Eingeschränkt in meinen Aktivitäten raffe ich mich wieder einmal zu einem Nostalgiebericht auf. Beim Scannen meiner Dias bin ich darüber gestolpert. Gleich blättere ich auch in meinem Tourenbuch - rückblickend eine meiner gefährlichsten Touren.
Etwas kritisch sehe ich all das schon – heute. Den Schwierigkeiten waren wir durchaus gewachsen, das Wetter war perfekt, aber das war nicht das Thema.
Informationen über vorherrschende Verhältnisse hatten wir nicht, auch keine Französisch- Kenntnisse, es gab kein Internet. Das mag manches erklären – alles nicht.
Aber lest selbst…
Eine unserer Informationsquellen war natürlich, wie damals üblich, das Pause-Buch
„Im extremen Fels“:
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Und so präsentierte sich uns der Dru, im Blick die Westwand, etwa in Bildmitte links die Rognon-Felsinsel, unser Biwakplatz
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26.7.1983
Es ist ein brütend heißer Sommernachmittag. Gerhard und ich mühen uns redlich ab im Zustieg: Von der Montenvers- Bahn aus, vom Mer de Glace, 3 ½ Stunden Geröll, Gestrüpp, Hitze, dann endlich freies Almgelände – trotzdem – weglos.
Ein Blick zur Grandes Charmoz-Wand:
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Aber das Wetter ist perfekt, die fantastische Kulisse ringsum, der Auftrieb so riesengroß, alles ist schon wieder vergessen, als wir die Rognon-Felsen erreichen, einen schmalen Blockstreifen vom Gletscher umrahmt, unseren Platz für die Nacht.
Gleich sind wir dort:
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Ein nicht allzu breiter Firnarm trennt uns von der eindrucksvollen, glatten Westwand. Lediglich in dieser rührt sich was, sonst sind wir mutterseelenalleine hier. Merkwürdig – und das in der Hauptsaison.
Frrrr….patsch! Was war das? Ein Stein ist auf den Schnee geschlagen, weiter nichts. Dann aber wieder, ein nächster, noch einer… Der Nachmittag so heiß, kein Wunder sagen wir, in der Nacht wird´s sicher besser. Doch gemütlich ist der Platz hier nicht. Wir haben etwa 100 Meter Abstand zur Wand, herüber fallen kann hier wohl nichts, nein… Wir machen es uns bequem, breiten unser Zeug auf den warmen Platten aus, kochen Suppe.
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Plötzlich ein Krachen, dann dröhnt es in der Luft als ob eine Bombe herab fiele. Hastig schlüpfen wir unter einen Felsen. Wumm – ein riesiger Block fährt in den Gletscher. Genügend weit weg von uns, aber trotzdem, es ist unheimlich hier. Der Berg, unser Ziel, er scheint zerfallen zu wollen. Ob wir morgen gehen?
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Die Steine orgeln herum wie im Krieg. Auch in der Nordwand ist die Hölle los. Ein Block, groß wie ein Volkswagen schlägt ins Nischeneisfeld, wird heraus katapultiert, saust im freien Fall gute 300 Meter, bevor er an der Ecke der unteren Wandterrasse in tausend Stücke zerschellt. Dort läuft unsere Route…
Aber die Nacht ist ruhiger, oder bilden wir uns das bloß ein?
27.7.1983
Zeitiger Aufbruch, mit knirschenden Steigeisen zum Einstieg, hinauf in den weltentrückten Winkel der Nordwand. Düstere Abbrüche, Rinnen mit dunklen Eisschlangen, feuchte, tropfende Überhänge, drohende Seraks. Was tun wir hier?
Auch der goldene Morgen vermag unsere Anspannung kaum zu vertreiben. Nur hinein in die Wand und möglichst rasch weiter.
Doch das Einstiegscouloir, normalerweise eine harmlose Schneerinne, ist komplett aper.
