Servus,
vorab: die Bilder kommen morgen...
heute entschied ich mich, die Bärenschützklamm bei Mixnitz zu durchwandern, dafür nahm ich auch die lange Anreise von Wien (7.17 bis 10.20) in Kauf.
Die Wettermodelle zeigten eine föhnige Südwestströmung im Alpenraum, mit schwachem Südwind im Bereich der Fischbacher Alpen. Die Niederschlagssignale sprangen im Tagesverlauf im Bereich des Grazer Berglands an, d.h. es bestand vor allem am Nachmittag ein gewisses Gewitterrisiko. Erfahrungsgemäß entstehen Gewitter bei derartigen Wetterlagen am ehesten entlang des "steirischen Feuerrings" (Koralpe, Gleinalpe, Fischbacher Alpen), d.h. ich musste mit unliebsamen Überraschungen am Nachmittag rechnen. Die Wettermodelle zeigten außerdem ein erhöhtes Unwetterpotential durch Starkregen, mäßig großen Hagels (2-3 cm) und Sturmböen, im Fall eines Gewitters.
Ich war also gewarnt und begutachtete entsprechend argwöhnisch schon auf der Hinfahrt die Wolkenentwicklung. Diese zeigte mir zwischen 8 und 10 Uhr zwischen Semmering und Murtal ausgedehnte mittelhohe Wolkenfelder, sogenannter Ac op str (Altocumulus stratiformis opacus = mittelhohe, kompakte Haufenschichtwolke). Diese deuten auf eine Sperrschicht (Temperaturinversion) in 3-7 km hin, geschätzt waren sie rund 4 km hoch. Das ist erstmal gut, weil die Wolken einerseits die Sonne abschatteten (wenig Einstrahlung, wenig Energieaufbau) und zudem noch einen weiteren Aufstieg der Luftpakete unterbinden, andererseits schlecht, weil Wolken Feuchtezufuhr bedeuten. Das ist für Gewitterwolken vor allem in der Höhe bedeutsam, weil sie dann nicht austrocknen können.
Über den Bergkämmen bildeten sich am späten Vormittag erste Quellungen, die normale Hangthermik (Hangaufwinde, Cumuluswolken).
Ich durchstieg die Klamm von Mixnitz-Bf (447m) - die völlig unschwierig ist, und ausgesetzt ist der Weg nur insofern, dass es unterhalb der Leitern und Stege senkrecht in die Tiefe geht. Ausgesetzt im Sinne von "kein Geländer zum Festhalten und beim Ausrutschen Absturz" ist es nirgendwo. Es kann also nix passieren, und wenn man lange nicht mehr die Schwindelfreiheit erprobt hat, ist es genau das richtige zum Warmwerden. Trittsicherheit ist natürlich trotzdem angebracht, da die "Stufen" nur schmale Latten sind, durch die man unaufmerksam durchrutschen und sich den Fuß verdrehen kann.
Problematisch: obwohl man die ganze Zeit am Wasser entlang geht, hat man nur zu Beginn die Möglichkeit, im Bach oder an einer Tränke aufzufüllen, danach nicht mehr (von den Gasthöfen abgesehen).
Um 12.50 gelangte zum Ghf Guten Hirten, wo ich gegen 13.20 Richtung steir. Jöckl startete. Dort kam ich um 14.00 an, und genoss die herrliche Aussicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das erste giftige Gewitter am Ostrand der Koralpe entwickelt, aber weit weg. Allerdings machte mich das Wolkenbild misstrauisch: die Quellungen hatten insgesamt zugenommen und besonders Richtung Westen türmten sie sich bereits in die Höhe ("TCU" = Towering Cumulus), also ein Hinweis darauf, dass die Atmosphäre schon in der Segelfliegersprache genannte "Überentwicklungen" zuließ.
Gleichzeitig blies in der Höhe ein lebhafter Südwestwind, teils föhnig, auch am Grat des Hochlantsch war der Wind spürbar. Gewitter in Zusammenhang mit lebhaftem Höhenwind haben den Vorteil, schneller abzuziehen, wenn sie einmal da sind, und den Nachteil, sich zu organisieren, also unwetterartig zu werden.
