Via Angelika
Erkundung des Terrains
Nach der Sanierung des Neuen Innerkoflersteigs im Herbst 2016, der sich sehr rasch zu einer ausgesprochen häufig gekletterten Route in diesem Bereich der Hohen Wand entwickelt hat, beginne ich im Frühjahr 2017 mit den Vorbereitungsarbeiten zu meinem nächsten Projekt.
Schon vor Jahren ist mir neben dem HTL-Steig eine extrem glatte Plattenrampe aufgefallen, in der mittendrin ein Schlaghaken mit einem zwei Meter langen Seilstück steckt – aber unterhalb und auch über der Platte sind keine weiteren Haken zu sehen. Diese Plattenrampe – breit und glatt wie ein steil aufgestelltes Stück Bundesstraße – will ich gerne zum Herzstück einer neuen Tour machen. In der Literatur ist über eine an dieser Stelle bestehende alte Tour nichts zu finden, die nie veröffentlichte Route „"Krawot"“ von Hans Müller kommt bei den Recherchen immer wieder mal ins Spiel, allzu viel über deren genauen Verlauf lässt sich jedoch nicht herausfinden. Auch einige Hohe-Wand-Spezialisten können mir an dieser Stelle keine durchgehende alte Tour bestätigen.
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Da will ich rauf... Die einsame Schirmföhre mitten in der Wand markiert die besagte Plattenrampe
Also eine „echte“ Neutour auf der Hohen Wand? Noch dazu in einem der zentralen Wandbereiche direkt neben der Sonnenuhrwand? Ich kann mir kaum vorstellen, dass da vor mir noch niemand einen Durchstieg gemacht hatte – es gibt ja kaum einen Quadratmeter Fels, der nicht bereits irgendwann von irgendwem beklettert wurde. Noch dazu in einem Schwierigkeitsgrad, der auch für mich machbar sein sollte… Aber eigentlich ist es egal, ob es da alte, wieder zugewachsene oder nie fertigstellte Routen gibt – Anfang 2017 ist hier weit und breit keine kletterbare Linie und nach meiner Putzarbeit könnte es hier wieder was geben.
Daher packe ich im April 2017 mein 60 Meter Doppelseil, den Bohrhammer, ein paar Kettenstände und Bohrhaken und schaue mir die Sache einmal näher an.
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Der übliche Kram fürs Routenputzen
Den Zustieg kenne ich bereits fast im Schlaf – ist er doch identisch mit meinem Weg zur Sanierung des Innerkoflers: Also rauf mit schwerem Gepäck über die Völlerin, rüberqueren durch den ÖTK-Klettergarten und Abstieg bis auf den markanten Zacken, wo der Originalweg des Innerkoflers endet. Dort mal den ersten Abseilstand eingebohrt und ab ins Gelände:
Die ersten Meter sind noch eher blockig und gut gestuft, scheinen aber guten Fels zu haben – hier sind jedenfalls weit und breit keine Begehungsspuren in Form von Haken und Schlingen.
Nach ca. 20 Metern ändert sich das Gelände dramatisch, extrem steil und leicht überhängend zieht ein großer Riss durch die Wand nach unten bis zum oberen Ende der besagten Plattenrampe. Der typische Hohe-Wand-Bewuchs scheint hier noch halbwegs erträglich zu sein, nur vereinzelt sind Grasbüschel und Stauden in der denkmöglichen Kletterlinie zu finden, Bruch gibt es jedoch ausreichend. Freihängend seile ich mich über den Riss ab und bin sehr unsicher, ob ich da jemals nach oben klettern kann. Piazen könnte vielleicht gehen, die Risskante scheint aber sehr stumpf und bietet nicht gerade die für diese Steilheit nötige üppige Griffausstattung. Oder doch ein Körperriss? Ohne Rucksack und Bierbauch könnte man da sich sicher bis Hälfte rein – und dann raufwurschteln –- eine elegante Variante wird die Körperrissoption jedenfalls nicht.
