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7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

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  • 7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

    22.06.2008 - 7 auf einen Streich - ein Blick zurück

    Hallo,

    um mal wieder ein bisschen grün ins Forum zu bringen und auch, weil ich damals nur einen kurzen Lagebericht über die Tour abgegeben habe, möchte ich doch noch einmal einen ausführlichen Bericht nachreichen. 1,5 Jahre sind seit der Tour vergangen und jetzt im Nachhinein muss ich sagen, dass es eines meiner schönsten Projekte der vergangen Jahre war – auch, wenn es keine hochalpine Klettertour war, sondern – in Anführungszeichen „nur“ eine etwas längere Wanderung.

    Ich bin bei dieser Tour meinen konditionellen Grenzen doch relativ nahe gekommen, auch ist mir erstmals in der doch relativ kurzen Zeitspanne, die ich in die Berge gehe, direkt vor Augen geführt worden, wie schnell es zu einem Absturz kommen kann, gerade auf einer Wanderung, wenn man keine Steigeisen oder sonstige Ausrüstung dabei hat und hartgefrorene Altschneefelder zu queren sind.

    Trotzdem ist im Endeffekt aber alles gut gegangen und als ich vor ein paar Tagen mal die Fotos von letztem Jahr durchgesehen habe, habe ich mich entschlossen, doch noch mal einen Bericht zu schreiben. Auch von Basti und Steffen sind ein paar Bilder dabei.

    Irgendwann in der Nähe von St. Gallen, als ich mit dem Steffen mal von einer Bergtour zurückgekommen bin, hat man die 7 Churfirsten von der Autobahn aus gesehen. Steffen kam dabei auf die Idee, man könne doch eigentlich mal eine Überschreitung der 7 Churfirsten als Tagestour machen. Recherchen im Netz haben dann gezeigt, dass diese Tour immer mal wieder gemacht wird und dass dabei durchaus Zeiten zwischen 12 und 15 Stunden üblich sind. Also keine ungewöhnliche Tour, aber mit etwa 4000 Höhenmeter im Auf- und Abstieg eben doch ein ganz schöner Konditionshammer.

    Im Höhenprofil schaut dass dann so aus:

    00_7-Churfirsten_Profil.jpg

    Basti entschließt sich spontan auch noch, mitzukommen. Am 22.06.2008 fahren wir spätnachmittags los und kommen abends in Alt St. Johann an. Erst mal wird der Kocher ausgepackt, es gibt Spaghetti.

    01_Ankunft_800x600.JPG

    Es ist gerade Fußball – EM und wir setzen uns in eine Kneipe und schauen gemütlich bei einem Bier das Spiel Niederlande gegen Russland an. Das Spiel geht dummerweise in die Verlängerung, was unsere angedachten 4 Stunden Schlaf auf 3 Stunden verkürzt. Wir machen es uns auf einem Parkplatz in Alt St. Johann gemütlich und dösen noch ein wenig, kurz nach 3.00 klingelt der Wecker, nach einem kurzen Frühstück geht es um 3.30 los.

    02_Aufbruch um 3.30_800x600.jpg

    Es ist Vollmond, wir gehen zügig aber nicht zu schnell, es ist eine wahre Freude, durch den nächtlichen Wald zu wandern. Die Stirnlampen braucht man nur teilweise.

    03_Aufstieg und Vollmond_800x600.JPG

    Wir gehen erst einmal mit Joggingschuhen, die Wanderstiefel im Rucksack. Heute wird ein richtig heißer Tag, es sind gewittrige Temperaturen vorhergesagt, die (im Tal) gut über 30 Grad liegen. Deshalb habe ich auch erst einmal 5 Liter Wasser eingepackt, die aber nicht gereicht hätten. Zum Glück hab ich später noch eine kleine Quelle zum Nachfüllen gefunden. Trotz der Temperaturen gibt es aber auch noch ziemlich viel Altschnee.
    Durch den Wald geht es über die Breitenalp weiter den Wanderweg entlang. Hinter dem Säntis wird die Sonne gleich aufgehen - ich liebe diese Morgenstimmung kurz vor dem Sonnenaufgang, das ist jedes Mal ein Erlebnis.

    04_kurz vor Sonnenaufgang_800x600.JPG

    05_Sonnenaufgang_800x600.JPG

    06_kurz vorm Selun_800x600.JPG

    07_kurz vorm Selun_800x600.JPG

    Nun sind wir auf dem Selun (2.204m), wo es um kurz vor 5.45 eine längere Frühstückspause gibt – der erste Gipfel ist geschafft, wir sind optimistisch, die Tour durchzuziehen und genießen die Aussicht.

