Hallo!
Ein wenig habe ich doch überlegt, diesen wilden Bericht ins Forum zu stellen und es ist mir völlig klar, dass ich mich damit eventuell auch einer Kritik ausliefere.
Auf der anderen Seite ist mir etwas widerfahren, was vielen von uns leider ebenso passieren kann und ich bin – ehrlich – nur heilfroh, dass die Sache für mich so glimpflich verlaufen ist.
Aber selbst wenn es nur Warnung ist, in diesem Gelände besonders gut aufzupassen, war´s den Beitrag immerhin wert…
12.10.2008
Die massiven Neuschneemengen in den Tagen zuvor ließen meine Wahl diesmal auf ein recht ausgefallenes Tauernziel im Lungau fallen. Im prächtigen Weißpriachtal hatte ich mir die Gipfelgruppe südlich des Lungauer Kalkspitz ausgesucht, eine der allerletzten Ecken der Niederen Tauern, die ich noch nicht kannte. Neben Teufelskirche und Schusterstuhl wäre auch noch der Mentenkarspitz am Programm gestanden – allein es sollte anders kommen...
Noch in tiefe Schatten gehüllt schwingt sich der steile Hangrücken zur Teufelskirche empor:
sized_DSC00531.JPG
In der Nähe der Jagdhütte überquere ich zunächst den Znachbach und halte mich schräg rechts aufwärts und umgehe einen Abbruch. Bald aber habe ich einen ausgeprägten Wildwechsel unter den Füßen der mich ohne viel Plagerei den waldigen Südkamm Richtung Teufelskirche empor bringt. Herbstlich bunte Ausblicke begleiten meine Schritte und mit Spannung betrete ich schließlich den völlig unbekannten Südgrat.
Hier der Ausblick zum nahen Karnereck, Gurpitscheck:
sized_DSC00535.JPG
Und ein bunter Lärchenblick zu Brettspitze, Graunock (etwas versteckt) und Blutspitze:
sized_DSC00537.JPG
Dieses Tauerngelände unmittelbar nach der Waldgrenze kann besonders unangenehm sein und tatsächlich wartet der S-Grat mit einigen steil abbrechenden Zacken auf. Die umliegenden enorm steilen Wiesen unterstreichen noch zusätzlich das Ambiente, das nur durch die herbstlichen Prachtfarben etwas gemildert wird:
sized_DSC00539.JPG
Doch alle Zackenprobleme ergeben sich als Kletterei im II, einmal III. Schwierigkeitsgrad, der Fels ist ganz gut. Ein besonders glatter Zahn muss auf schmalem Band in der Ostflanke umgangen werden.
Von dem Turm davor studiere ich gerade, wie ich´s machen werde:
sized_DSC00540.JPG
Kurz vor dem Gipfel drängt es mich in die Westflanke, von wo aus es gar nicht leicht zu entscheiden ist, welches der richtige Gipfel ist. Über eine Rinne und einen kurzen Gratüberhang (III) erobere ich endlich doch die teuflische Spitze.
Sie gibt ihrem Namen Ehre, bricht Richtung Schusterstuhl auch noch irre steil ab, sodaß ich meinen IIIer Überhang auch noch im Abstieg begehen darf…
Hier der aus dem Gipfelrätsel bereits bekannte Blick, schon vom Weiterweg zum Schusterstuhl aus, dahinter rechts Hundstein und Mitterspitzen:
sized_DSC00541.JPG
Eine Steilgrasquerung bringt mich auf den Grat zurück, der nunmehr eher hindernislos bis fast zum Schusterstuhl emporführt.
Ein herbstliches Gemälde erfreut mich noch (Blick zum vom Gurpitscheck norwärts ziehenden Kamm), bevor ein dramatisches Geschehen seinen Lauf nimmt:
sized_DSC00543.JPG
Ein letzter Graszacken bricht gegen den Gipfelgrat hin sehr steil ab.
Da hilft nichts – zurück, etwa 50 Meter absteigen, dann versuche ich in die Westflanke zu queren und dort den Abbruch zu umgehen. Die Westflanke ist ein sehr steiler Grashang, durchsetzt mit kleineren Wandstufen und die oberen 10 Meter fast senkrecht.
