1.650 Höhenmeter, 20 Kilometer Wegstrecke
Eine Uhr, die durch Sonnenkraft, mehr Freud als müdes Leiden schafft
06:00:00 Das nächtliche Konzert verstummt langsam. Einige wenige Tenortöne aus den Nasenflügeln bilden das Grande Finale. Der Wecker klingelt. Nun ist man kein Prinz mehr, der mit hinaufgezogenen Hosenbeinen durch seinen Geldspeicher watet. Es ist ein typischer Wecker, der mit den schrillen Tönen vor einem weiteren Tag in der kuriosen Welt des Alltags warnt. Einer der mehr Wutprobe, als Hilfestellung ist. Ein Wecker, der sagt: "Komm hoch, mein Freund, dich erwarten heute Probleme, Zerreißproben und Kaffee." Müde trottet man in's Badezimmer. Richtig wach wird man erst beim Blick in den Spiegel. Es dauert ein bisschen bis das Bild, das im Glas reflektiert, zugeordnet werden kann. Die Angst ein grässliches Fabelwesen, hätte es in der Nacht in die Wohnung geschafft, verfliegt aber erfahrungsgemäß wieder. Das Frühstück wird vom klingelnden Telefon zum Business-Meeting umfunktioniert und mit ein paar kräftigen Schlägen auf den Rücken hat man auch das morgendliche Croissant wieder aus der Luftröhre geklopft, das man verschluckt hat, während man essen und reden gleichzeitig wollte. Der Motor des Autos klingt wie das Bellen eines Wachhundes, doch auch diese letzte Warnung vor dem Einbruch in die Gewohnheit, muss man ignorieren. Die Bürotür öffnet sich, die Playboy-Hasen des Vorgesetzten lachen nackig vom Poster, das über dem Schreibtisch hängt, während der Chef selbst den engen Rock der Sekretärin lobt. Der Alltag beginnt....
07:00:00 ...nicht heute. Denn just in diesem Moment tauchen wir durch die nächtlichen Nebelschleier, die sich über dem Almsee bei Grünau gebildet haben. Nur einen Tag, nachdem ich vom Traunstein abgestiegen bin, auf dem wir unser 24-Stunden-Projekt erfolgreich in die Tat umsetzen konnten, will ich mir alpine Entschleunigung gönnen. Und wie könnte das besser gehen, als mit einem Familienausflug! Die Familie besteht allerdings heute nicht aus Blutsverwandten, sondern aus einer buntgemischten Bergtruppe. Gemeinsam mit Evergreen Hans, der Schönwetterprinzessin Veronika und ihrem königlichen Berater Manfred und dem ruhigen Braunbären Roman starten wir in die Röll.
Es gilt die vier Kilometer Zustieg zum Sepp-Huber-Steig zu absolvieren, ohne vor Langeweile einzuschlafen. Immer wieder aber gibt die Baumlandschaft einen Blick auf die Riesen des Toten Gebirges frei und so können wir uns auch auf den breiten Forststraßen auf einen schönen Tag freuen.
Unser Ziel ist heute die Almtaler Sonnenuhr, die einzigen Zeiger, die die Zeit nicht voranschreiten lassen und stoische Ruhe bewahren. Der Sepp-Huber-Steig, der auf den Röllsattel (1.680m) führt, ist mit Leitern und Seilen versichert (A) und kann durchaus auch mit abwechslungsreicher Landschaft aufwarten.
08:00:00 Kurz bevor man den Röllsattel erreicht, sollte man sehr wachsam sein. Mit Adleraugen gilt es die Umgebung zu inspizieren, denn Steinmänner leiten hier vom Weg ab. Was dann kommt, kann man nur schwer beschreiben. Einen richtigen oder falschen Weg zum Neunerkogel, unserem ersten Ziel gibt es nämlich nicht. Über Rinnen, scharfen Fels, schottrigen Untergrund und Latschen bewegen wir uns nach Westen.
Über wunderbare Platten können wir unserem Bewegungsdrang freien Lauf lassen. Es gilt hier eigentlich nur: der Nase und dem Spürsinn nach, denn der Weg ist das Ziel.
Steht man direkt vor dem letzten Aufschwung zum Neunerkogel kann man sich entscheiden: Entweder man nimmt die direkte Variante, oder man versucht sich links über Platten (I). Kleiner Tipp: Die Platten sind famos!
