Aus einigen kritischen Stellungnahmen, zuletzt Befahrung einer Steilrinne bei Warnstufe 3, bzw. Fragen zu diesem Thema, entnehme ich, dass z.T. grundlegende Unterschiede in der Beurteilung einer Flanke bzw. Rinne zu wenig bedacht oder ausgesprochen werden.
Da jetzt im Frühjahr diesem Thema besondere Bedeutung zukommt, möchte ich dazu ein paar Gedanken beisteuern. Sie mögen für einige banal klingen und erfahrene Hasen mögen sich an dieser Stelle wieder ausklicken und mir diesen lehrerhaften Beitrag verzeihen…
Vielleicht gibt´s aber auch einige, die daraus einen Nutzen ziehen...
Lawinenbeurteilung von Steilrinnen
Vielfach entsteht der Eindruck, steile Rinnen seien in Bezug auf Lawinengefahr besonders bedenklich. Oft ist genau das Gegenteil der Fall!
Eine Steilrinne ist lawinenmäßig völlig anders zu beurteilen als ein steilerer Hang.
Schneeprofile, Lawinenbericht etc. mögen ganz nützlich sein, aber für eine Beurteilung einer Rinne brauche ich vor allem eines:
Lokale Gebietskenntnis und ständige Beobachtung.
Mit bloßem alpinistischem Hausverstand kann ich zusätzlich noch folgende Kriterien einbringen:
- Hangneigung:
50° und mehr – da wird die Lawinengefahr ja bereits geringer!
So etwas entlädt sich ja laufend… Der Unterbau der Schneedecke kann daher meist als stabil vorausgesetzt werden.
Beurteilen muss ich nur noch, was ganz oben liegt und wie. Das Hauptproblem liegt aber ganz wo anders:
- Seitliche Einzugsgebiete/Wächten
(Diese zusätzliche Gefahr wird oft auch bei Schitouren durch engere Täler vernachlässigt und nur der ohnedies nicht so steile Hang, auf dem man sich befindet, beurteilt. Auch Eiskletterer sind schon in diese Falle getappt.)
Seitliche Einzugsgebiete sind in der Regel noch viel steiler als die Rinne selbst, daraus ergeben sich Vor- und Nachteile:
Rauscht von den seitlichen Flanken was runter in die Rinne, wird gleichzeitig meist auch schon die Rinne entladen und die Rinne danach sicherer. In steilen Rinnen herrscht damit ständige Bewegung, etwa so, als würde in Abständen immer wieder wer runter fahren.
Problematisch wird´s dann, wenn unmittelbar nach Neuschneefällen noch keinerlei Bewegung in der Rinne war. Wer dann reingeht, riskiert viel, spielt vielleicht mit dem Leben.
Solange sich noch Schnee in den Seitenwänden befindet, wird immer ein Restrisiko da sein.
Minimieren kann ich es durch Berücksichtigung der
- Temperatur
Vermeidungsstrategien: Klare kalte Nacht, früher Aufbruch, Morgensonne meiden (erhöhte Gefahr an Ostseiten!)
Klassisches Beispiel Pallavicinirinne: Wer dort kurz nach Neuschneefällen einsteigt und womöglich noch zu lange geschlafen hat, riskiert sein Leben.
- Wind, Tiere können ebenfalls von der Seite was auslösen, darauf haben wir halt weniger Einfluss.
Wichtig für die Beurteilung ist noch die
- Rinnenbreite
Je breiter die Rinne, desto mehr kommen die klassischen Hangkriterien zum Tragen. Ein steiler, enger Ausstieg kann sich günstig auswirken, weil dort wenig Triebschnee zusammenkommt, ein Thema bleibt dann eine eventuell vorhandene Wechte.
Sehr bedenklich, aber oft vorhanden, ist eine Verflachung und womöglich noch Verbreiterung der Rinne am oberen Ende, so ein
Ausstiegstrichter ist eine Triebschneefalle bester Güte.
Sehr nützlich kann es auch sein, wenn man die Möglichkeit hat von oben zu kommen. Klarerweise wird dort die kritischste Zone liegen, aber man kann eventuell das Schneebrett von oben gefahrlos auslösen. Geht es ab, kann man runter, sonst eben nicht…
In einer Rinne kann jedoch bereits nach einem einzigen Tag die Lage entschärft sein. Von einem steilen Hang wird man das oft noch lange nicht behaupten können.
