Wie versprochen, wieder einmal ein Blick in die Nostalgiekiste. Heute tut es mir ein wenig leid, dass ich nicht doch etwas mehr Fotos gemacht habe.
So gibt es halt diesmal viel Text und wenig Bilder.
Vielleicht ist´s trotzdem für so manchen interessant, wie man so vor etwa 35 Jahren unterwegs war.
Die Badile NO-Wand war meine erste extreme Wand, entsprechend groß war auch mein Respekt…Wir hatten noch keine Reibungskletterschuhe. Statt dessen benützte ich gerne alte, vorne an der Sohle abgenudelte Wanderschuhe. Die Rotpunktwelle hatte uns aber schon erfasst, so einfach in einen Haken greifen, war für uns nicht mehr drinnen. Friends hatten wir noch nicht, Klemmkeile schon, Schlaghaken waren eine Selbstverständlichkeit ebenso, dass einmal keine vorhanden waren.
Beim Blättern in meinen Tourenbüchern habe ich diesen Bericht entdeckt und möchte diesen auch in seiner unverfälschten Form präsentieren:
22.8.1980 Piz Badile NO-Wand (Cassin), VI, 4x A0
E0101-001.jpg
Verflixt! Wie kommen wir hier bloß drüber? Wieder versperrt uns ein tosender Gletscherbach den Weg. Als ob wir nicht schon genug damit zu tun hätten, in stockdunkler Nacht durch das Moränengeröll zu stolpern.
Unser Ziel ist die Badile NO-Wand. Früh schon sind wir von der Sciora-Hütte aufgebrochen, hinausgetreten in die sternklare Nacht. Das Wetter könnte nicht besser sein!
Wenn nur dieser teuflische Geröllhatscher nicht wäre! Mühsam holpern wir zwischen den runden Kieseln umher. Oft genug müssen wir mit kühnen Sprüngen über brodelnde Gletscherbäche wechseln. Eine Markierung ist nur selten erkennbar.
Trotzdem – wir sollten rasch sein. Denn über uns wissen wir den Steilabbruch einer Gletscherzunge. Dort oben sind Felsblöcke in Schrankgröße ins Eis hinein gebacken…Es kann einfach nicht rasch genug gehen, aber scheinbar wie Schnecken bewegen wir uns durch diese Geröllhalden…
Als wir den kleinen Gletscher unter der Wand betreten, dämmert es.
Wild zerrissen, steinschlagübersät, von düsteren Steilwänden bewacht, liegt der Eisfleck vor uns. Aber der Schnee drauf ist griffig, tatsächlich fehlen uns die Steigeisen nicht, die wir eingespart haben.
Bald sind wir bei der Randkluft, beim Einstieg.
Der Winkel ist bedrückend, ein Ende der Riesenwand nicht abzusehen. Auch aus der Nähe wirkt sie noch ziemlich glatt. Jetzt gilt es! Oder muten wir uns doch zu viel zu? Ach Quatsch! Wir sind ja doch bestens in Form…Noch immer habe ich heillosen Respekt, aber keine Angst. Respekt ist gut, aber Angst wäre gefährlich…
7h 30, wir steigen ein. Wir müssen in die Randkluft runter, rüber zum Fels, dann beginnt auch schon der erste lange Quergang. Der Fels fühlt sich feucht an, unsere Finger sind klamm. Aber noch ist´s ja nicht schwierig. Wir gehen gleichzeitig, am laufenden Seil. Hie und da hänge ich eine Schlinge ein. Helmut, mein Münchner Bergfreund nimmt sie wieder mit. Ist das Material aus, mache ich Stand.
Rasch bewältigen wir auf diese Weise den Quergang und schon beginnen erste Schwierigkeiten.
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Eine tolle Verschneidung, 25m, Helmut steigt langsam vor, erst zögerlich, doch bald immer entschlossener. Alles ist da, kleine Griffe, gute Reibungstritte, nach ein paar Metern ein herrlicher Piazriss – wirklich nicht schwerer als IV+ konstatieren wir – kaum zu glauben!
Danach bescheren prächtige runde Hangelleisten bescheren eine Genußstelle nach der anderen.
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Manche dieser Leisten erstreckt sich auf zehn Meter und für die Sohlen unserer Bergschuhe gibt´s nur Reibung. Bald stehen wir hinter einer großen Schuppe, gleich dahinter soll die erste Schlüsselstelle kommen.