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Der steile Riss in der 5. SL - hier noch mit Bewuchs
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Die Plattenrampe in der 4. SL - noch ziemlich grün
Als ich am oberen Rand der Plattenrampe meinen nächsten Arbeitsstand einbohre, finde ich dort einen sehr abenteuerlichen „Standplatz“ vor – ein massives Stück Flacheisen, leicht aufgebogen, mit einer kleinen Schlinge versehen und mit einer starken Betonschraube in den Fels geschraubt.
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Der alte "Standplatz"
Es beginnt es leicht zu nieseln. Mein Versuch, schräg über die Rampe abzuseilen, endet mit einigen veritablen „Fritzelacks“, der leichte Regen macht den Flechtenbewuchs der Rampe glatt wie Schmierseife. Keine Chance, hier auch nur ein bisschen Reibung mit den Schuhen aufzubauen, keine Löcher und Risse, keine Mulden oder Dellen im Fels – nur flechtiger Fels, unter den Flechten aber so glatt wie frisch betoniert. Das wird jedenfalls nix mit einem Durchstieg mitten durch die Plattenrampe. Ich beginne auch zu verstehen, was es mit dem alten Schlaghaken und dem Seilstück auf sich haben könnte – das wurde als Aufstiegshilfe in der Platte benutzt. An der talseitigen Kante der Rampe durchzieht ein völlig zugewachsener Riss die Platte von unten nach oben und mitten in diesem Riss steht eine durchaus stattliche Föhre. Diesen Riss könnte ich sicher ausgraben und kletterbar machen – die Föhre würde es aber wahrscheinlich nicht überleben, wenn ich ihr die gesamte Erde abgrabe –- also auch das keine Option. Jetzt ist diese Platte für mich der Hauptgrund, hier überhaupt eine neue Tour einzurichten und dann soll die (für mich) unbezwingbar sein?
Frust beginnt sich breitzumachen… Aber ganz im Verschneidungswinkel, wo die Plattenrampe mit der Wand zusammenkommt, sieht es ein bisschen weniger glatt aus – ich komme zwar über die rutschige Platte nicht einmal in die Nähe dieser Linie, aber ich kann eine ganz schmale Spur von tropfrauem Fels erkennen, das könnte vielleicht gehen…...
Aber zuerst einmal die restlichen Meter nach unten erkundet, ich will ja eine Tour über die ganze Wand und keine Verdonroute mit abseilen von oben einrichten. Unmittelbar unter der glatten Platte (die eigentlich den oberen Teil einer Rampe darstellt, die sich leicht abgestuft bis weit nach unten zieht) beginnt ein dichter Vegetationsgürtel, Stauden und Gras ohne Ende, hier kommt das ganze Regenwasser von der Platte als perfekte Bewässerung zusammen. Hier kann ich mir zurzeit noch gar nichts an Klettermetern vorstellen (dafür aber schon stundenlanges Putzen…) und seile weiter ab. An der Stelle des nächsten Arbeitsstandplatzes finde ich einen alten Eigenbau-Bohrhaken – eh klar – irgendwie müssen meine Vorgänger ja auch dort hinaufgekommen sein. Diese Eigenbau-Bohrhaken finde ich noch 4-5 mal am Weg zum Wandfuß, noch einen Schlaghaken und 2-3 tief eingewachsene SU-Schlingen – eine bestehende Route entlang meiner geplanten Linie kann ich aber beim besten Willen nicht erkennen. Ich schätze, dass diese Relikte aus einer Zeit stammen, als es den HTL-Steig noch nicht gegeben hat, vielleicht ist diese alte Tour stellenweise dort verlaufen, wo heute der Klettersteig ist (wenn es denn jemals eine zusammenhängende Tour bis nach oben war).
