Der VW Käfer hat Liebhaber rund um den Globus. Einige der größten Fans leben unter dem Dach der Welt: Die Mitglieder des Käfer-Clubs Katmandu tuckern dreimal jährlich auf einer Rallye durch das Himalaja. Und zum Tag der deutschen Einheit servieren sie im Kofferraum Schnittchen.
Der alte VW Käfer hat ein grünes Froschgesicht auf der roten Motorhaube und sorgt für eine Menge Aufregung, wenn er durch die engen Gassen und über die majestätischen Plätze der nepalesischen Hauptstadt Katmandu rollt: Das Sinnbild des deutschen Wirtschaftswunder zwischen Königspalast und historischen Tempelbauten. Sein Besitzer nennt ihn liebevoll "my frog", meinen Frosch. Er ist der Präsident der "Association of Nepal's Beetle Users Group" (Anbug), dem nepalesischen Käfer-Club. Auch in dem zuletzt von politischen Unruhen dominierten Himalaja-Staat ist der Käfer zum Kultauto avanciert.
Wenn Gopal Sunder Kakshapati über Käfer redet, gerät er ins Schwärmen: "Der Beetle ist ein wunderbarer Wagen." Seinen ersten "Buckel-Porsche" kaufte er sich im Alter von 19 Jahren. Damals sei es einfach eines der günstigsten Autos gewesen. Der VW-Mythos war nicht nur Statussymbol des deutschen Wirtschaftswunders, sondern auch Kultobjekt der Hippie-Generation. Die jungen Leute packten ihre sieben Sachen in den Käfer und machten sich auf den Weg in die Welt. Viele fuhren ins gelobte Asien. Nach Kommunenleben an den Stränden Südindiens war Katmandu zumeist die letzte Reisestation.
"Die Reisenden wollten ihre Wagen vor der Heimkehr hier billig verkaufen. So kamen die Käfer auch zu uns nach Nepal", sagt Gopal Kakshapati. Außerdem hätten Entwicklungshelfer das legendäre Auto in den sechziger Jahren aus Deutschland importiert. "Ich habe damals nur 40.000 Rupien für den Wagen bezahlt, umgerechnet sind das 60 Euro", sagt er. "Heute würde ich das Achtfache dafür bekommen." Mittlerweile gebe es wesentlich mehr Käfersammler als damals. Die meisten Liebhaber treffe man im Kathmandu Valley, in dem sich die drei größten Städte Nepals befinden. "Heute gibt es nach unserer Schätzung über hundert Besitzer von VW-Käfern in und um Katmandu" sagt der Anbug-Präsident, der sich darum bemüht, möglichst alle nepalesischen Käferbesitzer ausfindig zu machen.
Nur wenige Straßen sind gepflastert
Jedes Mal, wenn er einen unbekannten Käferfahrer auf der Straße entdeckt, versucht er ihn zu stoppen und als neues Mitglied zu gewinnen. Einmal sei er einem weißen unbekannten VW Käfer sogar hinterhergefahren. Der Besitzer sei nun auch Mitglied der Vereinigung, die seit sechs Jahren besteht. Das Motiv im Gründungsschreiben: "das Bewusstsein für das Fahrzeug und dessen Einfluss auf unsere Herzen zu stärken".
Hinter der Heckscheibe von Herrn Pabitra Narsimha Ranas Käfer klebt ein Zettel. Auf dem steht: "Wir sind alt, wir sind großartig, wir sind stark! Wir sind besser als die Jungen. Wir brauchen selten Wartung und laufen ewig. Wir gehören zur VW-Familie."
