Hallo Zusammen,
Der Bericht kommt spät, leider lässt mir meine aktuelle Lebenssituation kaum Zeit zum Durchatmen. Aber besser spät als nie.
Nachdem wir im letzten Jahr die Besteigung wegen massenhaft Neuschnee absagen mussten, passte in diesem Sommer alles und mein BF Tom entschied: Pack mer´s!
Am 30. 8. gings recht schweißtreibend bei schönstem Sommerwetter rauf zur Hörnlihütte. Über die könnte ich jetzt viel schreiben, aber ich beschränke mich auf´s Wesentliche: Sie wird umgebaut und bleibt im nächsten Sommer deshalb geschlossen. Nach der Wiedereröffnung wird dort bestimmt ein angenehmer Aufenthalt möglich sein. Die Zustände, die wir ausgehalten haben, gehören dann der Vergangenheit an, deshalb muss man sie nicht beschreiben. Aber das das Essen war lecker, die Nacht kurz, die Bude rappelvoll.
Am Gipfeltag springt man von der Matratze in die Klamotten und den Klettergurt, Tasse Tee muss reichen als Frühstück und es ging direkt nach den Zermatter Bergführern um kurz vor 5 los.
Tom gab von Anfang an Gas, denn Zeit ist Sicherheit am Horu, was sich an diesem Tag auf grausame Weise wieder einmal bestätigen sollte. Der Stau am Einstieg sah schlimmer aus als er war, es ging wirklich zügig voran. Sehr rasch überholten wir einige Teams und aus dem Stopp & Go wurde ein gleichmäßiges schnelles Klettern, das mich durchgehend bis an die Grenzen meiner Kondition forderte. Es gab so gut wie keine Pausen, keine Fotos möglich, es war einfach zu voll. Am Solvay-Biwak kletterten wir an weiteren pausierenden Seilschaften vorbei. Tom wollte unsere gute Position nicht aufgeben und diese Strategie war richtig. Als wir an der Schulter ankamen gab es die einzige kurze Rast, aber nur zum Anlegen der Steigeisen. Es folgte das Härteste, was ich am Berg je bewältigt habe: Diese verdammten letzten armdicken Seile, senkrechte Wände in dünner Luft kurz vor Schluss. Mit Steigeisen hangelt man sich mit Armkraft "auf Reibung" da hoch. Da dachte ich kurz ans Aufgeben, aber Tom motivierte mich auf seine spezielle Weise. Also zog ich die Handschuh aus und mich da hoch. Danach kommt nur noch steiles Gehgelände im Schneefeld und plötzlich ist da der Gipfelgrat! Kann ich nicht beschreiben, muss man erleben. Ein über 10 Jahre gehegter Traum war nur ein paar Schritte entfernt. Die schönsten, die ich je an einem Berg gegangen bin. Um 8. 35 Uhr standen wir als 6. Team dieses Tages auf dem Schweizer Gipfel.
Aber nicht lange, denn der Abstieg ist nicht weniger hart als der Aufstieg. Er kommt einem doppelt so lang vor, denn nun fordert die Erschöpfung ihren Tribut. Durch die enorme Hitze an diesem Tag taute alles recht früh schon und man kletterte durch sehr viel nassen Schmierkram ab. Jede Abseilstelle war eine seltene willkommene Erholung. Ich war überrascht (und auch ein bisschen entsetzt) wie viele Seilschaften uns noch im unteren Drittel entgegenkamen, die mit uns gemeinsam gestartet waren. Im Abstieg kamen wir unterhalb der Solvayhütte an einem Biwakierer vorbei, der mir schon bei Aufstieg aufgefallen war. Er macht sich gerade Frühstück als wir gegen 10 Uhr wieder vorbeikletterten.
Gegen Mittag kamen wir stolz, kaputt und hungrig wieder bei der Hütte an und aßen Weltklasse Röstis, die mit einigen wohlverdienten Radlern runtergespült wurden. Insgesamt war das Matterhorn die härteste Bergtour meines Lebens, dagegen waren Montblanc, Dent Blanche oder der Köln-Marathon Spaziergänge. 1400 Hm vertikal in 3,5 Stunden möchte ich auch nie wieder bewältigen, aber die Quälerei hat sich gelohnt.
Leider kam es später an diesem Tag zu einem tragischen Unglück bei einer holländischen Seilschaft. Bei Abseilen auf ca. 4000 Hm an einem BH brach gegen 16.30 der ganze Felsblock aus der Wand. Der Kletterer stürzte in die Ostwand und starb. Es war sehr warm und je länger die Sonne auf den Fels brennt umso mehr geht der Permafrost zurück und der Steinschlag nimmt gefährliche Dimensionen an. Ich kann jedem nur raten, mit einem erfahrenen Bergführer am Matterhorn gut akklimatisiert schnell rauf und schnell runter zu gehen. Klettertechnisch ist es nicht schwierig, aber man sollte den dritten Grad blind, im Schlaf, bei Nässe, todmüde auch im Abstieg vollkommen sicher und schnell beherrschen.
Gipfel.JPG
Gipfel! ...ist erst die halbe Miete
Matterhorn.JPG
Zusammen mit BF Thomas Scherzer, dem ich für die Hilfe bei der Traumerfüllung danke.
