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Traumhafte Lai da Rims

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  • Traumhafte Lai da Rims

    Angeregt durch eine italienische Internetseite und diverse Fotos, die immer wieder durch das Web geistern, habe ich mich entschlossen, eine der großartigsten Wanderungen, die es im Bereich der Sesvennagruppe und der südlichen Unterengadiner Dolomiten gibt, zu wagen. Mein Ziel: Die Rimser Seenplatte.
    Immer wieder verfolge ich im Quartier in Schlinig zunächst gespannt die Wetternachrichten von Radio Vinschgau, aber ein hartnäckiges Italientief sorgt für die nötige Akklimatisationszeit.
    Am 22.09.2009 ist es dann soweit. Nach einer sternklaren Nacht ist für einen sturen „Nicht-Hütten-Schläfer“, wie ich schon seit Jahren einer bin, frühes Aufstehen angesagt, denn immerhin sollte mich der weit mehr als 25 km lange Weg über 3 Dreitausender führen. Irgendwie hab ich es auch aus den Federn geschafft und starte um 6:30 in Schlinig die erste, etwas zermürbende Etappe hinauf zur Sesvennahütte.



    Als ich um 8:00 die Sesvennahütte erreiche, reiben sich die ersten „Frühaufsteher“ unter den Hüttenschläfern gerade die Augen und blinzeln ungläubig in den strahlenden Morgenhimmel. Ohne Halt gehe ich an der alpinen Schlafstätte vorbei. Gemächlich zieht das Weglein nach oben, als sich hinter einer kleinen Kuppe erstmals der Blick auf den Piz Rims auftut; er wird der erste Dreitausender sein, den ich heute überqueren muss.



    Bald ist es auch mit der Gemütlichkeit des Weges vorbei und es geht mächtig zur Sache. Dieser Abschnitt ist vor allem bei Eis und Schneelage unangenehm, man kann ihn allerdings gut umgehen, indem man weiter unten zum Sesvennasee aufsteigt. Weiter oben erreicht man dann auf Viehwegen wieder den regulären Weg in die Sesvennascharte.



    Nach rund 70 Minuten ab der Sesvennahütte ist der traumhaft gelegene Furkelsee erreicht, auf dessen glatter Oberfläche sich der Föllakopf spiegelt. Links aus dem Hintergrund grüßt die Weißkugel, unmittelbar davor versucht die Vernungspitze aus dem Rasasskamm, sich in Szene zu setzen.



    Noch wenige „Schnaufer“ – und ich stehe in der Sesvennascharte (2819 m), von wo aus man den grandiosen Blick auf das Dreigestirn des Muntpitschen (links), der Foratrida (Mitte) und des Piz Sesvenna (rechts) genießen kann. Doch zum Rasten bleibt keine Zeit. Ich verlasse den markierten Weg, der durch das val Sesvenna weiter nach S-charl führt und steige über Wegspuren auf den kleinen Gipfel des Schadler. (2948 m).



    Nun kann ich die nächsten Kilometer der Gehstrecke gut überblicken: Über einen wunderschönen, ganz harmlosen Grat und das große Geröllfeld werde ich zunächst auf den Piz Rims steigen, um von dort auf dem Grat nach links den höchsten Punkt der Wanderung, den Piz Christanas zu erreichen.



    Obwohl als Gipfel unscheinbar, bietet der Schadler eine geradezu geniale Aussicht, etwa über die Blaisch Gronda und das val Sesvenna hinüber zum val Minor im Schweizer Nationalpark. Man erkennt von links ausgehend den Felskoloss des Piz Tavrü, die Felsnadel des Piv Plavna Dadaint, rechts der kleinen Wolken die „Granden“ der Unterengadiner Dolomiten, Piz Minger, Piz Zuort und Piz Pisoc, dann anschließend im Vordergrund den Piz Madlain und als rechten Abschluss den Piz Christanas, den ich heute gegen 11:00 noch erreichen werde.



