Das Hochgefühl weicht mit dem ersten Schritt in den Schatten, der sich wie ein vertrauter Feind zwar als Widersacher, aber nicht bösartig präsentiert. Er kennt das Spiel genauso wie ich. Wie Kater Karlo und Mickey Mouse stehen wir uns gegenüber. Mehr neckisch, weniger feindselig. Die Spuren im Schnee werden von einer glänzenden Schicht Eis verhindert, die knallroten Laufschuhe spiegeln den Gemütszustand wider. Rot, die Farbe des Zorns, aber auch der bedingungslosen Liebe. Beides stimmt.
"Autsch, das tut weh" denkt die Kuh, nachdem sie versucht hatte auszubüchsen und sich die Schnauze am elektrischen Zaun gestoßen hat. "Ich probier es einfach nochmal"
"Autsch, tut das weh" denkt die Kuh, nachdem sie versucht hatte auszubüchsen und sich erneut die Schnauze am elektrischen Zaun gestoßen hat. "Naja, vielleicht wird es ja jetzt besser"
"Autsch, tut das weh", denkt die Kuh, nachdem sie versucht hatte auszubüchsen und sich ein drittes Mal die Schnauze am elektrischen Zaun gestoßen hat. "Ach, beim nächsten Mal klappt es bestimmt."
Man stelle sich vor die Kuh wäre ein Mensch und der Zaun wäre das frisch verschneite Tote Gebirge. Die Geschichte kann beginnen.
Immer wenn der Schnee kommt, sich aber noch nicht entscheidet endgültig hier zu bleiben, wird die Beziehung zwischen dem Großen Priel und mir auf eine harte Probe gestellt. Facebook würde vorschlagen, den Beziehungsstatus auf "Es ist kompliziert" zu ändern. Und das, obwohl der mit 2.515 Meter höchste Berg des Toten Gebirges und ich ohnehin schon eine Fernbeziehung führen. Alle zwei, drei Monate sehen wir uns, verbringen einen wunderschönen Tag miteinander. Bei Sonnenschein lachen wir gemeinsam, bei Regen und Wind kuscheln wir uns zusammen, in der Nacht betrachten wir gemeinsam den Sternenteppich und mit einer Besteigung kommt schließlich auch das Körperliche nicht zu kurz. Sogar die vielen Seitensprünge verzeiht er mir. Doch wenn der Partner übermütig wird und zu viel will, ohne dafür etwas zu tun, dann kommt es zur Krise, oder gar zum Beziehungsende. In diesem steinernen Fall wirft er dich einfach ab.
Der Nebel hängt noch tief über dem Weltcuport Hinterstoder, als wir den verlassenen Parkplatz bei der Polsterlucke erreichen. Das Fehlen der tschechischen Kennzeichen verwundert, ob des langen Wochenendes doch ein bisschen, auch, dass sich hier sonst niemand das Hirngespinst "Priel" eingebildet hat.
Unvermindert fröhlich schlendern wir die Forststraße zum Nickerbauern entlang. Auf den Füßen befinden sich nur Winterlaufschuhe, die Stöcke in der Hand erinnern zumindest ein bisschen an die vorherrschende Jahreszeit. Schon zweimal musste ich im Frühwinter kurz vor dem Gipfel umkehren, das erste Mal wegen zu starker Vereisung (welch Wunder) in der Brotfallscharte, das zweite Mal wegen orkanartigem Schneesturm. Zumindest der ersten Situation könnte man mit einem eleganten Griff zu den Steigeisen vorbeugen, doch wenn ich mir einbilde nocheinmal die leichten Schuhe auszuführen, dann kann mich wenig davon abbringen. Ein Sturkopf kann auch ein Laster sein.
Ich erhöhe mein Tempo und stehe nach 65 Minuten vor dem Winterraum des Prielschutzhauses. Die Sonne wärmt den Körper unter den nassen Kleidern und ein Blick hoch ins Kühkar verspricht abenteuerliche Spurarbeit.
Zwei Schlafsäcke verraten mir, dass wir doch nicht die Einzigen sind und ein alkoholfreies Bier lässt das Wetter noch angenehmer wirken. Hans schließt auf und wir können ein weiteres Mal ins Ungewisse stolzieren. Aus dem Stolzieren wird aber wenige Meter nach dem Prielschutzhaus ein Wanken. Der Schnee ist weich, lässt uns immer wieder unfreiwillig unter seine Oberfläche blicken.
Die Spuren der Vorgänger sind zwar schön anzusehen, wie sie verschiedene Muster in den Schnee gezaubert haben, wirklich hilfreich sind sie nicht.
