Angesichts der vergangenen Diskussionen über Tourenberichte versuche ich mal eine neue Form: die Tourenkritik. Fakten zum Pidinger Klettersteig gibt es im Netz genug. Ich will also bewußt subjektive Eindrücke rüber bringen.
Der Pidinger
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Nordwand des Hochstaufen
,Wer klettern kann, braucht keinen Klettersteig’, lautet der knappe Kommentar meines Seilpartners, als ich verkünde den Pidinger gehen zu wollen. Aber das angenehme ist, dass man alleine gehen kann, wenn der Kletterpartner mal nicht verfügbar ist. Alleine ist man deshalb am Klettersteig aber lange nicht. Schon am Einstieg sammeln sich die Aspiranten, obgleich es noch vor acht in der früh ist. Die Wettervorhersage ist optimistisch und im Laufe des Tages wird die Nordwand des Hochstauffen eher kühler. Aber der Pidinger Klettersteig ist ein ernsthaftes alpines Unternehmen. Da muss man halt früh raus.
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Einstieg zum Pidinger Klettersteig
Der Einstieg signalisiert schon, dass dies bestimmt keine Wanderung wird. Gleich geht’s über eine kleines Wandl am Stahlseil hoch. Während ich so dahin kraxel, denk ich nochmal über den Spruch meines Seilpartners nach, der sich grad an der Suldenspitze austobt. Für wen ist der Klettersteig eigentlich gebaut? Beim ehrgeizigen Versuch den Klettersteig frei zu begehen, scheitere ich oft. Im leichten Gelände, das mit A/B bewertet wird, gelingt dies natürlich. An den schwierigen Passagen - einer steilen Wand am Notausstieg und auf den letzten 200 Höhenmeter - ist aber weitgehend Schluss mit Freikletterei. Zum einen ist der Bewegungsradius durch das Klettersteigset erheblich eingeschränkt. Und wenn man dann mal in Schwung ist, wird man jäh durch das Auflaufen der Karabiner an der Seilverspannung gebremst. Zum Anderen führt die Linie bisweilen über extrem schwierige, grifflose Platten. In einem Zickzack geht es dahin, ohne das der Steig entschlossen einer der vorhandenen Schwachstellen in der Wand folgt.
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100m-Wand vor letztem Notausstieg
Es bleibt also meist nur, am Seil entlang zu hangeln und zumindest eine gewisse Bewegungsökonomie durch geschickt gewählte Tritte zu bewahren. Und das ist nicht ohne. Der Klettersteig verlangt von dem Begeher schon einiges an Trittsicherheit und Bewegungsgeschick. Man könnte sich natürlich auch mit Klimmzügen an Stahlseil und Eisenbügeln hochrampfen, aber da kann ich auch ins Kiesertraining gehen und mir eine National-Geographic-DVD dazu anschauen. Die Erbauer haben sich selbstverständlich viel Mühe gemacht einen abwechslungsreichen Steig zu legen. Davon zeugen auch die Spuren älterer, mittlerweile verbesserter Passagen. Der Wechsel von steilen Wänden und Gehgelände ist sicher hilfreich für die schwächer Konditionierten. Eigentlich schade, dass es dann doch insgesamt so wenig mit Klettern zu tun hat.
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Blick in Richtung Salzburg
Landschaftlich ist der Steig absolut eindrucksvoll. Die Aussicht und Eindrücke in den Felslabyrinth allein lohnen eine Begehung. Aber bei aller Mühe ist der Steig doch eher ein Spektakel als ein ernsthaftes bergsteigerisches Unternehmen in der Hochstaufen Nordwand. Damit liegt der Klettersteig voll im aktuellen Trend etwas Extremes zu beiten, auch wenn dabei der Tiefgang auf der Strecke bleibt.
Bad Riechenhall ist froh nun auch einen Klettersteig der C/D-Kategorie bieten zu können. Und er ist sicher reizvoll, für Leute, die nicht in Seilschaft klettern. Ich bin aber froh, doch eine gewisse Ahnung von Sicherungstechnik sowie eine gesunde Einschätzung meines Leistungsvermögens zu haben. Stürzen möchte ich in den steilen Passagen bestimmt nicht. Erst recht nicht mit Klettersteigset. Ernstzunehmende Verletzungen sind durch ein Aufschlagen an den Eisenstiften und -bügeln garantiert. Und dann, wie kommt man runter? Keiner, der hier geht, hat ein Seil dabei, um eine behelfsmäßig Bergrettung durchzuführen. Und wohl auch kaum das Wissen. Oft beobachte ich, wie dicht die Begeher auf einander folgen. Da sind Mitreißunfälle vorprogrammiert.
