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Regelwerk für die Benutzung des Forums Gipfeltreffen

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Wer gegen geltendes Recht verstößt, wird im Ernstfall von uns zur Anzeige gebracht.

12) Information

Die Forumsbetreiber behalten sich das Recht vor,
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- dieses Regelwerk jederzeit abzuändern.

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Alpine Umwelten

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  • #16
    AW: Alpine Umwelten

    Bauen im Lokalen: Gion A. Caminada

    Die Begriffe Potenzialarmer Raum, Alpine Brache und Reservat sind Leer-Formeln. Landschaften und Ökologien werden aus dem Mangel, dem Mangel an Potenz, Struktur, Vielfalt, definiert. Und tatsächlich machen sich, egal welche raumpolitischen Einsätze gewagt werden, die Menschen aus diesen Räumen davon. Eine Abstimmung mit den Füssen, gewissermassen.

    Gion A. Caminada lebt als Dorfarchitekt in Vrin, im hintersten Ort des romanisch sprechenden Val Lumnezia (Graubünden), das vom am Vorderrhein gelegenen Ilanz nach Süden ansteigt. Val Lumnezia bedeutet Tal des Lichts.


    Der Ort, der über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg Einwohner verloren hatte, wurde in den achtziger und neunziger Jahren zu einem Modellprojekt der Stiftung Pro Vrin, der Gemeinde/Gemeindebehörde, der Meliorationsgenossenschaft, der kantonalen Denkmalpflege und der ETH Zürich für die Stärkung dörflicher Infrastruktur und Wiederansiedlung.

    Die Einwohner kauften Anfang der achtziger Jahre alles freie Bauland auf und entzogen den Ort damit jeglicher Spekulation. Der Vriner Gion A. Caminada, Bauernsohn und Architekt, baute, und baut, in ihrem Auftrag.

    Wiesen wurden im Verhältnis 1:5 zusammengelegt, ein Metzger angesiedelt, eine Genossenschaft gegründet, sowie Schlachthaus, Mehrzweckhalle, Ställe und Totenhaus (Massivbauweise), die meisten aus Holz in Strickbauweise (Blockbau) neu gebaut.

    [Quelle: Wikipedia]
    Ausführlichere Beschreibung Vrin: Gesamtentwicklung eines Dorfes.

    metzgerei.jpg
    Ställe und Marlaria/Metzgerei Sut Vitg

    Caminada wurde 1957 in Vrin geboren und lernte Bauschreiner. Nach einem Architekturstudium an der ETH Zürich eröffnete er sein Architekturbüro in Vrin. Seit 1998 lehrt er an der ETHZ Enwurf.

    Seine Lehrveranstaltung im Sommersemester 2007 heisst Ruraler Kontext II: Autarkie in einem offenen Netz.

    Das Val Lumnezia ist ein Seitental in der Bündnerischen Surselva. Die ökonomische Grundlage ist die Landwirtschaft, der Tourismus und das lokale Gewebe. Vor allem die Randdörfer sind von der Abwanderung betroffen. Die einzelnen Gemeinden sind zu klein, um langfristig die Infrastrukturen für eine funktionierende Dorfgemeinschaft sicherzustellen. An diesem Punkt haben wir angesetzt. Wir haben den Einheimischen die Frage nach der Lebensqualität des Val Lumnezia gestellt und ob neue bauliche Infrastrukturen diese weiter entfalten könnten. Wenn ja: Was für Einrichtungen und Anlagen sind notwendig und wo sollen diese zustande kommen?

    Dieser Frage ist eine präzise Analyse der Eigenarten, der Gemeinsamkeiten und der Unterschiede zwischen den einzelnen Dörfern vorausgegangen. Bei der Standortwahl für die Anlagen waren Nähe und Distanz, Zentrumsfunktion, Bedeutung im Tal und Funktionen für eine Vernetzung nach außen entscheidend. Man weiß, dass die Sicherstellung von Infrastrukturen nur über Kooperationen erfolgen kann. Bisher wurden solche Fusionsfragen lediglich aufgrund von ökonomischen Kriterien geführt. Fragen der inneren Identitäten standen nicht zur Diskussion. In dem hier angepeilten Findungsprozess muss es gelingen, Grenzen abzubauen ohne Differenzen zu vernichten.

    10 Studierende haben während des Wintersemesters für 10 verschiedene Dörfer, aufgrund der Analyse und des Diskurses mit der einheimischen Bevölkerung, eine Idee entwickelt und den Standort für die Umsetzung dieser Idee bestimmt. Bis zum Beginn des Sommersemesters werden die Vorschläge im Gespräch mit den Leuten im Tal nochmals diskutiert und die Entwurfsaufgabe konkretisiert.

    Jedem Studierenden werden ein Dorf und eine spezifische Entwurfsaufgabe zugeteilt: luvratori/Werkstatt, clinica per giuvenils/Jugendklinik, canorta purila/Bauernmarkt, sera dalla veta/Altersheim, hotel/Hotel, ustariva/Restaurant am See, inscunter giuvenil/Jugendraum, casa dalla musica/Haus der Musik, claustra/Kloster.
    stube.jpg
    Totenstube

    Auf den von 23. bis. 29. April 2007 in St. Arbogast (Vorarlberg) druchgeführten Tagen der Utopie: Entwürfe für eine gute Zukunft hielten Gion Caminada und Josef Perger (Universität Innsbruck) den Vortrag Peripherie als Hoffnungsträger? Eine Mitschrift und zwei Videozusammenschnitte sind online.

    walpen.jpg
    Haus Ruth und Armin Walpen

    kunst Meran zeigte vom 16. April bis 26. Juni 2005 den Werküberblick Cul zuffel e l’aura dado: Gion A. Caminada.

    Der Titel der Ausstellung, "Cul zuffel e l'aura dado", kann als "Architektur mit den Winden" übersetzt werden: "Zuffel" ist die traditionelle Bezeichnung der Einwohner von Vrin für einen rauen, stürmischen, aber nicht allzu kalten Wind aus dem Süden. Er bläst von den Bergspitzen und der angrenzenden Hochebene Greina in die Val Lumnezia herunter (in unseren Breiten mit der Dramatik eines Föhnsturmes vergleichbar). "L'aura dado" ist trotz ihres lyrischen Namens kein mildes Lüftchen. Sie ist eher eine kalte, bissige Brise, die aus dem Norden über die entlegenen Orte des Tales hereinfegt. Jede der beiden Luftströmungen bringt unterschiedliche Informationen in das Tal oder führt zu einer spezifischen Prägung der hier lebenden Menschen und der sie umgebenden Natur.
    In einem Vortrag nahm Gion Caminada zu den von ihm verfassten "Neun Thesen für die Stärkung der Peripherie" Stellung. Dieses kritische Manifest fordert die Bewohner der Alpen zu mehr Selbstbewusstsein und zu größerer Aktivität in eigener Sache auf.

    Rezension der Ausstellung Alpiner Urbanismus: In Meran werden Gion A. Caminadas architektonische Visionen für Vrin diskutiert [NZZ, 3. Juni 2005].

    kabine.jpg
    Telefonkabine

    Nimmt man das Tradierte wahr, erkennt man in ihm den funktionalen Zweck überschiessende Möglichkeiten. Der gebaute Raum entfaltet ein Potenzial, das weiter tradiert werden kann, indem man neue Funktionen einbaut und neue Überschüsse erzeugt. So kann Herkömmliches sich in die Zukunft entfalten.

    Hält man die Materialkosten gering, bleiben mehr Mittel für den Bearbeitungsprozess. Dieser schafft Arbeit und Auskommen am Ort.

    Sehr instruktives, sechsminütiges Videoporträt des Schweizer Fernsehens vom 6. Juni 1999.
    Zuletzt geändert von geröllheimer; 11.05.2007, 17:30.

    Kommentar


    • #17
      AW: Alpine Umwelten

      Savognin 1900

      Savognin ist Hauptort der Ferienregion Surses (Oberhalbstein) im Kanton Graubünden. Es liegt 1207m hoch und hatte Ende 2005 982 Einwohner. Die Nachbargemeinde Riom-Parsonz hat 335 Einwohner. Die Region Savognin kommt auf 420'000 Logiernächte, 77% davon in Ferienwohnungen. Zieht man den Eigenbedarf der Eigentümer ab, werden 65'000 Logiernächte in Hotels und 160'000–200'000 Logiernächte in Ferienwohnungen effektiv vermietet.


      Ein Wahrzeichen der Region ist die Burg Riom. 2006 restauriert, beherbergt das Casti da Riom das erste professionelle rätoromanische Theater. Gerade hat Giovanni Netzer mit dem Hans Reinhart-Ring die höchste Theaterauszeichnung der Schweiz erhalten.

      Die Theaterinfrastruktur wurde als eigenständiger "Bau im Bau" in die denkmalgeschützte Substanz eingefügt und bietet 220 Zuschauern Platz. Entstanden ist einer der eigenwilligsten Theaterräume der Alpen.


      Die Architektur des Ferienresorts Savognin 1900 entlehnt ihre Form, wie wir bald sehen werden, der Burg Riom.

      Savognin 1900 ist eine 2005 von der Gemeinde Riom-Parsonz und den Bergbahnen Savognin erarbeitete Projektidee, um eine seit Jahren anhaltende Abwärtsspirale in der Region zu stoppen und eine Trendumkehr zu erreichen. Im Sprengel Radons soll auf der Höhe von 1900m eine schneesichere Ganzjahresdestination entstehen. Das Konzept dient dem Gespräch mit Investoren.

      Leider ist der Text der Projektidee vor wenigen Tagen vom Server Mittelbündens verschwunden. Wir behelfen uns mit Zusammenfassungen und Zitaten.

      Was die Lektüre so interessant macht, ist die ohne Beschönigungen auskommende Zustandsbeschreibung.

      Der Kreis Surses verlor zwischen 1995 und 2002 9% der Bevölkerung, die Arbeitsplätze nahmen zwischen 1995 und 2001 um 13% ab, und doppelt soviel Personen wie 1990 mussten 2000, bei konstanter Einpendlerzahl, auspendeln.

      Im letzten Jahrzehnt sind in der Destination Savognin rund 2'500 Ferienwohnungsbetten aus dem Vermietungsmarkt genommen worden.
      Bevölkerung, Steuerkraft und Immobilienwerte befinden sich in einem stabilen Abwärtstrend.

      Aufwertung des Tourismus, Entwicklung zur Wohnregion und Ausbau der Wasserkraft werden als Ansatzpunkte einer Trendumkehr gesehen:

      Künftig könnte das Surses als Tourismus- und Wohnregion positioniert werden mit einerseits intakter erlebbarer Landschaft (Parc Ela) und andererseits einem attraktiven Freizeitbeschäftigungsangebot (Skigebiet). Weiter wird die Entwicklung der öffentlichen Strukturen durch die ökonomischen Beiträge aus der bestehenden Wasserkraftnutzung unterstützt.
      Ferienresort und Marke Savognin 1900 sollen als Leuchtturmprojekte den Antrieb für die erwünschte Trendumkehr liefern:

      Hintergrund der Idee eines Resorts in Radons ist die sich ständig weiter globalisierende Nachfrage im Tourismus. Mit der radikalen Abkehr von gewachsenen Dorfstrukturen zugunsten eines kompakten Resorts sollen internationale Tourismusbetreiber nach Savognin gelockt werden. Das Resort "Savognin 1900" soll der Destination eine langfristige Perspektive im Wintertourismus – auch unter veränderten Klimavoraussetzungen - geben. Zudem würde sich Savognin/Savognin 1900 (durch die markante Erhöhung der Logiernächte) unter den grössten Bündner Destinationen einreihen.
      Radons bietet einen leicht erschliessbaren Talkessel mit imposantem Bergpanorama und Direktanschluss an ein bestehendes Skigebiet.

