Wie schon einige wissen, bin ich nicht gerade das große Kletter-As, und darum war ich überglücklich, als mich HarryG auf den Postlgrat mitgenommen hat - meinen ersten 3er.
Aber ich würde diesen Beitrag nicht schreiben, wenn ich nicht auch was zum Steig zu sagen hätte. Der Postlgrat wird häufig begangen, und man findet im Internet diverse Bilder und einige Threads auf gipfeltreffen.at. Der Behm-Führer 2008 enthält eine Topo, auf die ich noch eingehen werde, und eine erstaunlich ähnliche Topo findet sich auf bergsteigen.at. Interessant ist, dass bergsteigen.at den Steig insgesamt mit 3- bewertet, aber in der Topo mehrere runde 3er-Stellen und eine [3+]-Stelle anführt.
Insgesamt ist die als Postlgrat bezeichnete Route eine mit etwas gekünstelter Wegführung neben dem älteren Postlsteig, der immer noch als 2er angeschrieben ist, aber zumindest die Schlusswand (laut Behm SG 3) mit dem Postlgrat gemeinsam hat.
Hösch 1971 vermutet, dass es sich beim Postlsteig um den Schönerersteig handelt, "den die Brüder Stefan und Josef Kernreuter erstmals im Februar 1889 im Abstieg begangen und im Aufstieg geschildert haben". Laut der Skizze in diesem Buch verlief der Postlsteig weiter links als heute und v.a. nicht über die Plattenrampe bei der Halbhöhle.
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Aber auch der Postlgrat ist nicht so neu, wie viele glauben. Der sonst so detaillierte Hösch 1971 gibt aber nur eine allgemeine Auskunft:
Etwas widersprüchlich: "schwierige Stellen" - "anspruchsloser Klettersteig".
Schirmer 1991 fasst sich noch kürzer, fügt aber hinzu: "Er vermittelt einen - eher bescheidenen - Klettergenuß."
Damals gab es allerdings den unteren Postlgrat noch nicht.
Er ist mit 2+ angeschrieben, ist tatsächlich aber ein Klettersteig (C) mit einigen Kletterstellen. Am schwersten empfand ich den Einstieg, obwohl er im Behm nur mit 1+ bewertet wird und wie ein runder 1er ausschaut. Die Tritte sind nämlich etwas schlecht bzw. weit übereinander. Weil ich da nur mit Mühe drübergekommen bin, rechneten wir damit, dass mir ein 3er doch noch zu schwer ist und wir den Fluchtweg - den Abstieg übern Postlsteig - nützen müssen.
Aber zuerst ging es durch einen erdigen Kamin (1) und in leichter Kletterei zu den ersten Versicherungen.
Hier mein erstes brauchbares Foto (von denen ich zu wenige gemacht habe, dachte mehr ans Sichern und Steigen). Harry ging mit klobigen Bergschuhen um für Klettereien in kombiniertem Gelände zu trainieren. Mir wird ewig ein Rätsel bleiben, wie er damit in die kleinen Tritte besonders im oberen Teil reingekommen ist.
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Hier also die erste versicherte Stelle (C) - das Drahtseil geht von mitte rechts nach links oben zum Baum.
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Darauf folgt eine Rampe nach rechts hinauf. Unversichert, nicht mal Haken. Im Vorstieg sicher der gefährlichste Abschnitt des Postlgrates. Ich - zum Glück im Nachstieg - war dort etwas unvorsichtig und hätte fast das Gleichgewicht verloren.
So erreicht man eine Plattform mit dem derzeit einzigen Steigbuch.
Danach muss man ein kurzes Stück abklettern - wieder mit Drahtseil versichert (B) - womit man zum ersten Kontakt mit dem rot punktmarkierten Postlsteig gelangt. Er geht hier diesen schrofigen Graben aufwärts.
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Doch unser Ziel war natürlich der Postlgrat. Laut Topo kamen hier die ersten 3er-Stellen. Jetzt war ich aber etwas verwundert, weil ich keine sehen konnte. Ein gelber Punkt rechts hinter einer rechts oder links umgehbaren Gratrippe zeigte, dass der Steig auf die nächste Gratrippe hinaufführt. Die Stelle sah wie ein unterer 2er aus. Harry erklärte mir, dass der Steig aber schon über die erste Gratrippe drübergeht. Aber auch auf die kommt man von der Seite bequem rauf. Also wie muss man sie besteigen um nicht zu schummeln? Das erinnert mich an den Babygrat, an dessen Schlüsselstelle man 1m daneben einfach vorbeigehen kann.