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Eisenklammern im oberen Teil
Ich will den Pidinger Klettersteig hier nicht gänzlich abwerten. Es gibt viele sehr schöne Passagen darin, die sich auch frei klettern lassen. Eine herrliche Verschneidung im oberen Teil zum Beispiel. Mir geht es bei der Kritik eher grundsätzlich um das Prinzip des Klettersteigs. Es wirkt wie eine Einladung zur Unvernunft. Wer ist sich schon im klaren, dass ein Sturz deutlich härter als in eine Kletterseil verlaufen würde? Dass ein Rückzug wegen mangelnder Ausrüstung nicht machbar ist, dass man den Klettersteig vom Kopf her eigentlich gehen sollte, als sei man ungesichert? Der Pidinger erfordert gesunde Selbsteinschätzung, erhebliche Leistungsreserven und vorscihtiges Verhalten. Ich hab den Verdacht, dass hier ein ganz anderes Klientel angesprochen wird. In jedem Klettersteigführer werden die spektakulären Fotomöglichkeiten erwähnt. Das spricht schon für die Motive der Begeher.
Es war mein erster Klettersteig. Wahrscheinlich muss ich noch Mehrere gehen, um ein gerechtes Urteil fällen zu können. Ich will nicht jetzt schon aufgeben. Aber wesentlich eindrucksvoller empfand ich dann doch die Überschreitung zum Zwiesel. Diese herrliche, wenig begangene Strecke hat mich nach der Drahtseilspektakel einfach gereizt. Und es hat sich gelohnt. Eine schöne Tour über den Grat, entlang vieler Felstürme. Sehr abwechslungsreich und landschaftlich ansprechend. Nur die nötigsten Sicherungen sind vorhanden, so dass man auch mal den Berg anfassen muss, auf dem man sich bewegt. Es ist zwar nur ein anspruchsvoller Wanderweg, aber er ist wenigstens ehrlich.
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Hochstaufen mit Gratverlauf zum Zwiesel (Blick von dort)
Der Pidinger
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Nordwand des Hochstaufen
,Wer klettern kann, braucht keinen Klettersteig’, lautet der knappe Kommentar meines Seilpartners, als ich verkünde den Pidinger gehen zu wollen. Aber das angenehme ist, dass man alleine gehen kann, wenn der Kletterpartner mal nicht verfügbar ist. Alleine ist man deshalb am Klettersteig aber lange nicht. Schon am Einstieg sammeln sich die Aspiranten, obgleich es noch vor acht in der früh ist. Die Wettervorhersage ist optimistisch und im Laufe des Tages wird die Nordwand des Hochstauffen eher kühler. Aber der Pidinger Klettersteig ist ein ernsthaftes alpines Unternehmen. Da muss man halt früh raus.
02-Einstieg.jpg
Einstieg zum Pidinger Klettersteig
Der Einstieg signalisiert schon, dass dies bestimmt keine Wanderung wird. Gleich geht’s über eine kleines Wandl am Stahlseil hoch. Während ich so dahin kraxel, denk ich nochmal über den Spruch meines Seilpartners nach, der sich grad an der Suldenspitze austobt. Für wen ist der Klettersteig eigentlich gebaut? Beim ehrgeizigen Versuch den Klettersteig frei zu begehen, scheitere ich oft. Im leichten Gelände, das mit A/B bewertet wird, gelingt dies natürlich. An den schwierigen Passagen - einer steilen Wand am Notausstieg und auf den letzten 200 Höhenmeter - ist aber weitgehend Schluss mit Freikletterei. Zum einen ist der Bewegungsradius durch das Klettersteigset erheblich eingeschränkt. Und wenn man dann mal in Schwung ist, wird man jäh durch das Auflaufen der Karabiner an der Seilverspannung gebremst. Zum Anderen führt die Linie bisweilen über extrem schwierige, grifflose Platten. In einem Zickzack geht es dahin, ohne das der Steig entschlossen einer der vorhandenen Schwachstellen in der Wand folgt.
