„Ja, die Hütte wird immer noch vermietet, aber nur in der schneefreien Zeit, im Winter zahlt sich das Ausschieben der Forststraße nicht aus. Zu Fuß wollt ihr da rauf? Ja, wenn ihr euch das wirklich antun wollt und ihr die Hütte pfleglicher behandelt als die Silvester-Partie, die wir vor einiger Zeit einmal oben hatten, dann könnt ihr den Schlüssel schon haben. So nach wild feiern wie die jungen Leute schauts ihr eh nicht mehr aus.“
Irgendwann, in den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts war ich mit meinen Eltern ein paar Mal auf einer Almhütte in den Wölzer Tauern. Das war für mich schon etwas Besonderes, weil Urlaub fahren in dem Sinn gabs bei uns zu Hause nicht. Auch war Wandern nur zum Zwecke der Entspannung in der freien Natur aus Sicht meiner Eltern etwas komplett Überflüssiges, ja irgendwie Dekadentes. Etwas für Leute, die in ihrer Arbeit körperlich nicht genügend ausgelastet sind.
Mein Vater ging jedoch gerne in den Wald, aber nur zum Schwarzbeeren pflücken und Schwammerl suchen, die Bewegung in der Natur musste einem vernünftigen Zweck dienen.
Die A9 gabs natürlich noch nicht und so war die Anreise mit unserem 50-PS-VW-Bus übers Gaberl schon eine kleine Weltreise, auch wurde mir damals vom Autofahren regelmäßig schlecht.
Meine Geschwister sind 10 bzw. 8 Jahre älter als ich und hatten schon andere Interessen als ein zehnjähriger Stöpsel und so durfte ich einen gleichaltrigen Kumpel aus der Nachbarschaft mitnehmen.
Das Auto wurde bei einem Bauern abgestellt und wir wanderten einen kleinen Pfad durch Wald und Weideflächen den Berg hinauf. Wir Kinder trugen kleine Rucksäcke, die wir sonst nur für die Schulwandertage verwendet hatten, meine Eltern noch Plastikkübeln, die Verpflegung für mehrere Tage beinhalteten. Später dienten die Behältnisse dann zum Transport der Beeren und Pilze.
Kurz halfen wir auch beim Schwarzbeer-„brocken“, aber das ist für Kinder natürlich schnell langweilig und so durchstreiften wir zwei die Gegend der Hütte, verfolgten die Bäche bis zu ihrer Quelle oder bauten Staudämme. Das war für uns recht abenteuerlich, da immer die Spannung vorhanden war, wieder zur Hütte zurückzufinden. Abends wurde dann im Schein der Petroleumlampe Karten gespielt und als Schlaflager hatten wir Buben den Hüttendachboden, während meine Eltern in einer Kammer unten einquartiert waren.
So war das damals, vor etwa 4 Jahrzehnten und das kam mir nun wieder in den Sinn. Wenn man einen 5er in der Altersangabe vorne stehen hat, wird man vielleicht etwas wunderlich, manchmal auch ein wenig sentimental.
Das Gehöft, das uns als Ausgangspunkt für den Winteranstieg zur Hütte am sinnvollsten erscheint wird angesteuert. Der Bauer wundert sich, dass da ein Grazer Auto den Weg rauf zu seinem Hof findet. Auf unser Begehr, unser Auto ein paar Tage hier parken zu dürfen, weil wir hoch zur Hütte wollen, reagiert er zunächst nicht so ganz erfreut, er macht sich auch ein wenig Sorgen, dass wir das Wild in seinem Revier stören. Ob wir wohl wüssten wieviel Neuschnee da erst kürzlich gefallen wäre? Er wird aber nach dem ersten Schreck zunehmend freundlicher und weist uns einen Abstellplatz zu, der ihn bei der Schneeräumung in seinem Hof am wenigsten stört. Als alles unter Dach und Fach ist, bezahlen wir noch eine freiwillige Parkgebühr in Form eines roten Burgenländers.
Der Anstieg hinauf ist ja nicht sonderlich weit, gerade mal 400hm, aber das Spuren im tiefen, patzigen Schnee drückt doch gewaltig aufs Tempo und wir brauchen doch 2 Stunden. Der leichte Nieselregen geht erst ganz oben bei der Hütte in Schneefall über.
Das war für mich schon etwas ganz Besonderes, den Schlüssel ins Schloss zu stecken und nach so langer Zeit wieder einzutreten: Dass in den Neunziger-Jahren der Hüttenboden tiefergelegt wurde, um die Raumhöhe zu vergrößern fällt mir gar nicht auf. Neu für mich ist, dass es nun elektrische Beleuchtung, aus Photovoltaik gespeist, gibt. So im Detail kann ich mich gar nicht erinnern, wie es damals ausgesehen hat, aber der Herrgottwinkel überm Esstisch ist noch derselbe.
Wir heizen gleich einmal den Ofen an und richten uns gemütlich ein. Draußen schneit es, wir sind in der warmen Stube und genießen einmal so richtig unseren Beginn unseres Kurzurlaubs.
Erst am späten Nachmittag treibt es uns an die frische Luft und wir dürfen wieder Kinder sein, ohne dass uns jemand argwöhnisch beäugt:
Der nächste Tag ist zwar bedeckt, aber wir machen doch eine größere Runde, über den Kamm ins nächste Tal hinunter und in einer Schleife wieder zurück. Der Schnee ist zwar reichlich vorhanden, aber unter 2000m arg durchfeuchtet und recht schwer zu fahren.
(Gipfelkreuz auf der Roßalm, 1894m)
Am dritten Tag ist ein Zwischenhoch angekündigt und tatsächlich, ich glaub der Greim lacht über der Nebeldecke zu uns herüber:
Die Nachbaralm:
Im Märchenwald:
Tourengehen, wie sichs der Laie vorstellt, in seiner romantisch-kitschigen Vorstellung, einsam die Spuren in unberührte Hänge ziehend:
430
Kommentar