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Ochsenstall 1641m, Almenforschung am Hinteren Gosausee (18.6.2023)

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  • Ochsenstall 1641m, Almenforschung am Hinteren Gosausee (18.6.2023)

    Als ich voriges Jahr am Bärwurzkogel war, ist das Gebiet Gosau/Dachstein das erste mal in meinen Fokus geraten und ich hab mir dann die Alpenvereinskarte 14 in diversen Ausgaben gekauft, die älteste aus dem Jahr 1915. Und in dieser sind ein paar Wege eingezeichnet, die sich in sonst keiner Karte finden.
    Genau das richtige Futter für mich um auf Forschungs-Wanderung zu gehen. Eigentlich wollte ich ja den Steig zur Jagdhütte Roßrucken erforschen, also von der Lacke direkt hinauf, aber dann erschien mir doch der Ochsenstall interessanter.
    Der Ochsenstall ist eine Ruine einer ehemaligen Almhütte und auf Satellitenbildern sehr gut erkennbar:
    Ortophoto-Ochsenstall.jpg

    Auf modernen Karten und auf OSM ist kein Weg auch nur in der Nähe, obwohl man schon im Luftbild erkennt, dass dort sehr wohl Wege existieren, was bei einer ehemaligen Alm ja auch zu erwarten ist.
    Der Weg nun in der alten AV Karte geht durch den Brodgraben:

    av-karte-1915-ochsenstall.jpg

    Weder zum Ochsenstall, noch zum Brodgraben hab ich was verwertbares Finden können. Ausser dass der Brodgraben unter anderen die Grenze des Gosaukamms darstellt. Und einen AV Bericht einer Schitour, wo der Brodgraben kurz erwähnt wird (Brodgraben (kurze, mit Stahlseilen gesicherte, Kletterstelle) ).

    Nun gut, gesagt getan. Um 6:30 brech ich auf und um 9:18 bin ich an der Bushaltestelle Vorderer Gosausee. Hier gibt es das übliche Bild, viele Touristen und der herrliche Blick über den Vorderen Gosausee Richtung Dachstein.

    20230618_091849.jpg

    Nach gut einer Stunde bin ich am Hinteren Gosausee und hab erstmals einen Blick auf das fragliche Gebiet. Durch den Graben in der Mitte, den Brodgraben, soll es hinaufgehen:

    20230618_103020.jpg

    Ich wähle das Bachbett als Aufstieg um zum Graben zu kommen. Das geht ganz gut, man muss eben sehr aufmerksam steigen, aber dann ist es wie eine unregelmäßige Stiege:

    Aufstieg-Bachstiege.jpg

    Wird fortgesetzt...


    Angehängte Dateien
    Zuletzt geändert von saltimbokka; 19.06.2023, 15:45.

  • #2
    Am Fuß der Wand finde ich die ersten Spuren, die bald deutlicher werden und in den Graben ziehen.

    endlich-deutlich.jpg

    Leider ist es mit den Spuren bald wieder vorbei, es wird steil und bröselig und ich bin mir nicht sicher wo ich weiter muss:

    broeselig.jpg

    Nachdem ich in dem einzigen Bericht, in dem der Brodgraben erwähnt wurde, etwas von Versicherungen gelesen habe, wähle ich die rechte Rinne. Wenn ich dort keine Spuren finde, kann ich immer noch weiter nach links wechseln und weitersuchen. Ganz links im Gras, das am angenehmsten aussieht, kann ich keine Spuren erkennen.
    Weils so steil ist, muss ich die Hände zu Hilfe nehmen um nicht mit dem ganzen Gebrösel wieder íns Tal zu rutschen.
    Plötzlich höre ich Gerumpel. Steinschlag! Oh weh, ich bin auf das Schlimmste gefasst. Da sehe ich genau aus der anvisierten Rinne eine Gämse herauskommen.

    Gemse1.jpg

    Die hat den Steinschlag ausgelöst. Ich bin wieder ein bisschen beruhigt und beobachte die Gämse, Und sie beobachtet mich.

    Gemse2.jpg

    Nach einer Weile gegenseitigen Anstarrens quert sie oberhalb von mir nach links und ein paar Steine sausen an mir vorbei ins Tal. Als ich ihr nachsehe, sehe ich den Weg. Ich freu mich riesig, dass mir die Gämse die Augen geöffnet hat.

    Der-Weg.jpg

    Also quere ich den Bröselhang wieder nach links und folge dem Weg über den Wiesenhang aufwärts in eine kleine Scharte. Nun ist der Weg wieder deutlich und geht links vom Brodgraben weiter durch einen kleinen Wald.

    deutlicher-weg.jpg
    Rückblick in den Graben

    Rückblick-See1.jpg
    Und auf den See

    Rückblick-See2.jpg

    Und bald öffnen sich auch Blicke Richtung Adamek-Hütte und den Weg dorthin.

    Adamek-Weg.jpg

    Wird fortgesetzt...