      Als Ferienresort verstehen die Promotoren ein in sich selbst funktionierendes aus einer Hand geplantes Feriendorf bestehend aus Hotels, kommerziell vermieteten Ferienwohnungen, Sport- und Detailhandel sowie Gastronomiebetrieben. Erfahrungsgemäss muss ein Resort eine Mindestgrösse von ca. 1'700 bis 2'000 Betten aufweisen, damit es in sich selbst funktionieren kann.
      Abgeleitet aus der Form der Burg Riom, erarbeitete das Architekturbüro Justus Dahinden eine Projektskizze.

      riom3.jpg
      Gestaltungsidee Savognin 1900 und Inspirationsquelle Casti da Riom (klein unten links)

      Das Resort sieht in der vorliegenden Gestaltung ca. 1'200 Hotelbetten und 500 Ferienwohnungsbetten in drei grösseren Überbauungen vor. Für das Resort wird mit Baukosten von ca. CHF 130 Mio. (inkl. Erschliessung) und einem jährlichen Umsatz von CHF 40–46 Mio. bei einem Aufkommen von ca. 300'000-360'000 Logiernächten/a gerechnet.

      Das architektonische Konzept sieht vor, die benötigten Wohneinheiten in eine möglichst kompakte und architektonisch bewusst inszenierte Überbauung zu integrieren. Damit können beispielsweise gegenüber einer Erstellung von Chalets oder Mehrfamilienhäuser folgende Vorteile erzielt werden:
      • Hohe Wirtschaftlichkeit für Betreiber und Investoren.
      • Minimale Beanspruchung von Bauland und Landschaftsbild.
      • Konzentration von Emissionen und Immissionen (Verkehr, Lärm) auf kleinstem Raum.
      • Hochwertige Architektur.
      • Erhaltung einer verkehrsfreien Zone indem die Fahrzeuge direkt in einer Tiefgarage abgestellt werden.

      Inwiefern die in der Region bestehenden Attraktionspunkte (z.B. Bad und Golf Alvaneu, Rhätische Bahn, Parc Ela usw.) sowie die klassischen Bergferienangebote (z.B. Wandern, Mountain-Bike, Ausflüge) durch eigene Angebote ergänzt werden sollen, liegt im Entscheid des Resort-Betreibers und ist Gegenstand der Detailplanungen. Denkbar ist, dass das Resort mit einem umfassenden Wellness- und/oder Seminarangebot ausgestattet wird.

      Die grösste nicht beeinflussbare Unsicherheit für eine Investition in einer Zwei-Saison-Destination dürfte die Klimaentwicklung darstellen. Einem potenziellen Investor muss deshalb ein Spielraum gegeben werden, um auf eine allfällige Veränderung der Schneegrenze zu reagieren. Zu diesem Zweck soll der Piz Mez als langfristige Option für potenzielle Investoren als Skigebiet festgesetzt werden.
      Die Erstellung von Savognin 1900 würde im Vollausbau ca. 250–300 Vollzeitarbeitsplätze mit einer gesamten Bruttolohnsumme von ca. CHF 12–14 Mio. schaffen. Mit der erwarteten massiven Zunahme an Arbeitsplätzen (+25%) könnte auch die Bevölkerung um bis zu ca. 600 Personen (+25%) zunehmen. Die Abwärtsspirale könnte in eine Aufwärtsspirale umgebogen werden.

      Wie es scheint, hat sich bis heute kein Investor gefunden. Der Investor, der seinerzeit in den Alpen unterwegs war, ist an anderer Stelle fündig geworden.

      Literatur:
      Gemeinde Riom-Parsonz, Resort "Savognin 1900": Projektidee, Riom: Bergbahnen Savognin 2005
      Michael Bahnerth, Ein Tal taut auf [DIE ZEIT, 1. Februar 2006]

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      • #18
        AW: Alpine Umwelten

        "Der Schweizer Heimatschutz zeichnet Altdorf mit dem Wakkerpreis 2007 aus. Der Hauptort des Kantons Uri erhält den diesjährigen Preis für seine klare, landschaftsverträgliche Raumentwicklung und die erstaunliche Vielzahl gelungener Neubauten und Sanierungen. Beispielhaft sind die Erweiterung der Schulanlage St. Karl, die Renovation des Suworow-Hauses und die Sanierung der historischen Natursteinmauern. Die offizielle Preisübergabe findet am 12. Mai 2007 im Rahmen einer öffentlichen Feier statt."

        "Seit 1972 vergibt der Schweizer Heimatschutz jährlich einer politischen Gemeinde den Wakkerpreis für vorbildliche Leistungen in der Siedlungs- und Ortsbildentwicklung. Eine Fachkommission evaluiert jedes Jahr zahlreiche Gemeinden und stellt deren Engagement für Baukultur in einen landesweiten Vergleich. Basierend auf dem Vorschlag der Kommission bestimmt der Zentralvorstand des Schweizer Heimatschutzes den Preisträger. Für 2007 fiel der Entscheid auf die Gemeinde Altdorf, die durch ihre vielseitigen, von Qualität geprägten Tätigkeiten abseits des berühmten Telldenkmals überzeugte."

        Pressemitteilung des Schweizer Heimatschutzes

        Eine Vielzahl guter Bauten [NZZ, 12. Mai 2007]

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        • #19
          AW: Alpine Umwelten

          Passende Beiträge aller Art sind sehr willkommen.
          Na, dann hoff ich, dass der passt:
          Im Jahr 2003/04 entwickelten Studierende der Boku Wien und der Uni Salzburg in Zusammenarbeit mit einigen Nationalparkgemeinden des Oberpinzgaus Strategien für die Zukunft der Region.
          Darüber und was dabei herausgekommen ist, kann man hier
          http://dyn.boku.ac.at/pinzgau/index.php?nav_id=a00
          nachlesen.
          Ich bin mehr oder weniger zufällig zum "regionalen Akteur" geworden, das Zusammenarbeiten mit den sehr engagierten jungen Leuten war eine Freude.
          Es bleibt allerdings abzuwarten, ob bzw. welche Projekte bis 2014 auch umgesetzt werden (können). Momentan herrscht Ruhe...

          Hallo Geröllheimer,
          dank deiner Beiträge verbringe ich mehr Zeit am PC als ich eigentlich möchte...
          Servus!
          baru

          http://www.sagen.at

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          • #20
            AW: Alpine Umwelten

            Super. Danke. Das war für die Studierenden bestimmt eine der eindrücklichsten Lernerfahrungen. Ich habe die Webseite gerade durchgesehen und die Titel
            Michaela Glanzer (Hg), Leben 2014: Perspektiven der Regionalentwicklung in der Nationalparkregion Hohe Tauern/Oberpinzgau, Neukirchen/Großvenediger: Tauriska 2005, 50 S.
            Kerstin Neumayer, Tourismus im Oberpinzgau: Problemfelder, Potentiale und Perspektiven, Diplomarbeit Universität Salzburg 2005
            Bernhard Freyer (Hg), Transdisziplinäre Kooperation in der universitären Ausbildung: Die Fallstudie "Leben 2014" in der Nationalparkregion Hohe Tauern, Oberpinzgau, Wien: Facultas 2006, 284 S.
            bibliographisch festgehalten.

            Dass ich mich am Gotthard festgebissen habe (es kommen noch drei Texte), liegt schlicht daran, dass ich über Pressemeldungen auf das dortige Cluster mich interessierender Projekte gestossen bin und denen einfach folge. Zum Glück sind nunmehr viele Quellen online, sodass man rasch vorankommt.

            Ich hoffe schon, dass es hier oder auf Aktuelles und Diskussionen zu einer Debatte kommt, will aber meine ohnehin mobilen (um nicht flüchtigen zu sagen) Interessen niemandem aufdrängen. Die Themen Polare Umwelten und Alpine Umwelten (es soll noch ein drittes dazu kommen) sind so unscheinbar wie weiträumig gewählt, damit Vieles und Unterschiedliches von allen Seiten her Platz finden kann. Schönen Abend noch.

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            • #21
              AW: Alpine Umwelten

              Tourismusresort Andermatt

              Ein Ferienresort, wie Savognin eines möchte, baut der ägyptische Milliardär Samih Sawiris in Andermatt.

              Samih Sawiris steht, mit einem geschätzten Vermögen von $ 1,5 Milliarden, auf Platz 664 der aktuellen Weltreichstenliste von Forbes. Noch besser geht es Naguib Sawiris mit $ 2,6 Milliarden auf Platz 278.

              Naguib und Samih Sawiris sind Gesellschafter der Orascom Gruppe. Telekommunikation (Naguib) und Tourismus (Samih) sind die Hauptgeschäftsfelder. Die Orascom Telecom hat 15,5 Millionen Kunden in Ägypten, Algerien, Bangladesh, Irak, Pakistan, Tunesien und Zimbabwe. Orascom Hotels and Development brachte die Ferienresorts El Gouna am Roten Meer, Taba Heights am Sinai, Tala Bay am Golf von Aqaba und Ras El Khaimah in den Emiraten auf den Weg.

              Das Tourismusresort Andermatt ist, gemessen an unserer Typologie alpiner Zukünfte, ein Zwitter von Leuchtturm und Dubai in the Alps.


              Auf der Webseite der Gemeinde Andermatt erfahren wir:

              Andermatt liegt, eingebettet zwischen den Gneisen des Gotthardmassivs im Süden und den Graniten des Aaremassivs im Norden, im weichen Schieferzug der Ursernzone. Während den Eiszeiten entwickelte sich ein ausgeprägtes Trogtal mit steilen, die Lawinentätigkeit begünstigenden Hängen, welche durch unterschiedlich grosse Rinnen zerfurcht sind. In der letzten Eiszeit war das Urserntal eine riesige Eiswanne, die sich nach dem Abschmelzen des Eises mit mächtigen Sedimenten auffüllte.

              Andermatt zählt heute 1'340 Einwohner (Stand 31. Dezember 2006). Das Gemeindegebiet umfasst 6142 ha, wovon nur 7% landwirtschaftliche Nutzfläche sind. In der Land- und Forstwirtschaft sind nur noch 18 Personen vollamtlich beschäftigt. Der grösste Teil der Beschäftigten ist im Sektor Dienstleistungen tätig.
              Vom Höchststand der Bevölkerung 1970 verlor die Gemeinde zum Tiefststand 2005 273 Einwohner. Das sind 17,3%.

              Der Ortsfremde verbindet Andermatt mit dem früher über den Sankt-Gotthard-Pass, seit 1980 durch den Gotthardtunnel geführten Autoverkehr und mit dem in Zeiten des Kalten Kriegs viel Landschaft beanspruchenden Schweizer Militär.

              Den veränderten Militäraufgaben musste sich auch die Schweizer Landesverteidigung anpassen:

              Leider sind in den letzten Jahren die Arbeitsplätze bei den Militärbetrieben den Sparmassnahmen des Bundes zum Opfer gefallen. Auch in anderen Erwerbszweigen sind Arbeitsplätze verloren gegangen.
              Was in Andermatt verbleibt, ist das Kompetenzzentrum Gebirgsdienst der Armee.

              Ein Pionier der Umwidmung freiwerdender Militärbauten ist der Künstler Jean Odermatt mit seinem Gotthardprojekt:


              Ausgelöst durch die Möglichkeit, ein von der Armee nicht mehr benötigtes Kernstück des ehemaligen Réduits San Carlo umzunutzen, entwickelte der Künstler und Soziologe Jean Odermatt das Konzept eines tief im Herzen des Berges gelegenen, nachmodernen Klosters. Aus der künstlerischen Idee ist 1998 eine Institution entstanden: die Stiftung "Fondazione La Claustra".

