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Große Zinne / „Normalweg“: 450 Hm; UIAA IV- ; free solo, (on sight) – Teil I

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  • Große Zinne / „Normalweg“: 450 Hm; UIAA IV- ; free solo, (on sight) – Teil I

    Große Zinne / „Normalweg“: 450 Hm; UIAA IV- ; free solo, (on sight) – Teil I

    Datum:
    25. + 26.07.2019

    25.07.2019:
    Nach einem ausgiebigen Frühstück auf der Auronzo Hütte reihte ich mich am Donnerstag, d. 25.07. bei den Wanderern Richtung Lavaredo Hütte ein, um dann 200 m vor der kleinen Kapelle links hoch in Richtung Schlucht zw. Kleiner u. Großer Zinne zu queren.

    Für Nachmittags waren heftige Gewitter angekündigt, neben der Wärme früh am Morgen, wahrscheinlich der Hauptgrund, dass ich um die Zeit der einzige Kletterer war, der in Richtung Große Zinne lief.

    Der Normalweg ist ja sicher den meistens Kletter-Usern hier bekannt, so dass ich auf eine ausführliche Weg- und Routenbeschreibung verzichte.

    Ein „Must-Have“ für die Dolomiten ist „Klettern in den Dolomiten“ v. Mauro Bernardi vom Athesia Verlag; hierin findet Ihr eine sehr gute Routenbeschreibung. Dort habe ich auch die beiden ersten Bilder abfotografiert.


    FotoB01.JPG
    ….Übersicht zur Route


    FotoB02.JPG
    ….Topo "Normalweg" v. M. Bernardi, es geht aber auch das von „bergsteigen.com".


    Als A4-Blatt hatte ich für den Normalweg die Routenbeschreibung von „bergsteigen.com“ am 25.07. als Topo dabei. Während Bernardi nach meiner Einschätzung völlig zurecht die Route mit einer „4-„ bewertet, klassifiziert „bergsteigen“ die Route mit „3+“.


    Foto049.JPG
    ….mein Einstieg in die Rampe zu Beginn der Route erfolgte um 08.55 Uhr.


    Bei Aufstieg überholte ich dann an der 1. Scharte 3 Italiener und weiter oben schloss ich zu einem Bergführer mit einem Vater und seinem max. 6 Jahre altem Sohn auf.


    Foto051.JPG
    ….hier schließe ich ca. 20 m unter der 1. Scharte zu den Italienern auf.


    Foto053.JPG
    ….die Ecke hinter der 1. Scharte. Danach habe ich die Drei überholt.


    Das ich den 3 Italienern u. dem Bergführer eine Zeit hinterhergeklettert bin und ich mir bei „youtube“ vorher mehrere Videos zum Normalweg angeschaut habe, ist trotz meines ersten Besuchs im Normalweg der Grund dafür, dass das (on sight) in Klammern steht …und sowieso bei einer nur 4- in solchem Dolomitfels mit Augenzwinkern!


    Foto055.JPG
    ….weiter oben seht Ihr Guide + Vater + Sohn


    Bereits an der ersten Scharte ließ der Himmel nichts Gutes für die nächsten Stunden erwarten, so dass ich weiter oben gar nicht erst in den glatten Kamin eingestiegen bin. Da war es 10.40 Uhr. Etwas unverständlich bei der Wolkenbildung war für mich die Entscheidung des Bergführers mit Vater und Sohn es im Kamin doch noch zu versuchen.


    Foto058.JPG
    ….das letzte Foto Richtung Kamin, bevor ich wieder abgeseilt u. den Rückweg angetreten habe; Guide und Mini-Familie sind bereits im Kamin.


    Foto063.JPG
    ….unterhalb der 1. Scharte seilt man 2 x ca. 20 m ab. Dort kann man auch seine Ausrüstung zusammenpacken und weiter abklettern. Zu dem Zeitpunkt gab es bereits die ersten kleinen Hagelkörner.


    Foto070.JPG
    ….der Mann mit Pferd war mir bereits 2017 bei meinem ersten Versuch an der Westlichen Zinne aufgefallen, er transportiert wohl Ausrüstung u. a. zu den Hütten.


