Gran Paradiso – dieser klangvolle Name hatte schon lange auf unserem alpinen Wunschzettel Wurzeln geschlagen. Doch bisher scheiterten alle ernsthaften Versuche bereits an der fast 1200Km langen Anfahrt. Aufwand und Nutzen standen in einem schlechten Verhältnis, gerade wenn man schöne Touren auch in deutlich näherer Entfernung unternehmen konnte. Doch nun standen wir wieder vor einem Dilemma: Das verlängerte Osterwochenende stand bevor und die Wetterprognosen sagten für fast den gesamten Alpenraum grauslige Bedingungen voraus. Sogar von der Rückkehr des Winters war die Rede. Nur im äußersten Südwesten sollte es niederschlagsfrei bleiben und die Sonne die Oberhand behalten. Und so wurde sie wieder ausgekramt, die alte Idee von der Gran Paradiso Nordwand – zu sehr hatten wir uns auf ein Wochenende in den Bergen gefreut.
Als wir am Karfreitag gegen Mittag das hinterste Aostatal etwa 2km vor Pont erreichten, war der Ablaufplan bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Wir wollten uns für den gesamten Aufstieg 3Tage Zeit nehmen und mit Zelt unterwegs sein, um uns in Ruhe akklimatisieren zu können. Zudem war es uns auf diese Art möglich, einen höheren Ausgangspunkt für die Gipfeletappe zu wählen und den Zustieg zur Wand zu verringern. Kräfte sparen und zur richtigen Zeit voll da sein, war die Devise.
Schnell waren die Sachen gepackt. Und doch ließen wir uns mit dem Aufbruch Zeit. Während am Parkplatz reger Betrieb herrschte und nach und nach kleinere Grüppchen Richtung Rifugio Chabod aufbrachen, ließen wir uns keine Eile anmerken. Der innere Antrieb fehlte irgendwie. Woran lag es? An den schweren Rucksäcken? Am Bewusstsein, die nächsten 3Tage wieder nur Minusgraden ausgesetzt zu sein? Oder doch eher am Respekt vor der 600m langen und 50° steilen Wand? Bisher hatten wir immer deutlich kleinere Brötchen gebacken. Goedekes Gesamtschwierigkeitsbewertung „D“ ließ uns nach und nach erahnen, was da auf uns zukommen würde.
Irgendwann hievten wir dann doch die Rucksäcke auf unsere Schultern und stiegen los. Die ersten 300hm mussten wir die Ski tragen – von Schnee keine Spur.
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Mein Rucksack war derart vollgepackt, dass ich für die Ski schlichtweg keinen Platz mehr fand. Also musste ich sie in den Händen hinauf tragen. Von den Entgegenkommenden erntet ich einiges Kopfschütteln dafür…
Ab einer Höhe von etwa 2200m konnten wir auf die Ski umsteigen und kamen bald über die Baumgrenze hinaus.
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Und dann kam er zum ersten Mal zum Vorschein: Der Gran Paradiso mit seiner sehr blank aussehenden Nordwestwand. Wir hielten beide kurz inne und blickten schweigend und voller Ehrfurcht nach oben. „Kriegen wir schon hin oder?“, fragte ich Richard mehr zweifelnd als wirklich optimistisch, nur um endlich die unangenehme Stille zu durchbrechen. „Schaumer mal. Sieht auf jeden Fall ganz schön steil aus“ war seine trockene Antwort, bevor er seine Beine wieder langsam in Gang setzte.
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Nach etwas mehr als 2h war dann der erste Arbeitstag schon wieder beendet und auf 2600m errichteten wir unser „Lager1“.
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Die verbleibenden Stunden genossen wir in der warmen Frühlingssonne bei Nudeln und Tee.
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Dabei konnten wir die Blicke kaum von „unserer“ Wand lassen.
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Aus der Ferne sahen wir keine Begehungsspuren, nicht einmal im Zustieg zum Bergschrund. Wie die Bedingungen im unteren Teil der Wand wohl waren? Tiefer Bruchharsch oder angenehmer Trittfirn? Und wie würde es oben im Eis aussehen? Wie viele Seillängen würden wir wohl benötigen? Die vielen Fragen schlugen sich auf unsere Stimmung nieder. Selten waren wir derart angespannt und unsicher.