              Dank einer grosszügigen Zuwendung der Volkart Stiftung Winterthur und der tatkräftigen Unterstützung durch das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport konnte die Stiftung am 21. Juni 1999 mit dem Umbau der 4'000 m2 umfassenden unterirdischen Anlage beginnen. Nach einer Umbauzeit von über vier Jahren ist diese Anlage seit dem Frühsommer 2004 offiziell in Betrieb. Mit einem Aufwand von rund CHF 4 Mio. ist damit aus dem Artilleriefort San Carlo auf dem Gotthardpass das einzigartige und moderne Seminar- und Individualhotel La Claustra geworden.
              In Beitrag #2 hatten wir die Schweiz als letzten verbliebenen Passstaat im Alpenraum beschrieben. Diese Passstaatenqualität kulminiert in der Teufelsbrücke von Andermatt.

              teufel.jpg
              William Turner, Die Teufelsbrücke St. Gotthard (um 1804)

              Die Teufelsbrücke kontrolliert die Schöllenenschlucht und diese den wichtigsten Alpenübergang, den Gotthardpass. Die Sage geht so:

              Einer Sage zufolge wurde die Erste Teufelsbrücke vom Teufel errichtet. Die Urner scheiterten immer wieder an der Errichtung einer Brücke. Schliesslich rief ein Landammann ganz verzweifelt aus: "Do sell der Tyfel e Brigg bue" (Soll doch der Teufel da eine Brücke bauen). Kaum ausgesprochen, stand er schon vor der Urner Bevölkerung und schlug ihnen einen Pakt vor. Er bestand darin, die Brücke durch den Teufel errichten zu lassen und als Gegenleistung dem Teufel die Seele desjenigen zu geben, der als erster die Brücke überquert. Nachdem der Teufel die Brücke gebaut hatte, wurde ein Ziegenbock über die Brücke geschickt. Der Teufel war über diesen Trick sehr erzürnt und holte einen haushohen Stein, mit dem er die Brücke zerschlagen wollte. Es begegnete ihm eine fromme Frau, die ein Kreuz auf den Stein malte. Als der Teufel dieses sah, ergriff er die Flucht und liess Stein und Brücke liegen. Der Stein wurde Teufelsstein genannt. 1977 wurde der 220 Tonnen schwere Teufelsstein mit einem Budget von 300'000 Franken um 127 Meter verschoben, um der Gotthard-Autobahn Platz zu machen. Die Verschiebung des Teufelssteins wird in einer modernen Erweiterung der Volkssage für die unerklärliche Häufung von Verkehrsunfällen auf dem Kilometer 17 des Gotthard-Strassentunnels verantwortlich gemacht.
              Bis heute bewahrt Andermatt alte aus der Passstaatenqualität resultierende Rechte:

              Andermatt gehört geschichtsbedingt nicht zur Korporation Uri, sondern bildet mit Hospental und Realp die Korporation Urseren. Im Ratshaus zu Andermatt tagen noch heute die alten Geschlechter. Dort haben sie sogar ihr eigenes Gericht. Im Mai findet alljährlich die Talgemeinde in Hospental statt. Die Korporation ist Besitzerin fast aller Gewässer, Wiesen, Weiden und Berge im Tal. (Quelle)
              Eine Webseite des Kanton Uri ermöglicht die Einsicht in die wichtigsten Dokumente zum Tourismusresort Andermatt.

              Wir beziehen uns nachfolgend auf den Text Tourismus Resort Andermatt: Auszug aus dem Projektbeschrieb, Kairo: Orascom 2007 (pdf), der dieser Tage online ging:

              Die Firma Orascom Hotels & Development, Kairo, unter der Leitung von Samih Sawiris (in der Folge mit Investor bezeichnet) will in Andermatt ein Tourismusresort von internationaler Ausstrahlung erstellen.

              Zu diesem Zweck hat sie vom Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport zirka 80 Hektaren Land erworben, das vormals Teil eines militärischen Übungsgeländes war. Weitere 25 Hektaren stossen aus Gemeindebesitz dazu und ungefähr 40 Hektaren konnten von verschiedenen Landwirtschaftsbetrieben dazugekauft werden. Die gesamte erworbene Arealfläche beträgt somit ungefähr 145 Hektaren. Der grösste Teil bildet eine zusammenhängende Fläche, die unmittelbar an das bisherige Siedlungsgebiet angrenzt. Das Gebiet nördlich der Furkareuss macht etwa 3/4 der Gesamtfläche aus und ist für einen 18-Loch-Golfplatz reserviert.
              Auf dem Photo sind die Bahngeleise vor dem Bahnhof leicht auszumachen. Die gerahmt wirkende Grünfläche halblinks und halbrechts darüber nimmt die Bebauung auf. Die Grünflächen zum Hang hin über der Reuss sind für den Golfplatz vorgesehen.


              Die Gesamtfläche des Tourismusresort dürfte in etwa der bebauten Ortsfläche Andermatts die Waage halten.

              Eine genauere Orientierung ermöglicht die Karte. Es gibt sie auch in gross (pdf).


              Der Investor beabsichtigt mit dem Bau des Resorts, Andermatt zu einem neuen Gebirgskurort zu machen, den es in dieser Art noch nicht gibt. Die besondere Lage im Zentrum der Alpen, die landschaftlichen Besonderheiten des kargen Hochtals und die Position im Grenzgebiet zwischen den Kulturen sollen ebenso thematisiert werden, wie die wichtigen Fragen der Gegenwart: Sorgfältiger Umgang mit begrenzten Ressourcen wie Boden, Wasser, Luft, aber auch Raum und Energie.

              Wichtigster Anknüpfungspunkt bildet für den Investor das Dorf Andermatt selber. In diesem Dorf, an dem die Entwicklung der letzten Jahrzehnte im Guten wie im Schlechten vorbeigegangen ist, findet sich kaum ein Gebäude, das durch besondere architektonische Qualitäten hervorsticht, aber der Ort hat als Ganzes eine besondere Ausstrahlung, die ihm Identität und durchaus auch einen, zur Zeit vielleicht etwas abgeschminkten Charme verleiht. Solcherlei Identität gründet nicht auf irgendwelchem Dekor und auch nicht auf visuellen Merkmalen, sondern auf ortsspezifischen Raumstrukturen, auf Bautypologien, auf eigenen generativen Prinzipien der Raumbildung und dem besonderen Umgang mit der Natur. In dieser Beziehung ist Andermatt trotz vieler Mängel auch heute noch ein starker Ort.

              Die Orascom Hotels & Development will Andermatt als Ganzes entwickeln und auch als Ganzes vermarkten. Obwohl mindestens für die Hotels bekannte Namen als Betreibergesellschaften resp. Partner auftauchen werden, strebt der Investor die ausschliessliche Promotion der Destination Andermatt als Ganzes an und nicht die einzelner Hotels oder anderer Investitionen. Davon profitiert der ganze Ort. Der Investor erwartet deshalb, dass sein Vorhaben auch im bestehenden Dorf Aktivitäten auslöst und Synergien hervorbringt.

              Der Investor will ungefähr 800 Hotelzimmer errichten, die in 4 bis 5 Hotels unterschiedlicher Ausrichtung und unterschiedlicher Grösse unterzubringen sind. Das ergibt ein Angebot von maximal 1500 Betten. Daneben werden etwa gleichviele Betten in privaten Wohnungen, Appartements und Villen, resp. Chalets entstehen. Das Resort wird im Endausbau ungefähr 3000 Betten umfassen.

              Der grössere Teil der privaten Betten soll als sogenannte "warme Betten" bewirtschaftet werden, d.h. die Käufer verpflichten sich, in ihrer Abwesenheit zur Vermietung ihrer Wohnungen durch die zentral betriebene Administration des Resorts.

              Neben der Beherbergung spielt der Golfplatz eine zentrale Rolle. Der Investor will einen 18-Loch Golfplatz erstellen, auf dem internationale Turniere gespielt werden können. Der Golfplatz soll der schönste in den Alpen werden und eine unverwechselbare Identität erhalten, die mit den Besonderheiten der Landschaft, der Natur, der Höhenlage und den klimatischen Verhältnissen, aber auch mit der Berglandwirtschaft in Einklang steht. Zum Golfplatz gehören ein exzellentes Clubhaus, eine Driving-Range und die entsprechenden Wirtschaftsgebäude. Der Golfplatz bildet zugleich das Naherholungsgebiet für Spaziergänger. Er ist für jedermann zugänglich. Er ist so zu konzipieren, dass dieser Raum auch künftig weitgehend als Hochwasserrückhalteraum funktioniert.

              Als weiteren Schwerpunkt will der Investor ein Sport- und Freizeitzentrum bauen. Er umfasst als Hauptattraktionen eine Eissporthalle und ein Hallenbad. Letzteres soll einen besonderen Akzent im Gebirgskurort setzen und die alpine Wasserwelt thematisieren. Vergnügliches Baden mit allen denkbaren Wasserattraktionen soll ebenso ermöglicht werden, wie Schwimmsport. Im Sport- und Freizeitzentrum sind aber auch noch weitere Nutzungen vorzusehen. Dazu gehören alle möglichen Indoor-Sportarten wie Squash, Kletterwand, Fitnessräume etc. aber auch Vergnügungsmöglichkeiten wie Billard, Darts, Bowling usw. Neben diesem (z. Zt. noch offenen) Programm soll das Zentrum Platz bieten für Verkaufslokale, Boutiquen und Studios, die durch Dritte betrieben werden. Das Sport- und Freizeitzentrum steht allen Besuchern, also auch externen Gästen offen. Weitere Nutzungen und Angebote sind denkbar wie etwa Sportausbildung, Konzerte, Gesundheits – und Rehabilitationsangebote etc.

              Im Kern der Anlage befindet sich der Bahnhof der Matterhorn- Gotthard-Bahn. Neben St. Moritz und Zermatt ist Andermatt schon heute der drittwichtigste Bahnhof dieser alpenquerenden Tourismusbahn. Im Zusammmenhang mit der kurzen Verbindung zu den beiden Flughäfen Mailand und Zürich wird er an Bedeutung gewinnen. Der Bahnhof soll deshalb zusammen mit dem Bahnhofplatz und dem nun zusätzlich in die Bahnhofzone integrierten Gelände völlig neu konzipiert werden. Hier sollen weitere Beherbergungsangebote, Dienstleistungen und Verkaufslokale entstehen. Zusammen mit den neu zu schaffenden Nahverkehrs-Transportanlagen wird der Bahnhof zum Brennpunkt und zur Drehscheibe zwischen dem Neubaugebiet und dem bestehenden Dorf.

              Der Investor möchte sein Resort als weitgehend autofreien Kurort bauen. Der motorisierte Individualverkehr soll möglichst nahe bei der Zufahrt zum Urserental angefangen und in eine grosse unterirdische Parkierungsanlage geleitet werden.
              Die Anpassung des kantonalen Richtplans wurde am 31. Januar 2007 durch den Schweizerischen Bundesrat genehmigt.

              Am 30. März 2007 hat der Souverän an der ausserordentlichen Offenen Dorfgemeinde den Teilzonenplan Tourismusresort sowie die Ergänzung der Bau- und Zonenordnung mit einem Mehr von 96 % angenommen.

              Die Dorfgemeindeversammlung von Andermatt hat am 10. Mai 2007 die Kapitalgewinnsteuer für juristische Personen von 2,4 auf 0,01 Promille gesenkt. Das ist der tiefste Steuersatz der Schweiz und bedeutet auch ein Signal an den Investor Samih Sawiris. Der Entscheid sei zwar nicht einstimmig, aber mit grosser Mehrheit gefallen, so die Gemeindekanzlei Andermatt. Möglich wurde der Entscheid dank dem neuen Urner Steuergesetz. Es gibt den Gemeinden die Kompetenz, den Steuersatz für juristische Personen selbst festzulegen. Davon wollen in nächster Zeit offenbar auch andere Urner Gemeinden Gebrauch machen.

              33 zum Teil renommierte Architekturteams aus dem In- und Ausland sind für Projektstudien ausgewählt worden. 84 Teams aus sieben Ländern hatten ihre Dossiers eingereicht. Die Namen der Ausgewählten wurden am 11. Mai 2007 in Andermatt bekannt gegeben.

              Zwölf Teams bearbeiten die Resort- und Hotelbauten, dreizehn das Villenquartier, sechs die Sportanlagen und zwei den Golfplatz. In einer späteren Stufe werden dann die Aufträge an die für die definitive Gestaltung ausgewählten Architekten vergeben. Samih Sawiris will bereits 2008 mit den Bauarbeiten beginnen. Unter den jetzt für die Studienaufträge bestimmten Architekturbüros befinden sich international renommierte Namen, etwa Jean Nouvel (Paris), Bauart Architekten (Bern), Burkhalter und Sumi (Zürich), group8 (Genf), Rüssli und Steven Holl (Luzern), Matteo Thun und Partner (Mailand) sowie Theo Hotz (Zürich).

              "Andermatt wird Weltklasse": Interview mit Samih Sawiris [NZZ, 6. Mai 2007]

              Ein Bergdorf erfindet sich neu [NZZ, 13. Mai 2007]
              Zuletzt geändert von geröllheimer; 14.05.2007, 11:43.

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              • #22
                AW: Alpine Umwelten

                Der britische Observer stellt 10 gelungene Beispiele alpiner Architektur in Text und Bild vor:

                hittisau.jpg
                Frauenmuseum Hittisau

                High style in the Alps [The Observer, May 13 2007]

                Heidi wouldn't recognise the place - today even Alpine supermarkets are at the cutting edge of design, writes Tom Robbins.

