Gerhard Klammet: Kirschen am Broad Peak
Als wir anno 1954 am Baltoro-Gletscher und auf dem Weg zum Broad Peak (8047 m) waren, hatten wir Kirschen in Kilodosen dabei, - herrliche, saftige, eingemachte Kirschen, auf die wir uns schon den ganzen langen Anmarschweg durchs Braldu-Tal über Shigar und Askole herauf gefreut hatten, - wussten wir doch, daß sie irgendwann „dran“ sein würden. Immer wieder, wenn wir übers Geröll oder Gletschereis so dahinstolperten und uns vor Hitze und Durst die Zunge am Gaumen kleben blieb, brachte jemand die Rede auf jene Dosen, die Mahmet Ali, einer der 230 Balti-Träger in einer Kiste auf dem Buckel schweißtriefend bergan schleppte. Und dann schauten wir insgeheim nach ihm aus, ob er samt Traglast noch vor oder hinter uns in der Reihe war – jawohl, er war da!
Dann schließlich, nach drei Wochen langem Anmarsch von Skardu, dem Hauptort Baltistans, hatten wir unser Hauptlager am Concordia-Platz auf dem oberen Baltoro-Gletscher in 4800 Meter Höhe erreicht und eingerichtet. Wir lebten in Zwei- und Viermannzelten, nur ich als Kameramann der Expedition bewohnte ein Zweimannzelt allein, weil ich darin mein ganzes wertvolles Filmgerät verwahrte und des Nachts genügend Platz zum Filmeinlegen brauchte. Am zweiten oder dritten Tag unseres Lagerlebens schaute ich nun zufällig nachmittags hinüber in eines der größeren Nachbarzelte, in dem fünf oder sechs Kameraden beisammen saßen. Michel Anderl, Sepp Maag, Rudi Marek und Ernst Senn waren dabei, wer die anderen waren, weiß ich heute nicht mehr.
Unsere Gemeinschaftsverpflegung war gut und reichlich, daneben aber wurde da und dort im kleinen Kreis der Zeltgemeinschaften zusätzlich gekocht und gebrutzelt. Ich Einzelgänger tat das zwar nicht, nahm aber gern die Chance war, da oder dort etwas abzubekommen, wenn ich zur richtigen Zeit einen „zufälligen“ Besuch im richtigen Zelt machte. So war das auch an besagtem Nachmittag: Das saßen die Freunde in jenem Zelt, zwischen sich einen großen Topf mit herrlich duftendem Griesbrei und einen zweiten voll Kirschen, die nur aus jener Kiste des Mahmet Ali stammen konnten. Sieh an, sieh an, fast hätte ich von diesem Teil der Lieferung aus Versehen gar nichts abgekriegt! Aber die Stielaugen, die ich machte, waren schlechterdings nicht zu übersehen, sodaß einer aus der schweigsamen Tafelrunde nicht umhin konnte, mir anheimzustellen, daß ich mir ein Essgeschirr besorgen und mithalten solle. Einen Esslöffel hatte ich nach Expeditionssitte vorsorglich sowieso immer in der Tasche, und nach einem geeigneten Gefäß brauchte ich gar nicht lange zu suchen, weil mir zu Füßen eine leere, blanke, völlig neue Konservendose lag. Die schnappte ich mir darum sogleich (bei der allgemeinen Gefräßigkeit war auch Eile geboten), füllte sie mit Griesbrei, Kirschen und reichlich süßem Kirschensaft dazu, setzte mich zu den anderen und löffelte mit viel Behagen und großem Appetit die wirklich köstliche Mahlzeit. Ach war das Essen gut! Es schmeckte so herrlich, daß ich keine Zeit hatte, auf die grinsend schadenfrohen Gesichter der Kameraden der Berge zu achten. Als ich dann fertig war, brachen diese Kumpane in ein schallendes Gelächter aus und gestanden mir freimütig, daß die von mir als Essgefäß benutzte Konservendose der Zeltmannschaft schon mehrere Nächte hindurch gute Dienste für ganz andere Zwecke geleistet hatte ….
Natürlich bin ich daran nicht zugrunde gegangen, seit der Zeit aber etwas vorsichtiger geworden, wenn ich in fremden Zelten Kirschen esse.
