Es sollte einmal wieder soweit sein- Sachen packen, ab ins Auto und 600km südlich Richtung Ötztal, genauer gesagt nach Melag. Auf dem Plan steht die Weißkugel, welche es uns schon länger angetan hat. Doch wie es sich meist bei diesen schönen und prominenten Gipfeln verhält, ist man dort nie allein und kann sich an Wochenenden zumeist in die hübschen Kolonnen einreihen, die sich die Gletscher hochschrauben. Genau diese Vorstellung hatte uns bisher immer im Sommer von der Kugel abgehalten. Doch nun ist alles anders: Es ist bereits Winter...zumindest sollte es vom Datum her Winter sein,...und die Hütten liegen im Winterschlaf. Zwei gute Argumente, die uns die Tour jetzt doppelt schmackhaft macht.
Da das Wetter und die Bedingungen (ein Dankeschön an dieser Stelle für die Infos der Bergführerstelle Vent in Person Kilian Scheibers) soweit passen sollen, ist die Entscheidung schnell gefallen. Natürlich sehen wir unsere Chancen auf einen Gipfelerfolg halbwegs realistisch. Es muss schon alles passen. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Wir planen die Route von Melag, über den Gletscherlehrpfad hinauf zum Langtaufer Ferner. Dort wollen wir Samstagnachmittag bereits möglichst hoch unser Zelt aufschlagen (die Weißkugelhütte besitzt keinen Winterraum), um für die finale Gipfeletappe am Sonntag nicht mehr als 900-1000hm vor uns zu haben. Schließlich stehen noch fast 1900hm Abstieg und 7h Heimfahrt auf dem Programm. Alles in allem kein Pappenstiel. Den Weg zum Gipfel wollen wir über den Nordgrat (im Sommer PD+/AD+,II-III) angehen, der durch den Wind der letzten Tage relativ frei geblasen sein sollte.
Gesagt getan, nach einer bereits recht kühlen Nacht auf dem Parkplatz von Melag (ca.1900m) geht es gegen 9Uhr los, zunächst vorbei an der Melager Alm und dann durch ein kleines Wäldchen.
Der kurze Blick zurück Richtung Melag. Am Wetter gibts definitiv nichts auszusetzen
Bereits auf 2000m stoßen wir auf den ersten Schnee und damit verbunden auch Eis. Zum Eisklettern würde es noch nicht reichen, doch stellen uns die gefroren Bäche vor erste kleinere Probleme. Die Faulheit, die Steigeisen herauszuholen, überwiegt...
Als wir über die Baumgrenze hinaus kommen, folgen wir dem Gletscherlehrpfad über die Moränen und Geröllhalden hinauf zu den Ausläufern des Langtaufer Ferners
Auf etwa 2600m stoßen wir auf den Gletscher. Von da an gehts es mit Schneeschuhen weiter. Überrascherweise dürfen wir bereits hier schon 10cm spuren. Gegen 15Uhr erreichen wir einen recht flachen Gletscherabschnitt auf ca. 2900m, der im Handumdrehen als Zeltplatz ausgesucht wird. Die Sonne ist derweil schon verschwunden, sodass es keinen Grund mehr gibt, länger in der Kälte zu verweilen. Der warme Schlafsack lockt mehr denn je. Der Aufbau des Zeltes gestaltet sich allerdings doch kniffliger als gedacht, da wir immer wieder teils knietief im Schnee versinken und unsere Heringe dementsprechend auch keinen wirklichen Halt finden. So müssen Stöcke, Pickel und sogar die Schneeschuhe notgedrungen als Ersatz herhalten...
Gegen 16Uhr können wir endlich im (verhältnismäßig) warmen Zelt verschwinden, anschließend schmelzen wir Schnee, kochten Tee sowie Nudeln und gehen nochmals die Route durch. Dann ist Nachtruhe. Samstag 19Uhr
Mitten in der Nacht wache ich auf, werde schlagartig putzmunter, blicke erregt aus dem Zelt, sehe die hellen Sterne und bin fast schon dabei, meinen Kollegen zu wecken, um ihn zu fragen, ob wir nicht schon losgehen wollen. Dann schaue ich auf die Uhr. 21.26Uhr. Oje, das wird eine lange Nacht werden...
