Prolog:
Für Oktober 1987 hatten mein Freund Herbert und ich eine Reise nach Indien und Nepal geplant; unter anderem wollten wir dort den Everest Trek von Lukla bis zum Base Camp gehen. Um dafür zu trainieren, machten wir vorher noch einige Bergtouren. Eine davon war der Mangart, ausgehend von den Weißenfelser Seen (Laghi di Fusine). Der Plan war, über den Italienischen Klettersteig aufzusteigen, am Gipfel zu übernachten und am nächsten Tag über den Slowenischen Klettersteig sowie die Lahnscharte abzusteigen.
----------
Wir fuhren also Freitag Nachmittag bis zum oberen Weißenfelser See (Lago die Fusine superiore, 928m) und schlugen dort unser Zelt auf. Ein idyllischer Platz, der Blick auf die Mangart Nordwand ist phantastisch. Eigentlich hätten wir nur die Natur genießen und uns früh schlafen legen können, doch der Abend war noch jung, wir waren durstig, und so düsten wir noch schnell nach Tarvis hinunter. Eine Bar war bald gefunden, die Kellnerin war hübsch, aus einem Bier wurden mehrere (es können auch ein paar Cynar dabei gewesen sein) und es wurde spät.
Ein wenig verkatert schälten wir uns am nächsten Morgen aus den Schlafsäcken. Angesichts des vor uns liegenden Aufstiegs (immerhin 1750 hm), des schweren Gepäcks (Herbert hatte sogar eine Flasche Wein mit) und unseres Zustands beschlichen uns leise Zweifel ob unseres Vorhabens. Doch nach einem guten Frühstück und einer kalten Gesichtswäsche kehrten die Lebensgeister langsam wieder zurück und wir legten los.
Eine Schotterstraße führt leicht ansteigend durch den Wald in den Talhintergrund. Zum Bivacco Nogara, bei dem der Klettersteig beginnt, muss man sich dann eher rechts halten. Wir folgten der Straße ohne viel nachzudenken, sie war bequem und gerade richtig zum Eingehen. So drifteten wir immer weiter nach links ab, zunächst ohne es zu bemerken. Die Abzweigung hatten wir längst verpasst. Zu unserem Erstaunen landeten wir schließlich bei der Zacchi-Hütte (1380m) unterhalb der Ponza.
001.jpg
Es half nichts, wir mussten 3 km hinüber auf die andere Seite des Talkessels. Also zuerst wieder ein Stück absteigen, dann eine lange Querung über die Schutthalden unter den Nordwänden. Als wir endlich auf den richtigen Zustiegsweg trafen, waren wir mehr als gut aufgewärmt und der letzte Rest des Katers war verflogen. Nach einem steileren Anstieg erreichten wir das Bivacco Nogara (1920m).
002.jpg
Die Via ferrata Italiana beginnt nach weiteren 100 Höhenmetern. Ich kann mich dunkel an eine Engstelle gleich am Anfang erinnern, wo man sich durchzwängen musste. Der Klettersteig ist durchwegs steil und oben sehr ausgesetzt, technisch aber nicht übermäßig schwer. Die Sicherungen waren damals alt, aber noch einigermaßen brauchbar. In den 2000er-Jahren wurde ihr Zustand dann immer schlechter und der Steig wurde schließlich gesperrt, bis er 2009 saniert und wieder eröffnet wurde (siehe auch hier).
003.jpg
Wie man aber auf diesem Foto sieht, waren schon 1987 abschnittsweise neue Seile zusätzlich zu den alten angebracht.
004.jpg
Die ausgesetzteste Stelle ist die „Nase“ im oberen Teil.
005.jpg
Man beachte, wie wir uns damals gesichert haben: nur mit Brustgurt plus Bandschlinge. Klettersteigsets hatten wir noch nicht.
006.jpg
Hier dürften wir die Nase schon hinter uns haben (ob die Reihenfolge der Fotos chronologisch stimmt, kann ich nicht garantieren).
007.jpg
Plötzlich konnten wir - nur wenige Meter entfernt - über die Plateaukante schauen, der Steig geht aber nach links weiter. Im Hintergrund der Piccolo Mangart.
008.jpg
Blick in die Gegenrichtung
009.jpg
Uns war vorher nicht bewusst, dass der Klettersteig nicht direkt auf den Gipfel führt, sondern schon nach 400 hm endet und unterhalb der Leichenbretter in den Normalweg einmündet. Auf die Idee, über den Slowenischen Klettersteig weiterzugehen, kamen wir nicht; der war fix für den Abstieg eingeplant. Außerdem wussten wir gar nicht genau, wo er beginnt. So war ich über den Schlussanstieg am Normalweg, der in einer weit nach Osten ausholenden Schleife zum Gipfel leitet, nicht besonders begeistert, auch wenn die Ausblicke - allen voran zum Jalovec hinüber - toll waren. Wir waren beide froh, als wir endlich oben ankamen.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir da gesessen sind, uns ausgeruht und die Aussicht genossen haben. Jedenfalls wurde es langsam Abend und wir beratschlagten, wie wir die Nacht verbringen wollten.