Ich mache die Augen zu und lasse meiner Fantasie freien Lauf. Die Temperatur drängt meine Gedanken ab vom Berg, lässt sie in südlichere Gefilde schweifen. Die Füße versinken im Sand, die Ebbe lässt es zu, dort zu laufen, wo sich eigentlich die Fische tummeln. Der Geruch von Salz, vermischt mit den Schreien der Händler, die ihre gefälschten Uhren mit dem Prädikat "besonders wertvoll" versehen, ergibt einen Mix aus Kindheitserinnerung und Sehnsucht. Ich öffne die Augen. Vor mir baut sich die Spitzmauer auf. Ihr weißes Kleid erinnert an ein bildhübsches Mädchen in Abendgarderobe. Die Sonne beleuchtet ihre schroffen Felsen. Die Realität ist mir doch lieber als der Tagtraum.
Plötzlich enden die Spuren. Doch das ist nicht schlimm, denn was jetzt kommt, ist die Fortsetzung des Tagtraumes. Der ausgedehnte Schneeteppich erinnert an eine große Welle, der aufgefirnte Schnee lässt uns ohne Probleme darauf reiten. Es ist einer jener Momente, bei der sich Leere im Kopf als Glück äußert. Nichts zählt, nur das hier und jetzt. Der Schnee und dein Abdruck darin.
mmer wieder dringen Stimmen an mein Ohr. Ich drehe mich um, außer Hans ist niemand hier. Doch weit oben im Südgrat des Priels hängen zwei Kletterer, sichtlich mit den Verhältnissen kämpfend. Es vergehen knapp dreißig Minuten, bis wir das Kühkar durschritten haben. Die Kletterer stehen wie angewurzelt auf ihren Plätzen. Wie zwei Statuen, die man zur Veranschaulichung der Szenerie dort platziert hat.
Der erste Blick in die Brotfallscharte, einem seilversicherten Steilaufschwung, ist ernüchternd. Das Eis glänzt sogar im Schatten. Da werden auch die mitgebrachten Schneeketten nicht viel bringen. Die bringen überhaupt nicht viel. Seltsame Erfindung. Gut, wenn man sie für die falschen Zwecke einsetzt liegt die Schuld nicht bei den Ketten. Wenn man im Winter bei Eis spazieren gehen möchte, können sie schon ganz hilfreich sein. Im Hochgebirge bei Blankeis ziehen sogar die die Krallen ein.
In mühevoller Kleinstarbeit queren wir die völlig vereisten Hänge bis zum ersten Seil, dessen Ende wenige Zentimeter aus dem Schnee ragt. Immer wieder rutschen die Füße weg, das acht Meter hohe Kreuz am Gipfel scheint höhnisch zu lachen.
Die nächsten steilen Aufschwünge sind mit den Laufschuhen nicht mehr machbar. Ein Königreich für Steigeisen. Der Krampustag wird seinem Namen gerecht. Die Dummheit hat über den Verstand gesiegt und doch haben wir verloren- wie sie oft auf unserer Welt. Wir müssen umkehren. Zu allem Überfluss rutschen wir auch noch etwa sechzig Meter die Brotfallscharte hinab. Die Geschwindigkeit am Allerwertesten könnte man wahrscheinlich nicht einmal mit Ski erreichen. Eine Schneeverwehung am unteren Ende lässt mich abheben, in Gedanken messe ich mich mit Gregor Schlierenzauer, nur dass der das absichtlich macht. Etwas durcheinander rutsche ich auf dem Blankeis bis ins Kühkar. Ich blicke hoch und muss lachen. "Du selten blöder Hund, am 5. Dezember mit Laufschuhen die Brotfallscharte hinaufklettern wollen". In diesen Sekunden erreicht mein Freund Moritz den Gipfel des Hohen Gölls- in Laufschuhen. Ist das Leichtsinnigkeit, Blödheit oder beides? Keines von beiden. Es ist ein Spiel. Ein Spiel mit den Grenzen, mit der Belastbarkeit, mit der Neugier. In den meisten Fällen ist dieses Spiel lustig, wenn man verliert allerdings weniger. Kein Unterschied zum gemeinen Brettspiel. Nur die Rahmenbedigungen sind etwas ernsthafter.
Die Kletterer sind noch immer nicht viel weiter gekommen. Mit besorgter Miene blicke ich ein letztes Mal hinauf zum verschneiten Grat.
Etwas enttäuscht, doch wenig entmutigt sausen wir dann aber zurück zum Prielschutzhaus und lassen uns zwei Stunden lang die Sonne ins Gesicht scheinen. Radler und endlose Stille entschleunigen den hektischen Tag. Ich denke nach und komme zu dem Entschluss, ab jetzt wieder mehr Sorgfalt walten zu lassen. Ich verspreche dem Großen Priel Besserung, wie es Männer immer tun, wenn sie Fehler machen.
"Ich verspreche dir, das kommt nie wieder vor. Ab jetzt wirst du keinen Grund mehr haben, dich über mich zu beschweren".
