Nachdem die letzte Tour etwas länger gewesen war, wollten Franzi und ich entspannt ein paar Seillängen klettern. Unsere Wahl fiel auf die Logic Line an der Schärtenspitze. Da wir unter der Woche unterwegs waren und bedingt durch die lange Anfahrt und den Zustieg relativ spät am Einstieg sein würden, rechneten wir damit, dass wir keine Stauprobleme bekommen würden. Doch am Einstieg wurden wir eines besseren belehrt. Als wir dort eintrafen, warteten bereits zwei Seilschaften darauf einsteigen zu können. Weiter oben in der Route war auch sehr viel los. Dazu sah der direkte Einstieg (V), den wir klettern wollten, enttäuschend einfach aus. Was nun? Beschreibungen anderer Routen hatten wir nicht dabei…
Wir fragten die am Einstieg Wartenden, ob sie Topos anderer Routen dabei hatten. Tatsächlich hatte eine Frau etliche Topos auf ihrem Handy gespeichert. Wir entschlossen uns dazu „Die Glorreichen Sieben“ zu klettern und fotografierten das Topo vom Handy ab. In der Route war es etwas umständlich, weil wir erst die Kamera herausholen mussten, wenn wir aufs Topo schauen wollten, aber es ging. In der Route sollten wir allein sein.
Die Tour begann mit einem Mittelding zwischen Riss, Kamin und Verschneidung zwischen einem kleinen Vorturm und der eigentlichen Wand. Noch war nichts zu sehen von Wasserrillen oder Plattenschleicherei. Ich übernahm den ersten Vorstieg und fühlte mich deutlich besser als in den meisten Einstiegsseillängen.
Franzi mühte sich etwas hinauf, stieg danach aber die erste Schlüsselseillänge vor. An einem kleinen Überhang hing eine A0-Schlinge. Sie war nicht nur improvisiert, sondern offenbar zur dauerhaften Benutzung gedacht, da sie in einem Haken hing, den man erst nach der Überwindung der schwierigsten Stelle erreichen konnte, und weil sie mehrfach verknoten war, um das Hineingreifen zu erleichtern. Ein kurzer Griff mit links in die Schlinge, so dass ich mit rechts einen tollen Henkel erreichen konnte, mit dem sich der Überhang gut überwinden ließ, und schon lag die erste Schlüsselstelle unter mir.
Drei leichtere Seillängen, Wasserrillen- und Plattenkletterei folgten, bevor die zweite Schlüsselstelle kam. An guten Untergriffen und einer Sanduhr querte Franzi nach rechts zum Beginn zweier paralleler Wasserrillen. Sie klippte einen Bohrhaken, kletterte ein Stück aufwärts, schaute sich um, kletterte ein Stück zurück und setzte sich ins Seil. Die Prozedur folgte ein zweites Mal, dann wollte sie zum Stand abgelassen werden. Sie sagte, der Zug müsste eigentlich gehen, sie traue sich aber nicht. Ich solle es versuchen.
Die Situation war neu für mich. Franzi hatte mir in anderen Routen mal den Vorstieg in brüchigen oder von der Orientierung her komplexen Seillängen überlassen, aber noch nie wegen technischer Schwierigkeiten. Da sie besser klettert als ich, ist das wenig überraschend. Der Rückzug wäre von hier möglich gewesen. Die Stände sind zwar nicht abseilfertig eingerichtet, doch wir hatten genug Schlingen dabei, um abseilen zu können. Doch einen ernsthaften Versuch sollte ich machen. „Entweder ich schaffe die Stelle, oder ich stürze.“
An der Schlüsselstelle kletterte ich ein Stück aufwärts, schaute mich um, kletterte ein Stück zurück und setzte mich ins Seil. Die Prozedur folgte ein zweites Mal. Ich habe ziemlich große Angst vor Stürzen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich in einem Gebiet mit dem Klettern begonnen habe, in dem es in den leichteren Routen fast keine Haken gab. In einige der Zwischensicherungen von damals hätte ich nicht fliegen dürfen. Ernsthaft habe ich nie versucht mir die Angst vor dem Stürzen abzutrainieren. Wahrscheinlich würde ich dann beim Klettern schneller Fortschritte machen, aber für alpine Routen ist es vermutlich auf Dauer besser, wenn man sich nicht zu sehr daran gewöhnt an der Sturzgrenze zu klettern.
