Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

[Harald Braun]

Ich habe ein Weilchen im Forum gesucht und keinen Bericht mit Fotos vom „Joe-Stickler-Gedächtnisweg“ in den Großofenwänden des Schneeberges gefunden (außer einem Video). Deswegen möchte ich euch diese recht interessante Route vorstellen und einladen, diese auch einmal kennen zu lernen. Schwierigkeit 6+ (nach Skala Th. B.).
Heute, am 1. November 2015 wollen wir auch im heimatlichen Höllental sonnigen Fels genießen. Jedenfalls geben uns die Wetterprognosen Hoffnung darauf. Sonne ist tatsächlich ausreichend vorhanden, aber der Wind, der freut uns gar nicht, ein kräftiger Ostwind erfrischt das Höllental. Hmmm, was tun? Wir reden einander die Situation schön und beschließen, dass der Wind nur im Talboden spürbar ist, oben dann, in der Großofenwand, da werden wir in der Sonne sein, da wird es auch nicht so windig sein, also: Aufstieg!

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Unter der Wand ist es nicht unfreundlich, es ist noch schattig, die Sonne kommt schon, ich weiß, dass sie um 11 Uhr die Wand beleuchten und erwärmen wird. Ich liebäugle mit dem „Reichensteinerweg“, weil dieser Wandbereich früher von der Sonne erreicht wird, aber wir entscheiden uns dann doch für den „Joe-Stickler-Gedächtnisweg“, mit ist das ganz recht, denn diese Route bin ich erst einmal geklettert.

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Regina ist am Einstieg noch ein wenig skeptisch, aber jetzt wollen wir auch nicht mehr zurück

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Die ersten Meter fallen uns beiden nicht leicht, die Stelle ist im Topo mit 5- angegeben, aber – na, ja – vermutlich haben wir beide einen wichtigen Griff übersehen?

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Eine schöne Wandstelle in der 6. Seillänge unter dem sogenannten „Schlampen-Riß“
Ich bitte Regina, locker und entspannt drein zu schauen, dieses hier ist das Beste, das sie schafft. Es ist uns schon ziemlich kalt, die Beweglichkeit lässt nach, die Partnerin murmelt etwas von Reptilien, die sich bei dieser Temperatur auch kaum bewegen können.

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Die knifflig-plattige 7. Seillänge, die sich Thomas vom Georg-Kronawetter-Weg“ ausgeborgt und „Nonnentanz“ benannt hatte. Werde ihn gelegentlich nach seinen weiteren Hobbies fragen. Wir haben das subjektive Empfinden, dass die Sohlen der Kletterschuhe einfach nicht auf Betriebstemperatur kommen und deshalb nicht so gut halten.

Die „Leberkas-Platte“ danach war etwas angenehmer, leider bin ich für diese Länge nicht in gute Foto-Position gekommen.

Das „steile, zerfressene Wandl“ in der 10. Seillänge empfinden wir wieder als etwas angenehmer.

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Für die folgenden Seillängen finde ich keine günstige Fotoposition, aber ich meine, diese Aufnahmen vermitteln einen brauchbaren Eindruck vom Charakter dieser Route.

Mühsam wie immer ist der Abstieg in der Schuttrinne, mir kommt vor, dass hier von Jahr zu Jahr mehr Geröll herunter rinnt und vermute, dass weiter oben ein Bergbaubetrieb sein muss.
So, das war `s, und jetzt, beim Schreiben ist mir endlich wieder warm geworden.

[derspeicher]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

Schöner Bericht von der Tour!

Das Video könnte glatt von mir sein , und DU kommst auch darin vor - z.m. seid ihr nebenbei bei Ausbesserungsarbeiten am kleinen Großofenturm unterwegs gewesen (In Vino Veritas, wenn ich mich richtig erinnere??).


Hab mir den alten Clip gerade wieder angesehen, und muss feststellen: Das bringe ich heute nicht mehr .
( https://www.youtube.com/watch?v=u1SJRlzFNh4)

Die Tour ist durch ihre Länge gar nicht so ohne für den Schwierigkeitsgrad - hat mir aber sehr gut gefallen.

Ganz liebe Grüße - Josef

[Harald Braun]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

und muss feststellen: Das bringe ich heute nicht mehr .

Josef

aber was?
mach `s so wie ich,
organisiere dir eine tüchtige Partnerin, die die schwierigen Seillängen führt,
dann geht fast alles.
Nur nicht nachlassen!
Harald

[oidmosavoda]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

danke für den schönen Bericht, diese Tour hat mir auch sehr gut gefallen, und nicht nachlassen lieber Josef, wirst sehen die wilden Zeiten kommen wieder!

liebe Grüße und noch einen goldenen Kletterherbst, diese Tage kommen niemals wieder

Reini

p.s. mir stellt sich da die Frage wer wohl Joe Stickler gewesen sein mag?

