mehr als in Innsbruck erwärmen. Damit landen wir schon bei 19°C.

    Um die restlichen 1-2°C zu erklären, gibt es verschiedene Ansätze, die auch gemeinsam vorhanden sein können:

    * Die Täler nördlich von Lugano sind alle Nord-Süd orientiert, sodass jedes Tal nordföhnbegünstigt ist und seinerseits Föhnluft bis Lugano bringt. In Innsbruck kommt für Nordföhn lediglich das tief eingeschnittene Seefelder Plateau in Frage (das Mieminger Plateau wollen wir bei reiner Nordanströmung mal vernachlässigen). Lugano erhält also mehr warme Föhnluft als Innsbruck

    * Bevor der Alpenhauptkamm überströmt wurde, konnte die Luft bereits absinken, dies könnte z.B. im Hinterrheintal der Fall sein, ehe sie den Hauptkamm passiert. Dann ist die Luft schon einmal trockener und wärmer als wenn dieses zwischenzeitliche Absinken nicht passieren würde. Im Inntal sinkt die Luft von Norden kommend dagegen zum ersten Mal ab.

    * Während dem Nordföhn in Innsbruck gingen immer wieder Schauer nieder. Wenn Niederschlag in eine trockene Schicht (Föhnluft !) fällt, dann verdunstet er. Die zur Verdunstung benötigte Wärme wird der umgebenden Luftschicht entzogen - sie kühlt dadurch ab.

    Fazit:

    Nordföhn südlich des Hauptkamms ist häufig mit "schönem" Wetter verbunden, während Nordföhn nördlich des Hauptkamms oft mit Schauerwetter einhergeht und dadurch, und aus den angeführten Gründen, kälter als südlich des Hauptkamms ist.

    Gruß,Felix
    Zuletzt geändert von Exilfranke; 31.05.2010, 22:03.
    http://www.wetteran.de

  • #2
    AW: Nordföhn in den Nordalpen (allgemein)

    Sehr aufschlussreich und interessant, danke !

    lg.
    Karl
    ACHTUNG : Posting kann Spuren von Ironie enthalten !
    Vor einer Erleuchtung muß man Holz hacken - danach auch. (Zen-Weisheit)
    Etwaige Rechtschreibfehler sind als Vorwegnahme künftiger Rechtschreibreformen zu werten.

    Kommentar


    • #3
      AW: Nordföhn in den Nordalpen (allgemein)

      Zitat von Inntranetz Beitrag anzeigen
      Beispiele für die "Abweichler":

      - der Jauk (slowenisch jug = Süden) in Kärnten ist ein Südföhn, der von den Karawanken her absteigt.

      Über den Jauk weiß ich zugegebenermaßen wenig, vielleicht kann ein Kärntner mehr zum Erscheinungsbild dieses Föhntypus sagen.
      bei uns im Malta/Liesertal ist der Jauk als warmer Frühjahrswind bekannt.
      der Jauk geht mit den Leut-damit sind die (vermuteten) Zusammnhänge
      mit dem Ableben älterer Menschen gemeint.
      Bei uns in Oberkärnten würde ich ihne eher als Südföhn bezeichnen, so wie bei der derzeitigen Wetterlage. Der Unterschied zum Frühjahr besteht darin,dass die Schauerwolken doch über den Alpenhautkamm kommen, was im Winter selten der Fall ist. Bereits etwas weiter südlich in Spittal/Villach bleibt es weitgehend trocken.
      I nix daham bliem!

      Kommentar


      • #4
        AW: Nordföhn in den Nordalpen (allgemein)

        Zitat von robins Beitrag anzeigen
        bei uns im Malta/Liesertal ist der Jauk als warmer Frühjahrswind bekannt.
        der Jauk geht mit den Leut-damit sind die (vermuteten) Zusammnhänge
        mit dem Ableben älterer Menschen gemeint.
        Bei uns in Oberkärnten würde ich ihne eher als Südföhn bezeichnen, so wie bei der derzeitigen Wetterlage. Der Unterschied zum Frühjahr besteht darin,dass die Schauerwolken doch über den Alpenhautkamm kommen, was im Winter selten der Fall ist. Bereits etwas weiter südlich in Spittal/Villach bleibt es weitgehend trocken.
        den jauk gibts auch in der südwestlichen steiermark. markantes auftreten vor allem im winter (teilweise steigt die temperatur binnen weniger stunden um 15 grad oder mehr; und dies lokal eng begrenzt; so zb vergangene weihnachten: hl. abend 20 uhr -8°, christtag 04 uhr + 15° in leibnitz, wobei es im 15 km nördlich gelegenen grazer feld bei minusgraden blieb), herbst und frühjahr.
        jauk haben wir meist bei sw-lagen, die mit den niederschlägen nicht ganz bis in den sö. alpenraum vordringen.
        lokal begrenzt in der steiermark auf den bereich des grenzlandes radkersburg bis eibiswald, nördlich nur selten bis graz, meist nur bis leibnitz. dazu bildet sich über der koralpe und über dem bachergebirge/pohorje eine typische föhnmauer, im flachland nördlich davon sind die typischen linsenwolken zu sehen.
        Zuletzt geändert von pivo; 01.06.2010, 11:43.
        mei bier is net deppat! (e. sackbauer)

        bürstelt wird nur flüssiges

        Kommentar


        • #5
          AW: Nordföhn in den Nordalpen (allgemein)

          Da hats aber ordentlich runtergeschneit!