Die nächste Passage stellt mich bald vor noch größere Rätsel, was die geplante Linie betrifft: Extrem steile und glatte Platten mit nur vereinzelten Grasbüschel (unter denen vielleicht Henkel zum Ausgraben schlummern). Ich versuche gleich vom Innerkoflerband eine seichte Verschneidung nach oben zu klettern, scheitere dann aber an einem Plattenquergang in senkrechter oder leicht überhängender Wand, in der es einfach keinen einzigen Griff gibt. Am Ende dieses Quergangs grabe ich zwar einen ganz guten Henkelgriff aus – aber den aus 3 Metern anzuspringen erscheint mir eher wenig ratsam und keinesfalls elegant... Die Linie, die mir noch am ehesten kletterbar erscheint, hat einen gravierenden Schönheitsfehler – ich komme damit für ein kurzes Stück bis auf einen Meter an den HTL-Steig heran… Ich probiere das Tage später bei trockenem Wetter nochmals und muss dann mit mir selbst den Kompromiss schließen, entweder einen 3-Meter Plattenquergang zum A0en (oder in einem Grad, den ich nie klettern werde) einrichten oder freikletternd fast am Klettersteig anzustreifen. Da gebe ich der Möglichkeit des freien Kletterns den Vorzug, finde dort sogar einige schöne Henkel zum Ausgraben – ist sicher besser als eine kurze technische Kletterei oder der besagte Sprung...
Dann betrete ich – mir seit der Sanierung des Innerkoflers – gut bekanntes Gebiet und seile über einen schönen Plattenpfeiler ab, der unmittelbar rechts neben dem Innerkofler nach oben zieht. Der letzte Arbeitsstand wird eingebohrt und runter zum Wandfuß, als Einstieg in die neue Tour wird die extrem glatte Platte am Beginn des HTL-Steigs gewählt.
Mein vorläufiges Resümee:
Vier lange, sehr abwechslungsreiche und interessante Seillängen könnten das werden, das Putzen könnte sich aufgrund des sehr steilen Geländes in Grenzen halten – so viel an Bewuchs war das doch gar nicht, oder?
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Sicherheitshalber bringe ich am Wandfuß immer links und rechts des Projekts Absperrbänder und zweisprachige Warnschilder an.
Weit gefehlt! Es wurden in Summe wieder 14 Tage Arbeit mit Erde und Gras ausräumen, lose Steine aus der Wand befördern und Einrichten der Tour.
Die neue Tour krallt sich zwar sicher einige Meter von alten Routen (der besagte "Krawot" wird sicher teilweise mitbenutzt), dürfte aber in ihrer Gesamtheit, der geplanten Linie und dem Durchstieg nach bis nach oben dann doch eine Neutour sein.
Putzen und Einrichten
Über das tagelange Putzen verliere ich nur wenige Worte, ich habe jedenfalls auch wieder einiges dazu gelernt:
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Über zuviel Erde in der Tour kann sich echt niemand beschweren - die ganze Erde klebt nämlich an mir...
In voller Adjustierung am Beginn der Arbeiten
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Die Plattenrampe mit Fixseil und noch sehr viel Gemüse
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Nach dem Ausräumen der großen Blöcke im Regen
Oft geht über Wochen hinweg gar nix weiter, das Wetter ist einfach zu schön und/oder zu heiß zum Putzen, da gehe ich dann doch lieber klettern… Und ich will den Grasmilben ja auch Zeit geben, sich wieder so richtig auf mich zu freuen.
(Fortsetzung folgt)
Erkundung des Terrains
Nach der Sanierung des Neuen Innerkoflersteigs im Herbst 2016, der sich sehr rasch zu einer ausgesprochen häufig gekletterten Route in diesem Bereich der Hohen Wand entwickelt hat, beginne ich im Frühjahr 2017 mit den Vorbereitungsarbeiten zu meinem nächsten Projekt.
Schon vor Jahren ist mir neben dem HTL-Steig eine extrem glatte Plattenrampe aufgefallen, in der mittendrin ein Schlaghaken mit einem zwei Meter langen Seilstück steckt – aber unterhalb und auch über der Platte sind keine weiteren Haken zu sehen. Diese Plattenrampe – breit und glatt wie ein steil aufgestelltes Stück Bundesstraße – will ich gerne zum Herzstück einer neuen Tour machen. In der Literatur ist über eine an dieser Stelle bestehende alte Tour nichts zu finden, die nie veröffentlichte Route „"Krawot"“ von Hans Müller kommt bei den Recherchen immer wieder mal ins Spiel, allzu viel über deren genauen Verlauf lässt sich jedoch nicht herausfinden. Auch einige Hohe-Wand-Spezialisten können mir an dieser Stelle keine durchgehende alte Tour bestätigen.