Ein Grasband, ein kleiner Überhang – zu gefährlich, geht nicht – also noch weiter runter…
Nächster Versuch, wieder ein Grasband, eine kurze, etwas abdrängende Felsstelle, ein etwas heikler Spreizschritt – dann passiert es:
Mein rechter Griff bricht aus und ich sause in hohem Bogen rücklings hinaus - nach drei Metern lande ich auf einem abschüssigen Band – Rettungsgriffe – vergeblich! Schon fliege ich den nächsten Absatz hinunter, weiter – 5 Meter –dann gerät alles außer Kontrolle…
In affenartiger Geschwindigkeit rutsche, rolle, überschlage ich mich – stets bei Bewusstsein – kleinste Dinge registrierend. Jeder Aufprall ein Aufschrei – vor Schmerz ? Nein Angst, irre Angst! Gut fünf , sechs Mal werde ich aufs Neue hinausgeschleudert, wie von riesigen Schanzen, einmal drehe ich mich mehrmals aufrecht stehend in der Luft – „Sch…“ entfährt es mir – und nebenbei bemerke ich Blut an meinem Unterschenkel… Noch immer hellwach geht sie weiter die Höllenfahrt. Meine Kamera, am Hemdknopfloch befestigt, saust mir um die Ohren – schon nimmt die Geschwindigkeit wieder zu – ein Blackout – knapp am Aufgeben – plötzlich ein sanfterer Grashang – dort unten Geröll! Dort muss ich mich fangen!
Und tatsächlich – Stillstand! In ungeheurer Erregung sitze ich da und schreie mehrmals laut auf…
Dann warte ich – Minuten – bis der erste brennende Schmerz von den Abschürfungen abklingt. Allmählich bewege ich mich - vorsichtig - und registriere das Wunder!
Es ist mir tatsächlich nichts passiert…!
Außer ein paar Kratzern – nichts! Kein Bruch, ja nicht einmal ärgere Prellungen!
Das gnädige Tauerngras und die steilen Ausläufe der Schanzen haben wohl alle ärgeren Aufpralle gedämpft…
Ich sitze nur da und sage mehrmals „Danke, danke, danke…“
Nachdenklich blicke ich den Hang empor – er ist gut 100 Meter hoch …
Und auf halber Höhe spielt der Wind mit meiner verlorenen Kappe als wäre nichts geschehen…
Hier das eher verharmlosende Bild (28, Weitwinkel) meines Absturzhanges, der Sturz führte etwa durch die Bilddiagonale und noch etwa um die Hälfte weiter:
sized_DSC00544.JPG
Nun – ich muss weiter – Gott sei dank führt vom Schusterstuhl ein relativ leichter Wiesengrat Richtung Obere Rainhütte. Ich könnte dorthin queren, merke aber bald, dass der Aufstieg zum Gipfel wohl die sicherere Lösung ist. Also noch empor die letzten 200 Meter – jetzt erst machen sich die Knie bemerkbar, das linke kann den Unterschenkel nicht korrekt halten und ich muss den Fuß sehr konzentriert aufsetzen, aber kaum Schmerzen. Auch das rechte scheint irgendwie geprellt – na ja – kein Wunder! Jedenfalls erreiche ich trotzdem recht problemlos den Gipfel und gönne mir eine einstündige Pause – das Wetter ist ja wunderschön!
Hier der Blick Richtung Lungauer Kalkspitze und Dachstein:
sized_DSC00546.JPG
Merkwürdigerweise bemerke ich keinerlei Schocksymptome, ich bin wieder ganz gelassen, nur in meinem Hirn läuft immer der gleiche Film…
Ob der der Schock doch Spuren hinterlassen hat oder nur der überschrittene 50 ziger überlasse ich euch zur Beurteillung:
sized_DSC00550.JPG
Auf jeden Fall gibt es hinter mir ein paar nette Tauernberge zu bewundern:
sized_DSC00551.JPG
Dann der Abstieg, gleich beim Aufstehen spüre ich, dass das kein Honiglecken wird. Aber bald ist die erste Anlaufsteifigkeit überwunden und es hilft ja nichts – keiner trägt mich die 1200 Meter runter! Vorsichtig steige ich den felddurchsetzten Graskamm ab, unangenehmes Gelände. Bloß nicht nochmals das Bein vertreten!
Wenigstens trösten mich malerische Ausblicke, hier zum Lungauer Kalkspitz:
sized_DSC00552.JPG
Nach langen drei Stunden erreiche ich endlich den Fahrweg,der von der Oberen Rainhütte nun gemütlicher abwärtsleitet:
sized_DSC00554.JPG
Und nach einer weiteren Stunde hat die Odysse dann bei meinem Fahrzeug doch ein Ende und die Spitzen der Teufelkirche sind bereits wieder in tiefe Schatten getaucht:
sized_DSC00556.JPG
Fazit: Eine für mich eher harmlose Tauerntour wäre mir beinahe zum Verhängnis geworden und durch unglaubliche glückliche Fügung habe ich lediglich eine Bänderverletzung davongetragen.