    Nach den gleichen Problemen mit meinem neuen und ständig „knäuelbildenden“ Halbseil beim Abseilen wie bereits am Vortag an der Westlichen Zinne, kam ich dann gegen 13.00 Uhr wieder an der Hütte an. Kurze Zeit später ging wetter-technisch die Welt unter.


    Foto075.JPG
    …..so sah es 30 Minuten später am Berg aus. Zu diesem Zeitpunkt waren Bergführer, Vater u. der kleine Junge + die 3 Italiener wahrscheinlich noch in der Route.


    Teil II folgt nach....
    Zuletzt geändert von zenitsucher; 30.07.2019, 18:18.

  • #2
    Große Zinne / „Normalweg“: 450 Hm; UIAA IV- ; free solo, (on sight) – Teil II

    26.07.2019:
    Ihr kennt es schon…gemütliches Frühstück, Laufen bis zum Einstieg, Rampe, 1. Scharte, aufklettern bis zum glatten Kamin, Absteigende begrüßen, …heute ging es allerdings etwas flotter bergauf als am Vortag.

    Am Freitag war ich um die Zeit bergauf der Einzige, auch war es durch die hohe Luftfeuchtigkeit ziemlich schwül, was evtl. den einen oder anderen Kletterer abgeschreckt hat.

    Ankunft Kamin um 10.15 Uhr. Hier habe ich dann wahrscheinlich den Fehler gemacht und bin zu weit in den Kamin hineingekrochen, bevor ich mich aufwärts orientiert habe.


    Foto079.JPG
    ….Blick in den glatten Kamin. Ich bin erst hinter der ganz engen Stelle nach oben geklettert.


    Irgendwie habe ich in der steilen Linie hoch zum eingeklemmten Felsbrocken (der mit der grünlichen Seilschlaufe links) Griffe und Tritte vermisst, auch war es links und rechts an der Kaminwand auffallend glattpoliert.

    Auf halber Höhe kam dann im Kamin der Moment, bei dem ich Rücken + Rucksack rechts kräftig angelehnt und beiden Beine links eingestemmt habe um erst einmal zu schauen und überlegen, wie es jetzt weiter hoch geht.

    Oberhalb vom nächsten Aufschwung über dem Kamin gab mir auf mein Nachfragen ein abseilender Guide mit zwei Kunden die Info am oberen Ringband mind. 200 m nach links zu laufen, bevor es dann wieder hoch Richtung Gipfel geht. Ich „Künstler“ hatte nämlich an dem Tag mein Topo vergessen.


    Foto081.JPG
    ….oben muss man dem oberen Ringband nach links folgen, jedoch NICHT (!!) wie ich bis zum Ende. Da steht man nämlich bereits an der Absturzkante und in od. neben der „Dülfer Route“. Allerdings kann man dort ebenfalls ganz lustig nach oben und wieder zurück zum Ringband nach unten klettern. …. Muss man aber nicht.

    Nach einigem Suchen und umher Klettern wurde dann doch noch die rechts versteckt liegende glatte Aufstiegsrinne und oben der so genannten „Böse Block“ gefunden. Die glatte Rinne liegt ca. 50 m VOR dem Ende vom und deutlich ÜBER dem Ringband!

    Abends haben mir auf der Hütte zwei Österreicher erzählt, dass man wohl rechts daneben ziemlich komfortabel am „Bösen Block“ vorbei und nach oben kommt.


    Foto088.JPG
    ….ich habe am „Block“ die Bouldervariante Marke Ausstieg aus „Midnight Lightning“ (jetzt mit SEHR starkem Augenzwinkern!) gewählt, um mich an ihm hoch und nach rechts zu quälen.


    Danach war dann der Gipfel um 11.50 Uhr erreicht. Zu dem Zeitpunkt hatte ich wahrscheinlich bereits die Bergseite mit der Normalroute ganz für mich allein.


    Foto091.JPG
    ….670 m tiefer liegt die Auronzo Hütte.


    Zurück gab es dann noch den lustigen Irrtum, dass ich zu weit oben und oberhalb vom glatten Kamin nach rechts in die Schlucht abgeseilt habe, in die Irre geführt von einem am Fels aufgemalten verwitterten roten Pfeil Richtung Schlucht u. einer robusten Abseilstelle mit Kette.


