Demotiviert von den unsicheren Wetterprognosen und frustriert von den Schneefällen bis in tiefe Lagen so spät im Jahr, fürchtete ich schon, dass mir der Watzmann-Gipfel bis auf weiteres verwehrt bliebe. So redete ich mir ein, erst mal das Terrain erkunden zu wollen und reiste am 6.6.07 am frühen Nachmittag in Königsee an.
Kaum aus dem Auto sitze ich auch schon im Boot, planlos und etwas verzagt, weil ich die Stöcke im Auto vergessen hatte.
Da ich selten längere Touren mit ernst zu nehmendem Rückengepäck unternehme, fürchte ich, dies noch bitter zu bereuen. In St Bartholomä folge ich der bezaubernd sanften Königsee-‘Strandpromenade’ (extremer Kontrast zu den Bergen in der Umgebung) bis zum Rinnkendlsteig, der vorbei an der Achenkanzel hinauf zur Kühroint-Alm (1409 m) führen sollte. Die Warnschilder, dass dieser Steig unbedingt Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordert, lese ich aufmerksam. Leider steht nirgends ‘nix für Feiglinge’...
Und so kehrte ich auf halbem Weg um, weil eine unheilvoll-dunkelgraue Wolke näher und näher rückt, mir die Müdigkeit und mangelnde Ortskenntnis zu schaffen machen.
Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass diese Wolke mit jeder Abstiegsminute heller und heller wird ...
Der Rinnkendlsteig ist auf jeden Fall empfehlenswert, mit wunderbaren Tiefblicken und einer spektakulären Traumaussicht auf Königsee und umrahmende Gebirgskulisse.
Jedenfalls habe ich beim Rückzug per Boot Gelegenheit zu beobachten, wie immer wieder dichte Wolken über Watzmann-Gipfel und -Grat wallen. Einziger Lichtblick: keine nennenswerte Schneelage oben.
Ergatterte anschließend völlig ungeplant das letzte freie Bett in der Pension ‘Wimbachklamm’ (sehr empfehlenswert, schöne Zimmer und gutes Essen) bei der Wimbachbrücke (634m), wo ich am 7.6.07 um null-siebenhundert bei strahlendem Sonnenschein startete. Natüüürlich nur mit dem Plan, das Watzmannhaus, dass imposant über der Wimbachbrücke thront, zu erreichen und mich mal umzusehen.
2/3 des Aufstiegs bewältigt man über einen schönen Wanderweg, der durch kühle Wälder führt, gelegentlich von Almen unterbrochen (Verschnauf-Bankerl), das letzte Drittel, bei dem der Kleine Watzmann (23...m) sich ins Blickfeld rückt, über einen felsigen Steig. Der Anblick des Kl Watzmanns war für mich beängstigend wie anziehend zugleich. Seine schrägen, markanten Bänder sowie hoch hinauf verlaufenden Kamine bringen mir nun wieder ins Gedächtnis, hier ist alpines Gelände, mit dem ist nicht zu spaßen. Und obwohl abschreckend, bleibt doch mein Blick hängen an der einen oder anderen möglichen Linienführung für Kletterrouten...
Nach 2h40min erreichte ich das Watzmannhaus (1915m) und sicherte mir gleich mal ein Bett. Da ich mich noch recht frisch fühle, ziehe ich nach nach kurzer Pause weiter. Nun wird mir langsam klar, dass ich auf den Gipfel will. Und zwar nicht nur aufs Hocheck (zweitausendsechshundertundeinpaarzerquetschte), sondern auch auf die Mittelspitze, mit 2713m zweithöchste Erhebung Deutschlands und für mich DER Gipfelsieg.
Zugegeben, als ich diese Watzmanntour plante, dachte ich noch an eine Überschreitung. Aber als ich in der Topo des Klettersteigs las, man solle beim Abstieg von der Südspitze ins Wimbachtal den Helm aufbehalten wg Steinschlag - und dass man unangenehme Geröllrinnen zu bewältigen hätte, da kam’s mir recht gelegen, dass sich diese Überschreitung sowieso zeitlich nicht ausging.
Der Aufstieg zum Hocheck (2651m) gestaltet sich ob der dezenten Markierung (rote Punkte in weißem Kreis) als Orientierungslauf. Das überschaubare Gelände sieht zwar alles in allem gangbar aus, aber oben im steilen Gelände ist man doch froh über ein paar Sicherungen, und die wollte ich auf keinen Fall verpassen - schon im Hinblick auf den Abstieg, vor dem ich mit jedem Aufstiegs-Meter mehr Respekt entwickle.