010.jpg
(Links im Bild Wischberg und Montasch)
Der Gedanke, hier oben das Zelt aufzustellen, behagte mir immer weniger. Wenig Platz, steiniger Untergrund, Wind und Wetter ausgesetzt… es waren zwar keine Gewitter angekündigt, aber man weiß ja nie. Schließlich konnte ich Herbert davon überzeugen, dass es besser wäre, noch zum Plateau abzusteigen und in der Nähe der Mangarthütte (Koča na Mangrtskem sedlu, 1906m) zu zelten. Also gingen wir beim letzten Tageslicht über den Slowenischen Klettersteig hinunter. Davon existieren leider keine Fotos, ich habe aber in Erinnerung, dass es teilweise recht steil-schottrig war und man sehr aufpassen musste.
Wir fanden einen netten Zeltplatz in der Wiese, nicht ganz bei der Hütte, aber doch so in der Nähe, dass wir noch auf ein, zwei Bier hinübergehen konnten. Um wieder zum Zelt zurückzufinden, bauten wir ein paar Steinmandln. Wunderschön war es dann, den über die Silhouette des Mangart wandernden Mond zu beobachten.
So bot sich unser Nachtquartier Sonntag Früh dar:
011.jpg
Ausblick Richtung WSW:
Ganz links Rombon, dann Jerebica (Cima del Lago), rechts dahinter das Canin-Massiv; mittig der Pass Sella Nevea; rechts das Wischberg-Massiv und ganz rechts dahinter der Montasch
012.jpg
Nach einem kurzen Anstieg zur Lahnscharte (Forcella della Lavina, 2055m) liefen wir das Valle della Lavina hinunter. Das war insofern noch spannend, als es da vor kurzem einen Felssturz gegeben haben musste; es lagen sichtlich frisch ausgebrochene Felsbrocken herum, alles war mit Staub bedeckt und man hörte es aus den Flanken rieseln. Mit einem mulmigen Gefühl, immer wieder zurückschauend, brachten wir die Strecke so schnell wie möglich hinter uns. Unten im Wald konnten wir uns dann entspannen, und beim See gönnten wir uns in der Bar Ai Sette Nani einen Imbiss und - man glaubt es kaum - ein Bier
014.jpg
----------
Epilog:
Der Everest-Trek Ende Oktober 1987 war dann wirklich traumhaft. Und auf den Mangart kam ich Jahre später noch ein zweites Mal, 2012 ganz gemütlich über den Normalweg vom Parkplatz der Mangartstraße aus.
Für Oktober 1987 hatten mein Freund Herbert und ich eine Reise nach Indien und Nepal geplant; unter anderem wollten wir dort den Everest Trek von Lukla bis zum Base Camp gehen. Um dafür zu trainieren, machten wir vorher noch einige Bergtouren. Eine davon war der Mangart, ausgehend von den Weißenfelser Seen (Laghi di Fusine). Der Plan war, über den Italienischen Klettersteig aufzusteigen, am Gipfel zu übernachten und am nächsten Tag über den Slowenischen Klettersteig sowie die Lahnscharte abzusteigen.
----------
Wir fuhren also Freitag Nachmittag bis zum oberen Weißenfelser See (Lago die Fusine superiore, 928m) und schlugen dort unser Zelt auf. Ein idyllischer Platz, der Blick auf die Mangart Nordwand ist phantastisch. Eigentlich hätten wir nur die Natur genießen und uns früh schlafen legen können, doch der Abend war noch jung, wir waren durstig, und so düsten wir noch schnell nach Tarvis hinunter. Eine Bar war bald gefunden, die Kellnerin war hübsch, aus einem Bier wurden mehrere (es können auch ein paar Cynar dabei gewesen sein) und es wurde spät.
Ein wenig verkatert schälten wir uns am nächsten Morgen aus den Schlafsäcken. Angesichts des vor uns liegenden Aufstiegs (immerhin 1750 hm), des schweren Gepäcks (Herbert hatte sogar eine Flasche Wein mit) und unseres Zustands beschlichen uns leise Zweifel ob unseres Vorhabens. Doch nach einem guten Frühstück und einer kalten Gesichtswäsche kehrten die Lebensgeister langsam wieder zurück und wir legten los.
Eine Schotterstraße führt leicht ansteigend durch den Wald in den Talhintergrund. Zum Bivacco Nogara, bei dem der Klettersteig beginnt, muss man sich dann eher rechts halten. Wir folgten der Straße ohne viel nachzudenken, sie war bequem und gerade richtig zum Eingehen. So drifteten wir immer weiter nach links ab, zunächst ohne es zu bemerken. Die Abzweigung hatten wir längst verpasst. Zu unserem Erstaunen landeten wir schließlich bei der Zacchi-Hütte (1380m) unterhalb der Ponza.
001.jpg
Es half nichts, wir mussten 3 km hinüber auf die andere Seite des Talkessels. Also zuerst wieder ein Stück absteigen, dann eine lange Querung über die Schutthalden unter den Nordwänden. Als wir endlich auf den richtigen Zustiegsweg trafen, waren wir mehr als gut aufgewärmt und der letzte Rest des Katers war verflogen. Nach einem steileren Anstieg erreichten wir das Bivacco Nogara (1920m).