Die Kunst ist es, warten zu können, aber man lebt dann halt vielleicht ein wenig länger…
LG
Da jetzt im Frühjahr diesem Thema besondere Bedeutung zukommt, möchte ich dazu ein paar Gedanken beisteuern. Sie mögen für einige banal klingen und erfahrene Hasen mögen sich an dieser Stelle wieder ausklicken und mir diesen lehrerhaften Beitrag verzeihen…
Vielleicht gibt´s aber auch einige, die daraus einen Nutzen ziehen...
Lawinenbeurteilung von Steilrinnen
Vielfach entsteht der Eindruck, steile Rinnen seien in Bezug auf Lawinengefahr besonders bedenklich. Oft ist genau das Gegenteil der Fall!
Eine Steilrinne ist lawinenmäßig völlig anders zu beurteilen als ein steilerer Hang.
Schneeprofile, Lawinenbericht etc. mögen ganz nützlich sein, aber für eine Beurteilung einer Rinne brauche ich vor allem eines:
Lokale Gebietskenntnis und ständige Beobachtung.
Mit bloßem alpinistischem Hausverstand kann ich zusätzlich noch folgende Kriterien einbringen:
- Hangneigung:
50° und mehr – da wird die Lawinengefahr ja bereits geringer!
So etwas entlädt sich ja laufend… Der Unterbau der Schneedecke kann daher meist als stabil vorausgesetzt werden.
Beurteilen muss ich nur noch, was ganz oben liegt und wie. Das Hauptproblem liegt aber ganz wo anders:
- Seitliche Einzugsgebiete/Wächten
(Diese zusätzliche Gefahr wird oft auch bei Schitouren durch engere Täler vernachlässigt und nur der ohnedies nicht so steile Hang, auf dem man sich befindet, beurteilt. Auch Eiskletterer sind schon in diese Falle getappt.)
Seitliche Einzugsgebiete sind in der Regel noch viel steiler als die Rinne selbst, daraus ergeben sich Vor- und Nachteile:
Rauscht von den seitlichen Flanken was runter in die Rinne, wird gleichzeitig meist auch schon die Rinne entladen und die Rinne danach sicherer. In steilen Rinnen herrscht damit ständige Bewegung, etwa so, als würde in Abständen immer wieder wer runter fahren.
Problematisch wird´s dann, wenn unmittelbar nach Neuschneefällen noch keinerlei Bewegung in der Rinne war. Wer dann reingeht, riskiert viel, spielt vielleicht mit dem Leben.
Solange sich noch Schnee in den Seitenwänden befindet, wird immer ein Restrisiko da sein.
Minimieren kann ich es durch Berücksichtigung der
- Temperatur
Vermeidungsstrategien: Klare kalte Nacht, früher Aufbruch, Morgensonne meiden (erhöhte Gefahr an Ostseiten!)
Klassisches Beispiel Pallavicinirinne: Wer dort kurz nach Neuschneefällen einsteigt und womöglich noch zu lange geschlafen hat, riskiert sein Leben.
- Wind, Tiere können ebenfalls von der Seite was auslösen, darauf haben wir halt weniger Einfluss.
Wichtig für die Beurteilung ist noch die
- Rinnenbreite
Je breiter die Rinne, desto mehr kommen die klassischen Hangkriterien zum Tragen. Ein steiler, enger Ausstieg kann sich günstig auswirken, weil dort wenig Triebschnee zusammenkommt, ein Thema bleibt dann eine eventuell vorhandene Wechte.
Sehr bedenklich, aber oft vorhanden, ist eine Verflachung und womöglich noch Verbreiterung der Rinne am oberen Ende, so ein
Ausstiegstrichter ist eine Triebschneefalle bester Güte.
Sehr nützlich kann es auch sein, wenn man die Möglichkeit hat von oben zu kommen. Klarerweise wird dort die kritischste Zone liegen, aber man kann eventuell das Schneebrett von oben gefahrlos auslösen. Geht es ab, kann man runter, sonst eben nicht…
In einer Rinne kann jedoch bereits nach einem einzigen Tag die Lage entschärft sein. Von einem steilen Hang wird man das oft noch lange nicht behaupten können.
Die Kunst ist es, warten zu können, aber man lebt dann halt vielleicht ein wenig länger…
LG
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