Am Hocheck sind nicht nur atemberaubende Tiefblicke zu erleben, auch eine ungefähre Vorstellung, was einen bis zur Mittelspitze noch erwartet ...
Hier startet der Klettersteig, zwar ‘nur’ A/B bewertet, aber nicht zu unterschätzen, weil sehr moralisch.
Meiner Meinung nach absolut nix für Klettersteig-Neulinge. Denn ‘ausgesetzt’ bedeutet hier an manchen Stellen, fast 2000m Luft unter den Fersen.
An diesem Punkt gestehe ich mir kleinlaut ein, das wäre doch eine Nummer zu groß für mich. Also rede ich mir gut zu - und ein, dass ich ja jederzeit umkehren kann, und starte.
Einzige Schwierigkeit: Ein Schneebrett ‚on the rocks’ (auf Eis), dass sich in der Verschneidung zum Gipfel befindet. Mit etwas Klettererfahrung kann man sich da helfen, weit ausspreizen, die Schmerzen in den Hüftgelenken irgnorieren und nix wie rauf.
Dann der Gipfel, für mich ganz allein. Ein Wunder, wie der Blick zur Südspitze oder zum Hocheck zeigen, wo es vor Leuten nur so wimmelt. Leider gibts kein Gipfelbuch, also ein paar ruhige Momente genossen, schaudernd zum Königsee runter geblickt. Das alles in demütiger Haltung, denn hier ist kaum Platz zum stehen. Auch das macht den Watzmann gefährlicher als zb den von der Höhe her vergleichbaren Hochschwab. Während man dort ung’schaut am Gipfel einen Almkirtag abhalten könnte, müssten hier 3-4 Leute schon sehr auf ihre Ellbögen aufpassen um nicht plötzlich allein da zu stehen.
Wie gern hätte ich an meine BergfreundInnen SMS geschickt, oder die Mama angerufen ... aber kein Netz, na gut.
Im Bewusstsein einen langen Abstieg vor mir zu haben, trete ich dankbar den Rückzug an. Beim Abstieg zum Watzmannhaus fällt mir erst so richtig auf, dass hier das Gestein ungewöhnlich fest ist, keine Wackelsteine oder ‚überhängendes Geröll’ wie in vergleichbarem Gelände von Rax oder Schneeberg. So erreiche ich kurz nach 15 Uhr das Watzmannhaus, todmüde doch ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Der Himmel zeigte sich während der gesamten Unternehmung in schönstem Blau, lediglich einige Schäfchenwolken sorgen dafür, dass das Bild nicht zu eintönig wird.
Am nächsten Morgen verlasse ich das Nachtlager schon gegen 5 Uhr und werde für den frühen Aufbruch doppelt belohnt: zuerst mit einem farbenprächtigen Sonnenaufgang in Richtung Salzburg/Untersberg, dann mit zwei sich bekämpfenden, einander umtanzenden, zischenden Auerhähnen. War sehr beeindruckend, da ich diese Tiere noch nie zuvor in natura gesehen habe.
Noch während dem Abstieg wird mir klar, dass mir ein seltenes Schönwettergeschenk zuteil wurde, denn nun ziehen aus Richtung Wimbachtal/Hochkalter bereits wieder gewitterträchtige Wolken heran.
Man möge mir die blumige Schilderung hier verzeihen, aber mangels Kamera müssen Worte Bilder ersetzen. Es war die bisher schönste Tour meines Lebens, das wollte ich hier rüberbringen.
Ein Hinweis noch zum Thema ‘Hausfrauentour’ durch die Ostwand sei mir gestattet:
Von einem Bergführer war zu hören, da sei nix dabei, ein paar 3er-Stellen, sonst leichter, dauert 8 Stunden. Macht man die Tour mit einheimischen Bergführer, kostet das etwas über 200 EUR.
Tags zuvor hörte ich während der halbstündigen Bootsfahrt ein anderes Lied. Die fast 2000m hohe Ostwand hat seit ihrer Erstbegehung (Jahreszahl leider nicht mitbekommen) 99 Todesopfer gefordert. Hauptursachen wären Steinschlag und plötzlicher Schlechtwettereinbruch, den man in der Wand viel zu spät bemerkt. Wenn die Sicht beeinträchtigt ist, ist der Weg darüber hinaus schwer zu finden. Eine derartige Tour würde ich nur mit wirklich erfahrenem, ortskundigen Führer machen. Aber ich bin halt feig - also jedem das seine ...
Die aktuelle Schneelage stellt aber kein Problem. Es liegt nur mehr wenig auf den Bändern.