Wie würde ein Sturz an der Schlüsselstelle aussehen? Ich würde wahrscheinlich mit dem linken Fuß wegrutschen, während ich das Bein durchdrücke. Dann würde ich etwas über die Wasserrille schlittern, bis mich das Seil halten würde. Das könnte wegen der rauen Oberfläche schmerzhaft sein, aber würde keine schweren oder gar tödlichen Verletzungen verursachen. Also, siegen oder fliegen. Das linke Bein durchdrücken, den rechten Fuß auf den rechten Rand der rechte Wasserrille setzen, den linken auf den linken Rand der linken. Ich stehe etwas gespreizt und damit sehr stabil. Nichts ist passiert, Entwarnung kann aber frühestens am nächsten Haken gegeben werden… Klick.
Die Hakenabstände werden jetzt zwar größer, doch das Gelände wird auch etwas einfacher. Mit einem breiten Grinsen komme ich am Stand an. Franzi steigt die Seillänge sturzfrei nach. Noch zwei Seillängen und wir sind draußen.
Unter der Ferse des rechten Fußes habe ich eine Blase. Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Eigentlich bin ich nicht wehleidig und gerade an den Füßen einiges gewöhnt. Ich hatte schon etliche Blasen, manchmal bluteten die Zehen, nichts konnte mich beim Gehen aufhalten. Doch jetzt kann ich nicht richtig auftreten. Den restlichen Aufstieg über den abgeschmierten Normalweg zum Gipfel konnte ich noch gut auf dem Vorderfuß zurücklegen. Auch im ersten Teil des Abstiegs ging es noch, doch noch weit über 1000Hm mit einem sehr langen Fahrstraßenabschnitt so abzusteigen, war nur schwer vorstellbar.
Franzi riet zur Operation. Ich holte das Erste Hilfe Set aus dem Rucksack. Doch wo war die Schere? Auf jeden Fall nicht hier. Auch sonst hatten wir nichts Spitzes dabei. Franzi meinte, mit einem scharfen Stein müsse es gehen. Sie fand einen geeigneten Kandidaten, doch ich kam mit ihm nicht durch die Hornhaut. Schmerzen waren das einzige, was ich erreichte. Darauf ernannte sich Franzi zur Chirurgin. Sie konnte an meinem Fuß auch viel besser arbeiten als ich. Aaaaahhhhh! Nach einer Weile hatte sie die Hornhaut durchtrennt und konnte die Flüssigkeit aus der Blase drücken. Ich zog den Socken und den Schuh wieder an und trat normal auf. Das Desinfektionsmittel wurde in die Wunde gedrückt und brannte daher stark, aber sonst hatte ich keine nennenswerten Schmerzen. Der weitere Abstieg konnte beginnen.
An der Hütte waren wir leider zu spät, um noch etwas vom hochgelobten Kuchen zu essen. Sie bereiteten dort gerade das Abendessen vor. Daher stiegen wir direkt weiter zum Auto ab.
Fazit: Die Entscheidung die Route zu wechseln, war gut gewesen. Die letzte Seilschaft aus der Logic Line kam nur ein paar Minuten vor uns an der Hütte an, obwohl sie den Abstecher zum Gipfel ausgelassen hatten.