[Harald Braun]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

mir stellt sich da die Frage wer wohl Joe Stickler gewesen sein mag?

Wenn ich mich recht erinnere,
dann war Joe Stickler ein Freund von Thomas Behm,
der in jungen Jahren diese Welt verlassen hatte

[oidmosavoda]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

....ja freiwillig, so habe ich es auch gelesen, aber im Klettervolk glaube ich ihn nicht bewußt wahrgenommen zu haben. Jedenfalls finde ich es schön einen geschätzten Menschen in einer Kletterroute zu würdigen, mit der Route "Waldheimat" wurde zum Beispiel der "Elivisa" aus unserem Forum gedacht, dieser Name bezieht sich auf den wunderbaren Bergwald den sie so geliebt hat, jedesmal wenn ich diese Route gehe bin ich in Gedanken bei ihr, möchte beinahe sagen dass ich sie dann recht gegenwärtig spüre...

sorry, weil halt gerade Allerheiligen war und weil ich solche Gedächtnisklettereien Friedhofbesuchen vorziehe

[Harald Braun]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

Es war also gefragt nach Joe Stickler,
ich hatte ihn nicht gekannt (und wenn, dann ist er meiner Erinnerung entschwunden).
Viele Menschen hatten in den Bergen, im Höllental, im Weichtalhaus, meine Wege gekreuzt, manch Erinnerungen hinterlassen.
Jetzt ist eine gute Zeit, an Vergangenes und an Vergangene zu denken, so hat es auch Reini angesprochen, und daher habe ich eine Freund von Joe Stickler gebeten, einige Worte der Erinnerung und der Beschreibung von Joe Stickler zu übersenden, und ich gebe sie hier weiter:

Ja, der alte Stickler Joe, das war ein guter Freund von mir: Ein Urgestein aus der Wiener Neustädter Lokal Szene, Türlsteher und in diversen Bands aktiv. Eine damals hiess "Dr.Steif", benannt nach einem damaligen Lungenfacharzt. Und als "Dr.Steif" als "Mitternachtseinlage" bei einem Maturakränzchen völlig überraschend mit riesigen penisartigen Bischofsmützen auf die Bühne traten, kam es zum Eklat - letztendlich stürzte der "Leberkas Joe" (wie er sonst noch hieß, weil er immer soviele Leberkassemmeln verdrücken konnte) in der Vollfettn kopfüber ins Schlagzeug und der "wahre" Dr. Steif schaltete den Staatsanwalt ein..

Der Joe war aber auch ein begeisterter Wanderer und (wenn er nicht gerade besoffen war) ein begeisterter Kletterer; auf der Fölzalm schrie er in der 1.SL der Schinko Nord noch laut "Ablassen", um sich auf der Grasserhütte Mut anzutrinken; am nächsten Tag, nach einem Frühstück mit Bananen, Schmalzbrot, einer Knolle Knoblauch und 3 Krügeln Most kämpfte er sich dann den Winkelkogel NW Pfeiler tapfer empor; danach ging es auf der Alm wieder dementsprechend rund und meine damalige Freundin kotzte sich, als wir Joe im Kraftwagen mit nach Hause nahmen, ob seiner Körperausdünstung an.

Der Joe war auch einer meiner Partner in der "goldenen Höllenthalzeit", in den Zeiten des Handbohrers und der noch legalen Lagerfeuernächte an der Schwarza.

Dunkle Seiten, depressive Momente, gab es wohl viele in seinem Leben, wenngleich es nach außen - manche mögen ihn vielleicht noch als Verkäufer beim Eybl, wenige dann nur bei seinem Job als Totengräber am Wr. Neustädter Friedhof, kennen - meist nicht so schien. Alle hatten wir damals so unsere Probleme mit der Gesellschaft (oder haben sie auch heute noch), der Joe ist aber daran zerbrochen.


Im Alter von 39 Jahren hat er sich schließlich das Hirn weggepustet, Ruhe in Frieden!

Joe-Stickler-mit-Foto-von-Th.-Behm-comp.jpg

Dazu noch eine Beschreibung und Skizze des Joe-Stickler-Gedächtnisweges mit einem Foto des damit Geehrten.