Auch für Rana ist der alte VW weitaus mehr als nur eine Blechkarosse auf vier Rädern. Auf seinem Grundstück in der nepalesischen Hauptstadt stehen gleich drei Käfer. Der Älteste stammt aus dem Baujahr 1962. Rana hat ihn von seinem Onkel geschenkt bekommen. Daneben parkt ein roter VW Käfer 1300 und ein weißer aus den siebziger Jahren. Der gehört allerdings seiner Schwester. Seinen ersten Käfer kaufte sich der ehemalige Trucker vor 25 Jahren. Und auch heute fährt er damit noch durch die Stadt und zu Verwandten auf dem Land. Eigentlich fahre er damit überall hin, sagt er. "Ich brauche kein neues Auto. Mein Käfer tut's doch noch!" Beachtlich, wenn man bedenkt, dass die Straßen in Nepal nur in den seltensten Fällen gepflastert sind.
Im alltäglichen Straßenchaos von Katmandu kämpfen Rikschas mit hupenden Taxis, gelbe Schulbusse schneiden alten Geländewagen den Weg ab. Die Automarken sind zumeist die gleichen: Toyota, Mitsubishi, Tata Motors. Asiatische Importe beherrschen die Straßen Katmandus.
"Nach all den Jahren immer noch 1-A-Qualität"
Doch bei der Käfer-Rallye ändert sich das: Voller Stolz rollen die alten VW, alle mindestens 20 Jahre alt, dreimal im Jahr über die königlichen Plätze der Hauptstadt, vorbei an mittelalterlichen Tempeln und buddhistischen Pagoden. Vorbei an den Versammlungsplätzen der Maoisten durch die Hügel des Katmandu-Tals. Sechsmal fand so eine Rallye der nepalesischen Käferfreunde mittlerweile statt. Im Dezember soll es nach Lumbini, dem Geburtsort Buddhas, und nach Pokhara am Fuße des Anapurna Massivs gehen. Das Startgeld spendet der Verein für wohltätige Zwecke - für die Opfer von Naturkatastrophen in Asien, für Schulen und Krankenhäuser in Nepal.
"Klar geht es darum, dass wir unseren Spaß haben, aber wir wollen auch etwas Gutes tun", versichert Präsident Kakshapati. Ursprünglich wurde die VW-Rallye durch eine australische Entwicklungshelferin initiiert. Sie suchte nach einer neuen Möglichkeit, Geld für ihre Projekte zu sammeln. Kakshapati war schnell überzeugt.
Swayambhu Raj Shakya steht in seiner Werkstatt vor einem rot-blauen Käfer und beugt sich zum Motor hinunter. "Das ist noch Qualität", schwärmt er. "Schauen Sie doch mal, wie dieser Motor verarbeitet ist." Er geht zum Fahrersitz und lässt den alten Boxenmotor anspringen. "Nach all den Jahren immer noch 1-A-Qualität." Der Käfer-Liebhaber schwört auf die Haltbarkeit der alten Autos. "An denen ist nur selten etwas kaputt." Stehen doch mal aufwendigere Reparaturen an, fahren die nepalischen Besitzer ihre Wagen in seine Werkstatt.
Bislang keine Antwort aus Wolfsburg
"Ich habe zwei Jahre lang bei Volkswagen gearbeitet und kenne mich aus." Die Ersatzteile beziehe er aus Bangkok. "Meine Schwägerin in Deutschland sollte mir mal ein Teil für den Motor besorgen - sie konnte es nicht bekommen. In Bangkok es gar kein Problem." Zu den Feierlichkeiten der Deutschen Botschaft zum Tag der deutschen Einheit verlieh er seinen ältesten Käfer: Er wurde in Schwarz-Rot-Gold geschmückt, im geöffneten Kofferraum wurden Schnittchen serviert.
Für Juni 2007 haben Katmandus Käfer-Freunde die erste internationale Rallye geplant: Es soll in das 1000 Kilometer entfernte Lhasa in Tibet gehen. "Aber das hängt davon ab, ob wir die Visa bekommen", sagt Kakshapati. Er träumt davon, irgendwann einmal eine internationale Rallye nach Deutschland zu veranstalten. "Im Moment können wir uns nur Touren in die Nachbarländer erlauben. Aber vielleicht finden wir einen Sponsor und fahren mal nach Berlin!" Bis jetzt hat die Volkswagen AG nicht auf die Anfragen der nepalesischen Käfer-Freunde reagiert.