03-Zickzack.jpg
100m-Wand vor letztem Notausstieg
Es bleibt also meist nur, am Seil entlang zu hangeln und zumindest eine gewisse Bewegungsökonomie durch geschickt gewählte Tritte zu bewahren. Und das ist nicht ohne. Der Klettersteig verlangt von dem Begeher schon einiges an Trittsicherheit und Bewegungsgeschick. Man könnte sich natürlich auch mit Klimmzügen an Stahlseil und Eisenbügeln hochrampfen, aber da kann ich auch ins Kiesertraining gehen und mir eine National-Geographic-DVD dazu anschauen. Die Erbauer haben sich selbstverständlich viel Mühe gemacht einen abwechslungsreichen Steig zu legen. Davon zeugen auch die Spuren älterer, mittlerweile verbesserter Passagen. Der Wechsel von steilen Wänden und Gehgelände ist sicher hilfreich für die schwächer Konditionierten. Eigentlich schade, dass es dann doch insgesamt so wenig mit Klettern zu tun hat.
04-Wand.jpg
Blick in Richtung Salzburg
Landschaftlich ist der Steig absolut eindrucksvoll. Die Aussicht und Eindrücke in den Felslabyrinth allein lohnen eine Begehung. Aber bei aller Mühe ist der Steig doch eher ein Spektakel als ein ernsthaftes bergsteigerisches Unternehmen in der Hochstaufen Nordwand. Damit liegt der Klettersteig voll im aktuellen Trend etwas Extremes zu beiten, auch wenn dabei der Tiefgang auf der Strecke bleibt.
Bad Riechenhall ist froh nun auch einen Klettersteig der C/D-Kategorie bieten zu können. Und er ist sicher reizvoll, für Leute, die nicht in Seilschaft klettern. Ich bin aber froh, doch eine gewisse Ahnung von Sicherungstechnik sowie eine gesunde Einschätzung meines Leistungsvermögens zu haben. Stürzen möchte ich in den steilen Passagen bestimmt nicht. Erst recht nicht mit Klettersteigset. Ernstzunehmende Verletzungen sind durch ein Aufschlagen an den Eisenstiften und -bügeln garantiert. Und dann, wie kommt man runter? Keiner, der hier geht, hat ein Seil dabei, um eine behelfsmäßig Bergrettung durchzuführen. Und wohl auch kaum das Wissen. Oft beobachte ich, wie dicht die Begeher auf einander folgen. Da sind Mitreißunfälle vorprogrammiert.
05-Eisenweg.jpg
Eisenklammern im oberen Teil
Ich will den Pidinger Klettersteig hier nicht gänzlich abwerten. Es gibt viele sehr schöne Passagen darin, die sich auch frei klettern lassen. Eine herrliche Verschneidung im oberen Teil zum Beispiel. Mir geht es bei der Kritik eher grundsätzlich um das Prinzip des Klettersteigs. Es wirkt wie eine Einladung zur Unvernunft. Wer ist sich schon im klaren, dass ein Sturz deutlich härter als in eine Kletterseil verlaufen würde? Dass ein Rückzug wegen mangelnder Ausrüstung nicht machbar ist, dass man den Klettersteig vom Kopf her eigentlich gehen sollte, als sei man ungesichert? Der Pidinger erfordert gesunde Selbsteinschätzung, erhebliche Leistungsreserven und vorscihtiges Verhalten. Ich hab den Verdacht, dass hier ein ganz anderes Klientel angesprochen wird. In jedem Klettersteigführer werden die spektakulären Fotomöglichkeiten erwähnt. Das spricht schon für die Motive der Begeher.
Es war mein erster Klettersteig. Wahrscheinlich muss ich noch Mehrere gehen, um ein gerechtes Urteil fällen zu können. Ich will nicht jetzt schon aufgeben. Aber wesentlich eindrucksvoller empfand ich dann doch die Überschreitung zum Zwiesel. Diese herrliche, wenig begangene Strecke hat mich nach der Drahtseilspektakel einfach gereizt. Und es hat sich gelohnt. Eine schöne Tour über den Grat, entlang vieler Felstürme. Sehr abwechslungsreich und landschaftlich ansprechend. Nur die nötigsten Sicherungen sind vorhanden, so dass man auch mal den Berg anfassen muss, auf dem man sich bewegt. Es ist zwar nur ein anspruchsvoller Wanderweg, aber er ist wenigstens ehrlich.
06-Staufen vom Zwiesel.jpg
Hochstaufen mit Gratverlauf zum Zwiesel (Blick von dort)
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