    Auch nach Norden ist die Sicht uneingeschränkt: Im Vordergrund ist der Rasasskamm zu erkennen, links der Bildmitte der Grionskopf, ein traumhafter Schiberg über dem Rojental, aus der Bildmitte hinten grüßt der Glockturm und ganz rechts ist noch die Weißkugel zu erkennen. Von rechts unten leuchtet das neue Dach der Alten Pforzheimerhütte herauf.



    Mühsam und heiß, aber harmlos ist der Aufstieg auf den Piz Rims (3067 m); schon nach einer Stunde ab der Sesvennascharte ist er geschafft.



    Ich hätte mir den Gipfel des Piz Rims auch schenken können, denn der Weg zum Piz Christanas führt 50 m tiefer am Grat weiter Richtung Nordwesten. Schaut recht Respekt einflößend aus, ist aber ebenfalls völlig harmlos, allerdings bei Schneelage und Vereisung nicht besonders zu empfehlen, denn links und rechts geht es doch ein Stück ziemlich steil bergab.


    Fortsetzung folgt
    LG
    Heinrich

  • #2
    AW: Traumhafte Lai da Rims

    20 Minuten benötigt man, um vom Piz Rims auf den Piz Christanas zu gelangen. Dazwischen liegen traumhaft schöne Wegpassagen, die an Aussicht alles bieten, was das Herz begehrt.



    Um 10:50, also nach etwas mehr als 4 Stunden ab Schlinig, ist es dann vollbracht: Ich habe den höchsten Punkt meiner Tour, den Piz Christanas (3092 m) erreicht. Man ist ein bisschen sprachlos, wenn man so ins Land schaut, denn nun gibt es nirgendwo mehr ein Hindernis, das die Sicht beeinträchtigen würde, sei es auf die imponierende Nadel des Piz Plavna Dadaint links der Bildmitte, auf den Piz Pisoc in der Bildmitte oder rechts daneben auf den Piz Madlain mit seinem Verbindungsgrat zum Piz Cotschen und ganz rechts auf den Piz San Jon.



    Nach einer kurzen Rast steige ich zunächst über den breiten Nordwestrücken des Piz Christanas bis zu einem kleinen Steinmann an dessen Ende ab, von dort führen die spärlichen Wegspuren nach links hinunter in die Fuorcla Cournet. Probleme mit der Wegfindung gibt es nicht, denn das nächste Etappenziel, der braungrüne Piz d´Immez ist in der Bildmitte bereits gut zu erkennen. Bei schlechter Sicht oder unsicherer Wetterlage würde ich den Weg ab dem Piz Christanas allerdings niemals fortsetzen, denn ab nun ist man mit größter Sicherheit mutterseelen allein in der weiten Karstlandschaft.



    Angelangt in der Fuorcla Cournet (2853 m) beeindruckt vor allem die unheimliche Stille, die hier inmitten der kahlen Felsen herrscht. Und wieder sind es der Piz Plavna Dadaint (links der Bildmitte) und der Piz Madlain (Bildmitte), die das Bild beherrschen.



    Nun versperrt ein gewaltiger Felsriegel den Weg, aber eine Schotterrunse, die sich in der Mitte der Barriere teilt, lädt zum Nähertreten ein. Sie ist nicht wirklich schwierig zu begehen, eher unangenehm, aber die Steinplättchen, die es hier tonnenweise gibt, haben einen Vorteil: Kaum beginnen sie zu rutschen, verkeilen sie sich auch schon wieder, so dass man eigentlich ganz gut vorankommt. Oben muss man sich dann entscheiden, welchen Ausstieg man wählt. Ich habe mich als Rechtshänder für den linken entschieden, Linkshänder sollten vielleicht eher den recht nehmen, denn die Felsen in der Mitte lassen sich zumindest anfassen. Trauen sollte man ihnen aber nicht, denn das Gestein ist ungemein brüchig.



    Hat man erst die Barriere überwunden, steht man am Fuße des sanftmütigen Piz d´Immez, den es nun zu ersteigen gilt.



    Während des Aufstieges ist die Sicht auf den Piz Lischana einfach gewaltig. Links aus dem Hintergrund grüßen die Gletscher der Silvretta herüber.



