AW: Alpine Umwelten
Die Begriffe Potenzialarmer Raum, Alpine Brache und Reservat sind Leer-Formeln. Landschaften und Ökologien werden aus dem Mangel, dem Mangel an Potenz, Struktur, Vielfalt, definiert. Und tatsächlich machen sich, egal welche raumpolitischen Einsätze gewagt werden, die Menschen aus diesen Räumen davon. Eine Abstimmung mit den Füssen, gewissermassen.
Gion A. Caminada lebt als Dorfarchitekt in Vrin, im hintersten Ort des romanisch sprechenden Val Lumnezia (Graubünden), das vom am Vorderrhein gelegenen Ilanz nach Süden ansteigt. Val Lumnezia bedeutet Tal des Lichts.
Ausführlichere Beschreibung Vrin: Gesamtentwicklung eines Dorfes.
Caminada wurde 1957 in Vrin geboren und lernte Bauschreiner. Nach einem Architekturstudium an der ETH Zürich eröffnete er sein Architekturbüro in Vrin. Seit 1998 lehrt er an der ETHZ Enwurf.
Seine Lehrveranstaltung im Sommersemester 2007 heisst Ruraler Kontext II: Autarkie in einem offenen Netz.
Auf den von 23. bis. 29. April 2007 in St. Arbogast (Vorarlberg) druchgeführten Tagen der Utopie: Entwürfe für eine gute Zukunft hielten Gion Caminada und Josef Perger (Universität Innsbruck) den Vortrag Peripherie als Hoffnungsträger? Eine Mitschrift und zwei Videozusammenschnitte sind online.
kunst Meran zeigte vom 16. April bis 26. Juni 2005 den Werküberblick Cul zuffel e l’aura dado: Gion A. Caminada.
In einem Vortrag nahm Gion Caminada zu den von ihm verfassten "Neun Thesen für die Stärkung der Peripherie" Stellung. Dieses kritische Manifest fordert die Bewohner der Alpen zu mehr Selbstbewusstsein und zu größerer Aktivität in eigener Sache auf.
Rezension der Ausstellung Alpiner Urbanismus: In Meran werden Gion A. Caminadas architektonische Visionen für Vrin diskutiert [NZZ, 3. Juni 2005].
Nimmt man das Tradierte wahr, erkennt man in ihm den funktionalen Zweck überschiessende Möglichkeiten. Der gebaute Raum entfaltet ein Potenzial, das weiter tradiert werden kann, indem man neue Funktionen einbaut und neue Überschüsse erzeugt. So kann Herkömmliches sich in die Zukunft entfalten.
Hält man die Materialkosten gering, bleiben mehr Mittel für den Bearbeitungsprozess. Dieser schafft Arbeit und Auskommen am Ort.
Sehr instruktives, sechsminütiges Videoporträt des Schweizer Fernsehens vom 6. Juni 1999.
Bauen im Lokalen: Gion A. Caminada
Die Begriffe Potenzialarmer Raum, Alpine Brache und Reservat sind Leer-Formeln. Landschaften und Ökologien werden aus dem Mangel, dem Mangel an Potenz, Struktur, Vielfalt, definiert. Und tatsächlich machen sich, egal welche raumpolitischen Einsätze gewagt werden, die Menschen aus diesen Räumen davon. Eine Abstimmung mit den Füssen, gewissermassen.
Gion A. Caminada lebt als Dorfarchitekt in Vrin, im hintersten Ort des romanisch sprechenden Val Lumnezia (Graubünden), das vom am Vorderrhein gelegenen Ilanz nach Süden ansteigt. Val Lumnezia bedeutet Tal des Lichts.
Der Ort, der über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg Einwohner verloren hatte, wurde in den achtziger und neunziger Jahren zu einem Modellprojekt der Stiftung Pro Vrin, der Gemeinde/Gemeindebehörde, der Meliorationsgenossenschaft, der kantonalen Denkmalpflege und der ETH Zürich für die Stärkung dörflicher Infrastruktur und Wiederansiedlung.