    Foto093.JPG
    ….wenn Ihr hier steht, abseilt, den roten Pfeil nach rechts u. die Abseilstelle seht, dann NICHT nach rechts abseilen!


    Nach dem ersten 10 m-Abseilen war es dann nur noch ein etwa 20 – 30 Jahre so vor sich hin rostender Felshaken, an dem das Seil durchgeführt werden konnte, allerdings war er fest im Fels eingeschlagen.

    Da unten eine schräge Schuttrinne zu sehen war und auch irgendwie da unten der Einstieg vom glatten Kamin sein musste, vertraute ich auf den Haken und seilt weiter ca. 20 m ab.

    Überraschung!! Da unten gab es keine weitere Abseilstelle!!

    Fast am Ende vom Doppelseil und mich auf der schrägen Schuttrinne abwärts langtastend, entdeckte ich seitlich auf der fast senkrechten Wand rechts von mir (Augen bergauf), und exakt 29,0 m über dem Einstieg vom Kamin, eine neue, fest eingebohrte und sehr willkommene Stelle zum weiteren Abseilen.

    Der Witz war, dass man sie nur mit seeehr langem rechten Arm, etwa 3,0 m neben der Rinne u. auf Zehenspitzen in der Wand stehend gerade so mit der Standplatzschlinge + Karabiner erreichen konnte.

    Nachdem ich dort wieder gesichert war, atmete ich dann auch wieder weiter.

    Falls sich jemand fragt, wieso 29,0 m? Vom doppelt geführten 60 m Seil lagen beim Abseilen noch jeweils 1,0 m Restseil vor dem Kamineinstieg.


    Foto094.JPG
    ….jetzt gesichert. Blick nach unten zum Einstieg in den glatten Kamin. Danke an die netten Bergführer, welche diese Stelle eingebohrt haben, sonst hätte ich die ganze Strecke wieder hochklettern müssen.


    Foto096.JPG
    ….zurück am Kamineingang; oben laufen die letzten Meter vom abgezogenen Seil durch die Öse.



    Der Rest war dann wie bereits am Vortag, über weite Strecken abklettern, ab und zu abseilen und unterhalb der 1. Scharte alles in den Rucksack packen, Abstieg über die Rampe und zurück zur Hütte.


    Foto097.JPG
    ….nach dem zweimaligen Abseilen unter der 1. Scharte nochmals Blick nach oben; ab da kann man alles Weitere stressfrei zum Einstieg unter der Rampe abklettern.


    Foto101.JPG

    ….oben seht Ihr das Gipfelkreuz der Großen Zinne; Zoomaufnahme vom Auto neben der Hütte; Ankunft Auronzo Hütte um 15.20 Uhr; sehr leckeres Abendessen ab 19.00 Uhr.


    Am Samstag früh Abreise zu Freunden nach Wolfsgruben / Oberbozen („dreibirken.it“), am Sonntag nach dem Frühstück wieder zurück nach Thüringen und wieder nervige u. staureiche 9,0 Stunden bis zur Haustür.

    So, das zur Großen Zinne - Normalweg. Ich hoffe, es war nicht zu viel Prosa.

    Grüße aus Thüringen

    zenitsucher
    Angehängte Dateien
    Zuletzt geändert von zenitsucher; 29.07.2019, 22:46.

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    • #3
      Ein wunderbarer Beitrag - ich hatte das Gefühl, hautnah dabei zu sein!
      Vielen Dank für die detaillierte Schilderung. Da ich noch nie in der Gegend war, die Zinnen aber natürlich auch auf mich eine ungemeine Faszination ausüben, habe ich den Bericht regelrecht verschlungen.

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      • #4
        Spannende Sache, danke für den Bericht und natürlich

        Gratulation

        LG, Günter
        Meine Touren in Europa

        Nicht was wir erleben, sondern wie wir es empfinden, macht unser Schicksal aus.
        (Marie von Ebner-Eschenbach)

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        • #5
          Spannender Bericht, der Erinnerungen weckt. up.jpg

          Ich war in den 1980ern zweimal auf der Großen Zinne, 1986 über den Normalweg und 1989 über die Dibonakante. Damals war das eine noch ein 3er und das andere ein 4er
          Die Orientierung beim Abstieg ist wirklich nicht einfach, 1989 haben wir am Ringband ziemlich lang herumsuchen müssen, bis wir die richtige Stelle gefunden hatten (obwohl wir den Normalweg ja schon kannten)...