Der Große Priel glaubt es nicht, aber er verzeiht.
Vielleicht lassen sich die beiden Kletterer ja finden- wäre gespannt auf ihre Story. (Gänserndorf).
Mehr Bilder gibt es dann AUF UNSEREM BLOG
"Autsch, das tut weh" denkt die Kuh, nachdem sie versucht hatte auszubüchsen und sich die Schnauze am elektrischen Zaun gestoßen hat. "Ich probier es einfach nochmal"
"Autsch, tut das weh" denkt die Kuh, nachdem sie versucht hatte auszubüchsen und sich erneut die Schnauze am elektrischen Zaun gestoßen hat. "Naja, vielleicht wird es ja jetzt besser"
"Autsch, tut das weh", denkt die Kuh, nachdem sie versucht hatte auszubüchsen und sich ein drittes Mal die Schnauze am elektrischen Zaun gestoßen hat. "Ach, beim nächsten Mal klappt es bestimmt."
Man stelle sich vor die Kuh wäre ein Mensch und der Zaun wäre das frisch verschneite Tote Gebirge. Die Geschichte kann beginnen.
Immer wenn der Schnee kommt, sich aber noch nicht entscheidet endgültig hier zu bleiben, wird die Beziehung zwischen dem Großen Priel und mir auf eine harte Probe gestellt. Facebook würde vorschlagen, den Beziehungsstatus auf "Es ist kompliziert" zu ändern. Und das, obwohl der mit 2.515 Meter höchste Berg des Toten Gebirges und ich ohnehin schon eine Fernbeziehung führen. Alle zwei, drei Monate sehen wir uns, verbringen einen wunderschönen Tag miteinander. Bei Sonnenschein lachen wir gemeinsam, bei Regen und Wind kuscheln wir uns zusammen, in der Nacht betrachten wir gemeinsam den Sternenteppich und mit einer Besteigung kommt schließlich auch das Körperliche nicht zu kurz. Sogar die vielen Seitensprünge verzeiht er mir. Doch wenn der Partner übermütig wird und zu viel will, ohne dafür etwas zu tun, dann kommt es zur Krise, oder gar zum Beziehungsende. In diesem steinernen Fall wirft er dich einfach ab.
Der Nebel hängt noch tief über dem Weltcuport Hinterstoder, als wir den verlassenen Parkplatz bei der Polsterlucke erreichen. Das Fehlen der tschechischen Kennzeichen verwundert, ob des langen Wochenendes doch ein bisschen, auch, dass sich hier sonst niemand das Hirngespinst "Priel" eingebildet hat.
Unvermindert fröhlich schlendern wir die Forststraße zum Nickerbauern entlang. Auf den Füßen befinden sich nur Winterlaufschuhe, die Stöcke in der Hand erinnern zumindest ein bisschen an die vorherrschende Jahreszeit. Schon zweimal musste ich im Frühwinter kurz vor dem Gipfel umkehren, das erste Mal wegen zu starker Vereisung (welch Wunder) in der Brotfallscharte, das zweite Mal wegen orkanartigem Schneesturm. Zumindest der ersten Situation könnte man mit einem eleganten Griff zu den Steigeisen vorbeugen, doch wenn ich mir einbilde nocheinmal die leichten Schuhe auszuführen, dann kann mich wenig davon abbringen. Ein Sturkopf kann auch ein Laster sein.
Ich erhöhe mein Tempo und stehe nach 65 Minuten vor dem Winterraum des Prielschutzhauses. Die Sonne wärmt den Körper unter den nassen Kleidern und ein Blick hoch ins Kühkar verspricht abenteuerliche Spurarbeit.
Zwei Schlafsäcke verraten mir, dass wir doch nicht die Einzigen sind und ein alkoholfreies Bier lässt das Wetter noch angenehmer wirken. Hans schließt auf und wir können ein weiteres Mal ins Ungewisse stolzieren. Aus dem Stolzieren wird aber wenige Meter nach dem Prielschutzhaus ein Wanken. Der Schnee ist weich, lässt uns immer wieder unfreiwillig unter seine Oberfläche blicken.
Die Spuren der Vorgänger sind zwar schön anzusehen, wie sie verschiedene Muster in den Schnee gezaubert haben, wirklich hilfreich sind sie nicht.
Ich mache die Augen zu und lasse meiner Fantasie freien Lauf. Die Temperatur drängt meine Gedanken ab vom Berg, lässt sie in südlichere Gefilde schweifen. Die Füße versinken im Sand, die Ebbe lässt es zu, dort zu laufen, wo sich eigentlich die Fische tummeln. Der Geruch von Salz, vermischt mit den Schreien der Händler, die ihre gefälschten Uhren mit dem Prädikat "besonders wertvoll" versehen, ergibt einen Mix aus Kindheitserinnerung und Sehnsucht. Ich öffne die Augen. Vor mir baut sich die Spitzmauer auf. Ihr weißes Kleid erinnert an ein bildhübsches Mädchen in Abendgarderobe. Die Sonne beleuchtet ihre schroffen Felsen. Die Realität ist mir doch lieber als der Tagtraum.
