Kitzbergspitze, 2466 m Ostgrat, II-III, N. Tauern, der „vergessene Grat“

[tauernfuchs]

19.8.2018
„Wo is´n das wieder?“ höre ich förmlich einige von euch in Gedanken sagen.
Nun – wenigstens den Predigtstuhl kennen einige, es ist der Nachbargipfel, er ist recht beliebt. Die Besteigungsfrequenz der Kitzbergspitze hingegen beträgt wahrscheinlich so alle drei Jahre ein Mensch. Damit dieser Gipfel nicht komplett vereinsamt, musste ich also hinauf, war ohnehin erst einmal oben, ist lange her.

Vor einigen Jahren schon war ich bekanntlich mit den klettermäßig interessanten Graten der Niederen Tauern „fertig“. De facto sind also nur noch „Kuhgrate“ für mich übrig geblieben oder solche, die von der Seite mehrfach leicht zugänglich erscheinen oder in irgendwelchen Flanken enden.
Was also dann? Ein vergessener Grat? Man könnte es so sehen.
Ein zu unbedeutender Grat? Auch so könnte man es sehen. Tatsächlich liefert die Karte eher den Eindruck eines zerfledderten Kammes mit einzelnen eingestreuten Felsen.
Jedoch – es lebe die Überraschung!

Testbild: E01Kitz.jpg

[tauernfuchs]

Doch von Anfang an:
Start Kleinsölk/Sagschneider/Parkplatz Abzw. Tuchmoaralm.
Zunächst eine Übersichtskarte:
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Gleich anfangs begrüßt mich die österreichübliche Einladung zum Fahrradtourismus
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Keine Ahnung wer hier geschädigt, gestört etc. würde. Ohne Drahtesel müsste man jedenfalls auf der guten Forststraße mindestens zwei zusätzliche Stunden hinein hatschen. Wahrscheinlich ist´s also wegen der Haftung, der Verantwortung…ja, ja.
In den Bergen handle ich aber in Eigenverantwortung…
Das Tal ist völlig menschenleer, im Hintergrund zeichnet sich aber bereits mein Grat ab, der zum Kitzbergspitz führt:
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Bald erreiche ich die vordere Striegleralm
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und suche ich mir den Steig in Schönkar. Dieser ist nicht schwer zu finden und bald begrüßen mich die Kühe. Almfrieden pur, keine Menschenseele…
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Mein ursprünglicher Plan war eigentlich, am Seekarspitz einen Anstieg über dessen Ostpfeiler zu versuchen. Das ist tatsächlich kein richtiger Grat, zumindest recht untergeordnet, aber immerhin – das wäre etwas Neues gewesen! Hier im Hintergrund sehe ich dieses Objekt der Begierde:
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Ein Zoom bringt mich näher, etwa von der Bildmitte zieht das Ding herunter, steilt ordentlich auf zuletzt. Sollte man sich im Profil ansehen…Na ja…
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Ganz in der Nähe aber eröffnet sich mir aber – überraschend - ein Zustieg zu eben diesem Kitzbergspitz-Grat. Das Fernglas zeigt keinerlei Einschartungen, Abbrüche, so schwierig sieht´s also wirklich nicht aus. Aber lohnt es sich dann? Hmmm…
Egal – schon bin ich bei Plan B angekommen.
Eine steile Wiese bildet den Zustieg
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Verflixt – das Gras ist ordentlich hoch! Aber wurscht – die „Krot ist schon gefressen“…
Eine weitere grüne Plantage soll mich zur Scharte hoch bringen
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Jetzt schaue ich aber, dass ich mich rechtzeitig in den linken Wald verabschiede.
Gute Wahl! Jetzt kann ich zügig hochsteigen. bald schon liegt die Schönkaralm tief unter mir (ganz im Hintergrund der Gr. Knallstein, vorne der Ohreneckkamm)
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Dann bin ich endlich am Grat, zunächst – wie erwartet – harmloses Grüngelände.
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Links hinten schaut schon der Predigtstuhl vor.
Ein Ausblick zu Hasenohren, Bauleiteck, Steinkarspitze, Süßleiteck…
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[tauernfuchs]

Dieser erste Gratkopf ist noch harmlos (rechts Seekarspitze und Ghagspitze),
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doch dann offenbart ein kleiner Seitenblick, dass hier doch einige Überraschungen auf mich lauern
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Und tatsächlich: Ruck Zuck verschmälert sich der Grat auch der Weiterweg
sieht alles andere als harmlos aus
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Vielleicht entpuppt sich wenigstens die Kante aus der Nähe besehen harmloser.
Aber nein – eigentlich nicht…
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Auch Ausweichen geht nicht, alles sehr steil, beide Seiten…
Also direkt drüber!
Gleichzeitig will der Grat zart behandelt werden, denn es gilt: Je steiler desto Bruch…
Die Kante direkt rauf, III, schön die Steine hineinhalten…
Dann wenigstens etwas leichter, aber beiderseits wild abbrechend. Endlich ein breiterer Wiesenstreifen zur Erholung, Blick zurück
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Kurz etwas einfacher
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aber dann gleich nochmal so schmal, dass ich mich auf die Schneide setze und ein konzentriertes Selfie wage.
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Dann endlich sieht´s gemütlich aus
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Noch ein Rückblick, ganz hinten das Süßleiteck
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Das Ärgste ist geschafft
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Ein harmloser Blockhang wird zum Gipfel leiten
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Gleich nebenan der Grat zum Seekarspitz und Ghagspitz, ist lange her, dass ich dort drüber bin, auch mein Projekt kann ich hier näher beäugen. Na ja, vielleicht das nächste Mal.
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Mein Abstieg wird heute über die linke Flanke führen
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aber zunächst wird einmal der völlig einsame Gipfel erobert.
(markant im Hintergrund das Kasereck und knapp über der Deichselspitze schaut noch der Hochgolling hervor)
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Der Verbindungsgrat zum Predigtstuhl ist zunächst nicht schwierig. Er zeigt seine brüchigen, anspruchsvollen Tücken (III) erst auf seiner verdeckten Abstiegsseite.
Eine Route, die man eher nur einmal geht…
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[tauernfuchs]