    Pünktlich um 12:00 erreiche ich den Steinmann am Gipfel des Piz d´Immez (3033 m). Großes Glücksgefühl umfängt mich, denn ich war mir die ganze Zeit nicht sicher, ob ich den Anstrengungen dieser Wanderung auch gewachsen sein würde. Aber nun habe ich es geschafft.



    Eigentlich könnte ich die Wanderung nun über den Rücken des Piz d´Immez zum Piz Cotschen (links), zum Piz da l´Aua (Mitte) bis zum Piz Lischana (rechts der Bildmitte) fortsetzen, aber nach einem Blick auf die Uhr siegt die Vernunft und ich entscheide mich für den Rückweg. Zuvor gönne ich mir aber doch die erste größere Rast an diesem Tag und betrachte andächtig die Seen der Rimser Seenplatte. Vorne liegt ganz ruhig der Lai d´Immes (2832 m), im Hintergrund ist der Lajet da Lischana (2856 m) zu erkennen. Über ihm erheben sich der Piz da l´Aua, dahinter der gewaltige Piz San Jon. Links davon ist in der Ferne der Piz Linard, rechts davon die Gletscherwelt der Silvretta zu erkennen.



    Ich beschließe, dem Lai d´Immez einen Besuch abzustatten und bereue es nicht. Totenstill ist es hier, einzig das gelegentliche Abrutschen eines Steins von den steilen Berghängen reißt mich aus meinen Gedanken, denen man hier so wunderbar nachhängen kann. Ich betrachte andächtig den Piz Cotschen (links) und den Piz da l´Aua (rechts daneben) und weiß, dass ich mich bald wieder einmal in diese Gegend zurückziehen werde, sofern mich meine Füße noch tragen.



    Fortsetzung folgt ...
    LG
    Heinrich

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    • #3
      AW: Traumhafte Lai da Rims

      Mittlerweile weisen die Uhrzeiger auf 13:00. Ich beschließe, weglos quer durch die Seenplatte zu marschieren. Die endlose Karstlandschaft erzeugt starke Emotionen. Je tiefer ich komme, desto mehr verschwindet der Piz Lischana, dafür baut sich aber der mächtige Piz Triazza (ganz rechts) auf.



      Immer wieder erreiche ich einen der wunderbaren Seen des Rims. Da mich mein Weg nun nach Norden führt, habe ich im Hintergrund wieder alte Bekannte im Sichtfeld: Links Muttler, Piz Malmurainza und Piz Mundin, etwas näher der gewaltige Piz S-chalambert, dann wieder ganz im Hintergrund der Glockturm und seine Trabanten.



      Nach einer neuerlich „Kurskorrektur“ Richtung Nord taucht plötzlich die Weißkugel am Horizont auf. Mit Fortdauer der Wanderung wird die uneingeschränkte Stille bedrückend und mich quält der Gedanke, ob und wann ich wieder Kontakt mit der Zivilisation haben werde, denn eigentlich sollte ich ja auf den markierten Weg stoßen, der die Sesvennahütte mit der Lischanahütte verbindet. Der Mensch ist halt nicht für die absolute Einsamkeit geboren, auch wenn er sie ab und an sucht.



      Ich korrigiere meine Marschrichtung wieder auf West und schon nach kurzer Zeit tauchen in der Ferne die mir vertrauten Zeichen auf.



      Auf einem wunderbaren Wanderweg geht es nun steil bergab, während der Piz Rasass im Hintergrund mit jedem Schritt an Höhe zulegt.



      Es ist kurz vor 15:00, als ich den „großen Stein“ auf der Alp Sursass erreiche. Ihn kennen wohl alle Schibergsteiger, die die wunderbaren Gipfel rund um die Laj da Rims unter ihre Felle nehmen.



      Heerscharen der radelnden Zunft, landläufig auch „Mountain-Biker“ genannt, machen aus dem nun folgenden Aufstieg auf den Schlinigpass ein Kontrastprogramm zur Stille der vergangenen Stunden.



      Dann endlich nach weiteren 45 Minuten ist es geschafft: Die Alte Pforzheimerhütte und König Ortler tauchen vor mir auf, während 1840 Hm hinter mir liegen.