1 Wandübersicht.JPG
Da will ich rauf... Die einsame Schirmföhre mitten in der Wand markiert die besagte Plattenrampe
Also eine „echte“ Neutour auf der Hohen Wand? Noch dazu in einem der zentralen Wandbereiche direkt neben der Sonnenuhrwand? Ich kann mir kaum vorstellen, dass da vor mir noch niemand einen Durchstieg gemacht hatte – es gibt ja kaum einen Quadratmeter Fels, der nicht bereits irgendwann von irgendwem beklettert wurde. Noch dazu in einem Schwierigkeitsgrad, der auch für mich machbar sein sollte… Aber eigentlich ist es egal, ob es da alte, wieder zugewachsene oder nie fertigstellte Routen gibt – Anfang 2017 ist hier weit und breit keine kletterbare Linie und nach meiner Putzarbeit könnte es hier wieder was geben.
Daher packe ich im April 2017 mein 60 Meter Doppelseil, den Bohrhammer, ein paar Kettenstände und Bohrhaken und schaue mir die Sache einmal näher an.
2 Putzen_1.JPG
Der übliche Kram fürs Routenputzen
Den Zustieg kenne ich bereits fast im Schlaf – ist er doch identisch mit meinem Weg zur Sanierung des Innerkoflers: Also rauf mit schwerem Gepäck über die Völlerin, rüberqueren durch den ÖTK-Klettergarten und Abstieg bis auf den markanten Zacken, wo der Originalweg des Innerkoflers endet. Dort mal den ersten Abseilstand eingebohrt und ab ins Gelände:
Die ersten Meter sind noch eher blockig und gut gestuft, scheinen aber guten Fels zu haben – hier sind jedenfalls weit und breit keine Begehungsspuren in Form von Haken und Schlingen.
Nach ca. 20 Metern ändert sich das Gelände dramatisch, extrem steil und leicht überhängend zieht ein großer Riss durch die Wand nach unten bis zum oberen Ende der besagten Plattenrampe. Der typische Hohe-Wand-Bewuchs scheint hier noch halbwegs erträglich zu sein, nur vereinzelt sind Grasbüschel und Stauden in der denkmöglichen Kletterlinie zu finden, Bruch gibt es jedoch ausreichend. Freihängend seile ich mich über den Riss ab und bin sehr unsicher, ob ich da jemals nach oben klettern kann. Piazen könnte vielleicht gehen, die Risskante scheint aber sehr stumpf und bietet nicht gerade die für diese Steilheit nötige üppige Griffausstattung. Oder doch ein Körperriss? Ohne Rucksack und Bierbauch könnte man da sich sicher bis Hälfte rein – und dann raufwurschteln –- eine elegante Variante wird die Körperrissoption jedenfalls nicht.
2 Putzen_2.JPG
Der steile Riss in der 5. SL - hier noch mit Bewuchs
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Die Plattenrampe in der 4. SL - noch ziemlich grün
Als ich am oberen Rand der Plattenrampe meinen nächsten Arbeitsstand einbohre, finde ich dort einen sehr abenteuerlichen „Standplatz“ vor – ein massives Stück Flacheisen, leicht aufgebogen, mit einer kleinen Schlinge versehen und mit einer starken Betonschraube in den Fels geschraubt.