Gezoomt nochmal der Predigtstuhl, dahinter der Preber, rechts das Roteck
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und nochmals gezoomt ein Gipfelbesucher
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Ein Tiefblick über meinen Grat
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Blick zum benachbarten Seekarspitz, Hohe Wildstelle mit Umlaufer links davon
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Zwischen Opferstock und Hochgang versteckt sich der Holzkarsee, mein Zoom erblickt ihn:
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Auch im Hüttkar unterm Predigtstuhl schlummern einige Seen. Hier möchte ich auch einmal hin.
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Die kecken Spitzen der Hasenohren faszinieren immer, daneben Bauleiteck, dahinter Süßleiteck
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Nachdem ich mich sattgesehen habe, bleibt mir ein wegloser, eher mühsamer Abstieg. Weiter unten werfe ich noch einmal einen Blick zurück auf meinen Grat, der von hier aus schon wieder völlig harmlos erscheint.
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Das breite Tal nimmt mich auf, kein Mensch weit und breit
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Predigtstuhl und Windschnurspitze verabschieden sich
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Zuletzt entdecke ich eine seltene Fichtenart mit roten Früchten…
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und alsbald (t)rolle ich (mich) hinaus, wohlverdient…

LG

[andibaum]

Hallo Manfred,
sehr schöne Tour auf einem einsamen Weg. War wahrscheinlich sogar eine Erstbegehung, oder? Und.wenn es genügend Wiederholer der Tour geben sollte , dann lässt wahrscheinlich sogar die Brüchigkeit nach weil alle losen Brocken unten liegen. Ich sage im brüchigen Gelände immer "muss noch abgeklettert werden..."
Danke für den schönen Bericht,
LG Andi

[Manfred9]

Interessante Gschicht.
Der kurze Grat hatte es ja in sich.
Sehr schön lesbarer Bildbericht.

Aber was bitte schön sind Kuhgrate?

[Fleisch]

Genussbruch vom Feinsten .Sehr schön

[manfred1110]

Jetzt weiß ich, was mir den ganzen Sommer hier abgegangen ist: Deine Grat-Schmankerl!
Soo schöne Eindrücke...
Trotzdem Gänsehautfeeling wenn man der Phantasie freien Lauf lässt.


L.G. Manfred

[Wette]

Feines Ambiente. Beim Betrachten deines Berichts frag ich mich schon ein wenig, warum ich so viel Zeit auf den "Modetouren" der Alpen verbringe und dabei gefühlt 80% der Zeit damit verbringe, mir eine Strategie zu überlegen, wie ich den Massen der Bergaspiranten möglichst taktisch entgehe. Dabei gibt es doch so viel angenehmere Touren - zwar mit unbedeutenderem Namen aber nicht weniger Charme.

Danke fürs neuerliche Eintauchen in die Tauernfuchs-Welt. Habs einmal mehr genossen!

Das Selfie ist übrigens ein Knaller. Allein der Mütze wegen

[tauernfuchs]

Danke für euer nettes Echo!

@manfred1110
Es wären sicher mehr Gratschmankerl,hätte ich zur richtigen Zeit Urlaub gehabt. Aber die Hoffnung lebt in den kommenden Wochen...

War wahrscheinlich sogar eine Erstbegehung, oder? Und.wenn es genügend Wiederholer der Tour geben sollte , dann lässt wahrscheinlich sogar die Brüchigkeit nach weil alle losen Brocken unten liegen. Ich sage im brüchigen Gelände immer "muss noch abgeklettert werden..."

Erstbegehung eher wohl nicht. Da gab (oder gibt es noch?) in den Kleinsölk doch eine Szene, die sich nicht gescheut hat, sogar bis hinter zum Predigtstuhl das Klettergraffel zu tragen und dort Routen bis IV+ zu begehen. Eher unwahrscheinlich, dass dort noch niemand war. Aber wie es so schön heißt: Von einer Erstbegehung kannst du es nur wissen, wenn es keine ist...
Wenn man diese Route gut "abklettert", wird leider der Grat verschwunden sein...

Aber was bitte schön sind Kuhgrate?

Na ja, Grate halt, die selbst Kühe begehen können.

@wette: Modetouren sind es halt nicht umsonst, sie sind halt meist auch sehr schön und verlockend. Aber du hast recht: Die richtige Ausweichstrategie kann dort zur Kernfrage werden.
Ha,ha das Selfie: Da hab ich beim Rucksackpacken aus Versehen mein ausrangiertes Malerkapperl erwischt. Aber so Fransen und Zerissenes sind momemtan eh sehr angesagt...

@fleisch: Ist ja ein dir absolut geläufiges Ambiente... Auch deine Berichte über Bruchwelten anderer Art lese ich immer mit großem Vergnügen!

LG

[Mileean]

Das sieht ja schön aus! Ein idyllisches Tal, solche Touren mag ich. Weit und breit keine Leut und ein bisserl zum anpacken!

[tauernfuchs]

Das sieht ja schön aus! Ein idyllisches Tal, solche Touren mag ich. Weit und breit keine Leut und ein bisserl zum anpacken!

Danke! Ja , unglaublich: Am benachbarten Predigtstuhl ein ziemliches Gewurrl und ich bin den ganzen Tag keinem Menschen begegnet.
LG