Die Tour: Für die Tour habe ich unterschiedliche Bewertungen gefunden. Die leichteste davon ist VI-. die Schwierigkeitsbewertung ist in diesem Fall nicht geschenkt. Die meisten Längen sind aber deutlich leichter. Die Route ist manchmal etwas gesucht, bietet aber schöne Kletterei in bestem Fels. In den leichteren Längen muss man lange Runouts in Kauf nehmen. Da die Wasserrillen meistens seicht sind, nützen Friends auch nicht viel. Der ungefähre Routenverlauf (der Großteil der ersten und der letzten SL ist nicht zu sehen):
Route.jpg
Die erste Schlüsselstelle befindet sich am untersten der kleinen Überhänge, die zweite etwas oberhalb der Licht-Schatten-Grenze.
Wir fragten die am Einstieg Wartenden, ob sie Topos anderer Routen dabei hatten. Tatsächlich hatte eine Frau etliche Topos auf ihrem Handy gespeichert. Wir entschlossen uns dazu „Die Glorreichen Sieben“ zu klettern und fotografierten das Topo vom Handy ab. In der Route war es etwas umständlich, weil wir erst die Kamera herausholen mussten, wenn wir aufs Topo schauen wollten, aber es ging. In der Route sollten wir allein sein.
Die Tour begann mit einem Mittelding zwischen Riss, Kamin und Verschneidung zwischen einem kleinen Vorturm und der eigentlichen Wand. Noch war nichts zu sehen von Wasserrillen oder Plattenschleicherei. Ich übernahm den ersten Vorstieg und fühlte mich deutlich besser als in den meisten Einstiegsseillängen.
Franzi mühte sich etwas hinauf, stieg danach aber die erste Schlüsselseillänge vor. An einem kleinen Überhang hing eine A0-Schlinge. Sie war nicht nur improvisiert, sondern offenbar zur dauerhaften Benutzung gedacht, da sie in einem Haken hing, den man erst nach der Überwindung der schwierigsten Stelle erreichen konnte, und weil sie mehrfach verknoten war, um das Hineingreifen zu erleichtern. Ein kurzer Griff mit links in die Schlinge, so dass ich mit rechts einen tollen Henkel erreichen konnte, mit dem sich der Überhang gut überwinden ließ, und schon lag die erste Schlüsselstelle unter mir.
Drei leichtere Seillängen, Wasserrillen- und Plattenkletterei folgten, bevor die zweite Schlüsselstelle kam. An guten Untergriffen und einer Sanduhr querte Franzi nach rechts zum Beginn zweier paralleler Wasserrillen. Sie klippte einen Bohrhaken, kletterte ein Stück aufwärts, schaute sich um, kletterte ein Stück zurück und setzte sich ins Seil. Die Prozedur folgte ein zweites Mal, dann wollte sie zum Stand abgelassen werden. Sie sagte, der Zug müsste eigentlich gehen, sie traue sich aber nicht. Ich solle es versuchen.
Die Situation war neu für mich. Franzi hatte mir in anderen Routen mal den Vorstieg in brüchigen oder von der Orientierung her komplexen Seillängen überlassen, aber noch nie wegen technischer Schwierigkeiten. Da sie besser klettert als ich, ist das wenig überraschend. Der Rückzug wäre von hier möglich gewesen. Die Stände sind zwar nicht abseilfertig eingerichtet, doch wir hatten genug Schlingen dabei, um abseilen zu können. Doch einen ernsthaften Versuch sollte ich machen. „Entweder ich schaffe die Stelle, oder ich stürze.“
An der Schlüsselstelle kletterte ich ein Stück aufwärts, schaute mich um, kletterte ein Stück zurück und setzte mich ins Seil. Die Prozedur folgte ein zweites Mal. Ich habe ziemlich große Angst vor Stürzen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich in einem Gebiet mit dem Klettern begonnen habe, in dem es in den leichteren Routen fast keine Haken gab. In einige der Zwischensicherungen von damals hätte ich nicht fliegen dürfen. Ernsthaft habe ich nie versucht mir die Angst vor dem Stürzen abzutrainieren. Wahrscheinlich würde ich dann beim Klettern schneller Fortschritte machen, aber für alpine Routen ist es vermutlich auf Dauer besser, wenn man sich nicht zu sehr daran gewöhnt an der Sturzgrenze zu klettern.