Es grüßt
Die Bergzicke
Der Bericht kommt spät, leider lässt mir meine aktuelle Lebenssituation kaum Zeit zum Durchatmen. Aber besser spät als nie.
Nachdem wir im letzten Jahr die Besteigung wegen massenhaft Neuschnee absagen mussten, passte in diesem Sommer alles und mein BF Tom entschied: Pack mer´s!
Am 30. 8. gings recht schweißtreibend bei schönstem Sommerwetter rauf zur Hörnlihütte. Über die könnte ich jetzt viel schreiben, aber ich beschränke mich auf´s Wesentliche: Sie wird umgebaut und bleibt im nächsten Sommer deshalb geschlossen. Nach der Wiedereröffnung wird dort bestimmt ein angenehmer Aufenthalt möglich sein. Die Zustände, die wir ausgehalten haben, gehören dann der Vergangenheit an, deshalb muss man sie nicht beschreiben. Aber das das Essen war lecker, die Nacht kurz, die Bude rappelvoll.
Am Gipfeltag springt man von der Matratze in die Klamotten und den Klettergurt, Tasse Tee muss reichen als Frühstück und es ging direkt nach den Zermatter Bergführern um kurz vor 5 los.
Tom gab von Anfang an Gas, denn Zeit ist Sicherheit am Horu, was sich an diesem Tag auf grausame Weise wieder einmal bestätigen sollte. Der Stau am Einstieg sah schlimmer aus als er war, es ging wirklich zügig voran. Sehr rasch überholten wir einige Teams und aus dem Stopp & Go wurde ein gleichmäßiges schnelles Klettern, das mich durchgehend bis an die Grenzen meiner Kondition forderte. Es gab so gut wie keine Pausen, keine Fotos möglich, es war einfach zu voll. Am Solvay-Biwak kletterten wir an weiteren pausierenden Seilschaften vorbei. Tom wollte unsere gute Position nicht aufgeben und diese Strategie war richtig. Als wir an der Schulter ankamen gab es die einzige kurze Rast, aber nur zum Anlegen der Steigeisen. Es folgte das Härteste, was ich am Berg je bewältigt habe: Diese verdammten letzten armdicken Seile, senkrechte Wände in dünner Luft kurz vor Schluss. Mit Steigeisen hangelt man sich mit Armkraft "auf Reibung" da hoch. Da dachte ich kurz ans Aufgeben, aber Tom motivierte mich auf seine spezielle Weise. Also zog ich die Handschuh aus und mich da hoch. Danach kommt nur noch steiles Gehgelände im Schneefeld und plötzlich ist da der Gipfelgrat! Kann ich nicht beschreiben, muss man erleben. Ein über 10 Jahre gehegter Traum war nur ein paar Schritte entfernt. Die schönsten, die ich je an einem Berg gegangen bin. Um 8. 35 Uhr standen wir als 6. Team dieses Tages auf dem Schweizer Gipfel.
Aber nicht lange, denn der Abstieg ist nicht weniger hart als der Aufstieg. Er kommt einem doppelt so lang vor, denn nun fordert die Erschöpfung ihren Tribut. Durch die enorme Hitze an diesem Tag taute alles recht früh schon und man kletterte durch sehr viel nassen Schmierkram ab. Jede Abseilstelle war eine seltene willkommene Erholung. Ich war überrascht (und auch ein bisschen entsetzt) wie viele Seilschaften uns noch im unteren Drittel entgegenkamen, die mit uns gemeinsam gestartet waren. Im Abstieg kamen wir unterhalb der Solvayhütte an einem Biwakierer vorbei, der mir schon bei Aufstieg aufgefallen war. Er macht sich gerade Frühstück als wir gegen 10 Uhr wieder vorbeikletterten.
Gegen Mittag kamen wir stolz, kaputt und hungrig wieder bei der Hütte an und aßen Weltklasse Röstis, die mit einigen wohlverdienten Radlern runtergespült wurden. Insgesamt war das Matterhorn die härteste Bergtour meines Lebens, dagegen waren Montblanc, Dent Blanche oder der Köln-Marathon Spaziergänge. 1400 Hm vertikal in 3,5 Stunden möchte ich auch nie wieder bewältigen, aber die Quälerei hat sich gelohnt.
Leider kam es später an diesem Tag zu einem tragischen Unglück bei einer holländischen Seilschaft. Bei Abseilen auf ca. 4000 Hm an einem BH brach gegen 16.30 der ganze Felsblock aus der Wand. Der Kletterer stürzte in die Ostwand und starb. Es war sehr warm und je länger die Sonne auf den Fels brennt umso mehr geht der Permafrost zurück und der Steinschlag nimmt gefährliche Dimensionen an. Ich kann jedem nur raten, mit einem erfahrenen Bergführer am Matterhorn gut akklimatisiert schnell rauf und schnell runter zu gehen. Klettertechnisch ist es nicht schwierig, aber man sollte den dritten Grad blind, im Schlaf, bei Nässe, todmüde auch im Abstieg vollkommen sicher und schnell beherrschen.
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Gipfel! ...ist erst die halbe Miete
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Zusammen mit BF Thomas Scherzer, dem ich für die Hilfe bei der Traumerfüllung danke.
Es grüßt
Die Bergzicke
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