Dazu möchte ich noch eine Anregung geben,
bei der Veröffentlichung von neuen Anstiegen, die dem Andenken von Verunglückten gewidmet sind, den Topos einige beschreibende Worte und auch Fotos anzufügen, damit jene Interessierten, die diese nicht kannten, die mehr wissen wollen, sich einen Eindruck vom Menschen, der hinter dem Routennamen stehen, gewinnen können.

[oidmosavoda]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

recht herzlichen Dank für diesen Beitrag!

[babyshamble]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

Danke für die Geschichten und den Bericht. Wenn ihr schon dabei seid: Was gibt es denn ueber Roland Rochefort zu erzaehlen. Harald Braun weiss da doch sicher etwas.

[Harald Braun]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

Danke für die Geschichten und den Bericht. Wenn ihr schon dabei seid: Was gibt es denn ueber Roland Rochefort zu erzaehlen. Harald Braun weiss da doch sicher etwas.

Ich hätte einiges über Roland Rochefort zu erzählen,
schließlich war er mein erster Partner in (damals) schwierigen Touren.
Ich werde in meinem Dia-Archiv stöbern und, sollte ich Fotos in einigermaßen brauchbarer Qualität finden (ich habe damals, wie viele sparsame Jung-Kletterer auch, den billigsten ORWO-Diafilm verwendet!), dann kann ich an schließend in einem anderen thread ein wenig über Roland Rochefort berichten und an ihn erinnern.

[GEROLSTEINER]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

Nun denn werter Kollege, darf ich meine Huldigung aussprechen? Sowohl Bildverarbeitung als auch verbale Zubereitung inklusive detektivischer Nachbereitung erfreuen den Hochsteirischen Radler sehr. Danke!

Warum nur wundert es mich nicht dass ich diese Route schon selbst geklettert bin? Die Großofenrouten haben mich oft schon gesehen. Ich denke der Reichensteinerwehg sicherlich viermal und die Himmelsleiter drei mal oder so.

Ich hingegen liebte die Abstiegsmöglichkeit sehr. Flotten Schrittes waren wir bald beim Badeplatzl.

Zur Schönheit der dortigen Routen will ich meine subjektive Meinung bitte auch kundtun:

Mit Abstand die schönste Route dort oben war für mich der o.g. Reichensteinerweg. Eine Route bei der man sich wünschte, sie wäre 10 mal so lang. Der J.S. G.W. stellt natürlich auch eine angenehme Bereicherung des dortigen Angebotes dar und blieb in angenhmer Erinnerung.

Ein Dank an die wackeren Errichter.

[Harald Braun]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

Huldigung wird gerne angenommen,
tut gut im schlichten Gemüt,
wird auch verstanden als Ermunterung und Aufforderung zu weiteren kurzweiligen Beiträgen.
Bis später!

[michi57]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

Ja dieser Joe Stickler Weg! Gefiel mir genauso gut, wie dem (unbekannten) Kollegen hier am Bild! Danke für die Auffrischung, Harald!

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Lg, michl fasan

[peter]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

....Jedenfalls finde ich es schön einen geschätzten Menschen in einer Kletterroute zu würdigen, mit der Route "Waldheimat" wurde zum Beispiel der "Elivisa" aus unserem Forum gedacht, dieser Name bezieht sich auf den wunderbaren Bergwald den sie so geliebt hat, jedesmal wenn ich diese Route gehe bin ich in Gedanken bei ihr, möchte beinahe sagen dass ich sie dann recht gegenwärtig spüre...

Wo ist diese Route, gibts irgendwo ein Topo dazu?

Mit Abstand die schönste Route dort oben war für mich der o.g. Reichensteinerweg.

Wer eher alpin abgesicherte Touren auch zu schätzen weiß:
Der ÖAK-Steig von Kapfenberger, Harald Braun und Wohlrab aus dem Jahr 1985 ist eine weitgehend unbekannte, aber ebenfalls sehr schöne Route am SW-Pfeiler (und spannender als der plaisirig abgesicherte Reichensteinerweg), die kaum begangen wird, obwohl sehr viele (viel mehr als im Behmtopo eingezeichnet) und recht gute NH und Sanduhren stecken (an einem Stand auch ein älterer BH). Nur die Bewertung ist ziemlich untertrieben, Ende der 3. und anfangs der 4.SL ist die Tour sicher im 6.Grad.

[Gamsi]

AW: Schneeberg, Großofen "Joe-Stickler-Gedächtnisweg" am 1. November 2015

Ich seh schon, ich muss die letzte Bildungslücke dort oben auch noch schliessen, um mitreden zu können.

Am besten haben mit dort bis jetzt "In vino veritas" und der "Reichensteiner" gefallen. Sonnenplatten und Himmelsleiter waren auch recht schön, aber doch ziemlich fragmentiert.