09:00:00 Eine kurze Kletterstelle versüßt die ohnehin schon wolhschmeckende Traunstein-Nachspeise und schon stehen wir auf einem schrofigen Sattel. Von dort sind es nur noch 40 Höhenmeter nach links zum kleinen Holzkreuz, das den unscheinbaren Latschengupf ziert. Auch das Gipfelbuch wurde liebevoll gestaltet, so wie es sich für einen Bergsteiger mit einem gewissen Hang zum Exotischen gehört. Stefan Fischereder aus Vorchdorf (hier bei uns Edlbauer) ist den Zeigern im Juli 2013 nachgegangen und hat die Sonnenuhr gut bestückt. Die Zeiger zeigen auf 09.00 Uhr. Wir befinden uns am Gipfel des 1.904 Meter hohen Neunerkogels. Viele finden sich hier nicht ein, um Raum und Zeit zu entfliehen. Zu lukullisch lockt die Pühringerhütte in diesem Gebiet.
Kurz pausiert, müssen wir den geeigneten Abstiegsweg finden. Auch hier gilt es: find your own way! Markierungsfans und Wanderwegfreunde sollten von dieser Unternehmung Abstand halten, denn beides gibt es trotz Uhrzeigersinn nicht ansatzweise. Manchmal liegen etwas verloren Steinmänner in der Gegend herum, kämpfen vergebens an der Wegfindungsfront. Dafür entschädigen alpines Gelände, sagenhafte Ausblicke und garantierte Einsamkeit für die Mühen.
Der Zehnerkogel ist nicht weit entfernt und wird über ein wahres Plattenparadies erreicht. Zuerst gilt es aber in eine Scharte abzuklettern. Die Schwierigkeit überschreitet nie den ersten Grad, die Bergfahrt kann also getrost auch von Wanderern ohne vertikale Ambitionen durchgeführt werden.
10:00:00 Durch eine kurze Latschengasse erreicht man mit einem Rechtsschwung den Gipfel des Zehnerkogels. Hierhin verirren sich noch weniger Bergsteiger. Kein Wunder, liegt er doch irgendwo im Nirgendwo. Zeit die größte Gruppe seit Ewigkeiten bildlich festzuhalten:
Beim Übergang vom Zehnerkogel zum Elferkogel wird das Ambiente noch ein Stück weit alpiner! Nur wenige Meter trennen uns von einem wahren Platteninferno! Die Wegbeschreibung ist hier einfacher: der Nase nach, der Gipfel leuchtet mit seinem Kreuz bereits von Weitem.
Eine Uhr, die durch Sonnenkraft, mehr Freud als müdes Leiden schafft
06:00:00 Das nächtliche Konzert verstummt langsam. Einige wenige Tenortöne aus den Nasenflügeln bilden das Grande Finale. Der Wecker klingelt. Nun ist man kein Prinz mehr, der mit hinaufgezogenen Hosenbeinen durch seinen Geldspeicher watet. Es ist ein typischer Wecker, der mit den schrillen Tönen vor einem weiteren Tag in der kuriosen Welt des Alltags warnt. Einer der mehr Wutprobe, als Hilfestellung ist. Ein Wecker, der sagt: "Komm hoch, mein Freund, dich erwarten heute Probleme, Zerreißproben und Kaffee." Müde trottet man in's Badezimmer. Richtig wach wird man erst beim Blick in den Spiegel. Es dauert ein bisschen bis das Bild, das im Glas reflektiert, zugeordnet werden kann. Die Angst ein grässliches Fabelwesen, hätte es in der Nacht in die Wohnung geschafft, verfliegt aber erfahrungsgemäß wieder. Das Frühstück wird vom klingelnden Telefon zum Business-Meeting umfunktioniert und mit ein paar kräftigen Schlägen auf den Rücken hat man auch das morgendliche Croissant wieder aus der Luftröhre geklopft, das man verschluckt hat, während man essen und reden gleichzeitig wollte. Der Motor des Autos klingt wie das Bellen eines Wachhundes, doch auch diese letzte Warnung vor dem Einbruch in die Gewohnheit, muss man ignorieren. Die Bürotür öffnet sich, die Playboy-Hasen des Vorgesetzten lachen nackig vom Poster, das über dem Schreibtisch hängt, während der Chef selbst den engen Rock der Sekretärin lobt. Der Alltag beginnt....
07:00:00 ...nicht heute. Denn just in diesem Moment tauchen wir durch die nächtlichen Nebelschleier, die sich über dem Almsee bei Grünau gebildet haben. Nur einen Tag, nachdem ich vom Traunstein abgestiegen bin, auf dem wir unser 24-Stunden-Projekt erfolgreich in die Tat umsetzen konnten, will ich mir alpine Entschleunigung gönnen. Und wie könnte das besser gehen, als mit einem Familienausflug! Die Familie besteht allerdings heute nicht aus Blutsverwandten, sondern aus einer buntgemischten Bergtruppe. Gemeinsam mit Evergreen Hans, der Schönwetterprinzessin Veronika und ihrem königlichen Berater Manfred und dem ruhigen Braunbären Roman starten wir in die Röll.
