"Glei' samma da!" - Bergsteigersprüche
Am Berg muss man sich auf seinen Kameraden verlassen können. Hundertprozentig. Ohne Wenn und Aber. Ausnahmen bestätigen die Regel. Rucksackradio-Redakteur Stefan Frühbeis hat in seinem praktischen Einführungskurs in Alpin-Psychologie die gängisten "Lügen" zusammengestellt, mit denen sich Bergsteiger gern zur Verzweiflung bringen.
"Glei' samma da!"
Für gewöhnlich sind Aufschneider eher unter Jägern und Anglern zu finden, als unter den Alpinisten. Es gibt aber wichtige Ausnahmen.
Die erste Lüge: "Mia san glei' da"
Wenn Sie aus dem Munde ihres ortskundigen Bergkameraden folgenden Satz hören:
"Mia san glei' da"
... dann sollten Sie stutzig werden.
"Mia san glei' da"
... bedeutet nämlich in Wirklichkeit, dass man eben nicht gleich da ist, sondern erst in eineinhalb Stunden- oder mindestens nach 650 Höhenmetern. Und es bedeutet außerdem, dass man bitte und gefälligst endlich mit der Nörgelei über den Tourenverlauf aufhören solle.
"Mia san glei' da"
... ist die meistgebrauchte und wichtigste Bergsteigerlüge.
Die zweite Lüge: "Gamaschen brauch ma gwiiiiss net!"
Laien sollten wissen, dass geübte Bergsteiger in Übergangszeiten in ihrem Rucksack so genannte Gamaschen befördern, die sie bei Bedarf anlegen, um beispielsweise Altschneefelder trockenen Fußes zu queren. Ob Bedarf besteht, wird in der Gruppe diskutiert, die Entscheidung bringt im Allgemeinen der Satz
"Gamaschen brauch ma gwiiiiss net!"
Eine berüchtigte Bersteigerlüge. Der Lügner ist aber in der Regel schnell entlarvt, natürlich dann, wenn man erst einmal zwischen den Latschen bis zum Anschlag in die Schneedecke eingebrochen ist - und die Schneekristalle beim Herausziehen des Beines zwischen Bergschuh und Socken eindringen, wo sie sofort schmelzen und dem Alpinisten trotz Goretex in Nullkommanix nasse Füße bescheren.
Die dritte Lüge: "Des steilste Stück hamma scho!"
Eine gern gebrauchte Bergsteigerlüge, wenn ortsunkundige Kameraden mit auf der Wanderung sind. Der geschwächte Begleiter, die geschwächte Begleiterin atmen freudig durch, vergeuden ihre letzten Kraftreserven und erwägen beim nächsten Steilaufschwung, ihren verlogenen Kameraden über den Grat hinabzuschubsen.
Die vierte Lüge: "Des hört glei auf mim renga"
Nachdem das bedeutendste Thema am Berg nicht etwa die Schönheit der Gegend oder die Freude über das persönliche Wohlbefinden ist, sondern das Wetter, lautet eine weitere wichtige Bergsteigerlüge
"Des hört glei auf mim renga"
... oder ...
"Da hint reißts scho auf"
Reifere Alpinisten durchschauen diese Lüge dank ihres reichen Erfahrungsschatzes. Sie wissen: Es hört niemals gleich zu regnen auf, wenn man erst einmal nass ist, und es reißt auch erst auf, wenn man tropfnass in der kalten Hütte oder am Auto angekommen ist.
Die fünfte Lüge: "Und des da hint is der Großvenediger"
Endlich droben am Gipfel. Der richtige Ort und die richtige Zeit für eine der schönsten Bergsteigerlügen überhaupt:
"Und des da hint is der Großvenediger"
Warnungen erübrigen sich hier. Bergsteigerlügen beim Panorama-Erklären sind vollkommen ungefährlich und haben keinerlei negative oder positive Auswirkungen. Nur der Großvenediger kann einem Leid tun.
Die sechste Lüge: "I hab no nia g'schnarcht!"
So. Der Alpinist ist erschöpft. Das Hüttenquartier lockt. Das Nachtlager naht, und zwar im Sinn des Wortes. "Lager" sind im alpinen Sprachgebrauch enge Kojen, zumeist bestückt mit Decken aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert, deren Aufschrift "Fußende" aus hygienischen Gründen unbedingt zu beachten ist. Wenn sich der Bergkamerad neben Ihnen nach sechs Schoppen Rotwein zur Ruhe begibt mit den Worten
"I hab no nia g'schnarcht!"
so dürfen Sie sicher sein, dass Ihre Ruhe in dieser Nacht nachhaltig gestört wird.
Die siebte Lüge: "B'sonders schwer wars eigentlich net."
Das Fazit der Tour - ein letzter Anlass zum Lügen. Die letzte klassische Bergsteigerlüge wird gern von Alpinisten benutzt, die ihr Gegenüber auch einmal richtig leiden lassen wollen. Wenn Sie jemals auf Ihre Frage nach Gefährlichkeit oder Anspruch einer Tour zur Antwort bekommen:
"B'sonders schwer wars eigentlich net."
Dann rechnen Sie mit dem Schlimmsten!
Stefan Frühbeis
Autor Stefan Frühbeis ist leidenschaftlicher Bergsteiger und Redakteur beim Rucksackradio auf Bayern 1.