Die Einwohner kauften Anfang der achtziger Jahre alles freie Bauland auf und entzogen den Ort damit jeglicher Spekulation. Der Vriner Gion A. Caminada, Bauernsohn und Architekt, baute, und baut, in ihrem Auftrag.
Wiesen wurden im Verhältnis 1:5 zusammengelegt, ein Metzger angesiedelt, eine Genossenschaft gegründet, sowie Schlachthaus, Mehrzweckhalle, Ställe und Totenhaus (Massivbauweise), die meisten aus Holz in Strickbauweise (Blockbau) neu gebaut.
[Quelle: Wikipedia]
Die Einwohner kauften Anfang der achtziger Jahre alles freie Bauland auf und entzogen den Ort damit jeglicher Spekulation. Der Vriner Gion A. Caminada, Bauernsohn und Architekt, baute, und baut, in ihrem Auftrag.
Wiesen wurden im Verhältnis 1:5 zusammengelegt, ein Metzger angesiedelt, eine Genossenschaft gegründet, sowie Schlachthaus, Mehrzweckhalle, Ställe und Totenhaus (Massivbauweise), die meisten aus Holz in Strickbauweise (Blockbau) neu gebaut.
[Quelle: Wikipedia]
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Ställe und Marlaria/Metzgerei Sut Vitg
Ställe und Marlaria/Metzgerei Sut Vitg
Caminada wurde 1957 in Vrin geboren und lernte Bauschreiner. Nach einem Architekturstudium an der ETH Zürich eröffnete er sein Architekturbüro in Vrin. Seit 1998 lehrt er an der ETHZ Enwurf.
Seine Lehrveranstaltung im Sommersemester 2007 heisst Ruraler Kontext II: Autarkie in einem offenen Netz.
Das Val Lumnezia ist ein Seitental in der Bündnerischen Surselva. Die ökonomische Grundlage ist die Landwirtschaft, der Tourismus und das lokale Gewebe. Vor allem die Randdörfer sind von der Abwanderung betroffen. Die einzelnen Gemeinden sind zu klein, um langfristig die Infrastrukturen für eine funktionierende Dorfgemeinschaft sicherzustellen. An diesem Punkt haben wir angesetzt. Wir haben den Einheimischen die Frage nach der Lebensqualität des Val Lumnezia gestellt und ob neue bauliche Infrastrukturen diese weiter entfalten könnten. Wenn ja: Was für Einrichtungen und Anlagen sind notwendig und wo sollen diese zustande kommen?
Dieser Frage ist eine präzise Analyse der Eigenarten, der Gemeinsamkeiten und der Unterschiede zwischen den einzelnen Dörfern vorausgegangen. Bei der Standortwahl für die Anlagen waren Nähe und Distanz, Zentrumsfunktion, Bedeutung im Tal und Funktionen für eine Vernetzung nach außen entscheidend. Man weiß, dass die Sicherstellung von Infrastrukturen nur über Kooperationen erfolgen kann. Bisher wurden solche Fusionsfragen lediglich aufgrund von ökonomischen Kriterien geführt. Fragen der inneren Identitäten standen nicht zur Diskussion. In dem hier angepeilten Findungsprozess muss es gelingen, Grenzen abzubauen ohne Differenzen zu vernichten.
10 Studierende haben während des Wintersemesters für 10 verschiedene Dörfer, aufgrund der Analyse und des Diskurses mit der einheimischen Bevölkerung, eine Idee entwickelt und den Standort für die Umsetzung dieser Idee bestimmt. Bis zum Beginn des Sommersemesters werden die Vorschläge im Gespräch mit den Leuten im Tal nochmals diskutiert und die Entwurfsaufgabe konkretisiert.
Jedem Studierenden werden ein Dorf und eine spezifische Entwurfsaufgabe zugeteilt: luvratori/Werkstatt, clinica per giuvenils/Jugendklinik, canorta purila/Bauernmarkt, sera dalla veta/Altersheim, hotel/Hotel, ustariva/Restaurant am See, inscunter giuvenil/Jugendraum, casa dalla musica/Haus der Musik, claustra/Kloster.
