Da mein Schatz seit einiger Zeit von gesundheitlichen Problemen gebeutelt wird, musste es diesen Sommer etwas ganz Gemütliches sein. Eine Flussfahrt mit dem Faltboot war da genau das Richtige: Die sanfte Strömung sorgt für entspanntes Vorankommen, dazu viel Zeit zum Lesen, Baden und die-Seele-baumeln lassen. So wars gedacht und so ists zu 100% auch geworden. Ein echter Entspannungsurlaub war es, mit viel ursprünglicher Natur und unzähligen Badestränden, (meist) nur für uns.
Die Mur hat auf den 50km von Graz bis Spielfeld 8 Kraftwerke, danach wird’s aber für Flusswanderer interessant: Bis zum Eisernen Tor, dem Donaudurchbruch in den südlichen Karpaten gibt’s auf etwa 800km auf Mur, Drau und Donau kein einziges Kraftwerk mehr! Dazu fließen die Flüsse auf weiten Strecken naturbelassen in einem riesigen Naturschutzgebiet. Die 5 Anrainerstaaten Österreich, Slowenien, Ungarn, Kroatien und Serbien haben sich 2011 darauf verständigt, das Schutzgebiet Mur-Drau-Donau mit einer Flächenausdehnung von etwa 800000 Quadratkilometer zu gründen, mit dem Ziel, es als Unesco-Biospärenpark zu etablieren. Das entspricht etwa der dreifachen Fläche aller 6 österreichischen Nationalparks.
Quelle: WWF
Weitere Fakten zum Naturparkprojekt „Amazone of Europe“ kann man auch hier nachlesen:
http://www.wwf.at/de/view/files/down...h_connect=2718
Der WWF versucht, auf die Bedeutung der unverbauten Flusslandschaft mit einem alljährlichen Aktionstag hinzuweisen. Dieses Jahr fand dieser nun zum 5. Mal statt, mit Veranstaltungen in allen 5 beteiligten Staaten. Vielleicht kann man sich ja wirklich dazu entschließen, die letzten unverbauten Flusslandschaften so zu belassen, wie sie sind. Planungen für 8 Kraftwerksprojekte in der Mur zwischen Spielfeld und der Murmündung existieren ja schon seit den späten 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Genau so lang hat sich Widerstand dagegen formiert, bis jetzt (noch) erfolgreich.
Bevor ich noch die Tour selbst beschreibe, möchte ich mich ganz herzlich bei Steve, dem „Flusswanderer“ bedanken. Seine Flussbeschreibungen sind wirklich ganz große Klasse, bei der Mur-Drau-Tour kommt noch hinzu, dass er die aktuellen Infos geliefert hat, wie man zu den notwendigen Genehmigungen der slowenischen und kroatischen Behörden kommt. Es hat ganz genau so funktioniert, wie er es beschrieben hat. Mir war das echt viel wert, und ich finde es nur fair, die profesionelle Arbeit, die er macht, mit einer Spende zu unterstützen.
www.flusswandern.at
Die letzte längere Kanutour haben wir voriges Jahr in Alaska gemacht, die Anreise dafür ist mit einem riesigen ökologischen Fußabdruck erfolgt: 4 Flüge von Graz bis zum Zielort, eine Reise um den halben Erdball.
Heuer das genaue Gegenteil: Die Anreise erfolgte mit dem Fahrrad(-Anhänger) zum Bahnhof Puntigam, dann mit der S-Bahn in 45 Minuten bis zum Bahnhof Spielfeld-Straß, von dort 10 Minuten zu Fuß zum Einstieg bei der Bundesstraßenbrücke. Noch in Sichtweite des letzten Kraftwerks werden wir starten.
Unser Reisegepäck im Waggon:
Aus dem plumpen grünen Sack hat sich schmetterlingsgleich ein wunderschönes grünes Boot entfaltet, es kann losgehen:
1km weiter ist schon das kleine Schüttwehr bei Schwarza, hier erfolgt eine Wasserausleitung für die slowenische Papierfabrik in Ceršak. Ich hab das Wehr schon befahren, mit dem Kajak und mit dem Packraft:
Ist ganz links kein Problem, wäre auch mit dem Faltboot möglich, aber wohl nur mit einer kräftigen Ladung Wasser, die ins Boot schwappt. Auch das offene Packraft hab ich danach ausleeren müssen, das wollten wir uns mit dem Kanu ersparen.
Wir steuern also die rechte Uferseite an und können dort vom Ausleitungskanal über den betonierten Uferdamm ganz leicht ins Unterwasser gelangen, ohne weite Tragestrecke.
Danach sind noch einige leichte Schwallstrecken, wo es ein bisschen Wasser ins Boot spritzt, das gab es aber nur auf unserer ersten Etappe bis Radkersburg, danach sind Mur und Drau gemächliche Wanderflüsse:
Bei der Schiffsmühle Mureck haben wir Mittag gemacht, ein letztes Schnitzel und ein Bier, bevor wir dann auf Campingküche umsteigen würden:
Bei Gosdorf wurde der Flusslauf vor etwa 10 Jahren renaturiert, eine Gegenmaßnahme zur fortschreitenden Eintiefung des Flussbettes, weil die Kraftwerke oberhalb kein Geschiebe mehr durchlassen. Die Flussbreite wurde durch Anlegen von Nebenarmen aufgeweitet und der Fluss darf auch an den Ufern knabbern, wie es im weiteren Flusslauf oft zu sehen ist:
Wir hatten ursprünglich angedacht, in Radkersburg am Campingplatz zu nächtigen, aber der Zugang ist vom Fluss her etwas mühsam. So haben wir uns spontan entschieden, nur unseren 20-Liter-Wasserkanister zu füllen und noch ein Stück weiterzufahren.
Das ist er dann geworden, unser erster Nächtigungsplatz, noch vor der slowenischen Grenze:
Und die erwähnte Campingküche:
Am nächsten Tag verlassen wir endgültig Österreich, jetzt sind beide Ufer slowenisch. Und weils Sonntag ist, gibt’s unerwartet nochmals ein Bier und für mich einen Grillteller: An einer der unzähligen Rollfähren ist grad ein Volksfest und da haben wir eine Vormittagspause eingelegt.
Auf dem slowenischen Abschnitt gibt’s unzählige Schiffsmühlen und Rollfähren:
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