Harry zeigte mir im Vorstieg, wie es richtig weitergeht. In (meiner Meinung nach) 2er-Kletterei erreichten wir einen beengten Standplatz an einem Baum.
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Rückblick
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Am Fels hängt eine Steigbuchkassette aus Plastik, in der es von einem Steigbuch nur noch zerknüllte Überreste einzelner Seiten gibt. Unmittelbar orogr. rechts von diesem Standplatz kann man auf feuchten, tw. etwas erdigen Tritten unausgesetzt die nächste Gratstufe überwinden. Die Markierung und ein Haken weisen hingegen orogr. links an die ausgesetzte, scheinbar trittlose Gratkante. Niemand würde auf die Idee kommen, dort einen Aufstieg zu wagen - außer wenn man weiß, dass sich dort vom Standplatz aus nicht sichtbare geschlagene Tritte verbergen! Kurz darauf folgt wieder ein Stand, diesmal in weitläufigem Gehgelände.
Skywalk aus ungewohnter Perspektive
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Die nächste Gratstufe lässt sich beliebig meistern - links 1-, rechts etwa 2. Erst bei genauem Hinsehen erkennt man dazwischen, an einer scharfen Gratrippe, 2 Haken.
Vom nächsten Stand sieht man bereits zu der Halbhöhle (etwa in Bildmitte, Harry wartet schon auf mich), von der links aufwärts die berüchtigte Platternrampe weggeht. Zwischen diesen beiden Ständen gibt es laut Topo eine Stelle 2+ und eine 1+; beide existieren nicht real.
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Rechts rüber gibt's eine Querung zum Gaisersteig, dessen Ausstieg angeblich 2+ ist, also einfacher als der Ausstieg des Postlsteiges. So lassen sich unterer Postlsteig und oberer Gaisersteig theoretisch zu einem Durchstieg verbinden, der nirgends den 2. Grat überschreitet.
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In der Halbhöhle liegt eine leere, demolierte Steigbuchkassette.
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In dieser Halbhöhle gibt es zwar sicherungstechnisch einen Stand (2 Bohrhaken), aber bequem stehen kann man hier nicht, und weil von der Höhlendecke Wasser runtertropft, ist der Boden etwas gatschig. Also schnell weiter über die Plattenrampe.
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Sie lässt sich allem Anschein nach wenige Meter tiefer in diesem Graben umgehen. Vielleicht war das die ursprüngliche Wegführung des Postlsteiges.
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Die schwierigste Stelle der Plattenrampe ist in der "direkten Variante" 3+, mit tw. etwas geneigten Tritten und gerade ausreichend Griffmöglichkeiten. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Stelle schaffe, genauso wie beim Testamentwandl (Linksflanke) am Kanzelsteig, das ich aber mangels Griffmöglichkeiten noch etwas schwieriger finde.
Das Beste wie immer zum Schluss: die berüchtigte Ausstiegswand von Postlsteig und -grat:
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Sie sieht am Foto harmlos aus, in natura eigentlich auch. Aber gute Tritte sind hier Mangelware, ebenso fehlen oberhalb der Eibe die Griffe, an denen man sich weiter hochziehen könnte. Von der Eibe selbst taugt nur der kurze liegende Stamm als Griff+Tritt, die Äste sind ziemlich schwach. Überhaupt scheint mir die Eibe dem Tod geweiht zu sein.
Mit Stemmen am Schluss kommt man peu à peu drüber. Hier ein Blick zurück. Harry sichert souverän vom Stand an einer anderen Eibe.
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Auf der Hochfläche ist der Ausstieg nicht angeschrieben, eigentlich überhaupt nicht zu erahnen. Ein gut getarnter Standringhaken neben einem Bankerl ist der einzige Hinweis. Mir fällt kein anderer markierter Steig ein, dessen Ausstieg nicht wenigstens mit einem Farbpunkt gekennzeichnet wäre.
Es war also ein spannendes Erlebnis, auch wenn es eher Fragen aufgeworfen als beantwortet hat (z.B. Schwierigkeitsbewertungen).
PS: Obwohl Wochenende war und prächtiges Wetter, waren wir allein im Steig (bis auf einen Kletterer, der vor uns eingestiegen ist). Und wir haben keinen einzigen Drachenflieger gesehen! Anscheinend hatten die vielen Gewitter der letzten Tage eine gewisse Skepsis hinterlassen.