Es war jedenfalls dann halb 3 und es war ziemlich warm, ich hatte zu wenig Wasser mit und noch mindestens eine Stunde bis zum Gipfel des Hochlantsch. Dazu dieses heikle Wolkenbild, weshalb ich letzendlich beschloss, es für heute gut sein zu lassen, und mir den Gipfelsturm für einen kühleren und stabileren Tag aufzuheben.
Wie sich im Nachhinein herausstellen sollte, war es instinktiv die richtige Entscheidung. Ich stieg wieder durch die Klamm ab, was durch die gelegentlichen Nachmittagsaufsteiger erschwert wurde, da die Stege teilweise so eng sind, dass zwei Leute mit Rucksack nicht aneinander vorbeipassen - außerdem schaun manche Leute einfach nicht geradeaus und quetschen sich einfach vorbei, statt ein paar Schritte zurückzugehen, wo es wieder breiter wird. Jedenfalls genoss ich die Klamm ein zweites Mal - sicherlich nicht das letzte Mal. Als sich mir der erste Blick ins Tal bot, sah ich auch schon die ersten hohen, milchigen Wolken gen Nordwesten. Sie waren kompakt und zeigten das typische Erscheinungsbild einer Gewitterwolke (Bilder folgen). Sie nennt sich "Cumulonimbus incus" (lat. incus = Amboss), und tritt bei einer Gewitterwolke im Reifestadium auf.
Als ich beim Bahnhof gegen 17.00 ankam, war es Richtung Norden schon ziemlich dunkel und gelegentlich hörte man ein Donnergrollen. Im Murtal blies immer noch Talaufwind (Südwind), wenn das Gewitter bereits im Sterbestadium gewesen wäre, hätte man eventuell kälteren Talauswind bekommen. So saugte es die feuchtwarme Luft aus dem Grazer Becken an. Das Gewitter befand sich laut Radarbildern zu diesem Zeitpunkt nordwestlich von Bruck an der Mur, südlich des Hochschwabs, und brachte vermutlich Starkregen, Hagel und lokale Sturmböen.
Ringsum Mixnitz herum begann es verbreitet in Gewitterwolken überzugehen, allgemein neigte jede Wolke dazu, sich zu vergrößern. Das ist das Tückische an diesen vermeintlich isolierten Wärmegewittern. Wird die Sperrschicht an einer Stelle durchbrochen, bricht sie auch an anderen auf. Man darf sich die Sperrschicht nicht wie Beton vorstellen, eher wie Gummi. Wenn dieser in Schwingungen versetzt wird, dann wird er eher spröde und bricht auf. Genau das passierte heute abend auch.
Gegen 18.30 überquerten dann ein System aus mehreren Gewittern das von mir bewanderte Gebiet. Wenn ich nachrechne - ich brauchte 3 Std. für den Abstieg vom steir. Jockl - dann hätte ich mit dem Gipfelsturm inkl. sicherlich 4,5 Stunden gebraucht, eher länger, wäre also frühestens um 18.30 im Tal angelangt. Das wäre im Nachhinein knapp geworden - also war es richtig so, auf den Gipfel zu verzichten.
In Kapfenberg brachte der Gewitterkomplex immerhin knapp 16 l/m², in Frohnleiten noch 2 l/m², in Zeltweg und Leoben gab es Sturmböen bis 76 km/h. Das häufige Donnergrollen sagte mir zudem, dass es viele Erdblitze gab, worauf man beim Bergwandern naturgemäß lieber verzichten möchte. Zudem können Erdblitze auch weit vom Niederschlag entfernt niedergehen, bis zu 30 km im Extremfall. Sich am Rande des Gewitters aufzuhalten ist also kein Garant, von Blitzschlägen verschont zu bleiben, zumindest nicht am Gipfel.
Summa summarum:
ich kenne jetzt die Gegebenheiten, muss die Klamm unbedingt wieder durchwandern, und beim nächsten Hochlantsch-Gipfelversuch muss ich deutlich früher weg bzw. muss es kühler sein, und genügend Trinkwasserflaschen sind einzuplanen.
Bilder folgen wie gesagt morgen, die Erinnerung verblasst naturgemäß oft früher...