Schon quere ich hinaus in die freie Wand. An kleinen Griffen turne ich langsam eine Verschneidung höher. Die Steigleiter habe ich vorsichtshalber griffbereit, im Führer steht ja immerhin A1. Doch irgendwo findet sich immer ein Halt und schließlich benütze ich nur einen einzigen Haken als Griff (A0). Immerhin sehe ich ja nach jeder 3-Meter-Schleich-Passage einen besseren Henkelgriff – sehr beruhigend.
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In einem folgenden Faustriss muss ich entschlossen zupacken. Die Stelle kostet viel Schmalz und mein auch mein Handrücken leidet ein wenig. Aber schon kann ich Helmut zum Stand (erstes Cassinbiwak) nachsichern.
Fast waagrecht queren wir nun etwa zwei Seillängen nach links, teils an breiten Hangelschuppen, teils an mickrigen Warzen, für die Füße meist nur Reibung.
Wir haben eine Seilschaft eingeholt. Gemeinsam rätseln wir über den Weiterweg.
Schließlich probieren die anderen es links, wir klettern gerade hoch. Hier stecken zwar keine Haken, aber Helmut kommt gut vorwärts. Bald schon wissen wir, dass wir wieder richtig sind. Eine IV-er-Länge noch, dann folgt geneigteres Gelände. Ein großer Glücksfall, dass wir hier den besten Durchstieg fanden und auch noch die andere Seilschaft überholen konnten. Keine Selbstverständlichkeit in dieser Wand – die anderen mussten biwakieren…
Gleichzeitig steigen wir weiter zum großen Schneefleck. Schon in Wandmitte? Nach 3 Stunden – wir können zufrieden sein… Kleiner Imbiss gefällig? Freilich – warum nicht!
Drüben am Cengalo-Pfeiler klettern auch ein paar winzige Punkte am spiegelglatten Plattenbuckel. Diesen Pfeiler müssen wir auch einmal machen!
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Nach 20 Minuten klettern wir weiter. „Wer führt die Verschneidung?“ „Hmmm – ich schon…“ „Gut“. Im Grunde ist es völlig gleichgültig, wer hier führt, Helmut kommt dafür etwas später auf seine Kosten.
Die Verschneidung beginnt gleich abenteuerlich glatt. Vorsichtig erschwindle ich Meter für Meter, kleine Warzen, runde Leisten und Reibung – das ist alles. Kurzes Verschnaufen, wenn ein besserer Tritt erreicht ist, Aufatmen, wenn ein Karabiner in einen Haken klinkt. Nach 25 Metern muss ich raus aus der Verschneidung, ja hier ist eine Möglichkeit! Mit einem heiklen Manöver quere ich um die Ecke, finde Stand auf einem winzigen Plätzchen. Wieder eine Schlüsselstelle geschafft!
Senkrechte Risse, mal IV, mal V folgen. Eigenartige Schuppen dienen als Zangengriffe. Hier darf man nicht lange herum zögern. Rasch zugegriffen, hochsteigen, kurz gerastet wird beim nächsten guten Tritt.
Nun hat Helmut sein „Scherflein“ abbekommen. Er müht sich redlich einen glatten Riss unter ein Dach hinauf. Zögernd quert er darunter vorbei, hoch über mir tastet er sich eine glatte Verschneidung weiter, er scheint förmlich im Nichts zu stehen…
E0101-006.jpg
Endlich läuft das Seil rascher, dann ertönt doch das erlösende „Stand!“
Tatsächlich, die Stelle hat´s in sich. Wie gut, dass hier so viele Haken stecken! Zwar widerwillig, aber auch dankbar greife ich sogar drei Mal in so einen Stift. Die Platte unter dem Dach verlangt absolute Reibungskletterei. Selbst kleinste Warzen sind spärlich. Ein Wunder, dass das überhaupt hält. Endlich stehen wir doch beim Stand des 2.Cassinbiwaks. Die Hauptschwierigkeiten sollen nun vorbei sein…
Wir gönnen uns wieder eine kleine Pause, ein Blick zum Cengalo
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Das Wetter ist ja fabelhaft und wir können mit unserm Tempo zufrieden sein. Und noch etwas. keine Seilschaft behindert uns, eine Seltenheit in den letzten Jahren. Hie und da sehen wir Leute auf der Badilekante über uns. Ob es noch weit zum Gipfel ist?
Über flachere Platten und seichte Risse klettern wir weiter.