Am Berg muss man sich auf seinen Kameraden verlassen können. Hundertprozentig. Ohne Wenn und Aber. Ausnahmen bestätigen die Regel. Rucksackradio-Redakteur Stefan Frühbeis hat in seinem praktischen Einführungskurs in Alpin-Psychologie die gängisten "Lügen" zusammengestellt, mit denen sich Bergsteiger gern zur Verzweiflung bringen.
"Glei' samma da!"
Für gewöhnlich sind Aufschneider eher unter Jägern und Anglern zu finden, als unter den Alpinisten. Es gibt aber wichtige Ausnahmen.
Die erste Lüge: "Mia san glei' da"
Wenn Sie aus dem Munde ihres ortskundigen Bergkameraden folgenden Satz hören:
"Mia san glei' da"
... dann sollten Sie stutzig werden.
"Mia san glei' da"
... bedeutet nämlich in Wirklichkeit, dass man eben nicht gleich da ist, sondern erst in eineinhalb Stunden- oder mindestens nach 650 Höhenmetern. Und es bedeutet außerdem, dass man bitte und gefälligst endlich mit der Nörgelei über den Tourenverlauf aufhören solle.
"Mia san glei' da"
... ist die meistgebrauchte und wichtigste Bergsteigerlüge.
Die zweite Lüge: "Gamaschen brauch ma gwiiiiss net!"
Laien sollten wissen, dass geübte Bergsteiger in Übergangszeiten in ihrem Rucksack so genannte Gamaschen befördern, die sie bei Bedarf anlegen, um beispielsweise Altschneefelder trockenen Fußes zu queren. Ob Bedarf besteht, wird in der Gruppe diskutiert, die Entscheidung bringt im Allgemeinen der Satz
"Gamaschen brauch ma gwiiiiss net!"
Eine berüchtigte Bersteigerlüge. Der Lügner ist aber in der Regel schnell entlarvt, natürlich dann, wenn man erst einmal zwischen den Latschen bis zum Anschlag in die Schneedecke eingebrochen ist - und die Schneekristalle beim Herausziehen des Beines zwischen Bergschuh und Socken eindringen, wo sie sofort schmelzen und dem Alpinisten trotz Goretex in Nullkommanix nasse Füße bescheren.
Die dritte Lüge: "Des steilste Stück hamma scho!"
Eine gern gebrauchte Bergsteigerlüge, wenn ortsunkundige Kameraden mit auf der Wanderung sind. Der geschwächte Begleiter, die geschwächte Begleiterin atmen freudig durch, vergeuden ihre letzten Kraftreserven und erwägen beim nächsten Steilaufschwung, ihren verlogenen Kameraden über den Grat hinabzuschubsen.
Die vierte Lüge: "Des hört glei auf mim renga"
Nachdem das bedeutendste Thema am Berg nicht etwa die Schönheit der Gegend oder die Freude über das persönliche Wohlbefinden ist, sondern das Wetter, lautet eine weitere wichtige Bergsteigerlüge
"Des hört glei auf mim renga"
... oder ...
"Da hint reißts scho auf"
Reifere Alpinisten durchschauen diese Lüge dank ihres reichen Erfahrungsschatzes. Sie wissen: Es hört niemals gleich zu regnen auf, wenn man erst einmal nass ist, und es reißt auch erst auf, wenn man tropfnass in der kalten Hütte oder am Auto angekommen ist.
Die fünfte Lüge: "Und des da hint is der Großvenediger"
Endlich droben am Gipfel. Der richtige Ort und die richtige Zeit für eine der schönsten Bergsteigerlügen überhaupt:
"Und des da hint is der Großvenediger"
Warnungen erübrigen sich hier. Bergsteigerlügen beim Panorama-Erklären sind vollkommen ungefährlich und haben keinerlei negative oder positive Auswirkungen. Nur der Großvenediger kann einem Leid tun.
Die sechste Lüge: "I hab no nia g'schnarcht!"
So. Der Alpinist ist erschöpft. Das Hüttenquartier lockt. Das Nachtlager naht, und zwar im Sinn des Wortes. "Lager" sind im alpinen Sprachgebrauch enge Kojen, zumeist bestückt mit Decken aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert, deren Aufschrift "Fußende" aus hygienischen Gründen unbedingt zu beachten ist. Wenn sich der Bergkamerad neben Ihnen nach sechs Schoppen Rotwein zur Ruhe begibt mit den Worten
"I hab no nia g'schnarcht!"
so dürfen Sie sicher sein, dass Ihre Ruhe in dieser Nacht nachhaltig gestört wird.
Die siebte Lüge: "B'sonders schwer wars eigentlich net."
Das Fazit der Tour - ein letzter Anlass zum Lügen. Die letzte klassische Bergsteigerlüge wird gern von Alpinisten benutzt, die ihr Gegenüber auch einmal richtig leiden lassen wollen. Wenn Sie jemals auf Ihre Frage nach Gefährlichkeit oder Anspruch einer Tour zur Antwort bekommen:
"B'sonders schwer wars eigentlich net."
Dann rechnen Sie mit dem Schlimmsten!
Stefan Frühbeis
Autor Stefan Frühbeis ist leidenschaftlicher Bergsteiger und Redakteur beim Rucksackradio auf Bayern 1.
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