Gruß,Felix
PS: Wie sich herausstellt, gab es vor allem im oberen Murtal enorme Schäden durch Überflutungen und Vermurungen, siehe http://www.kleinezeitung.at/steierma...berwoelz.story (Fotoserie)
vorab: die Bilder kommen morgen...
heute entschied ich mich, die Bärenschützklamm bei Mixnitz zu durchwandern, dafür nahm ich auch die lange Anreise von Wien (7.17 bis 10.20) in Kauf.
Die Wettermodelle zeigten eine föhnige Südwestströmung im Alpenraum, mit schwachem Südwind im Bereich der Fischbacher Alpen. Die Niederschlagssignale sprangen im Tagesverlauf im Bereich des Grazer Berglands an, d.h. es bestand vor allem am Nachmittag ein gewisses Gewitterrisiko. Erfahrungsgemäß entstehen Gewitter bei derartigen Wetterlagen am ehesten entlang des "steirischen Feuerrings" (Koralpe, Gleinalpe, Fischbacher Alpen), d.h. ich musste mit unliebsamen Überraschungen am Nachmittag rechnen. Die Wettermodelle zeigten außerdem ein erhöhtes Unwetterpotential durch Starkregen, mäßig großen Hagels (2-3 cm) und Sturmböen, im Fall eines Gewitters.
Ich war also gewarnt und begutachtete entsprechend argwöhnisch schon auf der Hinfahrt die Wolkenentwicklung. Diese zeigte mir zwischen 8 und 10 Uhr zwischen Semmering und Murtal ausgedehnte mittelhohe Wolkenfelder, sogenannter Ac op str (Altocumulus stratiformis opacus = mittelhohe, kompakte Haufenschichtwolke). Diese deuten auf eine Sperrschicht (Temperaturinversion) in 3-7 km hin, geschätzt waren sie rund 4 km hoch. Das ist erstmal gut, weil die Wolken einerseits die Sonne abschatteten (wenig Einstrahlung, wenig Energieaufbau) und zudem noch einen weiteren Aufstieg der Luftpakete unterbinden, andererseits schlecht, weil Wolken Feuchtezufuhr bedeuten. Das ist für Gewitterwolken vor allem in der Höhe bedeutsam, weil sie dann nicht austrocknen können.
Über den Bergkämmen bildeten sich am späten Vormittag erste Quellungen, die normale Hangthermik (Hangaufwinde, Cumuluswolken).
Ich durchstieg die Klamm von Mixnitz-Bf (447m) - die völlig unschwierig ist, und ausgesetzt ist der Weg nur insofern, dass es unterhalb der Leitern und Stege senkrecht in die Tiefe geht. Ausgesetzt im Sinne von "kein Geländer zum Festhalten und beim Ausrutschen Absturz" ist es nirgendwo. Es kann also nix passieren, und wenn man lange nicht mehr die Schwindelfreiheit erprobt hat, ist es genau das richtige zum Warmwerden. Trittsicherheit ist natürlich trotzdem angebracht, da die "Stufen" nur schmale Latten sind, durch die man unaufmerksam durchrutschen und sich den Fuß verdrehen kann.
Problematisch: obwohl man die ganze Zeit am Wasser entlang geht, hat man nur zu Beginn die Möglichkeit, im Bach oder an einer Tränke aufzufüllen, danach nicht mehr (von den Gasthöfen abgesehen).
Um 12.50 gelangte zum Ghf Guten Hirten, wo ich gegen 13.20 Richtung steir. Jöckl startete. Dort kam ich um 14.00 an, und genoss die herrliche Aussicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das erste giftige Gewitter am Ostrand der Koralpe entwickelt, aber weit weg. Allerdings machte mich das Wolkenbild misstrauisch: die Quellungen hatten insgesamt zugenommen und besonders Richtung Westen türmten sie sich bereits in die Höhe ("TCU" = Towering Cumulus), also ein Hinweis darauf, dass die Atmosphäre schon in der Segelfliegersprache genannte "Überentwicklungen" zuließ.
Gleichzeitig blies in der Höhe ein lebhafter Südwestwind, teils föhnig, auch am Grat des Hochlantsch war der Wind spürbar. Gewitter in Zusammenhang mit lebhaftem Höhenwind haben den Vorteil, schneller abzuziehen, wenn sie einmal da sind, und den Nachteil, sich zu organisieren, also unwetterartig zu werden.