E0101-007.jpg
Etwas Wasser rieselt über den Fels, heraus aus den Kaminen über uns: Die Nässe zwingt zur Vorsicht, das Seil läuft durch ein Bächlein und ab und zu bekommen wir kalte Hände. Aber es geht besser als gedacht.
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Recht warm wird mir dann aber doch im folgenden Kamin. Eigentlich ist´s eine spitzwinkelige Verschneidung, die wir nun hochklettern sollen. Drinnen ist alles feucht, schlatzig, Haken stecken dort einige – ja schon… Reizvoll ist diese Aussicht auf eine so ungelenke Rampfpartie nicht.
Also werde ich frech und beginne an den glatten Wänden hoch zu spreizen. Zunächst gelingt mir das recht gut, sehr elegant…
Jedoch bald gibt´s überhaupt keine Griffe und Tritte mehr! Aber jetzt habe ich keine Wahl, zurück kann ich das kaum noch klettern… Tief im Kamin grinsen mich wasserüberronnene, teils rostigeHaken an, jedoch kann ich sie nicht erreichen… Also weiterspreizen! Noch nie bin bloß mit angepressten Händen und Füßen geklettert, doch gute 15m muss ich mich noch so fortarbeiten. Nur Druck und Reibung auf teils senkrechtem Fels, keine Sicherungsmöglichkeit weit und breit. Nur weiter! Schon zieht es in den Armen und Beinen. Bloß keinen Krampf kriegen…Mit einem Stoßseufzer lande ich auf einem flachen Kaminabsatz. Das war für mich das Schwerste!
Helmut rauft sich im Kamingrund hoch, wesentlich leichter wie´s scheint. Nach zwei prächtigen Seillängen verlassen wir den Kamin. Nun kommen anscheinend keine großen Hindernisse mehr. Weitere vier Seillängen turnen wir über herrliche Platten, nur noch IV, aufwärts zum Ausstieg, der Sonne entgegen.
Am restlichen Nordgrat können wir uns Zeit lassen und die Aussicht genießen
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Unter uns liegt die schattige Wand, geschafft! Übermütig klettern wir zum Gipfel.
Wir sind müde, aber glücklich…
Am nächsten Tag erwartet uns ein langer Blockhatscher, aber was soll´s. Einmal erreichen wir dann doch wieder die Hütte und bewundern gleich wieder den
Piz Badile.
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Morgen kommt dann die Nordkante dran, welch genussreiches Kontrastprogramm!
LG
So gibt es halt diesmal viel Text und wenig Bilder.
Vielleicht ist´s trotzdem für so manchen interessant, wie man so vor etwa 35 Jahren unterwegs war.
Die Badile NO-Wand war meine erste extreme Wand, entsprechend groß war auch mein Respekt…Wir hatten noch keine Reibungskletterschuhe. Statt dessen benützte ich gerne alte, vorne an der Sohle abgenudelte Wanderschuhe. Die Rotpunktwelle hatte uns aber schon erfasst, so einfach in einen Haken greifen, war für uns nicht mehr drinnen. Friends hatten wir noch nicht, Klemmkeile schon, Schlaghaken waren eine Selbstverständlichkeit ebenso, dass einmal keine vorhanden waren.
Beim Blättern in meinen Tourenbüchern habe ich diesen Bericht entdeckt und möchte diesen auch in seiner unverfälschten Form präsentieren:
22.8.1980 Piz Badile NO-Wand (Cassin), VI, 4x A0
E0101-001.jpg
Verflixt! Wie kommen wir hier bloß drüber? Wieder versperrt uns ein tosender Gletscherbach den Weg. Als ob wir nicht schon genug damit zu tun hätten, in stockdunkler Nacht durch das Moränengeröll zu stolpern.
Unser Ziel ist die Badile NO-Wand. Früh schon sind wir von der Sciora-Hütte aufgebrochen, hinausgetreten in die sternklare Nacht. Das Wetter könnte nicht besser sein!
Wenn nur dieser teuflische Geröllhatscher nicht wäre! Mühsam holpern wir zwischen den runden Kieseln umher. Oft genug müssen wir mit kühnen Sprüngen über brodelnde Gletscherbäche wechseln. Eine Markierung ist nur selten erkennbar.
Trotzdem – wir sollten rasch sein. Denn über uns wissen wir den Steilabbruch einer Gletscherzunge. Dort oben sind Felsblöcke in Schrankgröße ins Eis hinein gebacken…Es kann einfach nicht rasch genug gehen, aber scheinbar wie Schnecken bewegen wir uns durch diese Geröllhalden…
Als wir den kleinen Gletscher unter der Wand betreten, dämmert es.