Wie würde ein Sturz an der Schlüsselstelle aussehen? Ich würde wahrscheinlich mit dem linken Fuß wegrutschen, während ich das Bein durchdrücke. Dann würde ich etwas über die Wasserrille schlittern, bis mich das Seil halten würde. Das könnte wegen der rauen Oberfläche schmerzhaft sein, aber würde keine schweren oder gar tödlichen Verletzungen verursachen. Also, siegen oder fliegen. Das linke Bein durchdrücken, den rechten Fuß auf den rechten Rand der rechte Wasserrille setzen, den linken auf den linken Rand der linken. Ich stehe etwas gespreizt und damit sehr stabil. Nichts ist passiert, Entwarnung kann aber frühestens am nächsten Haken gegeben werden… Klick.
Die Hakenabstände werden jetzt zwar größer, doch das Gelände wird auch etwas einfacher. Mit einem breiten Grinsen komme ich am Stand an. Franzi steigt die Seillänge sturzfrei nach. Noch zwei Seillängen und wir sind draußen.
Unter der Ferse des rechten Fußes habe ich eine Blase. Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Eigentlich bin ich nicht wehleidig und gerade an den Füßen einiges gewöhnt. Ich hatte schon etliche Blasen, manchmal bluteten die Zehen, nichts konnte mich beim Gehen aufhalten. Doch jetzt kann ich nicht richtig auftreten. Den restlichen Aufstieg über den abgeschmierten Normalweg zum Gipfel konnte ich noch gut auf dem Vorderfuß zurücklegen. Auch im ersten Teil des Abstiegs ging es noch, doch noch weit über 1000Hm mit einem sehr langen Fahrstraßenabschnitt so abzusteigen, war nur schwer vorstellbar.
Franzi riet zur Operation. Ich holte das Erste Hilfe Set aus dem Rucksack. Doch wo war die Schere? Auf jeden Fall nicht hier. Auch sonst hatten wir nichts Spitzes dabei. Franzi meinte, mit einem scharfen Stein müsse es gehen. Sie fand einen geeigneten Kandidaten, doch ich kam mit ihm nicht durch die Hornhaut. Schmerzen waren das einzige, was ich erreichte. Darauf ernannte sich Franzi zur Chirurgin. Sie konnte an meinem Fuß auch viel besser arbeiten als ich. Aaaaahhhhh! Nach einer Weile hatte sie die Hornhaut durchtrennt und konnte die Flüssigkeit aus der Blase drücken. Ich zog den Socken und den Schuh wieder an und trat normal auf. Das Desinfektionsmittel wurde in die Wunde gedrückt und brannte daher stark, aber sonst hatte ich keine nennenswerten Schmerzen. Der weitere Abstieg konnte beginnen.
An der Hütte waren wir leider zu spät, um noch etwas vom hochgelobten Kuchen zu essen. Sie bereiteten dort gerade das Abendessen vor. Daher stiegen wir direkt weiter zum Auto ab.
Fazit: Die Entscheidung die Route zu wechseln, war gut gewesen. Die letzte Seilschaft aus der Logic Line kam nur ein paar Minuten vor uns an der Hütte an, obwohl sie den Abstecher zum Gipfel ausgelassen hatten.
Die Tour: Für die Tour habe ich unterschiedliche Bewertungen gefunden. Die leichteste davon ist VI-. die Schwierigkeitsbewertung ist in diesem Fall nicht geschenkt. Die meisten Längen sind aber deutlich leichter. Die Route ist manchmal etwas gesucht, bietet aber schöne Kletterei in bestem Fels. In den leichteren Längen muss man lange Runouts in Kauf nehmen. Da die Wasserrillen meistens seicht sind, nützen Friends auch nicht viel. Der ungefähre Routenverlauf (der Großteil der ersten und der letzten SL ist nicht zu sehen):
Route.jpg
Die erste Schlüsselstelle befindet sich am untersten der kleinen Überhänge, die zweite etwas oberhalb der Licht-Schatten-Grenze.
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