                For while many people still associate alpine design with cosy wooden chalets, cuckoo clocks and red and white check curtains, those in the design world know that the alpine nations are at the very cutting edge of modern architecture. 'Having scoured the globe,' wrote the design magazine Wallpaper as early as autumn 2000, 'we are unanimous in our decision to name Vorarlberg as the most progressive part of the planet when it comes to new architecture.' The Vorarlberg, in case this hotbed of style has still escaped your notice, is a sparsely-populated mountainous region in the far west of Austria.

                Since then, the reputation of the alpine architects has grown still further and countless audacious buildings have recently opened. Some are glamorous hotels and spas, but such is the demand for high style that others are small village chapels or even supermarkets. Here's our pick of the best.
                Diaschau

                tschuggen.jpg
                Bergoase Tschuggen

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                • #23
                  AW: Alpine Umwelten

                  Zitat von geröllheimer


                  Tourismusresort Andermatt



                  Diese interessante und historische - weil (weit) über 30 Jahre alte - Flugaufnahme auf den Gamastock
                  hat mich schon immer beeindruckt,
                  sieht man hier so gut wie selten

                  die wichtiges Funktion eines Bannwaldes :

                  andermatt fff.jpg

                  Aus : "Ski Heil" ( 19. Auflage ) von Walter Pause



                  TOUREN PLANEN - TOUREN (ERFOLGREICH) DURCHFÜHREN - TOUREN DOKUMENTIEREN

                  Das ist auch eine Art "Heilige Dreifaltigkeit" !

                  Kommentar


                  • #24
                    AW: Alpine Umwelten

                    Der wahre Kreuzungsbahnhof steht jedoch in Tokio: Ein reicher Japaner ließ in der Stadtmitte eine schiefgestellte Tiefkühltruhe errichten, die einen vereisten Hügel mit mehreren Skiliften enthält, an der Hinterseite befindet sich ein Palmenstrand.


                    Porta Alpina

                    Basistunnel sind die Metro des Metropolensystems. Flach, auf etwa 500 Meter über Meer im Gotthard-Basistunnel, verkörpern sie die Herrschaft der Ebene über das Berggebiet. Wie der Begriff Alpine Brache, ebnen sie den Potenzialraum Alpen zur terra incognita ein, zum Land, das zu kennen sich nicht lohnt.

                    Kann man die Metro des Metropolensystems zu einer Metro des Alpenraums umfunktionieren? So fragt das subversive Projekt Porta Alpina, das 2001 von zwei Studienabsolventen, dem Architekten Arthur Loretz und dem Informatiker Marc Cathomen, als Graswurzelbewegung auf den Weg gebracht wurde.

                    Und obwohl gerade wieder die Skeptiker die Medienschraube andrehen, hatten die Befürworter bislang bei allen relevanten Abstimmungen die Nase vorn.

                    Um es vorwegzunehmen: Die Porta Alpina ist ein Bahnhof, der die Verzweigungsstelle der Gotthardtunnelröhren im Untergrund in 70 Sekunden durch einen 800-Meter-Lift mit der alpinen Höhenlage des graubündischen Sedrun verbindet.

                    In den Worten der Initianten: "Die Porta Alpina vernetzt den Alpenraum mit den globalisierten, dynamischen Zentren am Alpenrand. Sie ist also ein Projekt der Öffnung – nicht nur verkehrsplanerisch, sondern auch wirtschaftlich, kulturell und ideell."


                    Nach seiner für 2017 vorgesehenen Fertigstellung verbindet der 57km lange Gotthard-Basistunnel Erstfeld im Urner Talboden mit Bodio bei Biasca im Kanton Tessin. Hochgeschwindigkeitszüge bis 250 km/h und Güterzüge bis 4000 Tonnen Gesamtgewicht sollen die fast plane Strecke befahren. Zusammen mit dem Instrument Alpentransitbörse verspricht man sich so eine nachhaltige Verschiebung des Gütertransits auf die Schiene.

                    Man entschied sich für zwei einspurige Tunnelröhren mit etwa 180 Querstollen. An zwei von aussen zugänglichen und klimatisierten Multifunktionsstellen (Sedrun und Faido) sind Spurwechsel sowie Nothalte auf separaten Gleisabschnitten möglich, auch technische Räume für den Bahnbetrieb und Lüftung sind angegliedert.

                    Die Multifunktionsstelle (MFS) Faido ist durch einen 2,7 km langen Querstollen mit einem Gefälle von 13 % mit der Aussenwelt verbunden. Für die MFS Sedrun war ein höherer Aufwand nötig: zuerst wurden ein knapp einen Kilometer langer Zugangsstollen und ein 450 m langer Entlüftungsstollen waagrecht in den Berg getrieben. Von dieser Stelle führen zwei Schächte 800 m tief auf das Niveau des Eisenbahntunnels, die von der südafrikanischen Spezialfirma Shaft Sinkers gebohrt wurden. Erst von dort unten begannen die eigentlichen Bauarbeiten am Basistunnel. Durch diese Aufteilung soll eine Halbierung der Bauzeit ermöglicht werden.
                    sedrun.jpg
                    Baustelle Sedrun

                    Dieser bereits vorhandenen Infrastruktur versetzt das Projekt Porta Alpina einen eleganten Twist: Man muss bloss die Infrastruktur zum Bahnhof ausbauen und hat einen genialen Alpenbahnhof mit weltweiter Anziehungskraft. Für SFr 50 Millionen ist er zu haben, bei geschätzten Kosten der Schweizer Basistunnel von SFr 24 Milliarden.

                    Als Loretz und Cathomen diese Idee aufbrachten, mussten sie buchstäblich damit hausieren. Den Elan und ein wichtiges Argument bezogen sie vom Erfolg der von Peter Zumthor gebauten Therme Vals.


                    Während andere Tourismusregionen wie etwa Disentis-Sedrun in den letzten 10 Jahren einen dramatischen Rückgang an Übernachtungen in der Grössenordnung von 30% verzeichnen musste, konnte Vals die Übernachtungszahlen um 25% steigern – und dies aufgrund der Initialzündung Thermalbad Vals.

                    Der Erfolg des Thermalbads Vals in einer Region, die von allgemeiner Stagnation geprägt ist – war für uns Initianten der Visiun Porta Alpina Motivation, unser eigenes Projekt zu lancieren.

                    Unser Projekt stand zunächst unter dem Motto "Porta Alpina - ina visiun per la Surselva" – später wurde das Motto umgewandelt in "Porta Alpina – das Tor zur Alpenwelt". Das erste Motto entspricht einer Innensicht der Dinge, das zweite einer Aussensicht.
                    Arthur Loretz, Visiun Porta Alpina: Von der Illusion zum vielversprechenden Zukunftsprojekt [Tagung Rüschlikon, 6. September 2006, pdf]

                    Eine zweite Anregung kam aus dem Jahr 1947, als der Urheber der Basistunnelidee, Eduard Gruner, schrieb:

                    Sanft fiel der Zug in die Bremsen und hielt in der von Menschen wimmelnden Halle der Tunnelstation Sedrun. Von hier konnte das mondäne Sportzentrum in sieben Minuten im bequemen Lift durch einen 830 Meter hohen Schacht erreicht werden. Dadurch waren die Skifelder am Vorderrhein in Stundennähe von Basel, Zürich und Mailand gerückt.
                    porta2.jpg
                    Grundriss Porta Alpina

                    Mit der Porta Alpina erhalten die Metropolen einen Wohn- und Naherholungsstandort inmitten der Alpen und einen Verkehrsknotenpunkt zur Lenkung der Touristenströme via Rhätischer Bahn bis nach Zermatt und St. Moritz.

                    Loretz erinnert sich:

                    Seit den frühen 90er Jahren war allgemein bekannt, dass tief unter Sedrun im oberen Teil der Surselva eine Grossbaustelle der Neat entstehen sollte – der sogenannte Zwischenangriff Sedrun. Später sollte dieser in einen rein technischen Bahnhof, die sog. Multifunktionsstelle Sedrun, umgewandelt werden. Die Idee lag eigentlich auf der Hand, dass man da, wo man Millionen Tonnen Gestein über einen Lift an die Erdoberfläche transportiert hatte, auch Menschen transportieren könnte.

                    Diese Hypothese habe ich noch als Student Ende der 90er Jahre in einer Diplomwahlfacharbeit an der ETH Zürich genauer untersucht und bin zum Schluss gekommen, dass dies machbar sein sollte, und dass ein solcher Tunnelbahnhof zu einer enormen Reisezeitverkürzung von der Randregion Surselva in die urbanen Agglomerationsräume nördlich und südlich der Alpen führen würde, und dass diese Anbindung insbesonders für den Kurzzeittourismus und für den Pendlerverkehr positive Effekte bringen müsste!

                    Ferner würde die grösste Liftanlage in der tiefsten Tunnelstation im längsten Tunnel der Welteine fast schon James-Bond-artige Attraktion sein!
                    2001 beginnt die Graswurzelbewegung. Die alte Homepage Portal Alpin Sedrun ist noch online.

                    Mit verschiedenen Aktionen haben wir versucht, die Bevölkerung, aber auch Politik, Wirtschaft und Medien über die Porta Alpina zu informieren und die Diskussion darüber zu fördern. Im Jahr 2001 begannen wir, d.h. Marc Cathomen und ich, referierend durch die Beizen der Surselva zu ziehen. Vor 15, manchmal auch nur fünf Zuhörern erläuterten wir die Vision der Porta Alpina – eine Vision, die der alpinen Randregion Surselva den direkten Anschluss an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn bringen würde. Von der lokalen und regionalen Politik wurde das Thema Porta Alpina zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht ernst genommen!

                    Ende 2002 haben wir zusammen mit der jungen CVP eine Petition zugunsten der Porta Alpina gestartet. Im Vorfeld dieser Petition haben wir eine 12-seitige, schön bebilderte Broschüre inkl. Argumentarium für die Porta Alpina an alle Haushalte der Region verschickt. Innerhalb von weniger als 3 Monaten hatten wir über 5'000 Unterschriften gesammelt (das entspricht etwa 1/4 der Wohnbevölkerung der Region), die wir dann in Begleitung von vielen Kindern, Politikern und Vertretern der Medien nach Bern ins Bundeshaus gebracht haben. Noch am gleichen Tag haben wir Kopien dieser Unterschriften auch noch bei der Kantonsregierung in Chur platziert.

                    Von da an nahm man die Visiun Porta Alpina ernster! Im Herbst 2003 wurde schliesslich eine vom Kanton Graubünden in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verkehr in Auftrag gegebene 3-teilige Studie veröffentlicht. Diese kam zum Schluss, dass die Porta Alpina baulich und betrieblich machbar sei, und dass sie sehr grosse regionalwirtschaftliche Potenziale bringen würde. Damit war – zumindest auf regionaler und kantonaler Ebene – der Durchbruch zugunsten der Porta Alpina geschafft!
                    Porta Alpina: Die wichtigsten Resultate der von Bund und Kanton in Auftrag gegebenen dreiteiligen Machbarkeitsstudie (pdf)

                    Um die Resultate der Studie auch in Bern bekannt zu machen, reiste im Frühling 2003 wieder eine Delegation von Porta Alpina Vertretern nach Bundesbern. Diesmal fand die Lobbyingaktion nicht mehr vor dem Bundeshaus statt, sondern drinnen in der ehrwürdigen Gallerie des Alpes statt. Nebst verschiedenen Reden wurde auf einer grossen Leinwand nonstop der Promotionsfilm des Vereins Visiun Porta Alpina gezeigt. Wir traten mit einer ersten Version von Porta Alpina TShirts auf. Ausschnitte des erwähnten Films, den wir mit einem wirklichen Low-Budget von nur 4'000.- Fr. realisiert haben, wurde im Verlauf der letzten paar Jahre x-fach am Fernsehen (im In- und Ausland) gezeigt. So konnte bereits zu einem Zeitpunkt, als noch kein konkretes Bauprojekt existierte, mit einem virtuellen Film Reklame für das Projekt gemacht werden.
                    Hier gehts zum Film und zu einem Bericht des Schweizer Fernsehens.