Lg. Euer quicklebendiger tauernfuchs
Ein wenig habe ich doch überlegt, diesen wilden Bericht ins Forum zu stellen und es ist mir völlig klar, dass ich mich damit eventuell auch einer Kritik ausliefere.
Auf der anderen Seite ist mir etwas widerfahren, was vielen von uns leider ebenso passieren kann und ich bin – ehrlich – nur heilfroh, dass die Sache für mich so glimpflich verlaufen ist.
Aber selbst wenn es nur Warnung ist, in diesem Gelände besonders gut aufzupassen, war´s den Beitrag immerhin wert…
12.10.2008
Die massiven Neuschneemengen in den Tagen zuvor ließen meine Wahl diesmal auf ein recht ausgefallenes Tauernziel im Lungau fallen. Im prächtigen Weißpriachtal hatte ich mir die Gipfelgruppe südlich des Lungauer Kalkspitz ausgesucht, eine der allerletzten Ecken der Niederen Tauern, die ich noch nicht kannte. Neben Teufelskirche und Schusterstuhl wäre auch noch der Mentenkarspitz am Programm gestanden – allein es sollte anders kommen...
Noch in tiefe Schatten gehüllt schwingt sich der steile Hangrücken zur Teufelskirche empor:
sized_DSC00531.JPG
In der Nähe der Jagdhütte überquere ich zunächst den Znachbach und halte mich schräg rechts aufwärts und umgehe einen Abbruch. Bald aber habe ich einen ausgeprägten Wildwechsel unter den Füßen der mich ohne viel Plagerei den waldigen Südkamm Richtung Teufelskirche empor bringt. Herbstlich bunte Ausblicke begleiten meine Schritte und mit Spannung betrete ich schließlich den völlig unbekannten Südgrat.
Hier der Ausblick zum nahen Karnereck, Gurpitscheck:
sized_DSC00535.JPG
Und ein bunter Lärchenblick zu Brettspitze, Graunock (etwas versteckt) und Blutspitze:
sized_DSC00537.JPG
Dieses Tauerngelände unmittelbar nach der Waldgrenze kann besonders unangenehm sein und tatsächlich wartet der S-Grat mit einigen steil abbrechenden Zacken auf. Die umliegenden enorm steilen Wiesen unterstreichen noch zusätzlich das Ambiente, das nur durch die herbstlichen Prachtfarben etwas gemildert wird:
sized_DSC00539.JPG
Doch alle Zackenprobleme ergeben sich als Kletterei im II, einmal III. Schwierigkeitsgrad, der Fels ist ganz gut. Ein besonders glatter Zahn muss auf schmalem Band in der Ostflanke umgangen werden.
Von dem Turm davor studiere ich gerade, wie ich´s machen werde:
sized_DSC00540.JPG
Kurz vor dem Gipfel drängt es mich in die Westflanke, von wo aus es gar nicht leicht zu entscheiden ist, welches der richtige Gipfel ist. Über eine Rinne und einen kurzen Gratüberhang (III) erobere ich endlich doch die teuflische Spitze.
Sie gibt ihrem Namen Ehre, bricht Richtung Schusterstuhl auch noch irre steil ab, sodaß ich meinen IIIer Überhang auch noch im Abstieg begehen darf…
Hier der aus dem Gipfelrätsel bereits bekannte Blick, schon vom Weiterweg zum Schusterstuhl aus, dahinter rechts Hundstein und Mitterspitzen:
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Eine Steilgrasquerung bringt mich auf den Grat zurück, der nunmehr eher hindernislos bis fast zum Schusterstuhl emporführt.
Ein herbstliches Gemälde erfreut mich noch (Blick zum vom Gurpitscheck norwärts ziehenden Kamm), bevor ein dramatisches Geschehen seinen Lauf nimmt:
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Ein letzter Graszacken bricht gegen den Gipfelgrat hin sehr steil ab.
Da hilft nichts – zurück, etwa 50 Meter absteigen, dann versuche ich in die Westflanke zu queren und dort den Abbruch zu umgehen. Die Westflanke ist ein sehr steiler Grashang, durchsetzt mit kleineren Wandstufen und die oberen 10 Meter fast senkrecht.