Es gilt die vier Kilometer Zustieg zum Sepp-Huber-Steig zu absolvieren, ohne vor Langeweile einzuschlafen. Immer wieder aber gibt die Baumlandschaft einen Blick auf die Riesen des Toten Gebirges frei und so können wir uns auch auf den breiten Forststraßen auf einen schönen Tag freuen.
Unser Ziel ist heute die Almtaler Sonnenuhr, die einzigen Zeiger, die die Zeit nicht voranschreiten lassen und stoische Ruhe bewahren. Der Sepp-Huber-Steig, der auf den Röllsattel (1.680m) führt, ist mit Leitern und Seilen versichert (A) und kann durchaus auch mit abwechslungsreicher Landschaft aufwarten.
08:00:00 Kurz bevor man den Röllsattel erreicht, sollte man sehr wachsam sein. Mit Adleraugen gilt es die Umgebung zu inspizieren, denn Steinmänner leiten hier vom Weg ab. Was dann kommt, kann man nur schwer beschreiben. Einen richtigen oder falschen Weg zum Neunerkogel, unserem ersten Ziel gibt es nämlich nicht. Über Rinnen, scharfen Fels, schottrigen Untergrund und Latschen bewegen wir uns nach Westen.
Über wunderbare Platten können wir unserem Bewegungsdrang freien Lauf lassen. Es gilt hier eigentlich nur: der Nase und dem Spürsinn nach, denn der Weg ist das Ziel.
Steht man direkt vor dem letzten Aufschwung zum Neunerkogel kann man sich entscheiden: Entweder man nimmt die direkte Variante, oder man versucht sich links über Platten (I). Kleiner Tipp: Die Platten sind famos!
09:00:00 Eine kurze Kletterstelle versüßt die ohnehin schon wolhschmeckende Traunstein-Nachspeise und schon stehen wir auf einem schrofigen Sattel. Von dort sind es nur noch 40 Höhenmeter nach links zum kleinen Holzkreuz, das den unscheinbaren Latschengupf ziert. Auch das Gipfelbuch wurde liebevoll gestaltet, so wie es sich für einen Bergsteiger mit einem gewissen Hang zum Exotischen gehört. Stefan Fischereder aus Vorchdorf (hier bei uns Edlbauer) ist den Zeigern im Juli 2013 nachgegangen und hat die Sonnenuhr gut bestückt. Die Zeiger zeigen auf 09.00 Uhr. Wir befinden uns am Gipfel des 1.904 Meter hohen Neunerkogels. Viele finden sich hier nicht ein, um Raum und Zeit zu entfliehen. Zu lukullisch lockt die Pühringerhütte in diesem Gebiet.
Kurz pausiert, müssen wir den geeigneten Abstiegsweg finden. Auch hier gilt es: find your own way! Markierungsfans und Wanderwegfreunde sollten von dieser Unternehmung Abstand halten, denn beides gibt es trotz Uhrzeigersinn nicht ansatzweise. Manchmal liegen etwas verloren Steinmänner in der Gegend herum, kämpfen vergebens an der Wegfindungsfront. Dafür entschädigen alpines Gelände, sagenhafte Ausblicke und garantierte Einsamkeit für die Mühen.
Der Zehnerkogel ist nicht weit entfernt und wird über ein wahres Plattenparadies erreicht. Zuerst gilt es aber in eine Scharte abzuklettern. Die Schwierigkeit überschreitet nie den ersten Grad, die Bergfahrt kann also getrost auch von Wanderern ohne vertikale Ambitionen durchgeführt werden.
10:00:00 Durch eine kurze Latschengasse erreicht man mit einem Rechtsschwung den Gipfel des Zehnerkogels. Hierhin verirren sich noch weniger Bergsteiger. Kein Wunder, liegt er doch irgendwo im Nirgendwo. Zeit die größte Gruppe seit Ewigkeiten bildlich festzuhalten:
Beim Übergang vom Zehnerkogel zum Elferkogel wird das Ambiente noch ein Stück weit alpiner! Nur wenige Meter trennen uns von einem wahren Platteninferno! Die Wegbeschreibung ist hier einfacher: der Nase nach, der Gipfel leuchtet mit seinem Kreuz bereits von Weitem.
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