Mitführen von LVS-Ausrüstung

[Hard85]

Kann man hier aus gegebenem Anlass eine sachliche Diskussion zu diesem Thema führen, oder tritt man damit eventuell mitlesenden Angehörigen zu nahe?

[climby]

Ich weiß jetzt nicht so genau, was eine Diskussion bringen soll. Jeder Skitourengeher müsste wissen, was man sinnvollerweise bei einer Tour dabei hat.

Viele Liebe Grüße von climby

[Gamsi]

Ich wüsste auch nicht was bei diesem (sehr lange bekannten) Thema noch an Diskussionsbedarf bestünde. Aber ich lass mich gern überraschen!

[Hard85]

Natürlich soll das keine Diskussion werden, ob ein LVS-Gerät bzw. -Set sinnvoll ist und wann man es ggf. daheim lassen kann. Und dass das schon längst absoluter Standard im freien Gelände ist, sollte auch für niemanden eine neue Information sein, darum hoffe ich auch, dass ich damit niemandem zu nahe trete. Ich will mich auch gar nicht zu sehr auf den aktuellen Fall beziehen, der tragische Ausgang hätte natürlich auch mit LVS-Gerät derselbe sein können.

Und genau weil es eben schon so lange zum absoluten Standard gehört, stelle ich mir bei solchen Meldungen immer die Frage, warum jemand Touren im freien Gelände ohne LVS-Gerät/-Set unternimmt. Das Wissen muss heute einfach in jedem Kopf vorhanden sein, also Unwissenheit würde ich eigentlich mal zu 100% ausschließen.

Was ich mir noch einigermaßen vorstellen kann, ist, dass es daheim vergessen wird und sich dann mancheiner denkt "wird schon genau heute nix passieren". Oder auch, dass man am Parkplatz draufkommt, dass die Batterien leer sind, weil man daheim nicht mehr geschaut hat, und denselben Gedanken hat. Ich halte es aber für sehr unwahrscheinlich, dass das mehr als einem passiert, geschweige denn einer ganzen Gruppe (ob im aktuellen Fall die anderen eines dabei hatten, habe ich auf die Schnelle nicht gelesen). In so einem Fall könnte man immer noch bei der nächsten Tankstelle Batterien kaufen oder ev. irgendwie versuchen, ein Leihgerät aufzutreiben, aber da kommt dann auch Bequemlichkeit, Gruppendynamik und Zeitdruck dazu...

Oder ist es - eigentlich heutzutage ziemlich unvorstellbar - wirklich eine bewusste Entscheidung dagegen bzw. sind diese Leute immer ohne unterwegs? Und wenn ja - mit welchen Argumenten? Mir fallen zwar ein paar ein, aber die kommen mir schon ziemlich an den Haaren herbeigezogen vor:

• Geld (obwohl die Kosten im Vergleich zur restlichen Ausrüstung sehr überschaubar sind, besonders auf die Lebensdauer gerechnet)
• Vielleicht stört auch manche das Tragegefühl am Körper und eventuell noch Gewicht sparen bei Schaufel und Sonde im Rucksack - vielleicht auch abhängig von der Gefahreneinschätzung der jeweiligen Tour
• "hatten wir früher nicht, brauchen wir heute auch nicht" (keine Ahnung, seit wann das eigentlich absoluter Standard ist)

Vermutlich wird eine Diskussion darüber auch nicht viel bringen, da man nicht in die Köpfe derjenigen reinschauen kann, aber es beschäftigt mich einfach immer, wenn ich solche Meldungen lese, und ich würde die Gründe dafür einfach gern kennen.

[funduro]

https://lawinen.report/blog/at-07-de/10788

das ist wohl des aktuelle Ereignis

[placeboi]

Oder ist es - eigentlich heutzutage ziemlich unvorstellbar - wirklich eine bewusste Entscheidung dagegen bzw. sind diese Leute immer ohne unterwegs?

Ich zähle mich nicht zu "diesen Leuten", bin aber gelegentlich auch im Gelände ohne Lawinenausrüstung unterwegs.
Der Grund ist schlicht das geringere Gewicht.
Dafür müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein:
- Ich kenne die Tour.
- Sie ist überall ziemlich flach oder steile Stellen befinden sich nur in richtigem Wald.
- Die Lawinenlage ist nicht extrem.

Am Tag des Unglücks, das Auslöser für die Diskussion war, war ich auch in Tirol unterwegs - mit Lawinenausrüstung in einer mir unbekannten, aber flachen Tour (< 30 Grad) in einem Teil Tirols, in dem die Lawinenlage laut Lagebericht sicherer war. Was jemanden dazu bewegt bei einem Dreier in Hänge von fast 40° ohne Lawinenausrüstung einzufahren, verstehe ich auch nicht. Sollte ich das LVS vergessen oder die Batterien leer sein und ich auf die Schnelle keine neuen kaufen können, würde ich entweder auf eine Tour umschwenken, die den oben genannten Anforderungen genügt oder es lassen.

[babyshamble]

Es wäre auch interessant zu erfahren, warum die anderen beiden Skitourengeher in denselben Hang (etwas weiter links) eingefahren sind. Im Bereich der Rastkogelhütte schaut das Gelände zumindest auf der Karte auch schon sehr steil aus.

[Hard85]

Der Gedanke ist mir grundsätzlich nicht fremd - wie du sagst - bei gewissen quasi komplett sicheren Touren, wo man auch alles sehr gut kennt, das LVS-Set zuhause zu lassen.

Ich bin aber sozusagen "aus Prinzip" immer mit LVS-Ausrüstung unterwegs. Zum einen will ich damit verhindern, dass ich die Kriterien mit der Zeit aufweiche und zum anderen war es auch schon so, dass ich bei einer derartigen Tour spontan entschieden habe, doch in potenzielles Lawinengelände weiterzugehen (sofern es diese Option gibt).

Was jemanden dazu bewegt bei einem Dreier in Hänge von fast 40° ohne Lawinenausrüstung einzufahren, verstehe ich auch nicht.

Das würde mich schon sehr interessieren, was da in den Köpfen vorgeht. Es ist für mich einfach nicht vorstellbar, dass manche Leute so unbeschwert unterwegs sind und das Thema Lawinen quasi nicht mal irgendwie am Radar haben, da muss es einfach irgendwelche Gedankengänge dazu geben.

[kare]

neulich war in der Süddeutschen ein Interview mit dem Chef vom Bayerischen Lawinenwarndienst, leider hinter Bezahlschranke, aber Überschrift und Resumee:
"Meistens sterben Experten mit viel Erfahrung", diese wähnen sich meistens auf der sicheren Seite

[Hard85]

Ja, die Expertenfalle, da hast du sicher recht, sagt auch der Larcher immer wieder. Aber dass die so groß ist, dass jemand wirklich glaubt, es so drauf zu haben, dass er kein LVS-Gerät braucht, nochdazu bei diesem LLB und der Steilheit?! Das wäre schon arg überheblich, abgesehen davon, dass es auch grob asozial ist - ist ja schließlich nicht nur für den Selbschutz sondern auch um eventuell anderen damit helfen zu können.