Um 5Uhr klingelt dann wirklich der Wecker. Überrascherweise kommen wir auch recht gut aus unseren Schlafsäcken, nur das Anziehen der Schuhe soll nicht so recht klappen. Obwohl wir diese über Nacht im Zelt hatten, sind sie stocksteif gefroren. Erst nach geschlagenen 15Minuten und begleitet von lauter Flucherei gelingt es uns, unsere Füße hineinzuzwängen. Um 5.45Uhr geht es hinaus in die Dunkelheit.
Wir halten uns möglichst weit links am Gletscher, um die großen Spalten zu umgehen und haben doch gut zu tun, einen Weg durch das Labyrinth zu finden. Immer wieder geht es über dünnere Schneebrücken und vorbei an nahezu bodenlosen Spaltenbrüchen. Im Dunkeln nimmt man diese Szenerie jedes Mal aufs Neue besonders bedrohlich wahr. Obwohl wir (trotz Schneeschuhen) gut 15-20cm spuren müssen, kommen wir recht zügig voran. Kurz vor dem Weißkugeljoch (ca. 3300m) geht eindrucksvoll die Sonne auf.
Blick zurück Richtung Weißseespitze
Die Weißkugel im ersten Morgenlicht
Wir hatten uns bereits am Abend im Zelt darauf verständigt, den Nordgrat doch nicht zu versuchen, da für unseren Geschmack doch noch zu viel Schnee darin lag und dieser aller Voraussicht nach nicht (wie erhofft) festgepresst sein würde. Auch der steile Nordhang, den es zunächst zu queren gegolten hätte, sieht angesichts des aktuellsten Lawinenlageberichts wenig einladend aus. Um nicht alles auf eine Karte setzen zu müssen, ziehen wir folglich den Normalweg vor und steigen auf zum Weißkugeljoch, wo uns die ersten Sonnenstrahlen empfangen.
Wenig später machen wir einen (fast) folgenschweren Fehler. Da wir uns vorab nur die Routen des Nord- und Ostgrats genauer angeschaut hatten (Schande über uns! ), halten wir die Südostwand der Weißkugel für den vermeintlichen Normalweg. Diese hat einen ca. 200-250m Aufstieg im ca. 45° steilen Gelände zur Folge. Im unteren stark windgepressten und leicht vereisten Teil steigen wir zu Ungunsten unserer Waden hinauf zum felsdurchsetzten Abschnitt. Dieser sieht von unten recht einfach aus, wird allerdings durch die Brüchigkeit des Gesteins und den knietiefen Schwimmschnee, welcher von nun an vorherrscht, etwas heikel.
Ca. 50-60m unterhalb des Endes der Wand, welches sich durch eine nette Wechte ankündigt, bemerkt mein Kollege, das ihm die ganze Sache nicht gefalle. Das brüchige Gestein, welches kaum Halt bietet und der Schwimmschnee, durch welchen wir uns zwischen den Felsen und der Wechte nochmals knietief wühlen müssen, lässt die Situation in diesem steilen Gelände recht schnell ernst werden. Ich will mich doch nicht so schnell damit zufrieden geben, gerade da das Ende der Wand in so greifbarer Nähe erscheint und damit verbunden derGipfel, welcher sich noch unsichtbar dahinter und nur maximal 100hm weiter oben verbirgt. Nach einigen Minuten des Verhandelns binde ich mich aus dem Seil aus und versuchte allein mein Glück (). 15Minuten später stehe ich direkt unter der Wechte und versuche wild hantierend, mit dem Pickel Halt in ihr zu bekommen. Währenddessen wühle ich mit den Beinen hüfttief im Schnee, der immer mehr nachgibt. Einen kurzen Moment zögere ich noch, sage zu mir selbst, dass das doch nich wirklich wahr sein kann, schaue runter zu Richard, versuche aus seinem Gesicht etwas herauszulesen, erkenne aus der Entfernung aber nur noch seine Konturen. Wieder streift der Blick zur Wechte. Ich bin kurz davor, alles auf eine Karte zu setzen, doch dann kommt urplötzlich die Einsicht, dass es das einfach nicht wert ist. Also drehe ich um und steige vorsichtig wieder ab. Der Frust, so nah vor dem Ziel aufgeben zu müssen, löst sich bald in Freunde über die letztendlich doch richtig getroffene Entscheidung auf.