Wild zerrissen, steinschlagübersät, von düsteren Steilwänden bewacht, liegt der Eisfleck vor uns. Aber der Schnee drauf ist griffig, tatsächlich fehlen uns die Steigeisen nicht, die wir eingespart haben.
Bald sind wir bei der Randkluft, beim Einstieg.
Der Winkel ist bedrückend, ein Ende der Riesenwand nicht abzusehen. Auch aus der Nähe wirkt sie noch ziemlich glatt. Jetzt gilt es! Oder muten wir uns doch zu viel zu? Ach Quatsch! Wir sind ja doch bestens in Form…Noch immer habe ich heillosen Respekt, aber keine Angst. Respekt ist gut, aber Angst wäre gefährlich…
7h 30, wir steigen ein. Wir müssen in die Randkluft runter, rüber zum Fels, dann beginnt auch schon der erste lange Quergang. Der Fels fühlt sich feucht an, unsere Finger sind klamm. Aber noch ist´s ja nicht schwierig. Wir gehen gleichzeitig, am laufenden Seil. Hie und da hänge ich eine Schlinge ein. Helmut, mein Münchner Bergfreund nimmt sie wieder mit. Ist das Material aus, mache ich Stand.
Rasch bewältigen wir auf diese Weise den Quergang und schon beginnen erste Schwierigkeiten.
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Eine tolle Verschneidung, 25m, Helmut steigt langsam vor, erst zögerlich, doch bald immer entschlossener. Alles ist da, kleine Griffe, gute Reibungstritte, nach ein paar Metern ein herrlicher Piazriss – wirklich nicht schwerer als IV+ konstatieren wir – kaum zu glauben!
Danach bescheren prächtige runde Hangelleisten bescheren eine Genußstelle nach der anderen.
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Manche dieser Leisten erstreckt sich auf zehn Meter und für die Sohlen unserer Bergschuhe gibt´s nur Reibung. Bald stehen wir hinter einer großen Schuppe, gleich dahinter soll die erste Schlüsselstelle kommen.
Schon quere ich hinaus in die freie Wand. An kleinen Griffen turne ich langsam eine Verschneidung höher. Die Steigleiter habe ich vorsichtshalber griffbereit, im Führer steht ja immerhin A1. Doch irgendwo findet sich immer ein Halt und schließlich benütze ich nur einen einzigen Haken als Griff (A0). Immerhin sehe ich ja nach jeder 3-Meter-Schleich-Passage einen besseren Henkelgriff – sehr beruhigend.
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In einem folgenden Faustriss muss ich entschlossen zupacken. Die Stelle kostet viel Schmalz und mein auch mein Handrücken leidet ein wenig. Aber schon kann ich Helmut zum Stand (erstes Cassinbiwak) nachsichern.
Fast waagrecht queren wir nun etwa zwei Seillängen nach links, teils an breiten Hangelschuppen, teils an mickrigen Warzen, für die Füße meist nur Reibung.
Wir haben eine Seilschaft eingeholt. Gemeinsam rätseln wir über den Weiterweg.
Schließlich probieren die anderen es links, wir klettern gerade hoch. Hier stecken zwar keine Haken, aber Helmut kommt gut vorwärts. Bald schon wissen wir, dass wir wieder richtig sind. Eine IV-er-Länge noch, dann folgt geneigteres Gelände. Ein großer Glücksfall, dass wir hier den besten Durchstieg fanden und auch noch die andere Seilschaft überholen konnten. Keine Selbstverständlichkeit in dieser Wand – die anderen mussten biwakieren…
Gleichzeitig steigen wir weiter zum großen Schneefleck. Schon in Wandmitte? Nach 3 Stunden – wir können zufrieden sein… Kleiner Imbiss gefällig? Freilich – warum nicht!
Drüben am Cengalo-Pfeiler klettern auch ein paar winzige Punkte am spiegelglatten Plattenbuckel. Diesen Pfeiler müssen wir auch einmal machen!
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Nach 20 Minuten klettern wir weiter. „Wer führt die Verschneidung?“ „Hmmm – ich schon…“ „Gut“. Im Grunde ist es völlig gleichgültig, wer hier führt, Helmut kommt dafür etwas später auf seine Kosten.
