Watzmann - Versuch einer Winterüberschreitung
Die Idee, den Watzmann im Winter zu überschreiten, ist irgendwie nahe liegend. In meinen Augen war das immer einigen verrückten Berchtesgadenern vorbehalten. Nachdem Robi die Tour vor einer Woche hier im Forum erwähnt hat, war dann doch schnell klar, dass wir gemeinsam die Überschreitung probieren wollen, solange die Verhältnisse derart ideal sind.
Daraus ist natürlich nichts geworden. Die Tour bleibt etwas für Gebietskenner.
Am Anfang steht die Überlegung, in welcher Richtung man geht. Das ist bei Winterüberschreitungen ein kritischer Punkt. Es ist überhaupt nicht banal die Sommerrichtung von Norden nach Süden zu wählen. Die klassische Richtung hat den Vorteil eines relativ hohen Stützpunktes (Watzmannhaus und Biwakschachtel). Sollte man aber im Winter Schwierigkeiten beim Abstieg bekommen, hat man ein echtes Problem, denn zur Umkehr bei der Südspitze ist der Grat zu lang. Unsere Erfahrung hat im Nachhinein gezeigt, dass diese Punkt entscheidend ist. Wir haben die Begehung nämlich von Süden nach Norden in Angriff genommen und die Tücken der Südseite kennen gelernt.
Im letzten Moment konnte ich noch meinen Kletterpartner Clemens breitschlagen mitzukommen. Er hatte im Gegensatz zu Robi und mir die Überschreitung schon mal im Sommer gemacht und ist zudem der richtige Mann für kniffelige Fels- und Eispassagen.
Eine Übernachtung war sowieso eingeplant. Einen Reservetag muss man bei so was dann noch dranhängen können. Sonntag Abend sollte es schlechter werden; starker Wind und Niederschlag war zu erwarten. Also sind wir am Freitag nach der Arbeit spät abends los. Wenn schon ein Notbiwak, dann wenigstens am folgenden Tag gutes Wetter für den Rückzug oder die Fortführung.
Nach einer köstlichen Wurstsuppe in Ramsau, stapften wir auf gut getrampeltem Weg zur Wimbachgrieshaus. Um Mitternacht haben wir dann unsere Schlafsäcke ausgerollte. Um fünf bimmelte schon der Wecker und im Finsteren zogen wir weiter. Leider lag der Einstieg im Mondschatten und alles sah ziemlich gleich aus. Zum ersten mal im Gebirge hatte ich eine GPS dabei. Es hat sich unter den Bedingungen bewährt.
Jetzt hieß es Tiefschneewühlerei an steilen Latschenhängen im Dunklen.
Watz_01.JPG
Das sind so die Glücksmomente eines jeden Bergsteigers. Nach drei Stunden hatten wir knappe 400Hm geschafft. An dem Punkt war klar: wenn überhaupt, dann schaffen wir es auf die Südspitze.
Der weitere Weg bis zum Schönfeld ist verwickelt und ausgesetzt. Zum Glück war Clemens noch halbwegs mit dem Gelände vertraut.
Watz_02.JPG
Mit den ersten Sonnenstrahlen stieg auch die Laune in unserem Team.
Watz_03.JPG
Bald ging es stetig über Hänge und Rinnen zwischen den Felsriegeln hinauf. Mal über tiefen Schwimmschnee.
Watz_04.JPG
Und mal über besten Trittfirn. Das sind die Verhältnisse, die wir eigentlich für die ganze Tour erhofft hatten.
Watz_05.JPG
Zwischendurch gibt’s kleine Klettereien, so wird das Schneegestapfe nicht fad.
Watz_06.JPG
Gegen 14:00 uhr erreichten wir über ein kurzes Gratstück den Südgipfel des Watzmann.
Watz_07.JPG
Robi hat sich als beinharter Konditionsbrocken erwiesen. Er wollte uns trotz wiederholter Nachfrage das Seil nicht überlassen und war am Gipfel bester Laune, wogegen Clemens und ich nach den 1500Hm ziemlich geschlaucht waren. Clemens hatte wenigsten eine Entschuldigung, da er tags zuvor noch eine Skitour gemacht hatte.
Ein Blick noch rüber auf den Grat zur Mittelspitze.
Watz_08.JPG
Schön, dass wir uns schon früh einig waren, nicht weiter zu gehen. Es bleiben grad noch 3,5 Stunden Tageslicht. Weitergehen hieß also irgendwo da drüben biwakieren. Keine Option. Der Wind war dermaßen unangenehm, dass wir zackig wieder runter sind.
Watz_09.JPG
Und rechtzeitig zum Sonnenuntergang das Wimbachgries erreichten.