Der Blick von etwa 20m unterhalb der Wechte hinab. Am Grat in der Mitte kann man meinen Seilpartner Richard sehen:
Blick aus der Wand: Die Langtauferer Spitze
Da das Wetter und die Bedingungen (ein Dankeschön an dieser Stelle für die Infos der Bergführerstelle Vent in Person Kilian Scheibers) soweit passen sollen, ist die Entscheidung schnell gefallen. Natürlich sehen wir unsere Chancen auf einen Gipfelerfolg halbwegs realistisch. Es muss schon alles passen. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Wir planen die Route von Melag, über den Gletscherlehrpfad hinauf zum Langtaufer Ferner. Dort wollen wir Samstagnachmittag bereits möglichst hoch unser Zelt aufschlagen (die Weißkugelhütte besitzt keinen Winterraum), um für die finale Gipfeletappe am Sonntag nicht mehr als 900-1000hm vor uns zu haben. Schließlich stehen noch fast 1900hm Abstieg und 7h Heimfahrt auf dem Programm. Alles in allem kein Pappenstiel. Den Weg zum Gipfel wollen wir über den Nordgrat (im Sommer PD+/AD+,II-III) angehen, der durch den Wind der letzten Tage relativ frei geblasen sein sollte.
Gesagt getan, nach einer bereits recht kühlen Nacht auf dem Parkplatz von Melag (ca.1900m) geht es gegen 9Uhr los, zunächst vorbei an der Melager Alm und dann durch ein kleines Wäldchen.
Der kurze Blick zurück Richtung Melag. Am Wetter gibts definitiv nichts auszusetzen
Bereits auf 2000m stoßen wir auf den ersten Schnee und damit verbunden auch Eis. Zum Eisklettern würde es noch nicht reichen, doch stellen uns die gefroren Bäche vor erste kleinere Probleme. Die Faulheit, die Steigeisen herauszuholen, überwiegt...
Als wir über die Baumgrenze hinaus kommen, folgen wir dem Gletscherlehrpfad über die Moränen und Geröllhalden hinauf zu den Ausläufern des Langtaufer Ferners
Auf etwa 2600m stoßen wir auf den Gletscher. Von da an gehts es mit Schneeschuhen weiter. Überrascherweise dürfen wir bereits hier schon 10cm spuren. Gegen 15Uhr erreichen wir einen recht flachen Gletscherabschnitt auf ca. 2900m, der im Handumdrehen als Zeltplatz ausgesucht wird. Die Sonne ist derweil schon verschwunden, sodass es keinen Grund mehr gibt, länger in der Kälte zu verweilen. Der warme Schlafsack lockt mehr denn je. Der Aufbau des Zeltes gestaltet sich allerdings doch kniffliger als gedacht, da wir immer wieder teils knietief im Schnee versinken und unsere Heringe dementsprechend auch keinen wirklichen Halt finden. So müssen Stöcke, Pickel und sogar die Schneeschuhe notgedrungen als Ersatz herhalten...
Gegen 16Uhr können wir endlich im (verhältnismäßig) warmen Zelt verschwinden, anschließend schmelzen wir Schnee, kochten Tee sowie Nudeln und gehen nochmals die Route durch. Dann ist Nachtruhe. Samstag 19Uhr
Mitten in der Nacht wache ich auf, werde schlagartig putzmunter, blicke erregt aus dem Zelt, sehe die hellen Sterne und bin fast schon dabei, meinen Kollegen zu wecken, um ihn zu fragen, ob wir nicht schon losgehen wollen. Dann schaue ich auf die Uhr. 21.26Uhr. Oje, das wird eine lange Nacht werden...
Um 5Uhr klingelt dann wirklich der Wecker. Überrascherweise kommen wir auch recht gut aus unseren Schlafsäcken, nur das Anziehen der Schuhe soll nicht so recht klappen. Obwohl wir diese über Nacht im Zelt hatten, sind sie stocksteif gefroren. Erst nach geschlagenen 15Minuten und begleitet von lauter Flucherei gelingt es uns, unsere Füße hineinzuzwängen. Um 5.45Uhr geht es hinaus in die Dunkelheit.