Was sich normalerweise unter Schnee verbirgt, entpuppt sich teilweise als V. Grad, braune Bröselfelsen, enorm heikel. Unter unseren Tritten verabschiedet sich jedes Mal eine gatschige Masse, die wie ein brauner Wurm durch die Risse abwärts kriecht.
Erster Stand, Gerhard tastet sich vorwärts. Als er etwa eine halbe Seillänge hinter sich hat, kracht es schon wieder. Ich gehe in Deckung. Aber was ist mit Gerhard? Er muss dem Schwall von Felsbrocken ja fast ungeschützt entgegensehen. Bange Minuten vergehen, dann rührt sich das Seil wieder, gottseidank! Hastig versuchen wir dieser heimtückischen Rinne zu entkommen. Aber so einfach ist das nicht, immer wieder Gatsch, Bruch, praktisch bei jeder Bewegung löst sich was.
Endlich ist der erste Absatz erreicht. Doch nun gilt: Nichts wie rasch drüber! Dort ist gestern der Volkswagen zerschellt. Wir rennen über das Blockzeug aufwärts, normalerweise ist hier ein Schneefeld, normalerweise…
Endlich steilerer Fels, auch kein Honiglecken mit den Rucksäcken
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aber hier sind wir wenigstens vor Steinschlag einigermaßen sicher.
E01020.jpg
Der Fels ist vielfach sandig und auch keineswegs so fest, wie im Führer behauptet. So ist alles doppelt anstrengend. Wie konnten wir auch wissen, dass sich hier vor Kurzem ein Bergsturz ereignet hat…
Aber - ein prächtiger Riss folgt
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und eine Rampe leitet zu einem Absatz. Hier liegen zerschlagene Seilreste, Karabiner, Schlingen. Sind das hier Blutflecken? Bloß weg hier…
Dann wird der Fels schöner, aber der Lambert-Riss wartet.
Ein Quetschkamin, vereist und nass. Weiß der Teufel, wie ich hinauf gekommen bin.
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Die zerschundenen Knie entdecke ich erst später…Nach all der Plage darf ich nun auch noch die Rucksäcke aufziehen.
Etwas kritisch sehe ich all das schon – heute. Den Schwierigkeiten waren wir durchaus gewachsen, das Wetter war perfekt, aber das war nicht das Thema.
Informationen über vorherrschende Verhältnisse hatten wir nicht, auch keine Französisch- Kenntnisse, es gab kein Internet. Das mag manches erklären – alles nicht.
Aber lest selbst…
Eine unserer Informationsquellen war natürlich, wie damals üblich, das Pause-Buch
„Im extremen Fels“:
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E01012.jpg
Und so präsentierte sich uns der Dru, im Blick die Westwand, etwa in Bildmitte links die Rognon-Felsinsel, unser Biwakplatz
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26.7.1983
Es ist ein brütend heißer Sommernachmittag. Gerhard und ich mühen uns redlich ab im Zustieg: Von der Montenvers- Bahn aus, vom Mer de Glace, 3 ½ Stunden Geröll, Gestrüpp, Hitze, dann endlich freies Almgelände – trotzdem – weglos.
Ein Blick zur Grandes Charmoz-Wand:
E01014.jpg
Aber das Wetter ist perfekt, die fantastische Kulisse ringsum, der Auftrieb so riesengroß, alles ist schon wieder vergessen, als wir die Rognon-Felsen erreichen, einen schmalen Blockstreifen vom Gletscher umrahmt, unseren Platz für die Nacht.
Gleich sind wir dort:
E01015.jpg
E01016.jpg
Ein nicht allzu breiter Firnarm trennt uns von der eindrucksvollen, glatten Westwand. Lediglich in dieser rührt sich was, sonst sind wir mutterseelenalleine hier. Merkwürdig – und das in der Hauptsaison.