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    • #3
      Und auch mein Weg ist nun wieder deutlich und gut zu finden. Bis jetzt hab ich keine Markierung, keine Versicherung und nicht ein einziges Stoamandl gefunden. Nur die manchmal mehr, manchmal weniger deutlichen Spuren.

      deutlich3.jpg

      Latschen gibt es wenige, und wenn sind sie ausgeschnitten.

      Latschen.jpg

      Nach etwa 2,5 h öffnet sich der Almboden vor mir. Ich habs geschafft.

      geschafft.jpg

      Der Ochsenstall:


      der-ochsenstall.jpg
      Nachdem in der alten AV Karte auch Weiterwege eingezeichnet sind, beschließe ich in Richtung Reißgangkessel weiterzugehen.

      richtung-reißgang.jpg

      Bei einem Schneefeld mach ich Schluß.
      Die weitere Route Richtung Reißgangsattel sieht machbar aus. Aber für heute hab ich genug und dreh um.

      reißgangsattel.jpg
      Nochmal ein Rückblick

      nochmal-rueckblick.jpg

      Auch in Richtung Kramersattel unterhalb des Sammetkogel gibt es einen Weiterweg. Das wäre eine weitere Forschungsaufgabe für ein anderes mal.


      richtung-kramersattel.jpg


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      • #4
        Um halb vier bin ich nach einer kurzen Einkehr in der Holzmeisteralm, wieder bei der Bushaltestelle, um halb sieben wieder zuhause.
        Der Rückweg war, wie so oft, wesentlich einfacher und ich würde sogar sagen wirklich einfach. Auch wenn ich den ganzen Weg ab Hinterem Gosausee keine einzige Markierung oder ein Stoamandl gesehen habe.
        Hier noch der relevante Teil des Tracks, mit allen Verhauern und einem Abstecher auf den kleinen Bockstein, der nur etwa 30 Hm über dem Ochsenstall liegt.

        Ochsenstall-Map.jpg

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        • #5
          Feine Erkundungstour! Wenn dein Kartenausschnitt aus 1915 ist, dann war die Alm schon vor hundert Jahren verfallen - sehr interessant jedenfalls das ganze.
          Woher hast du so alte Karten bekommen?
          Meine Touren

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          • #6
            Die Karte findet man nach wie vor antiquarisch. Sie heisst im Gegensatz zur modernen AV Karte nicht "Alpenvereinskarte Dachsteingebirge" sondern bis zur Ausgabe 1992 "Karte der Dachsteingruppe". Unter diesem Stichwort findet man sie zB auf der Meta Suchmaschine eurobuch.com

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            • #7
              Sehr spannend. Danke für den Bericht und den Kartenausschnitt.
              Ich kenn die Gegend kaum, aber trotzdem find ich es immer sehr reizvoll so "Forschungsberichte" zu lesen.

              LG. Martin
              Alle meine Beiträge im Tourenforum

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              • #8
                Als Liebhaber uralter verfallener Wege und Almen finde ich deine Tour äußerst interessant – eine schöne urige Ecke hast du da exploriert!
                Die Schitour (https://www.alpenverein.at/schwanens...gerscharte.php) verläuft eigentlich in dem langen Hang unter den Böcksteinwände, nicht in dem Brotgraben (ausgenommen für den Ausläufer ganz unten nach der Holzmeisteralm), der dabei erwähnte Steig mit der gesicherten Stelle sollte der sein, der in der OSM eingezeichnet ist.
                Übrigens:
                https://anno.onb.ac.at/cgi-content/a...00001||jpg||O|

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                • #9

                  Wow, das ist ja großartig! Ich verwende anno schon lange, aber immer nur um Zeitungen zu durchsuchen. Wie kann man dort so eine Karte finden? Damit erspare ich mir das mühsame Einscannen, wenn ich die Karte in Locus Map als Overlay verwenden möchte.

                  Die Schitour (https://www.alpenverein.at/schwanens...gerscharte.php) verläuft eigentlich in dem langen Hang unter den Böcksteinwände
                  So etwas hab ich mir nach der Tour dann auch gedacht (Zitat: hinauf bis unter die Böcksteinwände und unter diesen entlang bis zum Hochkesselboden). Damit ergibt sich ein weiterer Steig, der erforscht gehört! Bei meiner Suche nach dem Gipfel des Kleinen Bockstein (oder Böckstein?) hab ich auch einen Steig gefunden, der von dort unten hinaufkommt. Allerdings sehr steil. Aber vielleicht gibt es da eine Verbindung.

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                  • #10
                    Zitat von saltimbokka Beitrag anzeigen
                    Wow, das ist ja großartig! Ich verwende anno schon lange, aber immer nur um Zeitungen zu durchsuchen. Wie kann man dort so eine Karte finden? Damit erspare ich mir das mühsame Einscannen, wenn ich die Karte in Locus Map als Overlay verwenden möchte.
                    Diese Karte kam als Beilage der 1915 Zeitschrift des DÖAV, und wurde in ANNO gemeinsam mit dem Text eingescannt: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/a...m=1915&size=45
                    Andere solche Karten sind ebenfalls als Beilage bei einigen anderen Ausgaben zu finden: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=oav

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                    • #11
                      Super!