Wir halten uns möglichst weit links am Gletscher, um die großen Spalten zu umgehen und haben doch gut zu tun, einen Weg durch das Labyrinth zu finden. Immer wieder geht es über dünnere Schneebrücken und vorbei an nahezu bodenlosen Spaltenbrüchen. Im Dunkeln nimmt man diese Szenerie jedes Mal aufs Neue besonders bedrohlich wahr. Obwohl wir (trotz Schneeschuhen) gut 15-20cm spuren müssen, kommen wir recht zügig voran. Kurz vor dem Weißkugeljoch (ca. 3300m) geht eindrucksvoll die Sonne auf.
Blick zurück Richtung Weißseespitze
Die Weißkugel im ersten Morgenlicht
Wir hatten uns bereits am Abend im Zelt darauf verständigt, den Nordgrat doch nicht zu versuchen, da für unseren Geschmack doch noch zu viel Schnee darin lag und dieser aller Voraussicht nach nicht (wie erhofft) festgepresst sein würde. Auch der steile Nordhang, den es zunächst zu queren gegolten hätte, sieht angesichts des aktuellsten Lawinenlageberichts wenig einladend aus. Um nicht alles auf eine Karte setzen zu müssen, ziehen wir folglich den Normalweg vor und steigen auf zum Weißkugeljoch, wo uns die ersten Sonnenstrahlen empfangen.
Wenig später machen wir einen (fast) folgenschweren Fehler. Da wir uns vorab nur die Routen des Nord- und Ostgrats genauer angeschaut hatten (Schande über uns! ), halten wir die Südostwand der Weißkugel für den vermeintlichen Normalweg. Diese hat einen ca. 200-250m Aufstieg im ca. 45° steilen Gelände zur Folge. Im unteren stark windgepressten und leicht vereisten Teil steigen wir zu Ungunsten unserer Waden hinauf zum felsdurchsetzten Abschnitt. Dieser sieht von unten recht einfach aus, wird allerdings durch die Brüchigkeit des Gesteins und den knietiefen Schwimmschnee, welcher von nun an vorherrscht, etwas heikel.
Ca. 50-60m unterhalb des Endes der Wand, welches sich durch eine nette Wechte ankündigt, bemerkt mein Kollege, das ihm die ganze Sache nicht gefalle. Das brüchige Gestein, welches kaum Halt bietet und der Schwimmschnee, durch welchen wir uns zwischen den Felsen und der Wechte nochmals knietief wühlen müssen, lässt die Situation in diesem steilen Gelände recht schnell ernst werden. Ich will mich doch nicht so schnell damit zufrieden geben, gerade da das Ende der Wand in so greifbarer Nähe erscheint und damit verbunden derGipfel, welcher sich noch unsichtbar dahinter und nur maximal 100hm weiter oben verbirgt. Nach einigen Minuten des Verhandelns binde ich mich aus dem Seil aus und versuchte allein mein Glück (). 15Minuten später stehe ich direkt unter der Wechte und versuche wild hantierend, mit dem Pickel Halt in ihr zu bekommen. Währenddessen wühle ich mit den Beinen hüfttief im Schnee, der immer mehr nachgibt. Einen kurzen Moment zögere ich noch, sage zu mir selbst, dass das doch nich wirklich wahr sein kann, schaue runter zu Richard, versuche aus seinem Gesicht etwas herauszulesen, erkenne aus der Entfernung aber nur noch seine Konturen. Wieder streift der Blick zur Wechte. Ich bin kurz davor, alles auf eine Karte zu setzen, doch dann kommt urplötzlich die Einsicht, dass es das einfach nicht wert ist. Also drehe ich um und steige vorsichtig wieder ab. Der Frust, so nah vor dem Ziel aufgeben zu müssen, löst sich bald in Freunde über die letztendlich doch richtig getroffene Entscheidung auf.
Der Blick von etwa 20m unterhalb der Wechte hinab. Am Grat in der Mitte kann man meinen Seilpartner Richard sehen:
Blick aus der Wand: Die Langtauferer Spitze
Kommentar