    08_Gipfelpause Selun_800x600.jpg

    09_Gipfelpause Selun_800x600.jpg

    Nach der Pause geht es weiter Richtung Frümsel, wir entscheiden uns für die weglose Variante, es geht so ein bisschen durch schrofiges Gelände, auch sind ein paar sehr unangenehm harte Altschneefelder zu queren bzw. abzusteigen.

    10_weiter gehts_800x600.JPG

    Steffen fährt eines dieser steilen hartgefrorenen Altschneefelder gekonnt ab, Basti, der direkt hinter ihm geht, kommt irgendwie ins Straucheln, probiert noch, schnell noch zum Bremsen in den Liegestütz zu gehen, hat aber keine Chance. Dann geht alles ganz schnell – mit einer brutalen Geschwindigkeit geht Basti bestimmt 20 Meter ab, knallt voll auf einen Felsen, überschlägt sich etwa 3 Mal in der Luft und schlägt wieder auf einem Felsen auf, wo er etwa 1-2 Meter neben einer Rinne, wo es sicher noch einmal gut 100 Meter im Absturzgelände runtergeht, liegen bleibt. Oh je, denke ich, das sieht übel aus, wahrscheinlich muss ich jetzt das erste Mal in meinem Leben einen Heli rufen. Wie schnell das alles ging. Vorsichtig klettere ich neben dem Schneefeld ab, finde sogar Bastis Brille wieder, die er unterwegs verloren hat. Basti steht ein wenig unter Schock, aber erstaunlicherweise scheint ihm bis auf ein paar Schrammen und Abschürfungen nichts zu fehlen. Wir machen an der Stelle erst einmal 1 Stunde Pause und überlegen, wie wir jetzt weitermachen. Langsam und vorsichtig steigen wir dann irgendwann mal weiter ab, die Schneefelder verlieren jetzt deutlich an Steilheit und werden vor allem auch weicher, da es so langsam richtig heiß wird.

    11_nach dem Sturz_800x600.JPG

    Wir diskutieren, ob wir absteigen sollen, Basti hat sich soweit aber wieder gefangen und schlägt vor, dass wir den Frümsel ja mal probieren können, dann sehe er schon, ob es noch weitergeht. Basti ist ein Konditionstier, der ist mal einen Alpin-Marathon mit gut 1.500 Höhenmetern in unter 3,5 Stunden gelaufen. Ich glaube für mich wäre nach so einem Sturz Schluss gewesen.
    Deutlich langsamer als zuvor geht es weiter, um 8.10 sind wir dann schließlich auf dem Frümsel (2.267m).

    12_auf dem Frümsel_800x600.jpg

    Steffen und ich am Gipfel:

    13_Frümsel_800x600.JPG

    Blick runter auf den Walensee:

    14_Walensee_800x600.JPG

    Nach einer kurzen Gipfelrast geht’s dann wieder runter, beim Basti geht’s wohl auch weiter.

    15_Abstieg vom Frümsel_800x600.JPG

    Der Winter 2008 war lang, aber bei den Temperaturen wird der Schnee sehr schnell verschwinden. Die Natur zeigt sich jetzt in ihren schönsten Farben.

    16_Flora_800x600.JPG

    Ich und Basti beim Abstieg vom Frümsel. So langsam wird es richtig heiß und wir haben noch ein paar Gipfel vor uns.

    17_so langsam wirds heiss_800x600.JPG

    Wenn ich es recht in Erinnerung habe, gibt’s vom Frümsel zum Brisi einen etwas verwilderten und zugewachsenen Wanderweg, der auf etwa 1.800 Höhenmetern den Hang quert. Stellt aber kein Problem dar, so gegen halb 11 sind wir auf dem Brisi (2.279 m). Hier ein Blick rüber zu unserem nächsten Ziel, dem Zuestoll. Dort oben sieht man auch andere Wanderer, das erste Mal an dem Tag, dass wir jemanden sehen (Es ist immerhin Sonntag).

    18_brisi, blick zum zuestoll_800x600.JPG

    Auf dem Brisi machen wir eine längere Rast, eine gute Stunde bleiben wir sitzen. Der Weg von Brisi bis Zuestoll zieht sich etwas, da man bis fast auf 1.500 m runter muss.