          Hast du Info zu den Neuschneehöhen?
          Suche: ein Paar Fritschi Stopper
          Freue mich über alle Angebote! (per Mail oder PN)

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          • #6
            AW: Nordföhn in den Nordalpen (allgemein)

            Zitat von Inntranetz Beitrag anzeigen
            Hallo,

            ............
            Fazit:

            Nordföhn südlich des Hauptkamms ist häufig mit "schönem" Wetter verbunden, während Nordföhn nördlich des Hauptkamms oft mit Schauerwetter einhergeht und dadurch, und aus den angeführten Gründen, kälter als südlich des Hauptkamms ist.

            Gruß,Felix
            Zunächst: Sehr beeindruckende Fotos, Felix.

            (Mein restl.Beitrag gelöscht, weil - das meiste ist ohnehin bereits gesagt - )
            Angehängte Dateien
            Zuletzt geändert von Rudolf22; 08.06.2010, 19:59.

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            • #7
              AW: Nordföhn in den Nordalpen (allgemein)

              Hallo Rudolf,

              was Du skizzierst, ist die alte thermodynamische Föhntheorie, die aber weder die starke Erwärmung noch die starken Winde bei Föhn erklärt, dies kann nur die moderne, von mir skizzierte Föhntheorie.

              http://www.inntranetz.at/foehn/01.html

              Die von Dir gezeichnete Skizze findet sich leider in allen deutschen Lehrbüchern, und ist auf gut 50 % der Föhnfälle in den Ostalpen nicht anwendbar, da luvseitig gar kein Niederschlag auftritt. In der Schweiz
              funktioniert die Theorie scheinbar sehr gut, weil fast immer über Oberitalien Stauniederschläge auftreten. Sie erklärt aber auch in den Schweizer Föhntälern nicht die starken Windgeschwindigkeiten.

              Das geht nur über den hydraulischen Ansatz (Schwerewellen), wo im Lee eine Drängung der Stromlinien auftritt, welche für die starken Windgeschwindigkeiten verantwortlich ist.

              Die Essenz meines Beitrags oben ist (auch vereinfachend), dass entscheidend ist, aus welcher Höhe die Föhnluft stammt. Je höher, desto wärmer, das gilt sowohl bei Nordföhn als auch bei Südföhn. Das ist unabhängig davon, ob Niederschlag im Luv auftritt oder nicht. Messungen haben ergeben, dass der Niederschlag nur 1-2°C zur Erwärmung im Lee beiträgt.

              Nordföhn gibt es, aber die Effekte sind schwächer, da die ankommende Luft - meist aus dem Nordosten - weniger feucht und auch etwas kälter ist.
              Das ist eben nicht der Fall, weil die ankommende Luft meist feucht ist (klassisch: Nordstau im Winter), den stark böigen Nordföhn gibts genauso auch im Süden, dann übrigens bei Nordwestströmung. Im Inntal sorgt der Nordföhn sogar für niedrigere Luftfeuchten und höhere Windgeschwindigkeiten als der Südföhn.

              Nordföhnlagen sind halt insgesamt seltener und weniger intensiv, weil die Anströmung schwächer als bei Südföhn ist. Die Wetterlage vom 27.1.2008 zeigte aber, dass auch südlich des Hauptkamms Nordföhnorkan auftreten kann (Kärnten, Steiermark, südliches Niederösterreich).

              Hier ein Beispiel für Föhn ohne Niederschlag:

              http://www.gipfeltreffen.at/showthread.php?t=43349

              Ois kloar?

              Gruß,Felix

              PS: Entschuldige, dass ich in diesem Punkt überkorrekt bin, aber da ich schon seit Jahren den Föhn studiere und die Geschichte der Föhnforschung gut kenne, reißt es mich da jedes Mal, wenn ich über eine Skizze mit Luvniederschlag und Leeabtrocknung stolpere...
              http://www.wetteran.de

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              • #8
                AW: Nordföhn in den Nordalpen (allgemein)

                [QUOTE=Inntranetz;571301]... Entschuldige, dass ich in diesem Punkt überkorrekt bin, ...QUOTE]

                kein Grund für eine Entschuldigung - mein (altes) Wissen ist halt für einen Thermodynamiker leichter verständlich. Aber wie gesagt - die Fachleute sollen es halt besser machen. Nix für ungut,

                Rudolf

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