                      Genau solche Erkundungen faszinieren mich immer wieder.
                      Der Tiefblick auf den Hinteren Gosausee ist beeindruckend.

                      LG
                      My Blogs > Meine bisher erstellten Tourenberichte

                      Ein Gipfel gehört dir erst, wenn du wieder unten bist - denn vorher gehörst du ihm. (Hans Kammerlander)
                      Hergott, d' Hoamat is schee (Aufschrift am Gipfelkreuz der Reisalpe)
                      Im Höllengebirge wird einem nie langweilig ! ... (mein Leitspruch)

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                      • #12
                        Gratuliere,

                        eine tolle Forschungsreise in eine heute wieder verwildernde Landschaft mit den Spuren der früheren Nutzung. Bergwandern und Archäologie liegen da nahe bei einander.

                        LG,Johannes
                        Zuletzt geändert von QRP; 21.06.2023, 18:39.
                        Auf, und da Gams noch! Holladaroh !!!

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                        • #13
                          saltimbokka Bist du heuer auch noch den Weg vom Ochsenstall zum Reißgangsattel gegangen? Ist ja im Radio-Radiis etwas beschrieben, wenn ich mich recht erinnere soll man etwas westlich des Sattels ankommen und dann kurz in diesen absteigen. Direkt in den Reißgangsattel wäre jedenfalls extrem steil, die letzten bröseligen Meter oben schon und die uneinsehbare Stufe darunter vermutlich noch mehr...

                          1.jpg

                          Gerade erst gesehen, dass man auf dem Bild ja sogar die Reste vom Ochsenstall sieht wenn man genau schaut
                          Zuletzt geändert von Hard85; 26.09.2023, 20:14.

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                          • #14
                            Nein, weiter bin ich nicht mehr gegangen heuer. Ich war nur damals in dem Kessel, den man auch auf deinem Bild sieht und der damals noch mit Schnee gefüllt war. Schwierig hat es nicht ausgesehen Richtung Reissgangsattel. Man muss sich halt vermutlich die beste Linie suchen. Nach der Hangneigungskarte siehts eigentlich nicht so steil aus.

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                            • #15
                              Ja, stimmt, die Hangneigungskarte habe ich mir auch gerade jetzt erst angesehen, da siehts eigentlich direkt in den Sattel am wenigsten steil aus, aber habe gerade nochmal nachgelesen, lt. Radio-Radiis kommt man "knapp w." des Sattels auf den Kamm und anschließend "in wenigen Min., zuletzt etwas absteigend" zum Sattel. Umgekehrt ist auch der Abstieg vom Sattel zum See so beschrieben, dass man zuerst aus dem Sattel etwas nach Westen ansteigen muss und anschließend über gestuftes Gelände oder so bergab. Aber du hast den Führer ja eh auch soweit ich gesehen habe...

                              In diesem Bericht von Manfred9 ist auch ein Bild vom Reißgangsattel Richtung Gosauseen drin, falls es dich interessiert. Da kommt die Steilheit etwas realistischer rüber finde ich:
                              https://www.gipfeltreffen.at/forum/g...68#post1367268

                              Zitat von saltimbokka Beitrag anzeigen
                              ...die älteste aus dem Jahr 1915. Und in dieser sind ein paar Wege eingezeichnet, die sich in sonst keiner Karte finden.
                              Genau das richtige Futter für mich um auf Forschungs-Wanderung zu gehen. Eigentlich wollte ich ja den Steig zur Jagdhütte Roßrucken erforschen, also von der Lacke direkt hinauf...
                              Die Steige auf dieser Karte in dieser Gegend finde ich auch interessant. Bin vor einigen Jahren mal den Weg vom "Kreuz" zum Lärchkogel gegangen. Oberhalb des Launingfalls bin ich dann mal einige Meter falsch gegangen, das müsste im Bereich der "Weißen Wand" gewesen sein, weiß leider nicht mehr, obs da noch weitergegangen wäre. Aber dein Anstieg von der Lacke zur Hütte würde mich schon auch interessieren, ob man den noch halbwegs vernünftig gehen kann.

                              Ich finde es auch extrem interessant, welche wilden Wege und Almen es schon vor so langen Zeiten gab, wenn die tlw. sogar in über hundert Jahre alten Führern schon als verfallen beschrieben werden. Auch die ganzen Bezeichnungen in den alten Karten, die man in aktuellen Karten tlw. nur mehr bruchstückhaft findet, finde ich sehr interessant. Schade nur, dass auch das Wissen darum mehr und mehr verfällt.
                              Zuletzt geändert von Hard85; 27.09.2023, 09:20.

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