                    In der Zwischenzeit war der Verein vom Romanischen Fernsehen mit einem Innovationspreis ausgezeichnet worden. Das Wort "Porta Alpina" wurde zum romanischen Wort des Jahres erkoren. Doch entscheidender war: Im Jahr 2005 sollte in Bundesbern definitiv über die Realisierung der Porta Alpina entschieden werden! Der Verein Visiun Porta Alpina organisierte und finanzierte professionelle Lobbyisten, die gezielt die einzelnen Bundesräte für das Projekt gewinnen sollten.
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                    Querschnitt Bahnhof

                    Im Sommer 2005 entschied sich der Gesamtbundesrat dann grundsätzlich zugunsten der Porta Alpina, verlangte allerdings vom Kanton Graubünden die Einbindung der Nachbarkantone in das Projekt. Diese Einbindung wurde im Herbst als Absichtserklärung dem Bundesrat nachgeliefert - das sog. Raumkonzept Gotthard war geboren!
                    Das Raumkonzept Gotthard kann hier nachgelesen werden. Es wurde inzwischen durch den Text San Gottardo: Das Herz der Alpen im Zentrum Europas abgelöst. Darauf kommen wir zum Abschluss der Artikelserie Alpenstrategien zurück.

                    Im Rahmen der Budgetdebatte während der Wintersession 2005, sollte das Parlament über einen Bundesbeitrag von 7.5 Mio. Fr. debattieren. Im Vorfeld der Debatte formierte sich in den Finanzkommissionen Widerstand gegen die Porta Alpina. Sowohl die ständerätliche, wie auch die nationalrätliche Finanzkommission entschieden sich deutlich gegen das Projekt.

                    Am Tag der Entscheidung, an einem nassgrauen November-Montagmorgen, organisierte der Verein eine Delegation von etwa 80 Aktivisten, die National- und Ständeräte vor der Debatte beim Bundeshauseingang in Empfang nehmen sollte. Gekleidet im Porta-Alpina T-Shirt, bewaffnet mit Transparenten, Flyern und der extra produzierten Porta-Alpina-Schoggi wurden die Parlamentarier möglichst sympathisch in Empfang genommen. Sie sollten psychologisch, aber auch physisch spüren, dass die Porta Alpina für das Bündnerland eine Existenz- und Herzensangelegenheit ist. Die Aktion dauerte von 7.00 bis 8.30. Danach haben wir die Debatte im Ständerat auf der Tribüne mitverfolgt.
                    porta4.jpg
                    Querschnitt Sedrun

                    In der Budgetdebatte wurden Milliardenbeträge im Minutentakt verabschiedet – bis das Traktandum Porta Alpina zur Sprache kam. Obwohl es sich hier um einen vergleichsweise extrem bescheidenen 7.5 Millionenbeitrag handelte – wurde hier fast 2 Stunden über sehr Grundsätzliches debattiert, es ging um den Zukunftsglauben und die Zukunftschancen, es ging um die staatspolitische Kohäsion und um die Elektrisierung, welche die Porta Alpina nicht nur bei den direkt Betroffenen, sondern gerade auch im Ausland ausgelöst hatte.

                    Der Ständerat entschied sich schliesslich in einem Stimmenverhältnis von fast 2/3 zu 1/3 für die Vorinvestitionen zugunsten der Porta Alpina. Einen analogen Entscheid traf der Nationalrat eine Woche später.

                    Anfangs Dezember 2005, also einige Tage nach dem Nationalratsentscheid, wurde im Grossen Rat in Chur über den Beitrag des Kantons in der Höhe von 20 Mio. Fr. entschieden. Wieder hatten wir an alle Parlamentarier Flyer, Kleber und Schoggi verteilt und waren mit einer Delegation vor Ort. Die Debatte verlief ohne jeglichen Widerspruch, die Porta Alpina wurde allenthalben in den höchsten Tönen gepriesen. So wurde der Kredit ohne Gegenstimme überwiesen.

                    Noch am selben Tag wurde das politische Abstimmungskomitee gegründet, denn bereits 2 Monate später – am 12. Februar 2006 sollte das Bündner Stimmvolk über das Projekt abstimmen. Die Abstimmung wurde dann mit 72% Ja-Stimmenanteil deutlich gewonnen.
                    Porta Alpina: Ein technisch-zivilisatorischer kalter Vulkan, der Menschen in 70 Sekunden in eine andere Umlaufbahn bringt. Eine Ausstiegshilfe aus der Alpinen Brache. Die Schlagader im Herz der Alpen. Wer hätte sie mehr verdient als der letzte Passstaat des Alpenbogens.

                    __________________

                    Weiterführende Literatur:

                    Porta Alpina: Botschaft, Berichte und Unterlagen

                    Historische Erinnerung via Corinne Buchser, Der Kampf am Berg [WOZ, 10. Mai 2007]

                    "Der über hundertjährige Hammetschwand-Lift, lange der schnellste Aufzug der Welt, ist eine tollkühne Pionierleistung der Belle Époque. Der Lift startet auf einem dem Fels abgerungenen Weg über dem Vierwaldstättersee und saust dann 153 Meter die schroffe Felswand hinauf zur Hammetschwand, dem höchsten Gipfel des Bürgenstocks."

                    Urs Willmann, Höllenpforte zum Himmel [DIE ZEIT, 10. März 2005]

                    "Der Informatiker Cathomen denkt noch konkreter über künftige Nachbarn nach: Wissenschaftler mit ihren Familien. Schließlich hat die Bauherrin Alptransit AG zwei Schächte in den Untergrund getrieben. Würde nur einer zum Liftfahren verwendet, stünde der zweite daneben leer. Hier könnte am freien Fall herumgeforscht werden: "Nirgends auf der Welt gibt es ein solches Bauwerk." Den Architekten Loretz beschäftigt als Raumexperte ein weiterer tiefsinniger Gedanke, jener vom Werden eines Lochs im Berg: "Das wirklich Besondere an der Porta Alpina ist ihre Lage: Das hier ist ein Un-Ort – ein Ort, den es eigentlich gar nicht gibt.""

                    Graubünden ist kein Reservat: Interview mit Claudio Lardi [Der Bund, 7. Oktober 2006, pdf]

                    "Güterzüge fahren langsamer, sie brauchen acht Minuten mehr, um den Tunnel zu durchfahren. In diesen acht Minuten kann ein Zug mit Passagieren, der kurz vorher abgefahren ist, die Leute bei der Porta Alpina gut ein- und aussteigen lassen."

                    Die Porta Alpina allein würde es nicht richten [NZZ, 2. Mai 2007]

                    "Das Projekt Porta Alpina erfährt jüngst viel Kritik. Die Initianten und die Bündner Kantonsregierung hält dies nicht davon ab, den vertikalen Zugang zur Neat als Zukunftschance zu preisen. Die Diskussion führt dazu, dass das Projekt mit mehr Realitätssinn angegangen wird."

                    Skepsis gegenüber der Porta Alpina [NZZ, 12. Mai 2007]

                    "Die Neat-Aufsichtsdelegation bleibt skeptisch gegenüber der Porta Alpina. Sie will das Projekt nur unterstützen, wenn der Betrieb des Gotthard-Basistunnels nicht beeinträchtigt wird."


                    Wenn nämlich, so die Lehrmeinung, die Rhätische Bahn nicht nur bis St. Moritz, sondern bis nach Maloja und also bis ins oberste Oberengadin gezogen worden wäre, hätte eine Stadt im größten Dämmerungshafen der Welt entstehen können, das New York der Alpen, zwischen den Kristallinfirnen, die sich zum Ende des Silser Sees hin neigen, um der Sonne im Winter ihren schönsten Untergang zu gewähren, sie zaubert das vielbedichtete Purpurrot, das beidseits die stark vereisten Hänge entlangflittert. Berghohe Turmhotels und Gastschlösser waren geplant, auf der Eisfläche der größte Flughafen im Alpenraum, bekufte Flugapparate winters, im Sommer großbauchige Wasserflugzeuge, denen die Berühmtheiten Hollywoods entsteigen sollten. Die Wolkenkratzer hätten sich im See gespiegelt, wären so verdoppelt worden, rund um den See hätte sich ein Kranz von Schloßhotels gelegt, die Stadt St. Moritz wäre in Maloja vervielfacht worden. Nur ein einziges Grandhotel ist von einem belgischen Bahnbauenden in Erwartung des Bahnanschlusses am See gebaut worden, dort verkehrte die oberste Schicht, wartete jahrzehntelang vergeblich auf größere Welt.

                    Die an den rechten Rand gerückten Texte stammen aus Peter Webers Bahnhofsprosa.
                    Zuletzt geändert von geröllheimer; 15.05.2007, 17:19.

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                    • #25
                      AW: Alpine Umwelten

                      Medienmitteilung [Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK, 16. Mai 2007]

                      Weitere Abklärungen für die Porta Alpina

                      Bern, 16.05.2007. Der Bundesrat wird zu einem späteren Zeitpunkt über die Hauptinvestition für den Bau der Porta Alpina entscheiden. Er hat das UVEK damit beauftragt, bis zum Jahr 2012 die noch offenen betrieblichen Fragen zu klären und danach einen entsprechenden Antrag zu stellen. Falls der Bundesrat die Hauptinvestition dann bewilligt, kann die Porta Alpina etwa 3 Jahre nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels in Betrieb genommen werden.

                      Der Bundesrat hat am 19. Oktober 2005 die Mitfinanzierung der Vorinvestition für die Porta Alpina durch den Bund in der Höhe von 7,5 Millionen Franken beschlossen. Der Kanton Graubünden, die Region Surselva und die Gemeinde Tujetsch übernehmen zusammen 9,8 Millionen Franken.

                      Über die finanzielle Beteiligung an der Hauptinvestition wollte der Bundesrat entscheiden, wenn der Bericht zum Raumkonzept Gotthard vorliegt. Der Bericht liegt inzwischen vor und wurde den Medien bereits vorgestellt.

                      Der Bundesrat hat nun eine Aussprache über die Porta Alpina geführt. Er kam dabei zum Schluss, dass noch Fragen offen sind, insbesondere in Bezug auf Kosten und Betrieb. Weil diese erst geklärt werden können, wenn zusätzliche Informationen über den künftigen Betrieb des Gotthard-Basistunnels vorliegen, braucht es für deren fundierte Klärung mehr Zeit. Das UVEK wurde beauftragt, diese Fragen bis zum Jahr 2012 zu beantworten und dann dem Bundesrat Antrag über die Hauptinvestition zu stellen. Stimmt der Bundesrat dem Projekt zu, so könnte die Porta Alpina etwa drei Jahre nach der Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels betriebsbereit sein.

                      Nutzen der Porta Alpina

                      Die Porta Alpina verbessert die Erreichbarkeit der oberen Surselva auf der Schiene beträchtlich, insbesondere aus Zürich/Luzern und Bellinzona/Milano. Es resultiert ganzjährig ein Reisezeitvorteil der Bahn gegenüber dem Auto.

                      Der Bundesrat anerkennt, dass das Projekt den Kooperationsprozess unter den regionalen Akteuren und den beteiligten Kantonen unterstützt. Graubünden, Tessin, Uri und Wallis streben mit dem Projekt PREGO eine nachhaltige Raumentwicklung und Stärkung der regionalen Wirtschaft an.
                      Bericht [Basler Zeitung, 17. Mai 2007]

                      Bundesrat zögert Entscheid zur Porta Alpina hinaus

                      Bern. AP/baz. Der Bundesrat will erst nach weiteren Abklärungen über die Porta Alpina entscheiden. Bis spätestens 2012 sollen noch offene betriebliche Fragen geklärt werden. Die Bündner Regierung rechnet durch die Verzögerung mit höheren Kosten für das Projekt.

                      Es seien an der Sitzung die zwei Varianten "abklären oder abklemmen" zur Diskussion gestanden, sagte Verkehrsminister Moritz Leuenberger am Mittwoch vor den Medien. Der Bundesrat habe sich für weitere Abklärungen ausgesprochen und wolle damit zu einem späteren Zeitpunkt über die Hauptinvestition entscheiden. Offen seien noch Fragen über die Kosten und den Betrieb. Weil diese erst geklärt werden könnten, wenn zusätzliche Informationen über den künftigen Betrieb des Gotthard-Basistunnels vorlägen, brauche es für deren fundierte Klärung mehr Zeit. Die Fragen sollen spätestens bis zum Jahr 2012 beantwortet werden.