Frrrr….patsch! Was war das? Ein Stein ist auf den Schnee geschlagen, weiter nichts. Dann aber wieder, ein nächster, noch einer… Der Nachmittag so heiß, kein Wunder sagen wir, in der Nacht wird´s sicher besser. Doch gemütlich ist der Platz hier nicht. Wir haben etwa 100 Meter Abstand zur Wand, herüber fallen kann hier wohl nichts, nein… Wir machen es uns bequem, breiten unser Zeug auf den warmen Platten aus, kochen Suppe.
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Plötzlich ein Krachen, dann dröhnt es in der Luft als ob eine Bombe herab fiele. Hastig schlüpfen wir unter einen Felsen. Wumm – ein riesiger Block fährt in den Gletscher. Genügend weit weg von uns, aber trotzdem, es ist unheimlich hier. Der Berg, unser Ziel, er scheint zerfallen zu wollen. Ob wir morgen gehen?
E01018.jpg
Die Steine orgeln herum wie im Krieg. Auch in der Nordwand ist die Hölle los. Ein Block, groß wie ein Volkswagen schlägt ins Nischeneisfeld, wird heraus katapultiert, saust im freien Fall gute 300 Meter, bevor er an der Ecke der unteren Wandterrasse in tausend Stücke zerschellt. Dort läuft unsere Route…
Aber die Nacht ist ruhiger, oder bilden wir uns das bloß ein?
27.7.1983
Zeitiger Aufbruch, mit knirschenden Steigeisen zum Einstieg, hinauf in den weltentrückten Winkel der Nordwand. Düstere Abbrüche, Rinnen mit dunklen Eisschlangen, feuchte, tropfende Überhänge, drohende Seraks. Was tun wir hier?
Auch der goldene Morgen vermag unsere Anspannung kaum zu vertreiben. Nur hinein in die Wand und möglichst rasch weiter.
Doch das Einstiegscouloir, normalerweise eine harmlose Schneerinne, ist komplett aper.
Was sich normalerweise unter Schnee verbirgt, entpuppt sich teilweise als V. Grad, braune Bröselfelsen, enorm heikel. Unter unseren Tritten verabschiedet sich jedes Mal eine gatschige Masse, die wie ein brauner Wurm durch die Risse abwärts kriecht.
Erster Stand, Gerhard tastet sich vorwärts. Als er etwa eine halbe Seillänge hinter sich hat, kracht es schon wieder. Ich gehe in Deckung. Aber was ist mit Gerhard? Er muss dem Schwall von Felsbrocken ja fast ungeschützt entgegensehen. Bange Minuten vergehen, dann rührt sich das Seil wieder, gottseidank! Hastig versuchen wir dieser heimtückischen Rinne zu entkommen. Aber so einfach ist das nicht, immer wieder Gatsch, Bruch, praktisch bei jeder Bewegung löst sich was.
Endlich ist der erste Absatz erreicht. Doch nun gilt: Nichts wie rasch drüber! Dort ist gestern der Volkswagen zerschellt. Wir rennen über das Blockzeug aufwärts, normalerweise ist hier ein Schneefeld, normalerweise…
Endlich steilerer Fels, auch kein Honiglecken mit den Rucksäcken
E01019.jpg
aber hier sind wir wenigstens vor Steinschlag einigermaßen sicher.
E01020.jpg
Der Fels ist vielfach sandig und auch keineswegs so fest, wie im Führer behauptet. So ist alles doppelt anstrengend. Wie konnten wir auch wissen, dass sich hier vor Kurzem ein Bergsturz ereignet hat…
Aber - ein prächtiger Riss folgt
E01021.jpg
und eine Rampe leitet zu einem Absatz. Hier liegen zerschlagene Seilreste, Karabiner, Schlingen. Sind das hier Blutflecken? Bloß weg hier…
Dann wird der Fels schöner, aber der Lambert-Riss wartet.
Ein Quetschkamin, vereist und nass. Weiß der Teufel, wie ich hinauf gekommen bin.
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Die zerschundenen Knie entdecke ich erst später…Nach all der Plage darf ich nun auch noch die Rucksäcke aufziehen.
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