      Jetzt stehen noch mörderische 1,5 Stunden Gehzeit hinunter ins Schlinigtal und hinaus nach Schlinig ins Haus, aber den Weg kenne ich – schließlich hatte ich ihn heute morgen schon in der entgegen gesetzten Richtung unter meinen Sohlen!



      Kurz nach der Alp Planbell wage ich noch einmal einen Blick zurück - hinauf zur Croda nera und Richtung Sesvennahütte und bin froh, dass ich in weniger als 20 Minuten mein Quartier erreicht haben werde. Meine Fußsohlen spüre ich ohnehin schon seit 2 Stunden nicht mehr.

      IMG_310.jpg


      - - - - - -


      Damit endet eine der beeindruckendsten Wanderungen, die ich je unternommen habe. Inmitten unvergesslicher Eindrücke habe ich mir am Abend noch ein Fläschchen köstlichen Rotweins genehmigt und es einfach genossen, einmal da oben in der Stille und Einsamkeit der Lai da Rims gewesen zu sein. Und wer weiß – vielleicht schaffe ich es ja in meinem Leben noch einmal, hierher zurückzukehren!
      LG
      Heinrich

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      • #4
        AW: Traumhafte Lai da Rims

        Zitat von HGM Beitrag anzeigen
        Damit endet eine der beeindruckendsten Wanderungen, die ich je unternommen habe.
        Und für mich endet hier ein wunderbarer Tourenbericht aus einer Gegend die ich ansatzweise von einer BRG Tour kenne.

        Herzliche Gratulation zu dieser tollen und sicher fordernden Tour, und ein besonderes für die schönen Bilder.

        Gruß, Günter
        Meine Touren in Europa

        Nicht was wir erleben, sondern wie wir es empfinden, macht unser Schicksal aus.
        (Marie von Ebner-Eschenbach)

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        • #5
          AW: Traumhafte Lai da Rims

          Vielen Dank für den schönen Bericht und die herrlichen Bilder.
          Ist ein herrliches Wandergebiet dort,
          durfte ich einmal im Frühling erleben.

          helmut55
          Lg. helmut55

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          • #6
            AW: Traumhafte Lai da Rims

            geniale Tour in einer wunderschönen Gegend, und ein großartiger Bericht - gratuliere

            lG
            Martin
            Leuchtende Tage - nicht weinen, dass sie vergangen, sondern lächeln, dass sie gewesen!

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            • #7
              AW: Traumhafte Lai da Rims

              toll tour, aus einer , mir unbekannten gegend!

              gratuliere!
              Daxy besucht mich auf www.wabnig.net

              asti, asti bandar ko bakaro!
              Langsam, langsam fang den Affen!
              Indisches Sprichwort

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              • #8
                AW: Traumhafte Lai da Rims

                wunderschöner Bericht über eine gewaltige Runde!

                Ich bin einmal Anfang Oktober vor ein paar Jahren vom Piz Lischana kommend über das Rim-Plateau zur Uina-Schlucht abgestiegen. Dein Bericht zeigt mir schön, wie die "oberen Etagen" des Plateaus aussehen.
                Die alte Pforzheimer Hütte war doch immer eine Ruine und wird nun anscheinend instand gesetzt. Gleich nebenan steht aber doch die moderne Sesvennahütte. Weißt Du genaueres über das Bauvorhaben?
                Gruß, Mathias

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                • #9
                  AW: Traumhafte Lai da Rims

                  Laut einer Anschlagtafel wird die Alte Pforzheimerhütte "revitalisiert". Bauherr ist die Commune Mals. Es dürfte wohl Sommer wie Winter enormer Bedarf nach Hüttenschlafplätzen sein. Vielleicht trägt auch die "Krise" ihren Teil dazu bei, dass solche Dinge nun in Angriff genommen werden. (Arbeitsplätze, Boom unter den Wanderern etc.)
                  LG
                  Heinrich

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                  • #10
                    AW: Traumhafte Lai da Rims

                    Vielen Dank für deinen bericht ich kann mir sicher vorstellen das die tour schon kräfteraubend war !

                    mfg alex

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