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Die Nacht schlief ich sehr unruhig. Aufregung aber auch Vorfreude ließen mich schon jetzt kaum zur Ruhe kommen. Der Morgen empfing uns mit fröstelnder Kälte. Am Gran Paradiso hatten sich zudem ein paar kleinere Wolken festgesetzt, die die Wand aber nur noch steiler erscheinen ließen. Klar, wir hatten die volle Draufsicht, doch nach „nur“ 50° sah das wirklich nicht aus…
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Am Rifugio Chabod verbrachten wir die Morgenstunden. Wir hatten ja Zeit. Dort erfuhren wir, dass es die letzten Tage keine Begehungen über die Nordwestwand gegeben hatte, aber zwei Italiener am kommenden Morgen einsteigen wollten. Wir tauschten uns kurz mit den beiden aus und fanden darin ein wenig Beruhigung. Immerhin waren wir also nicht die einzigen...
Am Nachmittag stiegen wir bei sulzigen Bedingungen weiter auf zu unserem „Camp2“, welches wir auf etwa 3100m errichteten.
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Bald darauf zogen tiefe Wolken auf, die immer mehr die Sonne verdrängten. Schnell wurde es bitterkalt und wir verkrochen uns ins Zelt.
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Als wir uns am nächsten Morgen kurz vor 5Uhr aus dem Schlafsack geschält hatten und ins Freie traten, hatte es sich wieder aufgeklart. Nur drüben am Mont Blanc hingen noch dichte Wolken. Aus objektiver Sicht sprach nun nichts mehr gegen einen Aufstieg. Zudem fühlten wir uns gut und ausgeruht. Bisher war der Akklimatisierungsplan aufgegangen und die kalten Füße drängten nach Bewegung. Nun galt es. Wir gingen es an.
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Wir folgten noch etwa 300hm dem Normalweg, bevor es rechts von einem Gletscherbruch steil nach oben Richtung Bergschrund ging. Der gefrorene Schnee war so eisig, dass wir ohne Harscheisen bald die Ski abschnallen und zu Fuß hinauf spuren mussten. Dabei versanken wir knie- und teils hüfttief im Bruchharsch. Hier verloren wir viel kostbare Zeit und Kraft. Auch abermaliges Probieren mit Ski brachte keinen Erfolg. Mühsam quälten wir uns voran.
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Als wir am Karfreitag gegen Mittag das hinterste Aostatal etwa 2km vor Pont erreichten, war der Ablaufplan bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Wir wollten uns für den gesamten Aufstieg 3Tage Zeit nehmen und mit Zelt unterwegs sein, um uns in Ruhe akklimatisieren zu können. Zudem war es uns auf diese Art möglich, einen höheren Ausgangspunkt für die Gipfeletappe zu wählen und den Zustieg zur Wand zu verringern. Kräfte sparen und zur richtigen Zeit voll da sein, war die Devise.
Schnell waren die Sachen gepackt. Und doch ließen wir uns mit dem Aufbruch Zeit. Während am Parkplatz reger Betrieb herrschte und nach und nach kleinere Grüppchen Richtung Rifugio Chabod aufbrachen, ließen wir uns keine Eile anmerken. Der innere Antrieb fehlte irgendwie. Woran lag es? An den schweren Rucksäcken? Am Bewusstsein, die nächsten 3Tage wieder nur Minusgraden ausgesetzt zu sein? Oder doch eher am Respekt vor der 600m langen und 50° steilen Wand? Bisher hatten wir immer deutlich kleinere Brötchen gebacken. Goedekes Gesamtschwierigkeitsbewertung „D“ ließ uns nach und nach erahnen, was da auf uns zukommen würde.
Irgendwann hievten wir dann doch die Rucksäcke auf unsere Schultern und stiegen los. Die ersten 300hm mussten wir die Ski tragen – von Schnee keine Spur.