Quelle: spiegel.de
Der alte VW Käfer hat ein grünes Froschgesicht auf der roten Motorhaube und sorgt für eine Menge Aufregung, wenn er durch die engen Gassen und über die majestätischen Plätze der nepalesischen Hauptstadt Katmandu rollt: Das Sinnbild des deutschen Wirtschaftswunder zwischen Königspalast und historischen Tempelbauten. Sein Besitzer nennt ihn liebevoll "my frog", meinen Frosch. Er ist der Präsident der "Association of Nepal's Beetle Users Group" (Anbug), dem nepalesischen Käfer-Club. Auch in dem zuletzt von politischen Unruhen dominierten Himalaja-Staat ist der Käfer zum Kultauto avanciert.
Wenn Gopal Sunder Kakshapati über Käfer redet, gerät er ins Schwärmen: "Der Beetle ist ein wunderbarer Wagen." Seinen ersten "Buckel-Porsche" kaufte er sich im Alter von 19 Jahren. Damals sei es einfach eines der günstigsten Autos gewesen. Der VW-Mythos war nicht nur Statussymbol des deutschen Wirtschaftswunders, sondern auch Kultobjekt der Hippie-Generation. Die jungen Leute packten ihre sieben Sachen in den Käfer und machten sich auf den Weg in die Welt. Viele fuhren ins gelobte Asien. Nach Kommunenleben an den Stränden Südindiens war Katmandu zumeist die letzte Reisestation.
"Die Reisenden wollten ihre Wagen vor der Heimkehr hier billig verkaufen. So kamen die Käfer auch zu uns nach Nepal", sagt Gopal Kakshapati. Außerdem hätten Entwicklungshelfer das legendäre Auto in den sechziger Jahren aus Deutschland importiert. "Ich habe damals nur 40.000 Rupien für den Wagen bezahlt, umgerechnet sind das 60 Euro", sagt er. "Heute würde ich das Achtfache dafür bekommen." Mittlerweile gebe es wesentlich mehr Käfersammler als damals. Die meisten Liebhaber treffe man im Kathmandu Valley, in dem sich die drei größten Städte Nepals befinden. "Heute gibt es nach unserer Schätzung über hundert Besitzer von VW-Käfern in und um Katmandu" sagt der Anbug-Präsident, der sich darum bemüht, möglichst alle nepalesischen Käferbesitzer ausfindig zu machen.
Nur wenige Straßen sind gepflastert
Jedes Mal, wenn er einen unbekannten Käferfahrer auf der Straße entdeckt, versucht er ihn zu stoppen und als neues Mitglied zu gewinnen. Einmal sei er einem weißen unbekannten VW Käfer sogar hinterhergefahren. Der Besitzer sei nun auch Mitglied der Vereinigung, die seit sechs Jahren besteht. Das Motiv im Gründungsschreiben: "das Bewusstsein für das Fahrzeug und dessen Einfluss auf unsere Herzen zu stärken".
Hinter der Heckscheibe von Herrn Pabitra Narsimha Ranas Käfer klebt ein Zettel. Auf dem steht: "Wir sind alt, wir sind großartig, wir sind stark! Wir sind besser als die Jungen. Wir brauchen selten Wartung und laufen ewig. Wir gehören zur VW-Familie."
Auch für Rana ist der alte VW weitaus mehr als nur eine Blechkarosse auf vier Rädern. Auf seinem Grundstück in der nepalesischen Hauptstadt stehen gleich drei Käfer. Der Älteste stammt aus dem Baujahr 1962. Rana hat ihn von seinem Onkel geschenkt bekommen. Daneben parkt ein roter VW Käfer 1300 und ein weißer aus den siebziger Jahren. Der gehört allerdings seiner Schwester. Seinen ersten Käfer kaufte sich der ehemalige Trucker vor 25 Jahren. Und auch heute fährt er damit noch durch die Stadt und zu Verwandten auf dem Land. Eigentlich fahre er damit überall hin, sagt er. "Ich brauche kein neues Auto. Mein Käfer tut's doch noch!" Beachtlich, wenn man bedenkt, dass die Straßen in Nepal nur in den seltensten Fällen gepflastert sind.