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          • #6
            Schaut gut aus, Danke für den Beitrag. Wie siehts denn mit Steinen durch Absteigende aus?
            Endlich mal ein Thema wo ich nicht zu spät, zu unwissend oder einfach zu faul bin um etwas beizutragen

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            • #7
              Liest sich sehr interessant! Die Lücke muss ich auch nochmal schließen...
              carpe diem!
              www.instagram.com/bildervondraussen/

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              • #8
                Danke fürs Auffrischen der Erinnerung an diese Tour :-)
                A poar Höhnmeta san oiwei nu gonga.

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                • #9
                  Bei mir ist es jetzt auch schon über 15 Jahre her, aber an einige Abschnitte kann ich mcih schon noch errinern. Allerdings waren wir länger unterwegs.

                  Danke für den Bericht und Viele Liebe Grüße von climby
                  Meine Nachbarn hören Metal, ob sie wollen oder nicht

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                  • #10
                    statt direkt im kamin, ist die linke wand viel schöner zu klettern, nicht so abgeschmiert und gar mit bolts gesichert, dafür etwas schwieriger.
                    der bergführer hatte vor dem hagel vermutlich die geschützen biwakplätze am ringband im sinn. die sind schneller erreicht als der komplette abstieg im ungeschützten bereich, es wird ja nicht den ganzen tag durchgehagelt haben? darf man fragen warum man bei der prognostizierten wettervorhersage erst um 09:00 einsteigt? wir hatten ähnliches wetter zu einer ähnlichen zeit und ähnlichen prognosen, waren deswegen aber um 05:30 bei der einstiegsrampe.

                    gut geschrieben, tiptop!
                    no gods - no masters - no signature

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                    • #11
                      Toller Bericht und sehr aufschlussreiche Fotos!
                      Danke
                      Alle meine Beiträge im Tourenforum

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                      • #12
                        Sehr, sehr spannend, wie wenn ich dabei gewesen wäre.
                        Habe beim Absteigen bzw. Abseilen richtig mitgefiebert
                        lg, Manfred (manfredsberge.blogspot.com)

                        Meine Tourenberichte auf gipfeltreffen

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                        • #13
                          Weckt Erinnerungen an meine Besteigung vor ein paar Jahren mit Sohnemann "Hansoen"

                          Kommentar


                          • #14
                            Da ich noch Antworten schulde, hier Folgendes:

                            Zu "meinereiner": - Steine von oben durch Absteigende: m. E. auch in den Normalrouten der Drei Zinnen immer möglich. Selbst beim Abziehen des Halbseils kamen nach meiner Erinnerung 2 x kleine Steinchen hinterher.

                            Zu "trashed": - Hagel: Hagelkörnchen gab es nur kurz; so richtig los ging es dann nach 13.00 Uhr. Das war DER Tag mit dem großen Unwetter in Südtirol und in Teilen von Österreich. Allein bis 19.00 Uhr wurden laut Internet in Südtirol ca. 4.000 Blitz gezählt.
                            - Einstieg um 09.00 Uhr: laut Wettervorhersage sollte das Gewitter erst Nachmittags kommen. Da wollte ich am 25. ja schon wieder zurück sein.

                            Grüße aus Thüringen

                            zenitsucher
                            Zuletzt geändert von zenitsucher; 13.08.2019, 18:09.

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                            • #15
                              Super Beitrag, Respekt für die tolle Berichterstattung und Bilder. Ich habe schon lange vor den Normalweg zu machen und überlege es mir gerade ernsthaft, diese Tour auch Solo zu gehen.
                              Jedoch bin ich mir bewusst, das hier nicht die Faktoren des Schwierigkeitgrades das eigentliche Problem sind, sondern eher Steinschlag und Wegfindung. Aus diesen Gründen wäre mir da dann doch eine Begehung zu zweit, mit Seilsicherung angenehmer :-) Mal schauen wie es sich dann nächste Saison ergibt. Falls evt.wer Lust hat, diese Tour zu machen(ohne Bergführer), gerne auch in einer Gruppe bitte melden.
                              Gruß Tom07
                              Zuletzt geändert von Tom07; 08.12.2021, 13:37.

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