    19_zwischen brisi und zuestoll_800x600.jpg

  • #2
    AW: 7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

    Als Vieltrinker und aufgrund des schwülen und heißen Wetters habe ich meine 5 Liter Wasser bereits verbraucht (wie machen dass die anderen beiden nur, die immer nur etwas die Hälfte von mir brauchen?), zum Glück finde ich aber zwischen Brisi und Zuestoll eine Nachfüllmöglichkeit.

    20_zwischen brisi und zuestoll_800x600.JPG

    Der Aufstieg zum Zuestoll gestaltet sich durch ein paar kurze Kraxel-Einlagen interessanter als die anderen Aufstieg, Basti recht und ich links im Bild:

    21_aufstieg zum zuestoll_800x600.JPG

    Noch ein paar Meter, dann haben wir auch diesen Gipfel geschafft.

    22_kurz vor dem zuestoll gipfel_800x600.JPG

    Mit dem Zuestoll (2.235 m) haben schon über die Hälfte. Erst mal wieder ein Päuschen, die Mittagssonne knallt jetzt erbarmungslos auf uns nieder. 2000 Meter weiter oben wäre heute sicher auch ein angenehmer Tag gewesen

    23_auf dem zuestoll_800x600.JPG

    24_abstieg vom zuestoll_450x600.JPG

    25_abstieg vom zuestoll_800x600.JPG

    Die Querung von Zuestoll zu Schibenstoll ist angenehm kurz, so langsam hat man aber doch ganz schön was an Höhenmetern in den Beinen.

    Steffen schaut aber noch ganz fit aus:

    26_aufstieg zum schibenstoll_800x600.jpg

    Wir machen uns etwas Sorgen wegen dem Wetter. Jetzt sind wir schon weit, es wäre ärgerlich, wenn man auf die letzten beiden verzichten müsste, weil ein Gewitter kommt. Gleichzeitig ist aber gerade die Routenführung bei der 7-Churfirsten Überschreitung so, dass man jederzeit völlig unproblematisch runter kommt. Im Falle eines Gewitters hängt man dann nicht an einem hochalpinen Grat fest, wo es kein Vor- oder Zurück mehr gibt, sondern ist schnell abgestiegen.

    Mit ganz schön schweren Beinen komme ich dann auf dem Schibenstoll (2.236 m)an. Die letzten Meter waren schon ein ganz schöner K(r)ampf. Ich würge einen Powerbar runter, der irgendwie auch nicht mehr so toll schmecken mag. Naja, die letzten beiden liegen direkt nebeneinander, also nur noch ein Aufstieg.

    27_auf dem schibenstoll_800x600.JPG

    Steffen fährt beim Abstieg vom Schibenstoll ein langes Altschneefeld links vom Wanderweg runter, Basti und ich haben aber erst mal genug von Altschneefeldern und gehen den Wanderweg runter. Unten queren wir ein Stück weglos Richtung Hinderrugg. Der Weg ist noch vollständig unter einem großen Altschneefeld versteckt, zum Glück ist es aber nicht so steil.

    28_letzter aufstieg_800x600.jpg

    Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben einen Krampf im Oberschenkel bzw. sogar einmal in beiden Oberschenkeln gleichzeitig. So fühlt sich das also an. Trotzdem ist es erstaunlich, wie es dennoch immer irgendwie weitergeht - ein Tempo von 400 Höhenmetern pro Stunde geht schon noch. So langsam ist wenigstens auch mal der Steffen mit seiner Monsterkondition platt. Der Basti hält sich sowieso gut – immerhin bekommt er von seinem Sturz am nächsten Tag noch einen blauen Fleck am Oberschenkel mit ungefähr 15 cm Durchmesser.

    Endlich sind wir dann auch auf dem Hinderrugg (2.306m), ein tolles Gefühl, nicht mehr weiter aufsteigen zu müssen, denn der Chäserrugg (2.262 m) schließt sich direkt an. Man sieht den Jungs aber auch an, dass es so langsam reicht…

    30_geschafft, auf dem hinderrugg_800x600.jpg

    Die Querung zum Chäserrugg ist ein Katzensprung.