Im alltäglichen Straßenchaos von Katmandu kämpfen Rikschas mit hupenden Taxis, gelbe Schulbusse schneiden alten Geländewagen den Weg ab. Die Automarken sind zumeist die gleichen: Toyota, Mitsubishi, Tata Motors. Asiatische Importe beherrschen die Straßen Katmandus.
"Nach all den Jahren immer noch 1-A-Qualität"
Doch bei der Käfer-Rallye ändert sich das: Voller Stolz rollen die alten VW, alle mindestens 20 Jahre alt, dreimal im Jahr über die königlichen Plätze der Hauptstadt, vorbei an mittelalterlichen Tempeln und buddhistischen Pagoden. Vorbei an den Versammlungsplätzen der Maoisten durch die Hügel des Katmandu-Tals. Sechsmal fand so eine Rallye der nepalesischen Käferfreunde mittlerweile statt. Im Dezember soll es nach Lumbini, dem Geburtsort Buddhas, und nach Pokhara am Fuße des Anapurna Massivs gehen. Das Startgeld spendet der Verein für wohltätige Zwecke - für die Opfer von Naturkatastrophen in Asien, für Schulen und Krankenhäuser in Nepal.
"Klar geht es darum, dass wir unseren Spaß haben, aber wir wollen auch etwas Gutes tun", versichert Präsident Kakshapati. Ursprünglich wurde die VW-Rallye durch eine australische Entwicklungshelferin initiiert. Sie suchte nach einer neuen Möglichkeit, Geld für ihre Projekte zu sammeln. Kakshapati war schnell überzeugt.
Swayambhu Raj Shakya steht in seiner Werkstatt vor einem rot-blauen Käfer und beugt sich zum Motor hinunter. "Das ist noch Qualität", schwärmt er. "Schauen Sie doch mal, wie dieser Motor verarbeitet ist." Er geht zum Fahrersitz und lässt den alten Boxenmotor anspringen. "Nach all den Jahren immer noch 1-A-Qualität." Der Käfer-Liebhaber schwört auf die Haltbarkeit der alten Autos. "An denen ist nur selten etwas kaputt." Stehen doch mal aufwendigere Reparaturen an, fahren die nepalischen Besitzer ihre Wagen in seine Werkstatt.
Bislang keine Antwort aus Wolfsburg
"Ich habe zwei Jahre lang bei Volkswagen gearbeitet und kenne mich aus." Die Ersatzteile beziehe er aus Bangkok. "Meine Schwägerin in Deutschland sollte mir mal ein Teil für den Motor besorgen - sie konnte es nicht bekommen. In Bangkok es gar kein Problem." Zu den Feierlichkeiten der Deutschen Botschaft zum Tag der deutschen Einheit verlieh er seinen ältesten Käfer: Er wurde in Schwarz-Rot-Gold geschmückt, im geöffneten Kofferraum wurden Schnittchen serviert.
Für Juni 2007 haben Katmandus Käfer-Freunde die erste internationale Rallye geplant: Es soll in das 1000 Kilometer entfernte Lhasa in Tibet gehen. "Aber das hängt davon ab, ob wir die Visa bekommen", sagt Kakshapati. Er träumt davon, irgendwann einmal eine internationale Rallye nach Deutschland zu veranstalten. "Im Moment können wir uns nur Touren in die Nachbarländer erlauben. Aber vielleicht finden wir einen Sponsor und fahren mal nach Berlin!" Bis jetzt hat die Volkswagen AG nicht auf die Anfragen der nepalesischen Käfer-Freunde reagiert.
Quelle: spiegel.de