Es war jedenfalls dann halb 3 und es war ziemlich warm, ich hatte zu wenig Wasser mit und noch mindestens eine Stunde bis zum Gipfel des Hochlantsch. Dazu dieses heikle Wolkenbild, weshalb ich letzendlich beschloss, es für heute gut sein zu lassen, und mir den Gipfelsturm für einen kühleren und stabileren Tag aufzuheben.
Wie sich im Nachhinein herausstellen sollte, war es instinktiv die richtige Entscheidung. Ich stieg wieder durch die Klamm ab, was durch die gelegentlichen Nachmittagsaufsteiger erschwert wurde, da die Stege teilweise so eng sind, dass zwei Leute mit Rucksack nicht aneinander vorbeipassen - außerdem schaun manche Leute einfach nicht geradeaus und quetschen sich einfach vorbei, statt ein paar Schritte zurückzugehen, wo es wieder breiter wird. Jedenfalls genoss ich die Klamm ein zweites Mal - sicherlich nicht das letzte Mal. Als sich mir der erste Blick ins Tal bot, sah ich auch schon die ersten hohen, milchigen Wolken gen Nordwesten. Sie waren kompakt und zeigten das typische Erscheinungsbild einer Gewitterwolke (Bilder folgen). Sie nennt sich "Cumulonimbus incus" (lat. incus = Amboss), und tritt bei einer Gewitterwolke im Reifestadium auf.
Als ich beim Bahnhof gegen 17.00 ankam, war es Richtung Norden schon ziemlich dunkel und gelegentlich hörte man ein Donnergrollen. Im Murtal blies immer noch Talaufwind (Südwind), wenn das Gewitter bereits im Sterbestadium gewesen wäre, hätte man eventuell kälteren Talauswind bekommen. So saugte es die feuchtwarme Luft aus dem Grazer Becken an. Das Gewitter befand sich laut Radarbildern zu diesem Zeitpunkt nordwestlich von Bruck an der Mur, südlich des Hochschwabs, und brachte vermutlich Starkregen, Hagel und lokale Sturmböen.
Ringsum Mixnitz herum begann es verbreitet in Gewitterwolken überzugehen, allgemein neigte jede Wolke dazu, sich zu vergrößern. Das ist das Tückische an diesen vermeintlich isolierten Wärmegewittern. Wird die Sperrschicht an einer Stelle durchbrochen, bricht sie auch an anderen auf. Man darf sich die Sperrschicht nicht wie Beton vorstellen, eher wie Gummi. Wenn dieser in Schwingungen versetzt wird, dann wird er eher spröde und bricht auf. Genau das passierte heute abend auch.
Gegen 18.30 überquerten dann ein System aus mehreren Gewittern das von mir bewanderte Gebiet. Wenn ich nachrechne - ich brauchte 3 Std. für den Abstieg vom steir. Jockl - dann hätte ich mit dem Gipfelsturm inkl. sicherlich 4,5 Stunden gebraucht, eher länger, wäre also frühestens um 18.30 im Tal angelangt. Das wäre im Nachhinein knapp geworden - also war es richtig so, auf den Gipfel zu verzichten.
In Kapfenberg brachte der Gewitterkomplex immerhin knapp 16 l/m², in Frohnleiten noch 2 l/m², in Zeltweg und Leoben gab es Sturmböen bis 76 km/h. Das häufige Donnergrollen sagte mir zudem, dass es viele Erdblitze gab, worauf man beim Bergwandern naturgemäß lieber verzichten möchte. Zudem können Erdblitze auch weit vom Niederschlag entfernt niedergehen, bis zu 30 km im Extremfall. Sich am Rande des Gewitters aufzuhalten ist also kein Garant, von Blitzschlägen verschont zu bleiben, zumindest nicht am Gipfel.
Summa summarum:
ich kenne jetzt die Gegebenheiten, muss die Klamm unbedingt wieder durchwandern, und beim nächsten Hochlantsch-Gipfelversuch muss ich deutlich früher weg bzw. muss es kühler sein, und genügend Trinkwasserflaschen sind einzuplanen.
Bilder folgen wie gesagt morgen, die Erinnerung verblasst naturgemäß oft früher...
Gruß,Felix
PS: Wie sich herausstellt, gab es vor allem im oberen Murtal enorme Schäden durch Überflutungen und Vermurungen, siehe http://www.kleinezeitung.at/steierma...berwoelz.story (Fotoserie)
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