Plötzlich enden die Spuren. Doch das ist nicht schlimm, denn was jetzt kommt, ist die Fortsetzung des Tagtraumes. Der ausgedehnte Schneeteppich erinnert an eine große Welle, der aufgefirnte Schnee lässt uns ohne Probleme darauf reiten. Es ist einer jener Momente, bei der sich Leere im Kopf als Glück äußert. Nichts zählt, nur das hier und jetzt. Der Schnee und dein Abdruck darin.
mmer wieder dringen Stimmen an mein Ohr. Ich drehe mich um, außer Hans ist niemand hier. Doch weit oben im Südgrat des Priels hängen zwei Kletterer, sichtlich mit den Verhältnissen kämpfend. Es vergehen knapp dreißig Minuten, bis wir das Kühkar durschritten haben. Die Kletterer stehen wie angewurzelt auf ihren Plätzen. Wie zwei Statuen, die man zur Veranschaulichung der Szenerie dort platziert hat.
Der erste Blick in die Brotfallscharte, einem seilversicherten Steilaufschwung, ist ernüchternd. Das Eis glänzt sogar im Schatten. Da werden auch die mitgebrachten Schneeketten nicht viel bringen. Die bringen überhaupt nicht viel. Seltsame Erfindung. Gut, wenn man sie für die falschen Zwecke einsetzt liegt die Schuld nicht bei den Ketten. Wenn man im Winter bei Eis spazieren gehen möchte, können sie schon ganz hilfreich sein. Im Hochgebirge bei Blankeis ziehen sogar die die Krallen ein.
In mühevoller Kleinstarbeit queren wir die völlig vereisten Hänge bis zum ersten Seil, dessen Ende wenige Zentimeter aus dem Schnee ragt. Immer wieder rutschen die Füße weg, das acht Meter hohe Kreuz am Gipfel scheint höhnisch zu lachen.
Die nächsten steilen Aufschwünge sind mit den Laufschuhen nicht mehr machbar. Ein Königreich für Steigeisen. Der Krampustag wird seinem Namen gerecht. Die Dummheit hat über den Verstand gesiegt und doch haben wir verloren- wie sie oft auf unserer Welt. Wir müssen umkehren. Zu allem Überfluss rutschen wir auch noch etwa sechzig Meter die Brotfallscharte hinab. Die Geschwindigkeit am Allerwertesten könnte man wahrscheinlich nicht einmal mit Ski erreichen. Eine Schneeverwehung am unteren Ende lässt mich abheben, in Gedanken messe ich mich mit Gregor Schlierenzauer, nur dass der das absichtlich macht. Etwas durcheinander rutsche ich auf dem Blankeis bis ins Kühkar. Ich blicke hoch und muss lachen. "Du selten blöder Hund, am 5. Dezember mit Laufschuhen die Brotfallscharte hinaufklettern wollen". In diesen Sekunden erreicht mein Freund Moritz den Gipfel des Hohen Gölls- in Laufschuhen. Ist das Leichtsinnigkeit, Blödheit oder beides? Keines von beiden. Es ist ein Spiel. Ein Spiel mit den Grenzen, mit der Belastbarkeit, mit der Neugier. In den meisten Fällen ist dieses Spiel lustig, wenn man verliert allerdings weniger. Kein Unterschied zum gemeinen Brettspiel. Nur die Rahmenbedigungen sind etwas ernsthafter.
Die Kletterer sind noch immer nicht viel weiter gekommen. Mit besorgter Miene blicke ich ein letztes Mal hinauf zum verschneiten Grat.
Etwas enttäuscht, doch wenig entmutigt sausen wir dann aber zurück zum Prielschutzhaus und lassen uns zwei Stunden lang die Sonne ins Gesicht scheinen. Radler und endlose Stille entschleunigen den hektischen Tag. Ich denke nach und komme zu dem Entschluss, ab jetzt wieder mehr Sorgfalt walten zu lassen. Ich verspreche dem Großen Priel Besserung, wie es Männer immer tun, wenn sie Fehler machen.
"Ich verspreche dir, das kommt nie wieder vor. Ab jetzt wirst du keinen Grund mehr haben, dich über mich zu beschweren".
Der Große Priel glaubt es nicht, aber er verzeiht.
Vielleicht lassen sich die beiden Kletterer ja finden- wäre gespannt auf ihre Story. (Gänserndorf).
Mehr Bilder gibt es dann AUF UNSEREM BLOG
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