Watz_10.JPG
Nun wurden die Rucksäcke schwer und der Talhatscher zog sich hin. Unseren müden Hirne waren am Auto auch nicht mehr sonderlich kreativ. Also sind wir in den selben Gasthof gestolpert und haben den Rest der Wurstsuppe niedergemacht.
---
Jetzt noch ein paar Worte an andere Interessenten. Über den Grat kann ich leider nichts sagen. Dennoch glaube ich, dass eine Überschreitung von Nord nach Süd ohne profunde Ortskenntnisse mächtig in die Hose gehen kann. Einen Weg im Abstieg zu finden ist ungleich viel schwieriger als im Aufstieg. Von oben sieht man nur die Flachstücke und steht dann plötzlich über einem Steilabbruch. Die Südseite des Watzmann ist voll davon.
Watz_11.JPG
Von unten sieht man hingegen eher die Problemstellen und kann sie besser umgehen.
Watz_12.JPG
Außerdem werde im Abstieg die Optionen zahlreicher, wogegen man im Aufstieg ein klares Ziel vor Augen hat. Wobei auch das leider nicht ganz klar ist. Man sieht auf dem Bild oben, wie schwer der Gipfel unter den ganzen deutlich niedrigeren Zacken und Türmchen auszumachen ist. Aber im Aufstieg wird man sich nie in einer Sackgasse manövrieren. Wogegen wir sogar einige Stunden nach dem Aufstieg Probleme hatten, den Weg zurück durch das Gewirr von Rinnen und Wänden zu finden, da unsere Spuren teilweise vom Wind vollständig verblasen waren.
Fazit: Wenn man den Abstieg nach Süden gut kennt, dann sollte man rechtzeitig am Tag zum Watzmannhaus aufbrechen. Dort im Winterraum ausreichend schlafen und Essen, um am nächsten Tag so früh als möglich die Überschreitung zu machen. Ich schätze, man braucht für den Grat sieben bis neun Stunden bis zur Südspitze. Je nach dem, ob man sichern muss oder nicht. Weitere drei braucht man dann bis zum Wimbachgrieshaus. Von dort kann man problemlos im dunkeln weiter.
Vielleicht gehen wir das nächsten Winter an. Jetzt stürmt und regnet es vor meinem Fenster und ich bin erstmal ganz zufrieden mit dem Internet-Bergsteigen.
Die Idee, den Watzmann im Winter zu überschreiten, ist irgendwie nahe liegend. In meinen Augen war das immer einigen verrückten Berchtesgadenern vorbehalten. Nachdem Robi die Tour vor einer Woche hier im Forum erwähnt hat, war dann doch schnell klar, dass wir gemeinsam die Überschreitung probieren wollen, solange die Verhältnisse derart ideal sind.
Daraus ist natürlich nichts geworden. Die Tour bleibt etwas für Gebietskenner.
Am Anfang steht die Überlegung, in welcher Richtung man geht. Das ist bei Winterüberschreitungen ein kritischer Punkt. Es ist überhaupt nicht banal die Sommerrichtung von Norden nach Süden zu wählen. Die klassische Richtung hat den Vorteil eines relativ hohen Stützpunktes (Watzmannhaus und Biwakschachtel). Sollte man aber im Winter Schwierigkeiten beim Abstieg bekommen, hat man ein echtes Problem, denn zur Umkehr bei der Südspitze ist der Grat zu lang. Unsere Erfahrung hat im Nachhinein gezeigt, dass diese Punkt entscheidend ist. Wir haben die Begehung nämlich von Süden nach Norden in Angriff genommen und die Tücken der Südseite kennen gelernt.
Im letzten Moment konnte ich noch meinen Kletterpartner Clemens breitschlagen mitzukommen. Er hatte im Gegensatz zu Robi und mir die Überschreitung schon mal im Sommer gemacht und ist zudem der richtige Mann für kniffelige Fels- und Eispassagen.
Eine Übernachtung war sowieso eingeplant. Einen Reservetag muss man bei so was dann noch dranhängen können. Sonntag Abend sollte es schlechter werden; starker Wind und Niederschlag war zu erwarten. Also sind wir am Freitag nach der Arbeit spät abends los. Wenn schon ein Notbiwak, dann wenigstens am folgenden Tag gutes Wetter für den Rückzug oder die Fortführung.
Nach einer köstlichen Wurstsuppe in Ramsau, stapften wir auf gut getrampeltem Weg zur Wimbachgrieshaus. Um Mitternacht haben wir dann unsere Schlafsäcke ausgerollte. Um fünf bimmelte schon der Wecker und im Finsteren zogen wir weiter. Leider lag der Einstieg im Mondschatten und alles sah ziemlich gleich aus. Zum ersten mal im Gebirge hatte ich eine GPS dabei. Es hat sich unter den Bedingungen bewährt.