                      Graubünden befürchtet höhere Kosten

                      Im Oktober 2005 hatte der Bundesrat eine Mitfinanzierung der Vorinvestition durch den Bund in der Höhe von 7,5 Millionen Franken beschlossen. Der Kanton Graubünden, die Region Surselva und die Gemeinde Tujetsch übernahmen zusammen 9,8 Millionen Franken. Stimmt der Bundesrat dem Projekt zu, so könnte die Porta Alpina etwa drei Jahre nach der Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels betriebsbereit sein, wie das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation schreibt.

                      Die Bündner Regierung rechnet nach dem Bundesratsentscheid mit höheren Kosten für die Porta Alpina. Der Kanton Graubünden, die Region und die Gemeinden müssten bis zum definitiven Entscheid des Bundesrats das Projekt alleine weiter vorantreiben und finanzieren, teilte die Staatskanzlei Graubünden mit. Die Verschiebung des Vorhabens werde den Bau der Porta Alpina verteuern. Deshalb werde der Kostenvoranschlag von 50 Millionen Franken voraussichtlich nicht mehr eingehalten werden können. Die Chancen der Porta Alpina blieben aber grundsätzlich gewahrt, hielt die Staatskanzlei Graubünden fest.
                      Zuletzt geändert von geröllheimer; 17.05.2007, 13:20.

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                      • #26
                        AW: Alpine Umwelten

                        San Gottardo

                        "San Gottardo" ist das gemeinsame Raumkonzept der Kantone Uri, Graubünden, Tessin und Wallis und die verbindende Dachmarke für Raumentwicklung und Tourismus des Gotthardgebiets.

                        Mit San Gottardo wollen die im "Projekt Raum- und Regionalentwicklung Gotthard PREGO" vereinten Akteure den Gotthard-Raum als "Herz der Alpen im Zentrum Europas" etablieren.

                        "San Gottardo ist das Herz der Alpen im Zentrum Europas: Erst die Kombination von Einzigartigkeiten ist einzigartig: Wasser und Energie sind der Ausgangspunkt des Lebens. Vier Kulturen und Sprachen berühren und pulsierende Verkehrswege aus allen Himmelsrichtungen kreuzen sich. Selbst unterschiedliche Wetter und Klimaverhältnisse treffen aufeinander. San Gottardo ist aber auch Emotion; ist Natur, Heimat und Geschichte."

                        Drei Leuchttürme des Raumkonzepts haben wir bereits kennen gelernt: ein Infrastrukturprojekt (Porta Alpina), ein Dorfentwicklungsprojekt (Tourismusprojekt Andermatt) und ein Weltkulturerbeprojekt (Gotthard-Bergstrecke).

                        Das Raumkonzept (pdf) war vom Bundesrat als Vorleistung für eine eventuelle Mitfinanzierung der Porta Alpina erbeten worden. Es wurde am 31. Januar 2007 verabschiedet.

                        Hintergrund ist die Neuorientierung der Schweizer Raumordnungspolitik. Ab 2008 werden schweizweit Mittel für Raumentwicklungsinvestitionen vergeben. Strukturarme Regionen können nicht mehr mit automatischen Finanzzuweisungen rechnen.


                        Das Gotthardgebiet umfasst einen Grossteil der Alpinen Brache der Schweiz. Es ist das mythische Kernland des letzten alpinen Passstaats. In den vier Kantonen Uri, Graubünden, Tessin und Wallis berühren und überlagern sich die vier Landessprachen.

                        Der Gotthard-Raum übernimmt zahlreiche Funktionen für Dritte:
                        • Verkehrsinfrastruktur: Die Sicherstellung der Transitinfrastrukturen von Norden nach Süden sowie der Infrastrukturen für den Verkehr zwischen Ost und West im zentralen Alpenraum ist von nationaler und europäischer Bedeutung.

                        • Erholung: Er ist Ausgleichsraum für nahe und entferntere Ballungsräume. Die Standortnachteile der Metropolitanregionen sind die Standortvorteile des Gotthard-Raums. Die Nachfrage nach Erholungsräumen wird ansteigen, und der Gotthard-Raum kann ihr gerecht werden.

                        • Qualitätsbild der Schweiz: Eine besiedelte, genutzte und gepflegte Berglandschaft ist ein Markenzeichen der Schweiz.

                        • Mythos und Geschichte--Mentale Sicherheit: Der Gotthard-Raum ist Fokus vieler individueller Geschichten und der kollektiven Identität der Schweiz.


                        • Wasser & Energie--Reale Sicherheit: Die Nutzung und gleichzeitige Sicherung von Lebensressourcen wie Natur, Wasser(–schloss) und Energie (Stromdurchleitungen) ist von nationaler und europäischer Bedeutung. Der Gotthard-Raum sichert damit Lebensressourcen und Zukunfts-Know-how für rund 50 Mio. Bewohner.

                        • Ressourcen für Agglomerationen: Die vier Agglomerationsräume Brig-Visp, Churer Rheintal, Altdorf/Urner Reussebene und Bellinzona-Biasca sind auf einen intakten Gotthard-Raum angewiesen, um wirtschaftlich wachsen und ihre Zentrenfunktion wahrnehmen zu können. Er stellt für sie den Wohn-, Reproduktions- und Expansionsraum sicher.

                        • Dezentrale Besiedlung dank Arbeitsplätzen: Ein funktionierender Gotthard-Raum erhält die Lebensqualität und wirtschaftliche Attraktivität der Metropolitanräume und nahe liegender Regionalzentren. Er mindert mit anderen Worten die Überbelastung der städtischen Zentren mit Verkehrs-, Umwelt- und Sozialproblemen.


                        Trotz seiner hohen internationalen Bekanntheit wird der Gotthard nicht als Marke wahrgenommen. 60 Tourismusorganisationen konkurrieren, anstatt in einer Dachorganisation zusammenzuarbeiten.

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                        Beschäftigungsentwicklung 1991-2005

                        Ein Bevölkerungswachstum gab es nur in Nähe der wirtschaftlichen Zentren am Rande des Gotthardgebiets. In Passnähe und in den Seitentälern überwiegen die Verluste. Von 1991 bis 2005 ging die Beschäftigung um 17% zurück.

                        Ohne Trendwende "ergeben sich für die eher touristische Achse Disentis/Sedrun- Andermatt-Bedretto/Airolo/Quinto sowie die im Einflussbereich naher Zentren liegenden Gemeinden (Brig, unteres Reusstal, Ilanz-Flims/Laax, Bellinzona)" "günstige Perspektiven". "Die kritischen und eher kritischen Gemeinden bilden hingegen einen fast geschlossenen Gürtel rund um den Gotthardpass."


                        Die Vision San Gottardo 2020 soll in einem Masterplan zur Umsetzung vorbereitet werden:

                        "Der zu erstellende Masterplan bildet ein strategisches Arbeitsinstrument. Dieses stellt die wesentlichen Entwicklungslinien, Themen und Schlüsselprojekte räumlich dar und verdeutlicht damit räumliche Konflikte, Synergien und Handlungsbedarf. Damit bildet der Masterplan auch ein wichtiges Kommunikationsinstrument für die verschiedenen Akteure im Raum. Er schafft damit wichtige Grundlagen für die Anpassung kantonaler und regionaler Richtpläne sowie die Nutzungsplanung der Gemeinden."

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                        Masterplan (bessere Sichtbarkeit im Raumkonzept S.16)

                        Als Zentrale Elemente des Masterplans werden benannt:
                        • der Gotthard-Raum als ein Kulturraum (hellgrüne Signatur über das gesamte Gebiet).
                        • Tourismusräume und räumlich dominante touristische Angebote zum Beispiel im Goms, Andermatt-Oberalp-Sedrun-Disentis oder um Airolo.
                        • Natur- und Parkräume mit Differenzierung des Schutzgedankens (zum Beispiel Kernzone von Nationalparks) und des Nutzgedankens (Umgebungszone Nationalparks, Landschaftsparks).
                        • Wirtschaftsräume: Talgrund für die Berglandwirtschaft, Wald- und Forstwirtschaft, Alpwirtschaft, Arbeitsplatzgebiete/Investitions-Sonderzonen, etc.
                        • Kompetenzzentren wie zum Beispiel Energie, Steine, Wasser oder Kultur.
                        • Siedlungsräume in ihren Funktionen (Versorgungszentren, touristische Zentren, schützenswerte Ortsbilder, Gewerbestandorte).
                        • Verkehrsnetze (MIV, ÖV, Pässe, übergeordnete Langsamverkehrsverbindungen).
                        • Projekte zur wirtschaftlichen Entwicklung.


                        Bei der Umsetzung kommt den Leuchtturmprojekten eine Initialfunktion zu:

                        Die Projekte Porta Alpina und Neuorientierung der Gotthard-Bergstrecke (beides Projekte der öffentlichen Hand) sowie das Tourismusresort Andermatt (privates Projekt) haben für die Realisierung der Vision eine doppelt bedeutsame Funktion. Ähnliches gilt auch für die Matterhorn Gotthard Bahn. Einerseits sind sie als Hauptattraktionspunkte Teil des Angebotsportfolios, andererseits haben sie eine wichtige Beschleunigungs- und Motivationsfunktion für andere Projekte bzw. für die Bevölkerung im gesamten Gotthard-Raum. Parallel zur Realisierung der Porta Alpina und des Tourismusprojekts in Andermatt ist die Bergstrecke als Zubringer für Touristen und Bevölkerung zu sichern und weiter zu entwickeln. Erst damit können die Synergien zwischen diesen Projekten ausgeschöpft und Wachstum geschaffen werden.
                        Folgende Ziele werden gesetzt:
                        • primär Mehrumsätze, zusätzliche Beschäftigung und Arbeitsplätze im Tourismus (Faktor 1.5 bis 2020).
                        • daraus auch Beschäftigung in vor- und nachgelagerten Bereichen (Versorgungsbetriebe, Transport, persönliche Dienstleistungen etc.) (Faktor 1.3 bis 2020).
                        • eine Ausstrahlungskraft, die auch für andere Wirtschaftsbereiche anziehend wirkt, beziehungsweise die auch andere Branchen für sich nutzen möchten und sich im Gotthard-Raum stärker positionieren beziehungsweise neu ansiedeln (Faktor 1.2 bis 2020).
                        • die Bevölkerungszahl kann ausgehend von der Beschäftigtenentwicklung über den ganzen Raum gehalten und in den Zentren sogar erhöht werden.


                        Interessanterweise wird der Sommertourismus favorisiert:

                        Strategisch steht der Ausbau eines nachhaltigen Tourismus mit hoher Qualität im Vordergrund. Vorab im Sommer sollen Angebote ausgebaut, gebündelt und Übernachtungszahlen und Frequenzen gesteigert werden. Im Winterhalbjahr wird in erster Linie eine Effizienz- und Effektivitätssteigerung der Leistungserstellung anvisiert.
                        Organisatorisch erarbeiten die Kantone eine vertragliche Grundlage der Zusammenarbeit. Die bisherigen Regionalverbände gehen im Regionalverbund San Gottardo auf. Die touristischen Leistungsträger bilden eine Destinationsmarketing-Gesellschaft. Der PREGO-Steuerungsausschuss fungiert als Koordinationsgremium.

                        "2007 sollte die organisatorische Basis beschlossen und umgesetzt sein, so dass die Strukturen ab 2008 einsatzbereit sind."
                        Zuletzt geändert von geröllheimer; 17.05.2007, 17:03.

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                        • #27
                          AW: Alpine Umwelten

                          Föhren im Wallis

                          Waldföhren und Flaumeichen sind Gegenstand von Bettina Dyttrichs Artikel Wüste Wallis? [WOZ, 17. Mai 2007].

                          Föhren, ausladend und knorrig, wachsen zwischen Dornsträuchern und struppigem Gras. Sie sehen nicht gut aus: Viele haben braune Nadeln, einige gar keine mehr. Andere serbeln vor sich hin, stark ausgelichtet und von Dutzenden von Misteln befallen.

                          Schon in den siebziger und achtziger Jahren sahen die Föhren zwischen Visp und Siders schlecht aus. Schuld waren die Aluminium- und Chemiewerke. Nach dem Einbau von Filtern erholten sich die Bäume schnell. Doch Anfang der neunziger Jahre verschlechterte sich der Zustand der Wälder wieder - nicht nur im Wallis, sondern auch im Vintschgau (Südtirol), bei Innsbruck oder im Aostatal: in sogenannten inneralpinen Trockentälern, die durch hohe Berge von Niederschlägen abgeschirmt sind. Auffällig ist, dass sich das Föhrensterben auf Tallagen unterhalb von 1200 Metern beschränkt.
                          Das Föhrensterben im Wallis ist Gegenstand eines Forschungsprojekts an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft.