Ein Hinweis noch zum Thema Übernachtungsmöglichkeiten:
Die Wimbachgrieshütte soll recht nett und urig sein – allerdings schnell ausgebucht (so auch am verlängerten Wochenende); ebenso die Kürointh-Alm. Reservieren lohnt sich.
Lg
MP
Kaum aus dem Auto sitze ich auch schon im Boot, planlos und etwas verzagt, weil ich die Stöcke im Auto vergessen hatte.
Da ich selten längere Touren mit ernst zu nehmendem Rückengepäck unternehme, fürchte ich, dies noch bitter zu bereuen. In St Bartholomä folge ich der bezaubernd sanften Königsee-‘Strandpromenade’ (extremer Kontrast zu den Bergen in der Umgebung) bis zum Rinnkendlsteig, der vorbei an der Achenkanzel hinauf zur Kühroint-Alm (1409 m) führen sollte. Die Warnschilder, dass dieser Steig unbedingt Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordert, lese ich aufmerksam. Leider steht nirgends ‘nix für Feiglinge’...
Und so kehrte ich auf halbem Weg um, weil eine unheilvoll-dunkelgraue Wolke näher und näher rückt, mir die Müdigkeit und mangelnde Ortskenntnis zu schaffen machen.
Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass diese Wolke mit jeder Abstiegsminute heller und heller wird ...
Der Rinnkendlsteig ist auf jeden Fall empfehlenswert, mit wunderbaren Tiefblicken und einer spektakulären Traumaussicht auf Königsee und umrahmende Gebirgskulisse.
Jedenfalls habe ich beim Rückzug per Boot Gelegenheit zu beobachten, wie immer wieder dichte Wolken über Watzmann-Gipfel und -Grat wallen. Einziger Lichtblick: keine nennenswerte Schneelage oben.
Ergatterte anschließend völlig ungeplant das letzte freie Bett in der Pension ‘Wimbachklamm’ (sehr empfehlenswert, schöne Zimmer und gutes Essen) bei der Wimbachbrücke (634m), wo ich am 7.6.07 um null-siebenhundert bei strahlendem Sonnenschein startete. Natüüürlich nur mit dem Plan, das Watzmannhaus, dass imposant über der Wimbachbrücke thront, zu erreichen und mich mal umzusehen.
2/3 des Aufstiegs bewältigt man über einen schönen Wanderweg, der durch kühle Wälder führt, gelegentlich von Almen unterbrochen (Verschnauf-Bankerl), das letzte Drittel, bei dem der Kleine Watzmann (23...m) sich ins Blickfeld rückt, über einen felsigen Steig. Der Anblick des Kl Watzmanns war für mich beängstigend wie anziehend zugleich. Seine schrägen, markanten Bänder sowie hoch hinauf verlaufenden Kamine bringen mir nun wieder ins Gedächtnis, hier ist alpines Gelände, mit dem ist nicht zu spaßen. Und obwohl abschreckend, bleibt doch mein Blick hängen an der einen oder anderen möglichen Linienführung für Kletterrouten...
Nach 2h40min erreichte ich das Watzmannhaus (1915m) und sicherte mir gleich mal ein Bett. Da ich mich noch recht frisch fühle, ziehe ich nach nach kurzer Pause weiter. Nun wird mir langsam klar, dass ich auf den Gipfel will. Und zwar nicht nur aufs Hocheck (zweitausendsechshundertundeinpaarzerquetschte), sondern auch auf die Mittelspitze, mit 2713m zweithöchste Erhebung Deutschlands und für mich DER Gipfelsieg.
Zugegeben, als ich diese Watzmanntour plante, dachte ich noch an eine Überschreitung. Aber als ich in der Topo des Klettersteigs las, man solle beim Abstieg von der Südspitze ins Wimbachtal den Helm aufbehalten wg Steinschlag - und dass man unangenehme Geröllrinnen zu bewältigen hätte, da kam’s mir recht gelegen, dass sich diese Überschreitung sowieso zeitlich nicht ausging.
Der Aufstieg zum Hocheck (2651m) gestaltet sich ob der dezenten Markierung (rote Punkte in weißem Kreis) als Orientierungslauf. Das überschaubare Gelände sieht zwar alles in allem gangbar aus, aber oben im steilen Gelände ist man doch froh über ein paar Sicherungen, und die wollte ich auf keinen Fall verpassen - schon im Hinblick auf den Abstieg, vor dem ich mit jedem Aufstiegs-Meter mehr Respekt entwickle.
Am Hocheck sind nicht nur atemberaubende Tiefblicke zu erleben, auch eine ungefähre Vorstellung, was einen bis zur Mittelspitze noch erwartet ...