Jetzt hieß es Tiefschneewühlerei an steilen Latschenhängen im Dunklen.
Watz_01.JPG
Das sind so die Glücksmomente eines jeden Bergsteigers. Nach drei Stunden hatten wir knappe 400Hm geschafft. An dem Punkt war klar: wenn überhaupt, dann schaffen wir es auf die Südspitze.
Der weitere Weg bis zum Schönfeld ist verwickelt und ausgesetzt. Zum Glück war Clemens noch halbwegs mit dem Gelände vertraut.
Watz_02.JPG
Mit den ersten Sonnenstrahlen stieg auch die Laune in unserem Team.
Watz_03.JPG
Bald ging es stetig über Hänge und Rinnen zwischen den Felsriegeln hinauf. Mal über tiefen Schwimmschnee.
Watz_04.JPG
Und mal über besten Trittfirn. Das sind die Verhältnisse, die wir eigentlich für die ganze Tour erhofft hatten.
Watz_05.JPG
Zwischendurch gibt’s kleine Klettereien, so wird das Schneegestapfe nicht fad.
Watz_06.JPG
Gegen 14:00 uhr erreichten wir über ein kurzes Gratstück den Südgipfel des Watzmann.
Watz_07.JPG
Robi hat sich als beinharter Konditionsbrocken erwiesen. Er wollte uns trotz wiederholter Nachfrage das Seil nicht überlassen und war am Gipfel bester Laune, wogegen Clemens und ich nach den 1500Hm ziemlich geschlaucht waren. Clemens hatte wenigsten eine Entschuldigung, da er tags zuvor noch eine Skitour gemacht hatte.
Ein Blick noch rüber auf den Grat zur Mittelspitze.
Watz_08.JPG
Schön, dass wir uns schon früh einig waren, nicht weiter zu gehen. Es bleiben grad noch 3,5 Stunden Tageslicht. Weitergehen hieß also irgendwo da drüben biwakieren. Keine Option. Der Wind war dermaßen unangenehm, dass wir zackig wieder runter sind.
Watz_09.JPG
Und rechtzeitig zum Sonnenuntergang das Wimbachgries erreichten.
Watz_10.JPG
Nun wurden die Rucksäcke schwer und der Talhatscher zog sich hin. Unseren müden Hirne waren am Auto auch nicht mehr sonderlich kreativ. Also sind wir in den selben Gasthof gestolpert und haben den Rest der Wurstsuppe niedergemacht.
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Jetzt noch ein paar Worte an andere Interessenten. Über den Grat kann ich leider nichts sagen. Dennoch glaube ich, dass eine Überschreitung von Nord nach Süd ohne profunde Ortskenntnisse mächtig in die Hose gehen kann. Einen Weg im Abstieg zu finden ist ungleich viel schwieriger als im Aufstieg. Von oben sieht man nur die Flachstücke und steht dann plötzlich über einem Steilabbruch. Die Südseite des Watzmann ist voll davon.
Watz_11.JPG
Von unten sieht man hingegen eher die Problemstellen und kann sie besser umgehen.
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Außerdem werde im Abstieg die Optionen zahlreicher, wogegen man im Aufstieg ein klares Ziel vor Augen hat. Wobei auch das leider nicht ganz klar ist. Man sieht auf dem Bild oben, wie schwer der Gipfel unter den ganzen deutlich niedrigeren Zacken und Türmchen auszumachen ist. Aber im Aufstieg wird man sich nie in einer Sackgasse manövrieren. Wogegen wir sogar einige Stunden nach dem Aufstieg Probleme hatten, den Weg zurück durch das Gewirr von Rinnen und Wänden zu finden, da unsere Spuren teilweise vom Wind vollständig verblasen waren.
Fazit: Wenn man den Abstieg nach Süden gut kennt, dann sollte man rechtzeitig am Tag zum Watzmannhaus aufbrechen. Dort im Winterraum ausreichend schlafen und Essen, um am nächsten Tag so früh als möglich die Überschreitung zu machen. Ich schätze, man braucht für den Grat sieben bis neun Stunden bis zur Südspitze. Je nach dem, ob man sichern muss oder nicht. Weitere drei braucht man dann bis zum Wimbachgrieshaus. Von dort kann man problemlos im dunkeln weiter.
Vielleicht gehen wir das nächsten Winter an. Jetzt stürmt und regnet es vor meinem Fenster und ich bin erstmal ganz zufrieden mit dem Internet-Bergsteigen.
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