Die Verschneidung beginnt gleich abenteuerlich glatt. Vorsichtig erschwindle ich Meter für Meter, kleine Warzen, runde Leisten und Reibung – das ist alles. Kurzes Verschnaufen, wenn ein besserer Tritt erreicht ist, Aufatmen, wenn ein Karabiner in einen Haken klinkt. Nach 25 Metern muss ich raus aus der Verschneidung, ja hier ist eine Möglichkeit! Mit einem heiklen Manöver quere ich um die Ecke, finde Stand auf einem winzigen Plätzchen. Wieder eine Schlüsselstelle geschafft!
Senkrechte Risse, mal IV, mal V folgen. Eigenartige Schuppen dienen als Zangengriffe. Hier darf man nicht lange herum zögern. Rasch zugegriffen, hochsteigen, kurz gerastet wird beim nächsten guten Tritt.
Nun hat Helmut sein „Scherflein“ abbekommen. Er müht sich redlich einen glatten Riss unter ein Dach hinauf. Zögernd quert er darunter vorbei, hoch über mir tastet er sich eine glatte Verschneidung weiter, er scheint förmlich im Nichts zu stehen…
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Endlich läuft das Seil rascher, dann ertönt doch das erlösende „Stand!“
Tatsächlich, die Stelle hat´s in sich. Wie gut, dass hier so viele Haken stecken! Zwar widerwillig, aber auch dankbar greife ich sogar drei Mal in so einen Stift. Die Platte unter dem Dach verlangt absolute Reibungskletterei. Selbst kleinste Warzen sind spärlich. Ein Wunder, dass das überhaupt hält. Endlich stehen wir doch beim Stand des 2.Cassinbiwaks. Die Hauptschwierigkeiten sollen nun vorbei sein…
Wir gönnen uns wieder eine kleine Pause, ein Blick zum Cengalo
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Das Wetter ist ja fabelhaft und wir können mit unserm Tempo zufrieden sein. Und noch etwas. keine Seilschaft behindert uns, eine Seltenheit in den letzten Jahren. Hie und da sehen wir Leute auf der Badilekante über uns. Ob es noch weit zum Gipfel ist?
Über flachere Platten und seichte Risse klettern wir weiter.
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Etwas Wasser rieselt über den Fels, heraus aus den Kaminen über uns: Die Nässe zwingt zur Vorsicht, das Seil läuft durch ein Bächlein und ab und zu bekommen wir kalte Hände. Aber es geht besser als gedacht.
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Recht warm wird mir dann aber doch im folgenden Kamin. Eigentlich ist´s eine spitzwinkelige Verschneidung, die wir nun hochklettern sollen. Drinnen ist alles feucht, schlatzig, Haken stecken dort einige – ja schon… Reizvoll ist diese Aussicht auf eine so ungelenke Rampfpartie nicht.
Also werde ich frech und beginne an den glatten Wänden hoch zu spreizen. Zunächst gelingt mir das recht gut, sehr elegant…
Jedoch bald gibt´s überhaupt keine Griffe und Tritte mehr! Aber jetzt habe ich keine Wahl, zurück kann ich das kaum noch klettern… Tief im Kamin grinsen mich wasserüberronnene, teils rostigeHaken an, jedoch kann ich sie nicht erreichen… Also weiterspreizen! Noch nie bin bloß mit angepressten Händen und Füßen geklettert, doch gute 15m muss ich mich noch so fortarbeiten. Nur Druck und Reibung auf teils senkrechtem Fels, keine Sicherungsmöglichkeit weit und breit. Nur weiter! Schon zieht es in den Armen und Beinen. Bloß keinen Krampf kriegen…Mit einem Stoßseufzer lande ich auf einem flachen Kaminabsatz. Das war für mich das Schwerste!
Helmut rauft sich im Kamingrund hoch, wesentlich leichter wie´s scheint. Nach zwei prächtigen Seillängen verlassen wir den Kamin. Nun kommen anscheinend keine großen Hindernisse mehr. Weitere vier Seillängen turnen wir über herrliche Platten, nur noch IV, aufwärts zum Ausstieg, der Sonne entgegen.
Am restlichen Nordgrat können wir uns Zeit lassen und die Aussicht genießen
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Unter uns liegt die schattige Wand, geschafft! Übermütig klettern wir zum Gipfel.
Wir sind müde, aber glücklich…
Am nächsten Tag erwartet uns ein langer Blockhatscher, aber was soll´s. Einmal erreichen wir dann doch wieder die Hütte und bewundern gleich wieder den
Piz Badile.
E0101-010.jpg
Morgen kommt dann die Nordkante dran, welch genussreiches Kontrastprogramm!
LG
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