Aber ich würde diesen Beitrag nicht schreiben, wenn ich nicht auch was zum Steig zu sagen hätte. Der Postlgrat wird häufig begangen, und man findet im Internet diverse Bilder und einige Threads auf gipfeltreffen.at. Der Behm-Führer 2008 enthält eine Topo, auf die ich noch eingehen werde, und eine erstaunlich ähnliche Topo findet sich auf bergsteigen.at. Interessant ist, dass bergsteigen.at den Steig insgesamt mit 3- bewertet, aber in der Topo mehrere runde 3er-Stellen und eine [3+]-Stelle anführt.
Insgesamt ist die als Postlgrat bezeichnete Route eine mit etwas gekünstelter Wegführung neben dem älteren Postlsteig, der immer noch als 2er angeschrieben ist, aber zumindest die Schlusswand (laut Behm SG 3) mit dem Postlgrat gemeinsam hat.
Hösch 1971 vermutet, dass es sich beim Postlsteig um den Schönerersteig handelt, "den die Brüder Stefan und Josef Kernreuter erstmals im Februar 1889 im Abstieg begangen und im Aufstieg geschildert haben". Laut der Skizze in diesem Buch verlief der Postlsteig weiter links als heute und v.a. nicht über die Plattenrampe bei der Halbhöhle.
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Aber auch der Postlgrat ist nicht so neu, wie viele glauben. Der sonst so detaillierte Hösch 1971 gibt aber nur eine allgemeine Auskunft:
Etwa in einem Drittel der Höhe des Postlsteiges beginnt rechts eine Art Felsgrat mit mehrern schwierigen Stellen, der dann wieder endet aber zum Schluss noch den schwierigen Ausstieg des Postlsteiges als "Pflichtleistung" einbezieht. Die zusammenstellung dieser Kletterstellen zu dem anspruchslosen Klettersteig erfolgte vermutlich um das Jahr 1925 durch Dr. Alois Wildenauer und Dr. Leopold Hintsteiner. Einst wurde auch ein Steigbuch hinterlegt.
Schirmer 1991 fasst sich noch kürzer, fügt aber hinzu: "Er vermittelt einen - eher bescheidenen - Klettergenuß."
Damals gab es allerdings den unteren Postlgrat noch nicht.
Er ist mit 2+ angeschrieben, ist tatsächlich aber ein Klettersteig (C) mit einigen Kletterstellen. Am schwersten empfand ich den Einstieg, obwohl er im Behm nur mit 1+ bewertet wird und wie ein runder 1er ausschaut. Die Tritte sind nämlich etwas schlecht bzw. weit übereinander. Weil ich da nur mit Mühe drübergekommen bin, rechneten wir damit, dass mir ein 3er doch noch zu schwer ist und wir den Fluchtweg - den Abstieg übern Postlsteig - nützen müssen.
Aber zuerst ging es durch einen erdigen Kamin (1) und in leichter Kletterei zu den ersten Versicherungen.
Hier mein erstes brauchbares Foto (von denen ich zu wenige gemacht habe, dachte mehr ans Sichern und Steigen). Harry ging mit klobigen Bergschuhen um für Klettereien in kombiniertem Gelände zu trainieren. Mir wird ewig ein Rätsel bleiben, wie er damit in die kleinen Tritte besonders im oberen Teil reingekommen ist.
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Hier also die erste versicherte Stelle (C) - das Drahtseil geht von mitte rechts nach links oben zum Baum.
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Darauf folgt eine Rampe nach rechts hinauf. Unversichert, nicht mal Haken. Im Vorstieg sicher der gefährlichste Abschnitt des Postlgrates. Ich - zum Glück im Nachstieg - war dort etwas unvorsichtig und hätte fast das Gleichgewicht verloren.
So erreicht man eine Plattform mit dem derzeit einzigen Steigbuch.
Danach muss man ein kurzes Stück abklettern - wieder mit Drahtseil versichert (B) - womit man zum ersten Kontakt mit dem rot punktmarkierten Postlsteig gelangt. Er geht hier diesen schrofigen Graben aufwärts.
postl_2008-06-28c.jpg
Doch unser Ziel war natürlich der Postlgrat. Laut Topo kamen hier die ersten 3er-Stellen. Jetzt war ich aber etwas verwundert, weil ich keine sehen konnte. Ein gelber Punkt rechts hinter einer rechts oder links umgehbaren Gratrippe zeigte, dass der Steig auf die nächste Gratrippe hinaufführt. Die Stelle sah wie ein unterer 2er aus. Harry erklärte mir, dass der Steig aber schon über die erste Gratrippe drübergeht. Aber auch auf die kommt man von der Seite bequem rauf. Also wie muss man sie besteigen um nicht zu schummeln? Das erinnert mich an den Babygrat, an dessen Schlüsselstelle man 1m daneben einfach vorbeigehen kann.