Hier startet der Klettersteig, zwar ‘nur’ A/B bewertet, aber nicht zu unterschätzen, weil sehr moralisch.
Meiner Meinung nach absolut nix für Klettersteig-Neulinge. Denn ‘ausgesetzt’ bedeutet hier an manchen Stellen, fast 2000m Luft unter den Fersen.
An diesem Punkt gestehe ich mir kleinlaut ein, das wäre doch eine Nummer zu groß für mich. Also rede ich mir gut zu - und ein, dass ich ja jederzeit umkehren kann, und starte.
Einzige Schwierigkeit: Ein Schneebrett ‚on the rocks’ (auf Eis), dass sich in der Verschneidung zum Gipfel befindet. Mit etwas Klettererfahrung kann man sich da helfen, weit ausspreizen, die Schmerzen in den Hüftgelenken irgnorieren und nix wie rauf.
Dann der Gipfel, für mich ganz allein. Ein Wunder, wie der Blick zur Südspitze oder zum Hocheck zeigen, wo es vor Leuten nur so wimmelt. Leider gibts kein Gipfelbuch, also ein paar ruhige Momente genossen, schaudernd zum Königsee runter geblickt. Das alles in demütiger Haltung, denn hier ist kaum Platz zum stehen. Auch das macht den Watzmann gefährlicher als zb den von der Höhe her vergleichbaren Hochschwab. Während man dort ung’schaut am Gipfel einen Almkirtag abhalten könnte, müssten hier 3-4 Leute schon sehr auf ihre Ellbögen aufpassen um nicht plötzlich allein da zu stehen.
Wie gern hätte ich an meine BergfreundInnen SMS geschickt, oder die Mama angerufen ... aber kein Netz, na gut.
Im Bewusstsein einen langen Abstieg vor mir zu haben, trete ich dankbar den Rückzug an. Beim Abstieg zum Watzmannhaus fällt mir erst so richtig auf, dass hier das Gestein ungewöhnlich fest ist, keine Wackelsteine oder ‚überhängendes Geröll’ wie in vergleichbarem Gelände von Rax oder Schneeberg. So erreiche ich kurz nach 15 Uhr das Watzmannhaus, todmüde doch ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Der Himmel zeigte sich während der gesamten Unternehmung in schönstem Blau, lediglich einige Schäfchenwolken sorgen dafür, dass das Bild nicht zu eintönig wird.
Am nächsten Morgen verlasse ich das Nachtlager schon gegen 5 Uhr und werde für den frühen Aufbruch doppelt belohnt: zuerst mit einem farbenprächtigen Sonnenaufgang in Richtung Salzburg/Untersberg, dann mit zwei sich bekämpfenden, einander umtanzenden, zischenden Auerhähnen. War sehr beeindruckend, da ich diese Tiere noch nie zuvor in natura gesehen habe.
Noch während dem Abstieg wird mir klar, dass mir ein seltenes Schönwettergeschenk zuteil wurde, denn nun ziehen aus Richtung Wimbachtal/Hochkalter bereits wieder gewitterträchtige Wolken heran.
Man möge mir die blumige Schilderung hier verzeihen, aber mangels Kamera müssen Worte Bilder ersetzen. Es war die bisher schönste Tour meines Lebens, das wollte ich hier rüberbringen.
Ein Hinweis noch zum Thema ‘Hausfrauentour’ durch die Ostwand sei mir gestattet:
Von einem Bergführer war zu hören, da sei nix dabei, ein paar 3er-Stellen, sonst leichter, dauert 8 Stunden. Macht man die Tour mit einheimischen Bergführer, kostet das etwas über 200 EUR.
Tags zuvor hörte ich während der halbstündigen Bootsfahrt ein anderes Lied. Die fast 2000m hohe Ostwand hat seit ihrer Erstbegehung (Jahreszahl leider nicht mitbekommen) 99 Todesopfer gefordert. Hauptursachen wären Steinschlag und plötzlicher Schlechtwettereinbruch, den man in der Wand viel zu spät bemerkt. Wenn die Sicht beeinträchtigt ist, ist der Weg darüber hinaus schwer zu finden. Eine derartige Tour würde ich nur mit wirklich erfahrenem, ortskundigen Führer machen. Aber ich bin halt feig - also jedem das seine ...
Die aktuelle Schneelage stellt aber kein Problem. Es liegt nur mehr wenig auf den Bändern.
Ein Hinweis noch zum Thema Übernachtungsmöglichkeiten:
Die Wimbachgrieshütte soll recht nett und urig sein – allerdings schnell ausgebucht (so auch am verlängerten Wochenende); ebenso die Kürointh-Alm. Reservieren lohnt sich.
Lg
MP
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