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Mein Rucksack war derart vollgepackt, dass ich für die Ski schlichtweg keinen Platz mehr fand. Also musste ich sie in den Händen hinauf tragen. Von den Entgegenkommenden erntet ich einiges Kopfschütteln dafür…
Ab einer Höhe von etwa 2200m konnten wir auf die Ski umsteigen und kamen bald über die Baumgrenze hinaus.
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Und dann kam er zum ersten Mal zum Vorschein: Der Gran Paradiso mit seiner sehr blank aussehenden Nordwestwand. Wir hielten beide kurz inne und blickten schweigend und voller Ehrfurcht nach oben. „Kriegen wir schon hin oder?“, fragte ich Richard mehr zweifelnd als wirklich optimistisch, nur um endlich die unangenehme Stille zu durchbrechen. „Schaumer mal. Sieht auf jeden Fall ganz schön steil aus“ war seine trockene Antwort, bevor er seine Beine wieder langsam in Gang setzte.
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Nach etwas mehr als 2h war dann der erste Arbeitstag schon wieder beendet und auf 2600m errichteten wir unser „Lager1“.
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Die verbleibenden Stunden genossen wir in der warmen Frühlingssonne bei Nudeln und Tee.
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Dabei konnten wir die Blicke kaum von „unserer“ Wand lassen.
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Aus der Ferne sahen wir keine Begehungsspuren, nicht einmal im Zustieg zum Bergschrund. Wie die Bedingungen im unteren Teil der Wand wohl waren? Tiefer Bruchharsch oder angenehmer Trittfirn? Und wie würde es oben im Eis aussehen? Wie viele Seillängen würden wir wohl benötigen? Die vielen Fragen schlugen sich auf unsere Stimmung nieder. Selten waren wir derart angespannt und unsicher.
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Die Nacht schlief ich sehr unruhig. Aufregung aber auch Vorfreude ließen mich schon jetzt kaum zur Ruhe kommen. Der Morgen empfing uns mit fröstelnder Kälte. Am Gran Paradiso hatten sich zudem ein paar kleinere Wolken festgesetzt, die die Wand aber nur noch steiler erscheinen ließen. Klar, wir hatten die volle Draufsicht, doch nach „nur“ 50° sah das wirklich nicht aus…
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Am Rifugio Chabod verbrachten wir die Morgenstunden. Wir hatten ja Zeit. Dort erfuhren wir, dass es die letzten Tage keine Begehungen über die Nordwestwand gegeben hatte, aber zwei Italiener am kommenden Morgen einsteigen wollten. Wir tauschten uns kurz mit den beiden aus und fanden darin ein wenig Beruhigung. Immerhin waren wir also nicht die einzigen...
Am Nachmittag stiegen wir bei sulzigen Bedingungen weiter auf zu unserem „Camp2“, welches wir auf etwa 3100m errichteten.
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Bald darauf zogen tiefe Wolken auf, die immer mehr die Sonne verdrängten. Schnell wurde es bitterkalt und wir verkrochen uns ins Zelt.
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Als wir uns am nächsten Morgen kurz vor 5Uhr aus dem Schlafsack geschält hatten und ins Freie traten, hatte es sich wieder aufgeklart. Nur drüben am Mont Blanc hingen noch dichte Wolken. Aus objektiver Sicht sprach nun nichts mehr gegen einen Aufstieg. Zudem fühlten wir uns gut und ausgeruht. Bisher war der Akklimatisierungsplan aufgegangen und die kalten Füße drängten nach Bewegung. Nun galt es. Wir gingen es an.
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Wir folgten noch etwa 300hm dem Normalweg, bevor es rechts von einem Gletscherbruch steil nach oben Richtung Bergschrund ging. Der gefrorene Schnee war so eisig, dass wir ohne Harscheisen bald die Ski abschnallen und zu Fuß hinauf spuren mussten. Dabei versanken wir knie- und teils hüfttief im Bruchharsch. Hier verloren wir viel kostbare Zeit und Kraft. Auch abermaliges Probieren mit Ski brachte keinen Erfolg. Mühsam quälten wir uns voran.
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