                          Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) beschäftigt rund 500 Mitarbeitende in Birmensdorf, Davos, Lausanne und Bellinzona und verfügt über ein Budget von rund 65 Millionen Franken.

                          Am bekanntesten ist das Eidgenössische Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos.

                          Ziel der WSL sind Landschaften und Wälder mit hoher Lebensqualität sowie ein verantwortungsvoller Umgang mit Naturgefahren, wie sie in Gebirgsländern auftreten.
                          Es gibt 15 Forschungseinheiten: Landressourcen, Landnutzungsdynamik, Biodiversität und Naturschutz, Lebensgemeinschaften, Genetik, Walddynamik, Wald-Ökosystemprozesse, Ecosystem Boundaries, Dendro-Wissenschaften, Boden-Wissenschaften, Gebirgshydrologie, Schnee und Permafrost, Lawinen, Murgänge & Steinschlag, Warnung und Prävention, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.

                          Auf der Projektseite werden 302 Forschungsprojekte gelistet, 203 davon laufen noch. Eine Fundgrube. Leider sind im Moment viele Seiten wegen Datenbankproblemen nicht erreichbar.

                          Eines dieser Projekte heisst Auswirkungen extremer Trockenheit auf die Wachstums- und Überlebensstrategie von Waldföhre und Flaumeiche im Wallis. Es läuft von 2004 bis 2008. Geleitet wird es von Andreas Rigling. Auf dieses Projekt nimmt der Artikel von Bettina Dyttrich Bezug.

                          Im Walliser Rhonetal verändern sich die Waldföhrenwälder der unteren Höhenlagen. Während Waldföhren (Pinus sylvestris L.) eine hohe Mortalitätsrate zeigen, breiten sich Laubbäume, besonders die Flaumeiche (Quercus pubescens Willd.), zunehmend aus. Wir denken, dass Landnutzungsänderungen sowie der direkte und indirekte Einfluss der Klimaerwärmung Schlüsselfaktoren für diese Landschaftsveränderung sind. In dieser Studie untersuchen wir den Einfluss von Trockenstress auf das Wachstum von Föhren und Eichen, um ihr Potential abzuschätzen, in einem zu erwartenden trockenen und heisseren Klima überleben zu können.
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                          Bewässerte Waldföhre an einem Bewässerungskanal in Lens

                          In dieser Studie wollen wir herausfinden, wie Trockenstress das Wachstum und das Überlebenspotential von Föhren und Eichen beeinflusst. Dafür vergleichen wir Föhren und Eichen, die an Bewässerungskanälen oder in einem künstlichen Bewässerungsexperiment wachsen, mit Bäumen von Trockenstandorten. Der Vergleich von bewässerten und unbewässerten Bäumen erlaubt a) den Einfluss von Trockenstress auf das Wachstum von Föhren und Eichen zu analysieren und b) Rückschlüsse zu ziehen, auf Unterschiede in der Wachstumsstrategie und damit auf das Potential der beiden Arten, unter trockeneren Bedingungen zu überleben.
                          Zurück zu Dittrich:

                          Warum sterben die Föhren? Die ForscherInnen der WSL stellten diverse Versuche im Gelände und im Labor an. Sie fällten zum Beispiel über 200 Föhren, gesunde und angeschlagene, stellten Holzproben im Labor in Brutkästen und beobachteten, was alles an Insekten ausschlüpfte. Sie untersuchten, ob Bäume mit vielen Misteln schneller abstarben, suchten nach schädlichen Holzpilzen, und sie infizierten Föhren in Töpfen mit Nematoden, winzigen Fadenwürmern. "Viele Faktoren schwächen die Föhren", sagt Andreas Rigling. "Aber wir sind inzwischen sicher, dass der Auslöser für das Sterben der Bäume die Klimaerwärmung ist." Seit 1860 ist im Zentralwallis die mittlere Temperatur im Sommerhalbjahr um 1,2 Grad gestiegen, im Winterhalbjahr um 1,7 Grad. Seit 1980 werden vor allem die Sommer immer heisser: Die Anzahl sehr heisser Tage mit einer mittleren Temperatur über zwanzig Grad hat sich fast verdoppelt.

                          Wenn die Entwicklung so weitergeht, stehen im grössten Schweizer Föhrenwald in wenigen Jahrzehnten nur noch wenige Föhren. Sie werden abgelöst von der Flaumeiche. Warum sind diese zarten Pflänzchen der Föhre überlegen? "Der entscheidende Punkt ist die Verjüngung", erklärte Andreas Rigling. "Eicheln keimen bereits im Herbst und können so den Winterregen ausnutzen. Die Föhrensamen keimen dagegen im Frühling, wenn es wenig regnet. Dann vertrocknen die jungen Bäumchen." Die Flaumeiche sei besser angepasst an Sommerhitze: "Im Hochsommer hört sie auf zu wachsen und ist dadurch besser vor Austrocknung geschützt. Ganz anders die Föhre: Sie wächst immer, wenn es warm genug ist. In kälteren Regionen ist diese Überlebensstrategie sinnvoll, hier führt sie zu Trockenstress."

                          Dann ist ja alles in Ordnung: Helle Laubwälder lösen dunkle Nadelwälder ab. Sie sind sicher ebenso schön, und sie schützen auch ebenso gut gegen Steinschlag, Erosion und Lawinen? So einfach sei es nicht, erklärt Andreas Rigling: "Wenn die Klimaprognosen stimmen, wird es früher oder später auch für die Flaumeiche zu warm sein. Bereits jetzt zeigen Eichen in heissen Jahren Anzeichen von Wachstumsstörungen."

                          In der Forstwirtschaft sind nichteinheimische Baumarten verpönt, unter NaturschützerInnen sowieso. Aber was ist noch einheimisch, wenn sich das Klima rasant ändert? "Das ist eine politische Diskussion, die wir führen müssen. Der Wald ist im Alpenraum enorm wichtig, vielerorts wären menschliche Siedlungen ohne ihn nicht möglich. Vielleicht stehen wir in manchen Alpentälern bald vor der Wahl, nichteinheimische Bäume anzupflanzen oder gar keinen Wald mehr zu haben."
                          Zuletzt geändert von geröllheimer; 17.05.2007, 20:26.

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                          • #28
                            AW: Alpine Umwelten

                            Hannibals Alpenüberschreitung

                            Im September 218 BC erreichte Hannibal mit einem Heer von 38'000 Fusssoldaten, 8'000 Reitern und 37 Kriegselefanten die Rhône. Im späten Oktober überschritt das Heer die Alpen.

                            Hannibals Alpenüberschreitung markiert einen Höhepunkt in der Jahrtausende währenden Auseinandersetzung zwischen West und Ost. Sie zählt zu den brillantesten Leistungen der Kriegsgeschichte.


                            Rom und Karthago kämpften um die Vorherrschaft im Mittelmeer. Mit einer transkontinentalen Umfassung, unter massivem Gegendruck iberischer und keltischer Stämme, erreichte Hannibal den Norden Italiens, um dort die römischen Kräfte zu binden und die römischen Bundesgenossen, darunter die damals noch mächtigen Etrusker, auf seine Seite zu ziehen.

                            Hannibals Erscheinen in Italien wurde von den Zeitgenossen als Fata Morgana erlebt. So ist es nur konsequent, dass der Pass der Überschreitung schon den ältesten Quellen Polybios und Livius unbekannt blieb und bis heute umstritten ist. Nicht ein einziges materielles Zeugnis des Heerzugs, z.B. eine Münze, wurde in den letzten 2'225 Jahren im Alpenraum entdeckt.

                            Besides an elephant skeleton and a Carthaginian coin found at the very edge of the Alps near Avignon, France, in the late eighteenth century, no artifact—not a single Carthaginian trinket—has been discovered in the mountains.

                            Ulrich Boser, Hiking with Hannibal [Archaeology, Jan/Feb 2007]
                            Gut möglich, dass dieser Befund sich ändert. Patrick Hunt, Geoarchäologie an der Stanford Universität, leitete von 1994 bis 2006 das "Stanford Alpine Archaeology Project". Dessen Schwerpunkt "Hannibal in the Alps" wird in der "Hannibal Expedition 2007-2008" fortgesetzt. An 19 brisanten Passstellen finden ab August 2007 archäologische Grabungen statt.

                            Hunts bisherige Forschungen wurden vor wenigen Tagen in dem Buch "Patrick Hunt, Alpine Archaeology, San Diego: University Readers 2007" publiziert. Neu an seinen Forschungen ist, dass ihm mit klimapaläographischen, vegetationsökologischen und geomorphologischen Untersuchungsreihen eine wissenschaftlich begründete und in 3D ausgeführte Gletschermodellierung der Westalpenpässe zum Überschreitungszeitpunkt gelingt.

                            Nicht neu, jedoch niemals in diesem Umfang versucht, ist seine über ein Jahrzehnt durchgehaltene Erwanderung des gesamten in Frage kommenden Geländes. Mit Studenten und Experten nahm er die nötigen Geodaten auf und verglich den Augenschein mit den Darlegungen der antiken Quellen.

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                            rot: Col de Clapier (2482m), gelb: Col de la Traversette (2947m), türkis: Kleiner Sankt Bernhard (2188m), blau: Mont Cenis (2083m), grün: Col de Montgenèvre (1854m), orange: Grosser Sankt Bernhard (2469m)

                            Nicht weniger als elf überlieferte Kriterien mussten im Gelände bzw. am Geländemodell nachvollziehbar sein:


                            Die letzten, die sich Hannibal vor der Überschreitung entgegen stellten, waren die Allobroger, ein zwischen Rhône und Isère siedelnder keltischer Stamm. Von der Rhône aus muss die Passhöhe in neun Tagesmärschen erreichbar sein. Die Passhöhe muss einen atemberaubenden Blick zum Hauptort der keltischen Tauriner (Turin) erlauben. Turin darf nicht weiter als drei Tagesmärsche entfernt sein.

                            Im derart abgegrenzten Alpenkorridor braucht es eine so weitläufige Passhöhe, dass eine Armee dort zwei Tage lagern kann. Sie muss so hoch liegen, dass, im damals wärmeren Klima, Altschnee aus dem vorigen Winter übrig geblieben sein kann. Ein von Westen her gemächlicher Anstieg, muss nach der Passhöhe steil und wild abfallen. Nach einem Tag Abstieg muss ein auffällig heller Felsenabsprung vor feindlichen Angriffen schützen können.


                            To begin, distances, landmarks and encounters with barbarian tribes in the ancient texts give indicators of where Hannibal's army could have begun and ended its trek. The army must have encountered the Allobroges tribe, for instance, whose territory was found only to the north. The endpoint must be a three-day's march from the city of Turin in Italy, so the path could not stray too far south. Furthermore, the summit, where the army reportedly camped for two days, must be large enough to hold at least 25,000 men and a few dozen elephants, as well as many pack animals. It also has to be high enough, and thus cold enough, for the previous winter's snow to have remained. The ascent must be gradual, but the descent deadly. Moreover, a "white rock place" must be found exactly one day's march from the top where the army sheltered itself against the last of the seemingly endless innumerable attacks by hostile tribes hampering their passage.

                            Annie Jia, In the Alps, hunting for Hannibal's trail [Stanford Report, May 16, 2007]
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                            Blick von Clapier und Traversette zur Poebene

                            Our Stanford team has hiked over at least 15 Alpine passes, many on multiple occasions, and compared their present landmark features to the topographic details given in Polybius and Livy.

                            Hannibal in the Alps: Stanford Alpine Archaeology Project 1994-2006
                            Passes covered on foot included the Great St. Bernard (from below Bourg-St-Pierre to the summit, 5000 – 8300 - 7500 ft ) crossing from Switzerland into Italy (around 20 kms), the Fenetre de Ferret (7000 – 9000 - 7000 ft) crossing from Italy to Switzerland and back to Italy (around 10 kms), among others, but we especially concentrated on the Col du Clapier (4000 – 8600 – 3000 ft.) from Bramans and Le Planey in France to the Susa Valley in Italy (around 30 kms) and the Col de la Traversette (6000 – 9600 – 6000 ft.) from France to the border of Italy (around 10 kms).