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Der alte "Standplatz"
Es beginnt es leicht zu nieseln. Mein Versuch, schräg über die Rampe abzuseilen, endet mit einigen veritablen „Fritzelacks“, der leichte Regen macht den Flechtenbewuchs der Rampe glatt wie Schmierseife. Keine Chance, hier auch nur ein bisschen Reibung mit den Schuhen aufzubauen, keine Löcher und Risse, keine Mulden oder Dellen im Fels – nur flechtiger Fels, unter den Flechten aber so glatt wie frisch betoniert. Das wird jedenfalls nix mit einem Durchstieg mitten durch die Plattenrampe. Ich beginne auch zu verstehen, was es mit dem alten Schlaghaken und dem Seilstück auf sich haben könnte – das wurde als Aufstiegshilfe in der Platte benutzt. An der talseitigen Kante der Rampe durchzieht ein völlig zugewachsener Riss die Platte von unten nach oben und mitten in diesem Riss steht eine durchaus stattliche Föhre. Diesen Riss könnte ich sicher ausgraben und kletterbar machen – die Föhre würde es aber wahrscheinlich nicht überleben, wenn ich ihr die gesamte Erde abgrabe –- also auch das keine Option. Jetzt ist diese Platte für mich der Hauptgrund, hier überhaupt eine neue Tour einzurichten und dann soll die (für mich) unbezwingbar sein?
Frust beginnt sich breitzumachen… Aber ganz im Verschneidungswinkel, wo die Plattenrampe mit der Wand zusammenkommt, sieht es ein bisschen weniger glatt aus – ich komme zwar über die rutschige Platte nicht einmal in die Nähe dieser Linie, aber ich kann eine ganz schmale Spur von tropfrauem Fels erkennen, das könnte vielleicht gehen…...
Aber zuerst einmal die restlichen Meter nach unten erkundet, ich will ja eine Tour über die ganze Wand und keine Verdonroute mit abseilen von oben einrichten. Unmittelbar unter der glatten Platte (die eigentlich den oberen Teil einer Rampe darstellt, die sich leicht abgestuft bis weit nach unten zieht) beginnt ein dichter Vegetationsgürtel, Stauden und Gras ohne Ende, hier kommt das ganze Regenwasser von der Platte als perfekte Bewässerung zusammen. Hier kann ich mir zurzeit noch gar nichts an Klettermetern vorstellen (dafür aber schon stundenlanges Putzen…) und seile weiter ab. An der Stelle des nächsten Arbeitsstandplatzes finde ich einen alten Eigenbau-Bohrhaken – eh klar – irgendwie müssen meine Vorgänger ja auch dort hinaufgekommen sein. Diese Eigenbau-Bohrhaken finde ich noch 4-5 mal am Weg zum Wandfuß, noch einen Schlaghaken und 2-3 tief eingewachsene SU-Schlingen – eine bestehende Route entlang meiner geplanten Linie kann ich aber beim besten Willen nicht erkennen. Ich schätze, dass diese Relikte aus einer Zeit stammen, als es den HTL-Steig noch nicht gegeben hat, vielleicht ist diese alte Tour stellenweise dort verlaufen, wo heute der Klettersteig ist (wenn es denn jemals eine zusammenhängende Tour bis nach oben war).
Die nächste Passage stellt mich bald vor noch größere Rätsel, was die geplante Linie betrifft: Extrem steile und glatte Platten mit nur vereinzelten Grasbüschel (unter denen vielleicht Henkel zum Ausgraben schlummern). Ich versuche gleich vom Innerkoflerband eine seichte Verschneidung nach oben zu klettern, scheitere dann aber an einem Plattenquergang in senkrechter oder leicht überhängender Wand, in der es einfach keinen einzigen Griff gibt. Am Ende dieses Quergangs grabe ich zwar einen ganz guten Henkelgriff aus – aber den aus 3 Metern anzuspringen erscheint mir eher wenig ratsam und keinesfalls elegant... Die Linie, die mir noch am ehesten kletterbar erscheint, hat einen gravierenden Schönheitsfehler – ich komme damit für ein kurzes Stück bis auf einen Meter an den HTL-Steig heran… Ich probiere das Tage später bei trockenem Wetter nochmals und muss dann mit mir selbst den Kompromiss schließen, entweder einen 3-Meter Plattenquergang zum A0en (oder in einem Grad, den ich nie klettern werde) einrichten oder freikletternd fast am Klettersteig anzustreifen. Da gebe ich der Möglichkeit des freien Kletterns den Vorzug, finde dort sogar einige schöne Henkel zum Ausgraben – ist sicher besser als eine kurze technische Kletterei oder der besagte Sprung...