    31_verbindungsgrat zum chäserrugg_800x600.JPG

    Endlich haben wir es geschafft, gegen 18.30 stehen wir auf dem Chäserrugg. Noch ein Schlussfoto mit Selbstauslöser:

    32_auf dem chäserrugg_800x600.JPG

    Ich könnte töten für ein Bier. Oder auch eine Flasche Cola, Hauptsache was mit Kohlensäure. Ich überlege mir, ob es wohl moralisch vertretbar wäre, in die Seilbahnstation einzubrechen auf der Suche nach einem Getränk. Wahrscheinlich würde ich jetzt auch die Seilbahn nehmen, sollte sie noch fahren.

    Es hilft alles nichts, aber wir müssen noch 1.400 Meter nach Alt St. Johann absteigen. Und zwar durch ätzendes Skipistengelände.

    33_ätzender abstieg_800x600.jpg

    Zum Glück kommt auf halben Weg eine bewirtschaftete Hütte, wo wir noch einen Zwischenstopp einlegen und diverse kalte Getränke in uns rein kippen. Dann ist auch der Rest geschafft und wir kommen gegen 21.00 relativ erledigt am Auto an. Nach einem Bad im Gebirgsbach und ein paar Dosen Ravioli später geht es zurück Richtung Deutschland. Aufgrund von heftigen Gewittern zieht sich die Heimfahrt dann doch etwas (mit 30 km/h auf der Autobahn), das stört uns aber überhaupt nicht.

    Damit bin ich am Ende meines Berichtes, ich hoffe, ich habe noch alles richtig in Erinnerung, immerhin ist es auch schon wieder 1,5 Jahre her. Weiterhin hoffe ich natürlich auch, dass ich ein paar Eindrücke dieser exzellenten Wander- und Klettergegend vermitteln und beim ein oder anderen Nicht-Skitourengeher ein wenig Vorfreude wecken konnte – der nächste Sommer kommt bestimmt!

    Viele Grüße
    JayP

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    • #3
      AW: 7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

      Sehr schöne Tour und Respekt vor der großen Leistung, 4.000 Auf- und Abstiegshöhenmeter an einem Tag sprechen für sich.

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      • #4
        AW: 7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

        Egal, wenn es schon etwas her ist - es wäre schade, wenn Du uns nicht an dieser wahrhaft außergewöhnlichen Tour hättest teilhaben lassen!
        Gruß, Mathias

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        • #5
          AW: 7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

          Echt tolle Leistung!
          Außerdem finde ich es einfach Spitze, daß du um diese Jahreszeit noch so einen schönen sommerlichen Nachlese-Bericht reinstellst und damit etwas Grün in die ohnehin viel zu lang dauernde kalte Jahreszeit bringst.
          Zu den Churfürsten hab ich oft raufgeschaut vom Walensee, wenn man in die Schweiz fährt, fährt man halt dann meistens daran vorbei...
          LG

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          • #6
            AW: 7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

            Herzliche Gratulation!!! An diese Gewaltstour habe ich mich nie gewagt, sondern jeden Gipfel einzeln bestiegen. Ich weiss aber, dass es für die BergsteigerInnen, die im Toggenburg wohnen, beinahe Pflicht ist, sie mindestens einmal im Leben unter die Bergschuhe zu nehmen.

            deshalb wohne ich in der Stadt St. Gallen und nicht im Toggenburg (das zum Kanton St. Gallen gehört) !
            Musst
            dein leben erfinden.
            Eine himmelstreppe.
            Tritt
            um tritt.

            Jos Nünlist

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            • #7
              AW: 7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

              Sollte jemand die Sieben Churfüsten noch nicht gekannt haben
              und auch des googelns noch nicht mächtig sein :

              http://f.hikr.org/files/59749l.jpg

              TOUREN PLANEN - TOUREN (ERFOLGREICH) DURCHFÜHREN - TOUREN DOKUMENTIEREN

              Das ist auch eine Art "Heilige Dreifaltigkeit" !

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              • #8
                AW: 7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

                Das ist ja ein gscheiter Konidhammer, Gratulation
                ...a Tog ohne Bier is wia a Tog ohne Wein....
                google online Album

                Paul

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                • #9
                  AW: 7 Churfirsten Überschreitung - 22.06.2008

                  Ich habe an eure Tour gedacht, als ich bei einer Schneeschuhtour auf den Frümsel euren Eintrag im Gipfelbuch gesehen habe. Schön, dass du nun auch einen ausführlichen Bericht geschrieben hast.
                  "Glück, das kann schon sein: man hat es fast hinter sich und einen Schluck Wasser noch dazu." (Malte Roeper)

                  https://www.instagram.com/grandcapucin38/

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