002.jpg
Die Via ferrata Italiana beginnt nach weiteren 100 Höhenmetern. Ich kann mich dunkel an eine Engstelle gleich am Anfang erinnern, wo man sich durchzwängen musste. Der Klettersteig ist durchwegs steil und oben sehr ausgesetzt, technisch aber nicht übermäßig schwer. Die Sicherungen waren damals alt, aber noch einigermaßen brauchbar. In den 2000er-Jahren wurde ihr Zustand dann immer schlechter und der Steig wurde schließlich gesperrt, bis er 2009 saniert und wieder eröffnet wurde (siehe auch hier).
003.jpg
Wie man aber auf diesem Foto sieht, waren schon 1987 abschnittsweise neue Seile zusätzlich zu den alten angebracht.
004.jpg
Die ausgesetzteste Stelle ist die „Nase“ im oberen Teil.
005.jpg
Man beachte, wie wir uns damals gesichert haben: nur mit Brustgurt plus Bandschlinge. Klettersteigsets hatten wir noch nicht.
006.jpg
Hier dürften wir die Nase schon hinter uns haben (ob die Reihenfolge der Fotos chronologisch stimmt, kann ich nicht garantieren).
007.jpg
Plötzlich konnten wir - nur wenige Meter entfernt - über die Plateaukante schauen, der Steig geht aber nach links weiter. Im Hintergrund der Piccolo Mangart.
008.jpg
Blick in die Gegenrichtung
009.jpg
Uns war vorher nicht bewusst, dass der Klettersteig nicht direkt auf den Gipfel führt, sondern schon nach 400 hm endet und unterhalb der Leichenbretter in den Normalweg einmündet. Auf die Idee, über den Slowenischen Klettersteig weiterzugehen, kamen wir nicht; der war fix für den Abstieg eingeplant. Außerdem wussten wir gar nicht genau, wo er beginnt. So war ich über den Schlussanstieg am Normalweg, der in einer weit nach Osten ausholenden Schleife zum Gipfel leitet, nicht besonders begeistert, auch wenn die Ausblicke - allen voran zum Jalovec hinüber - toll waren. Wir waren beide froh, als wir endlich oben ankamen.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir da gesessen sind, uns ausgeruht und die Aussicht genossen haben. Jedenfalls wurde es langsam Abend und wir beratschlagten, wie wir die Nacht verbringen wollten.
010.jpg
(Links im Bild Wischberg und Montasch)
Der Gedanke, hier oben das Zelt aufzustellen, behagte mir immer weniger. Wenig Platz, steiniger Untergrund, Wind und Wetter ausgesetzt… es waren zwar keine Gewitter angekündigt, aber man weiß ja nie. Schließlich konnte ich Herbert davon überzeugen, dass es besser wäre, noch zum Plateau abzusteigen und in der Nähe der Mangarthütte (Koča na Mangrtskem sedlu, 1906m) zu zelten. Also gingen wir beim letzten Tageslicht über den Slowenischen Klettersteig hinunter. Davon existieren leider keine Fotos, ich habe aber in Erinnerung, dass es teilweise recht steil-schottrig war und man sehr aufpassen musste.
Wir fanden einen netten Zeltplatz in der Wiese, nicht ganz bei der Hütte, aber doch so in der Nähe, dass wir noch auf ein, zwei Bier hinübergehen konnten. Um wieder zum Zelt zurückzufinden, bauten wir ein paar Steinmandln. Wunderschön war es dann, den über die Silhouette des Mangart wandernden Mond zu beobachten.
So bot sich unser Nachtquartier Sonntag Früh dar:
011.jpg
Ausblick Richtung WSW:
Ganz links Rombon, dann Jerebica (Cima del Lago), rechts dahinter das Canin-Massiv; mittig der Pass Sella Nevea; rechts das Wischberg-Massiv und ganz rechts dahinter der Montasch
012.jpg
Nach einem kurzen Anstieg zur Lahnscharte (Forcella della Lavina, 2055m) liefen wir das Valle della Lavina hinunter. Das war insofern noch spannend, als es da vor kurzem einen Felssturz gegeben haben musste; es lagen sichtlich frisch ausgebrochene Felsbrocken herum, alles war mit Staub bedeckt und man hörte es aus den Flanken rieseln. Mit einem mulmigen Gefühl, immer wieder zurückschauend, brachten wir die Strecke so schnell wie möglich hinter uns. Unten im Wald konnten wir uns dann entspannen, und beim See gönnten wir uns in der Bar Ai Sette Nani einen Imbiss und - man glaubt es kaum - ein Bier
014.jpg
----------
Epilog:
Der Everest-Trek Ende Oktober 1987 war dann wirklich traumhaft. Und auf den Mangart kam ich Jahre später noch ein zweites Mal, 2012 ganz gemütlich über den Normalweg vom Parkplatz der Mangartstraße aus.
Kommentar