Ein Grasband, ein kleiner Überhang – zu gefährlich, geht nicht – also noch weiter runter…
Nächster Versuch, wieder ein Grasband, eine kurze, etwas abdrängende Felsstelle, ein etwas heikler Spreizschritt – dann passiert es:
Mein rechter Griff bricht aus und ich sause in hohem Bogen rücklings hinaus - nach drei Metern lande ich auf einem abschüssigen Band – Rettungsgriffe – vergeblich! Schon fliege ich den nächsten Absatz hinunter, weiter – 5 Meter –dann gerät alles außer Kontrolle…
In affenartiger Geschwindigkeit rutsche, rolle, überschlage ich mich – stets bei Bewusstsein – kleinste Dinge registrierend. Jeder Aufprall ein Aufschrei – vor Schmerz ? Nein Angst, irre Angst! Gut fünf , sechs Mal werde ich aufs Neue hinausgeschleudert, wie von riesigen Schanzen, einmal drehe ich mich mehrmals aufrecht stehend in der Luft – „Sch…“ entfährt es mir – und nebenbei bemerke ich Blut an meinem Unterschenkel… Noch immer hellwach geht sie weiter die Höllenfahrt. Meine Kamera, am Hemdknopfloch befestigt, saust mir um die Ohren – schon nimmt die Geschwindigkeit wieder zu – ein Blackout – knapp am Aufgeben – plötzlich ein sanfterer Grashang – dort unten Geröll! Dort muss ich mich fangen!
Und tatsächlich – Stillstand! In ungeheurer Erregung sitze ich da und schreie mehrmals laut auf…
Dann warte ich – Minuten – bis der erste brennende Schmerz von den Abschürfungen abklingt. Allmählich bewege ich mich - vorsichtig - und registriere das Wunder!
Es ist mir tatsächlich nichts passiert…!
Außer ein paar Kratzern – nichts! Kein Bruch, ja nicht einmal ärgere Prellungen!
Das gnädige Tauerngras und die steilen Ausläufe der Schanzen haben wohl alle ärgeren Aufpralle gedämpft…
Ich sitze nur da und sage mehrmals „Danke, danke, danke…“
Nachdenklich blicke ich den Hang empor – er ist gut 100 Meter hoch …
Und auf halber Höhe spielt der Wind mit meiner verlorenen Kappe als wäre nichts geschehen…
Hier das eher verharmlosende Bild (28, Weitwinkel) meines Absturzhanges, der Sturz führte etwa durch die Bilddiagonale und noch etwa um die Hälfte weiter:
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Nun – ich muss weiter – Gott sei dank führt vom Schusterstuhl ein relativ leichter Wiesengrat Richtung Obere Rainhütte. Ich könnte dorthin queren, merke aber bald, dass der Aufstieg zum Gipfel wohl die sicherere Lösung ist. Also noch empor die letzten 200 Meter – jetzt erst machen sich die Knie bemerkbar, das linke kann den Unterschenkel nicht korrekt halten und ich muss den Fuß sehr konzentriert aufsetzen, aber kaum Schmerzen. Auch das rechte scheint irgendwie geprellt – na ja – kein Wunder! Jedenfalls erreiche ich trotzdem recht problemlos den Gipfel und gönne mir eine einstündige Pause – das Wetter ist ja wunderschön!
Hier der Blick Richtung Lungauer Kalkspitze und Dachstein:
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Merkwürdigerweise bemerke ich keinerlei Schocksymptome, ich bin wieder ganz gelassen, nur in meinem Hirn läuft immer der gleiche Film…
Ob der der Schock doch Spuren hinterlassen hat oder nur der überschrittene 50 ziger überlasse ich euch zur Beurteillung:
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Auf jeden Fall gibt es hinter mir ein paar nette Tauernberge zu bewundern:
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Dann der Abstieg, gleich beim Aufstehen spüre ich, dass das kein Honiglecken wird. Aber bald ist die erste Anlaufsteifigkeit überwunden und es hilft ja nichts – keiner trägt mich die 1200 Meter runter! Vorsichtig steige ich den felddurchsetzten Graskamm ab, unangenehmes Gelände. Bloß nicht nochmals das Bein vertreten!
Wenigstens trösten mich malerische Ausblicke, hier zum Lungauer Kalkspitz:
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Nach langen drei Stunden erreiche ich endlich den Fahrweg,der von der Oberen Rainhütte nun gemütlicher abwärtsleitet:
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Und nach einer weiteren Stunde hat die Odysse dann bei meinem Fahrzeug doch ein Ende und die Spitzen der Teufelkirche sind bereits wieder in tiefe Schatten getaucht:
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Fazit: Eine für mich eher harmlose Tauerntour wäre mir beinahe zum Verhängnis geworden und durch unglaubliche glückliche Fügung habe ich lediglich eine Bänderverletzung davongetragen.
Lg. Euer quicklebendiger tauernfuchs
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