Als wir anno 1954 am Baltoro-Gletscher und auf dem Weg zum Broad Peak (8047 m) waren, hatten wir Kirschen in Kilodosen dabei, - herrliche, saftige, eingemachte Kirschen, auf die wir uns schon den ganzen langen Anmarschweg durchs Braldu-Tal über Shigar und Askole herauf gefreut hatten, - wussten wir doch, daß sie irgendwann „dran“ sein würden. Immer wieder, wenn wir übers Geröll oder Gletschereis so dahinstolperten und uns vor Hitze und Durst die Zunge am Gaumen kleben blieb, brachte jemand die Rede auf jene Dosen, die Mahmet Ali, einer der 230 Balti-Träger in einer Kiste auf dem Buckel schweißtriefend bergan schleppte. Und dann schauten wir insgeheim nach ihm aus, ob er samt Traglast noch vor oder hinter uns in der Reihe war – jawohl, er war da!
Dann schließlich, nach drei Wochen langem Anmarsch von Skardu, dem Hauptort Baltistans, hatten wir unser Hauptlager am Concordia-Platz auf dem oberen Baltoro-Gletscher in 4800 Meter Höhe erreicht und eingerichtet. Wir lebten in Zwei- und Viermannzelten, nur ich als Kameramann der Expedition bewohnte ein Zweimannzelt allein, weil ich darin mein ganzes wertvolles Filmgerät verwahrte und des Nachts genügend Platz zum Filmeinlegen brauchte. Am zweiten oder dritten Tag unseres Lagerlebens schaute ich nun zufällig nachmittags hinüber in eines der größeren Nachbarzelte, in dem fünf oder sechs Kameraden beisammen saßen. Michel Anderl, Sepp Maag, Rudi Marek und Ernst Senn waren dabei, wer die anderen waren, weiß ich heute nicht mehr.
Unsere Gemeinschaftsverpflegung war gut und reichlich, daneben aber wurde da und dort im kleinen Kreis der Zeltgemeinschaften zusätzlich gekocht und gebrutzelt. Ich Einzelgänger tat das zwar nicht, nahm aber gern die Chance war, da oder dort etwas abzubekommen, wenn ich zur richtigen Zeit einen „zufälligen“ Besuch im richtigen Zelt machte. So war das auch an besagtem Nachmittag: Das saßen die Freunde in jenem Zelt, zwischen sich einen großen Topf mit herrlich duftendem Griesbrei und einen zweiten voll Kirschen, die nur aus jener Kiste des Mahmet Ali stammen konnten. Sieh an, sieh an, fast hätte ich von diesem Teil der Lieferung aus Versehen gar nichts abgekriegt! Aber die Stielaugen, die ich machte, waren schlechterdings nicht zu übersehen, sodaß einer aus der schweigsamen Tafelrunde nicht umhin konnte, mir anheimzustellen, daß ich mir ein Essgeschirr besorgen und mithalten solle. Einen Esslöffel hatte ich nach Expeditionssitte vorsorglich sowieso immer in der Tasche, und nach einem geeigneten Gefäß brauchte ich gar nicht lange zu suchen, weil mir zu Füßen eine leere, blanke, völlig neue Konservendose lag. Die schnappte ich mir darum sogleich (bei der allgemeinen Gefräßigkeit war auch Eile geboten), füllte sie mit Griesbrei, Kirschen und reichlich süßem Kirschensaft dazu, setzte mich zu den anderen und löffelte mit viel Behagen und großem Appetit die wirklich köstliche Mahlzeit. Ach war das Essen gut! Es schmeckte so herrlich, daß ich keine Zeit hatte, auf die grinsend schadenfrohen Gesichter der Kameraden der Berge zu achten. Als ich dann fertig war, brachen diese Kumpane in ein schallendes Gelächter aus und gestanden mir freimütig, daß die von mir als Essgefäß benutzte Konservendose der Zeltmannschaft schon mehrere Nächte hindurch gute Dienste für ganz andere Zwecke geleistet hatte ….
Natürlich bin ich daran nicht zugrunde gegangen, seit der Zeit aber etwas vorsichtiger geworden, wenn ich in fremden Zelten Kirschen esse.