Dieser Frage ist eine präzise Analyse der Eigenarten, der Gemeinsamkeiten und der Unterschiede zwischen den einzelnen Dörfern vorausgegangen. Bei der Standortwahl für die Anlagen waren Nähe und Distanz, Zentrumsfunktion, Bedeutung im Tal und Funktionen für eine Vernetzung nach außen entscheidend. Man weiß, dass die Sicherstellung von Infrastrukturen nur über Kooperationen erfolgen kann. Bisher wurden solche Fusionsfragen lediglich aufgrund von ökonomischen Kriterien geführt. Fragen der inneren Identitäten standen nicht zur Diskussion. In dem hier angepeilten Findungsprozess muss es gelingen, Grenzen abzubauen ohne Differenzen zu vernichten.
10 Studierende haben während des Wintersemesters für 10 verschiedene Dörfer, aufgrund der Analyse und des Diskurses mit der einheimischen Bevölkerung, eine Idee entwickelt und den Standort für die Umsetzung dieser Idee bestimmt. Bis zum Beginn des Sommersemesters werden die Vorschläge im Gespräch mit den Leuten im Tal nochmals diskutiert und die Entwurfsaufgabe konkretisiert.
Jedem Studierenden werden ein Dorf und eine spezifische Entwurfsaufgabe zugeteilt: luvratori/Werkstatt, clinica per giuvenils/Jugendklinik, canorta purila/Bauernmarkt, sera dalla veta/Altersheim, hotel/Hotel, ustariva/Restaurant am See, inscunter giuvenil/Jugendraum, casa dalla musica/Haus der Musik, claustra/Kloster.
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Totenstube
Totenstube
Auf den von 23. bis. 29. April 2007 in St. Arbogast (Vorarlberg) druchgeführten Tagen der Utopie: Entwürfe für eine gute Zukunft hielten Gion Caminada und Josef Perger (Universität Innsbruck) den Vortrag Peripherie als Hoffnungsträger? Eine Mitschrift und zwei Videozusammenschnitte sind online.
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Haus Ruth und Armin Walpen
Haus Ruth und Armin Walpen
kunst Meran zeigte vom 16. April bis 26. Juni 2005 den Werküberblick Cul zuffel e l’aura dado: Gion A. Caminada.
Der Titel der Ausstellung, "Cul zuffel e l'aura dado", kann als "Architektur mit den Winden" übersetzt werden: "Zuffel" ist die traditionelle Bezeichnung der Einwohner von Vrin für einen rauen, stürmischen, aber nicht allzu kalten Wind aus dem Süden. Er bläst von den Bergspitzen und der angrenzenden Hochebene Greina in die Val Lumnezia herunter (in unseren Breiten mit der Dramatik eines Föhnsturmes vergleichbar). "L'aura dado" ist trotz ihres lyrischen Namens kein mildes Lüftchen. Sie ist eher eine kalte, bissige Brise, die aus dem Norden über die entlegenen Orte des Tales hereinfegt. Jede der beiden Luftströmungen bringt unterschiedliche Informationen in das Tal oder führt zu einer spezifischen Prägung der hier lebenden Menschen und der sie umgebenden Natur.
Rezension der Ausstellung Alpiner Urbanismus: In Meran werden Gion A. Caminadas architektonische Visionen für Vrin diskutiert [NZZ, 3. Juni 2005].
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Telefonkabine
Telefonkabine
Nimmt man das Tradierte wahr, erkennt man in ihm den funktionalen Zweck überschiessende Möglichkeiten. Der gebaute Raum entfaltet ein Potenzial, das weiter tradiert werden kann, indem man neue Funktionen einbaut und neue Überschüsse erzeugt. So kann Herkömmliches sich in die Zukunft entfalten.
Hält man die Materialkosten gering, bleiben mehr Mittel für den Bearbeitungsprozess. Dieser schafft Arbeit und Auskommen am Ort.
Sehr instruktives, sechsminütiges Videoporträt des Schweizer Fernsehens vom 6. Juni 1999.
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