Dann betrete ich – mir seit der Sanierung des Innerkoflers – gut bekanntes Gebiet und seile über einen schönen Plattenpfeiler ab, der unmittelbar rechts neben dem Innerkofler nach oben zieht. Der letzte Arbeitsstand wird eingebohrt und runter zum Wandfuß, als Einstieg in die neue Tour wird die extrem glatte Platte am Beginn des HTL-Steigs gewählt.
Mein vorläufiges Resümee:
Vier lange, sehr abwechslungsreiche und interessante Seillängen könnten das werden, das Putzen könnte sich aufgrund des sehr steilen Geländes in Grenzen halten – so viel an Bewuchs war das doch gar nicht, oder?
2 Putzen_4.JPG
Sicherheitshalber bringe ich am Wandfuß immer links und rechts des Projekts Absperrbänder und zweisprachige Warnschilder an.
Weit gefehlt! Es wurden in Summe wieder 14 Tage Arbeit mit Erde und Gras ausräumen, lose Steine aus der Wand befördern und Einrichten der Tour.
Die neue Tour krallt sich zwar sicher einige Meter von alten Routen (der besagte "Krawot" wird sicher teilweise mitbenutzt), dürfte aber in ihrer Gesamtheit, der geplanten Linie und dem Durchstieg nach bis nach oben dann doch eine Neutour sein.
Putzen und Einrichten
Über das tagelange Putzen verliere ich nur wenige Worte, ich habe jedenfalls auch wieder einiges dazu gelernt:
- Putze nie bei trockenem Wetter und guter Thermik! Mindestens 1/3 der ausgekehrten Erde steigt sofort wieder nach oben und hüllt mich in eine beständige Erdwolke ein –- wie ein Grubenarbeiter in einer Kohlenzeche komme ich nach meinen Putztagen am Wandfuß an.
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Über zuviel Erde in der Tour kann sich echt niemand beschweren - die ganze Erde klebt nämlich an mir...
- Die Herbstgrasmilbe, die mich schon letztes Jahr so gequält hat, kann jederzeit den „"Herbst"“ aus ihrem Namen streichen und bereits im Juli extrem lästig sein. Falls es passt, kommen auch noch winzigkleine und aggressive Ameisen dazu, auch Wespennester stellen sich mir in den Weg. Nach jedem Putztag schaue ich aus wie ein Streuselkuchen und freue mich über einen beständigen Juckreiz von bis zu 14 Tagen… Diese Klettermeter werden wirklich mit vollem Körpereinsatz „erobert“.
- Die Gamaschen, die ich mir sogar bei großer Hitze anziehe, sind eine großer Erleichterung –- ich habe jetzt am Abend nicht mehr je eine halbe Schubkarre Erde in den Schuhen….
In voller Adjustierung am Beginn der Arbeiten
- Fixseile erleichtern die Arbeit ganz enorm, v.a. wenn ich in den unteren Seillängen zu tun habe und nicht jedesmal die ganze Tour von oben abseilen muss. Fixseile sollte man aber auch tunlichst zur Seite räumen, wenn es größere Felsen zum Abtransportieren gibt –- das neue 140 Meter Seil wird gleich von einem größeren Brocken abgeschlagen.
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Die Plattenrampe mit Fixseil und noch sehr viel Gemüse
- Die großen losen Blöcke, die mir einiges an Denksportaufgaben aufgegeben haben und die unbedingt aus der Wand raus mussten, habe ich mit tatkräftiger Unterstützung meines Freundes Gerhard als „Bodenmannschaft“ (mit Funk zu mir verbunden) bei strömenden Regen gut ausräumen können. Man muss nicht immer versuchen, alles alleine zu machen.… Auch das eine wichtige Erkenntnis...
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Nach dem Ausräumen der großen Blöcke im Regen
Oft geht über Wochen hinweg gar nix weiter, das Wetter ist einfach zu schön und/oder zu heiß zum Putzen, da gehe ich dann doch lieber klettern… Und ich will den Grasmilben ja auch Zeit geben, sich wieder so richtig auf mich zu freuen.
(Fortsetzung folgt)
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