                            Alpine Archaeology: Hannibal Expedition - Stanford Alpine Archaeology Project 2006 Field Report
                            Zwei Pässe blieben am Schluss übrig: der Col de Clapier (2482m) und der Col de la Traversette (2947m). Man weiss, dass beim Abstieg in die Po-Ebene Hunderte zu Tode kamen. Hunt hält es jedoch aus der Geländeerfahrung her für unmöglich, dass Hannibals Armee den Col de la Traversette hätte überschreiten können. Er optiert für den Col de Clapier. Archäologische Ausgrabungen an beiden Pässen sollen Gewissheit bringen.


                            Dass Elefanten die Alpen überqueren können, weiss man seit 1959. Mit einer vom Turiner Zoo geborgten Elefantenkuh, deren Füsse durch Lederstiefel geschützt wurden, überquerte John Hoyte, damals Ingenieurstudent der Universität Oxford, den Mont Cenis.

                            With a daily ration of 150 pounds of hay, 50 pounds of apples, 40 pounds of bread, and 20 pounds of carrots, Hoyte's elephant, Jumbo, still lost 300 pounds during the trip.

                            Ulrich Boser, Hiking with Hannibal [Archaeology, Jan/Feb 2007]
                            Von den knapp zwei Dutzend Elefanten, welchen die Alpenüberschreitung gelang, lebte ein Jahr später keiner mehr.

                            Hannibals Kühnheit versucht Hunt lebensgeschichtlich zu erklären. Dem Blitz-Stamm Barka angehörend und dem Sturm- und Gebirgsgott Baal geweiht, mögen ihm die Alpen als schicksalhaft vorbestimmt erschienen sein.

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                            Weiterführende Literatur:

                            Annie Jia, In the Alps, hunting for Hannibal's trail [Stanford Report, May 16, 2007]

                            Ulrich Boser, Hiking with Hannibal [Archaeology, Jan/Feb 2007]

                            Patrick Hunt, Alpine Archaeology, San Diego: University Readers 2007

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                            related: Hubert Lepka, Hannibal Gletscherschauspiel

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                            Kommentar


                            • #29
                              AW: Alpine Umwelten

                              Biologie der alpinen Verbrachung



                              Werner Bätzing beschreibt in seinem Buch Die Alpen: Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft (2003) sehr eindringlich, wie die Verbrachung und Verwilderung zwar kurzfristig die Artenvielfalt erhöht, um, nach einem sehr langen Einbruch, niemals mehr die Biodiversität der Kulturlandschaft zu erreichen:

                              "Für die Alpen gilt sehr eindeutig, dass das Zulassen der natürlichen Dynamiken, also die Förderung der biologischen Sukzession, die Biodiversität signifikant reduziert [...], weil die Ersatzgesellschaften lange Zeit besonders artenarm sind; mittelfristig wird sich die Biodiversität durch die Herausbildung von Waldgesellschaften wieder erhöhen, aber letztlich deutlich unter der der bäuerlichen Kulturlandschaft bleiben." (S. 244f)


                              Im einzelnen führt Bätzing aus:


                              "Unterhalb der Waldgrenze läuft diese Entwicklung über eine Kraut-, Strauch- und (Pionier-)Waldphase ab, wobei in der Krautphase kurzfristig, d.h. für fünf bis maximal zehn Jahre, die Artenvielfalt ansteigt, bevor sie dann in der Strauchphase drastisch zurückgeht." (S. 236)

                              "Oberhalb der natürlichen Waldgrenze breiten sich verstärkt Zwergsträucher aus, die die artenreichen Rasen verdrängen, und im Bereich der alpinen Urrasen ändert sich allmählich die Vegetationszusammensetzung. Diese biologischen Veränderungen laufen in den untersten Vegetationsstockwerken am schnellsten ab und werden mit steigender Höhe immer langsamer; im alpinen Stockwerk schließlich dauern sie viele Jahrzehnte bis Jahrhunderte." (S. 236)


                              "Diese Entwicklung wird durch standörtliche Unterschiede überlagert: Feuchte und zugleich sonnige Flächen weisen eine hohe Vegetationsdynamik auf, trockene und schattige Lagen, die sich in den Alpen oft gegenseitig ausschließen, weil die schattigen Stellen meist feucht sind, eine langsame." (S. 236)

                              "Im Bereich des mitteleuropäisch geprägten Klimas läuft die Entwicklung auf den feuchten Standorten oft relativ schnell ab, im Bereich des mediterran geprägten Klimas und in den inneralpinen Trockenzonen dagegen auf den südexponierten Hängen äußerst langsam." (S. 237)


                              "Im Gasteiner Tal/Hohe Tauern, das mitteleuropäisch geprägt ist, entstehen auf vielen ehemaligen Bergmähdern und Weiden in der montanen und subalpinen Stufe nach einer kurzen, fünfjährigen Krautphase in der Strauchphase gleichaltrige, dichte und flächendeckende Grünerlenbestände, die nach etwa 80-100 Jahren zusammenbrechen, worauf dann Bäume eine Wuchsmöglichkeit erhalten. So kann innerhalb von 150-200 Jahren ein standortgerechter Wald entstehen. Dies ist für den Alpenraum dieser Höhenlage eine "schnelle" Entwicklung." (S. 237)


                              "Im Stura-Tal/Piemont, mediterran geprägt, finden sich auf den in den 1920er Jahren brachgefallenen Äckern und Weiden in der montanen und subalpinen Stufe noch heute nur vereinzelte Büsche, so dass hier - nach 80 Jahren! - noch die Krautphase dominiert. Dabei siedeln sich vor allem trockenheitsresistente Pflanzen an, und die Vegetationsentwicklung tendiert ganz allmählich zu einem Macchia-ähnlichen, sehr lückenhaften Trockenbuschwald. Ob hier nach einigen Jahrhunderten ein "standortgemäßer" Wald entstehen kann oder ob die Macchia den Endpunkt der Vegetationsentwicklung darstellt, vermag man heute noch nicht zusagen." (S. 237)


                              "Eine Sonderform der Sukzession ist noch zu erwähnen, nämlich die der ehemaligen bäuerlichen Niederwälder, die es früher alpenweit gab, die jedoch auf der Alpensüdseite besonders stark ausgeprägt waren. Diese Laubwälder wurden regelmäßig geschnitten und erreichten durch "Stockausschlag" - aus einer Wurzel entwickelten sich mehrere gleich starke Stämme - einen starken Holzwuchs. Ihre Nutzung wurde etwa 1955-1965 eingestellt. Seitdem wachsen diese Bäume ungehindert, behindern sich dann aber gegenseitig beim Wachstum, weil sie viel zu dicht stehen. Es sieht so aus, als müssten diese Niederwälder erst eine Zusammenbruchsphase durchlaufen, ehe sie anschließend zum Hochwald werden können." (S. 238)


                              "Aber auch die Sukzession der forstwirtschaftlich genutzten Hochwälder darf nicht vergessen werden. Viele schlecht erreichbare Hochwälder in höheren Lagen werden seit etwa 1980-85 (Rückgang der Holzpreise) oder schon früher (fehlende Forststraßen) gar nicht mehr oder nur sehr viel extensiver genutzt. Alpenweit wächst heute in den Wäldern deutlich mehr Holz nach, als geschlagen wird (es wird oft nur die Hälfte des Zuwachses geschlagen), und dieser Anteil wird langsam immer größer. Dies führt zu einer Überalterung der Bestände und zum kleinräumigen Zusammenbruch. Damit steigt zwar sehr langsam die Artenvielfalt in den Forsten, aber gleichzeitig geht seine ökologische Stabilität deutlich zurück, so dass die Schutzfunktion des Waldes abnimmt." (S. 238)


                              "Der Prozess der biologischen Sukzession auf aufgelassenen Kulturlandschaftsflächen führt also einmal zu einem Rückgang der Artenvielfalt, zum anderen zur Zunahme der ökologischen Labilität. Drittens verändern sich die Landschaftsstruktur und das Landschaftsbild fundamental: An die Stelle der sehr kleinteiligen mosaikhaften Kulturlandschaft mit ihren vielfältigen Nutzungsabstufungen, durch die die naturräumlichen Unterschiede besonders betont und herausgearbeitet wurden, treten jetzt großflächige Verbuschungen und Verwaldungen, die zahlreiche frühere landschaftliche Kleinstrukturen nivellieren. Dadurch wird die Landschaft monotone, und verliert auch immer mehr ihren Charakter als "Heimat"." (S. 238ff)

                              __________________

                              Siehe auch:

                              Wildnisgebiete in den Alpen

                              Föhren im Wallis

                              Potenzialarme Räume - Alpine Brachen - Reservate

                              __________________

                              Weiterführende Literatur:

                              Nicole Bauer, Für und wider Wildnis: Soziale Dimensionen einer aktuellen gesellschaftlichen Debatte, Bern: Haupt 2005

                              Gary Ferguson, Wo der Adler wohnt: Mein Leben in der Wildnis des Yellowstone National Park, München: Frederking & Thaler 2005

                              Peter Finck (Hg), Weidelandschaften und Wildnisgebiete: Vom Experiment zur Praxis, Münster: BfN 2005

                              Elsbeth Flüeler (Hg), Wildnis: Ein Wegbegleiter durchs Gebirge, Zürich: Rotpunkt 2004

                              Franz Höchtl, Susanne Lehringer, und Werner Konold von Haupt, Kulturlandschaft oder Wildnis in den Alpen? Fallstudien im Val Grande-Nationalpark und im Strontal (Piemont/Italien), Bern: Haupt 2005

                              Matthias Stremlow und Christian Sidler, Schreibzüge durch die Wildnis: Wildnisvorstellungen in Literatur und Printmedien der Schweiz, Bern: Haupt 2007

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                              • #30
                                AW: Alpine Umwelten

                                Mehr zu Alpinen Brachen

                                Ich kann euch zwei aktuelle Zeitungsberichte zum Thema Alpine Brachen empfehlen. Der erste beschreibt die Hintergründe, warum acht venetische Bergdörfer zur Region Trentino-Südtirol wechseln wollen. Der zweite fordert, dass Mittelzuflüsse in potenzialarme Räume zur Förderung eines regionalen Gesamtprodukts verwendet werden.

                                (1) Kathrin Siller, Tote Dörfer wagen den Aufstand gegen Region [tirol.com, 20. Mai 2007]

                                Elisabetta Cerato erklärt: "2500 Einwohner sind in Enego gemeldet, aber 900 arbeiten im Ausland und 200 fahren jeden Morgen zur Arbeit ins Tal. Hier gibt es einfach keine Arbeit. Die Bar und unser Hotel stehen zum Verkauf, aber die will niemand haben." Und Giovanna, die pensionierte Lehrerin, die ihre düstere Miene niemals ablegt, bringt es auf den Punkt: "Dieser Ort stirbt aus!" In Enego leben - prozentuell und italienweit gesehen - die meisten alten Menschen.
                                (2) Jean-Pierre Jaccard, Landschaft ohne Lebensqualität? Vom Umgang mit einer immer knapper werdenden Ressource [NZZ, 21. Mai 2007]

                                In alpine und voralpine Gebiete fliessen bereits heute erhebliche Mittel (rund 3000 Franken pro Kopf und Jahr). Diese entfalten jedoch nur sektorielle Wirkung. Gelänge es, diese Mittel so zu bündeln, dass sie für die Realisierung des regionalen Gesamtproduktes eingesetzt werden könnten, wäre das Problem der Mittelbeschaffung gelöst. Der Vorschlag, mittels Gemeindefusion und in enger Zusammenarbeit mit Bund und Kanton, die einer Region gesamthaft zustehenden Transferzahlungen (Direktzahlungen, Finanzausgleich, Tourismusförderung usw.) im Sinne eines Globalbudgets mit Leistungsauftrag einer starken Gemeindebehörde zur Verfügung zu stellen, erscheint durchaus machbar. Qualitativ hochwertige Land- und Forstwirtschaft würden eine qualitativ hochwertige Landschaft gestalten und zu einem qualitativ hochwertigen Tourismus beitragen, dessen Anliegen es ist, den Erholungsuchenden ein der Region angepasstes Gesamtpaket anzubieten. Letzteres bedeutet, dass von der fixen Idee abzurücken ist, jede Destination müsse in der Lage sein, jedem erholungsuchenden Gast jeden Wunsch jederzeit und überall zu erfüllen.

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