Harry zeigte mir im Vorstieg, wie es richtig weitergeht. In (meiner Meinung nach) 2er-Kletterei erreichten wir einen beengten Standplatz an einem Baum.
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Rückblick
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Am Fels hängt eine Steigbuchkassette aus Plastik, in der es von einem Steigbuch nur noch zerknüllte Überreste einzelner Seiten gibt. Unmittelbar orogr. rechts von diesem Standplatz kann man auf feuchten, tw. etwas erdigen Tritten unausgesetzt die nächste Gratstufe überwinden. Die Markierung und ein Haken weisen hingegen orogr. links an die ausgesetzte, scheinbar trittlose Gratkante. Niemand würde auf die Idee kommen, dort einen Aufstieg zu wagen - außer wenn man weiß, dass sich dort vom Standplatz aus nicht sichtbare geschlagene Tritte verbergen! Kurz darauf folgt wieder ein Stand, diesmal in weitläufigem Gehgelände.
Skywalk aus ungewohnter Perspektive
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Die nächste Gratstufe lässt sich beliebig meistern - links 1-, rechts etwa 2. Erst bei genauem Hinsehen erkennt man dazwischen, an einer scharfen Gratrippe, 2 Haken.
Vom nächsten Stand sieht man bereits zu der Halbhöhle (etwa in Bildmitte, Harry wartet schon auf mich), von der links aufwärts die berüchtigte Platternrampe weggeht. Zwischen diesen beiden Ständen gibt es laut Topo eine Stelle 2+ und eine 1+; beide existieren nicht real.
postl_2008-06-28g.jpg
Rechts rüber gibt's eine Querung zum Gaisersteig, dessen Ausstieg angeblich 2+ ist, also einfacher als der Ausstieg des Postlsteiges. So lassen sich unterer Postlsteig und oberer Gaisersteig theoretisch zu einem Durchstieg verbinden, der nirgends den 2. Grat überschreitet.
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In der Halbhöhle liegt eine leere, demolierte Steigbuchkassette.
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In dieser Halbhöhle gibt es zwar sicherungstechnisch einen Stand (2 Bohrhaken), aber bequem stehen kann man hier nicht, und weil von der Höhlendecke Wasser runtertropft, ist der Boden etwas gatschig. Also schnell weiter über die Plattenrampe.
postl_2008-06-28j.jpg
Sie lässt sich allem Anschein nach wenige Meter tiefer in diesem Graben umgehen. Vielleicht war das die ursprüngliche Wegführung des Postlsteiges.
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Die schwierigste Stelle der Plattenrampe ist in der "direkten Variante" 3+, mit tw. etwas geneigten Tritten und gerade ausreichend Griffmöglichkeiten. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Stelle schaffe, genauso wie beim Testamentwandl (Linksflanke) am Kanzelsteig, das ich aber mangels Griffmöglichkeiten noch etwas schwieriger finde.
Das Beste wie immer zum Schluss: die berüchtigte Ausstiegswand von Postlsteig und -grat:
postl_2008-06-28l.jpg
Sie sieht am Foto harmlos aus, in natura eigentlich auch. Aber gute Tritte sind hier Mangelware, ebenso fehlen oberhalb der Eibe die Griffe, an denen man sich weiter hochziehen könnte. Von der Eibe selbst taugt nur der kurze liegende Stamm als Griff+Tritt, die Äste sind ziemlich schwach. Überhaupt scheint mir die Eibe dem Tod geweiht zu sein.
Mit Stemmen am Schluss kommt man peu à peu drüber. Hier ein Blick zurück. Harry sichert souverän vom Stand an einer anderen Eibe.
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Auf der Hochfläche ist der Ausstieg nicht angeschrieben, eigentlich überhaupt nicht zu erahnen. Ein gut getarnter Standringhaken neben einem Bankerl ist der einzige Hinweis. Mir fällt kein anderer markierter Steig ein, dessen Ausstieg nicht wenigstens mit einem Farbpunkt gekennzeichnet wäre.
Es war also ein spannendes Erlebnis, auch wenn es eher Fragen aufgeworfen als beantwortet hat (z.B. Schwierigkeitsbewertungen).
PS: Obwohl Wochenende war und prächtiges Wetter, waren wir allein im Steig (bis auf einen Kletterer, der vor uns eingestiegen ist). Und wir haben keinen einzigen Drachenflieger gesehen! Anscheinend hatten die vielen Gewitter der letzten Tage eine gewisse Skepsis hinterlassen.
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