Liebe Gipfeltreffen Freunde!
Eine Woche nach der Erkudungstour zwischen Fadensteig und Nandlboden bin ich erneut an der Nordseite des Schneebergs, diesmal für etwas alpiner.
Begleitet werde ich an diesem Tag von zwei sehr guten und erfahrenen Bergkollegen. Schon längere Zeit waren wir nicht mehr gemeinsam am Berg, und eine Generation liegt zwischen uns, und doch einig und lebhaft wie eine Gruppe von Jungs waren wir unterwegs. Das ist auch das besonders schöne am Bergsteigen.
Mir würde die freie Wahl der Tour ermöglicht, und letztendlich (bei der Hinreise!) schlage ich den Langlgrat vor. Dieser ist meinen Kollegen völlig unbekannt. Ich bin den auch noch nie gegangen, aber ich kenne die Beschreibung im 1956 Schneebergkletterführer vom Rudolf Reidinger (der einzige Ort wo man Informationen darüber findet).
Was ist also der Langlgrat (auch Riesgrat genannt)?
Kurz unterhalb 1700m verengt sich plötzlich die Breite Ries, durch zwei aus der Ries emporragenden Felsaufbaus. Rechts (im Aufstiegssinn), der massive Felsaufbau des Vestenkogels. Links, ein gegliederter Felsaufbau, der bis zu den mächtigen Rieswänden hinauf reicht, die senkrechte Abstürze der Hochfläche zwischen Narrendattlrinne und Quellensteig. Dieser Felsaufbau ist fächerförmig und breitet sich aus seinem höchsten Punkt (~1900m, direkt vor den Rieswänden) durch einige in die Breite Ries herabziehende Rinnen und (Grat-)Rücken aus. Der Langlgrat ist jener Grat des Felsaufbaus, der diesen südlich begrenzt (im unteren Teil begrenzt dieser nördlich die Narrendattlrinne).
Obwohl der Langlgrat auch der markanteste Grat des Felsaufbaus ist, und mit drei ausgeprägten Türmen gespickt ist, wenn man in der Breiten Ries steht und schaut, der ist nicht leicht auszumachen, denn der liegt teilweise hinter den anderen Fels-Strukturen des Felsaufbaus bzw. vor den höheren Rieswänden, und ist somit von den erstgenannten ausgeblendet bzw. mit den letztgenannten eingeblendet.
Ein anderes wichtiges Merkmal ist, dass der höchster Punkt des Felsaufbaus durch eine Scharte von den Rieswänden getrennt ist, aus der über eine gemütliche breite Rinne nach NNW in die Breite Ries absteigen kann bzw. über eine durch die Wände genial eingeschnittene Schlucht zur Hochfläche steil ansteigen kann.
Reidinger schildert in seiner Beschreibung des Langlgrats auch den Ausstieg über die Schlucht zur Hochfläche, und klassifiziert die gesamte Route mit II-.
Aber jetzt zur Sache. Wir starten um 11:40 bei der Sessellift Talstation im Losenheim. Es ist noch etwas wolkig, speziell hier unten im Tal, aber der Wetterbericht verspricht freieren Himmel ab dem frühen Nachmittag, und in der Höhe sollte sowieso heute besser sein. Trotz späteren Starts, wir plaudern und gehen gemütlich. Dadurch ist der fade 3Km+400Hm Zustieg zur Breiten Ries kaum wahrzunehmen. Eine Stunde später landen wir in die Breiten Ries.
Die schönen Türme unterhalb des Hahnenriegels.
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Die Wolkendecke ist hinter uns.
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Freierer Himmel nach oben. Ich fotografiere fasziniert den Vestenkogel. Der Langlgrat liegt gerade dort wo die leichte Wolke die Sicht trübt, minimal links der vertikalen Linie oberhalb meinem Kopf. Beim dunkleren (durch Latschen) und etwas freistehenden Klotz darunter befindet sich die Einstiegrinne.
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Dann steigen wir gleich weiter hoch in der Mitte der Breiten Ries. An geeigneter Stelle auf 1420m, kurz bevor die Ries 30º (laut Neigungskarte) aufweist, machen wir eine Pause, ziehen wir uns wärmer (es sind einige Minusgrade, oben sollten so um -7 sein) und Steigeisen an, und nehmen wir die Pickel. Und wieder los. Als wir an Höhe gewinnen, obwohl das Wetter nach oben super aussieht, bildet sich genau über uns und um uns eine Wolke die leider uns bald komplett phagozytieren wird.
Rückblick auf 1620m (etwas linkshaltend in der Ries), mit der gerade bildenden Wolke über uns. Hier ist die Neigung der Ries fast 35º. Die Schneedecke ist sehr hart gefroren, ohne Steigeisen wäre es unmöglich zu gehen. Es sind allerdings immer wieder grosse Streifen mit einer Schicht von pulvrigem/geblasenem Schnee gedeckt, die allerdings bei diesen Lichtverhältnissen schwer zu erkennen sind.
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Und hier ist jetzt der Langlgrat vor uns. Wie gesagt, wegen den oberhalb- und herumliegenden Felsen, der ist schwer auszumachen, umso mehr im Foto. Im Vordergrund links ist allerdings der oben erwähnte Klotz zu erkennen, während knapp rechts der Bildmitte ist die Rinne die Reidinger als Einstieg bezeichnet (diese setzt erst auf 1700m deutlich ein). Man geht diese Rinne bis zu ihrem Ende (man könnte alternativ über die Rippe am linken Rand der Rinne ansteigen), und man erreicht somit den Grat an einem kleinen Schartl hinter des ersten Turms. Die steile Felsen rechts der Rinne gehören zur NO-Wand des zweiten Turms. Dieser ist in der Tat im Foto zu sehen, inklusive seine Spitze im Profil - die Felsen weiter rechts im Profil gehören hingegen zu den Rieswänden. Also, jetzt heißt es schräg ansteigend in die Rinne hinein queren.
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Hier ein Panorama (Verzerrung berücksichtigen!) um das vorherige Foto in "Breiteren" Kontext zu bringen. Wie erwähnt, das Wetter wäre eigentlich toll.
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Innerhalb von zwei Minuten hat uns aber dann die Wolke gefressen. Da hatte ich fast kein Sichtkontakt mehr mit dem Kolleg weiter hinten.
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Rückblick zur Querung zur Einstiegrinne im whiteout Modus.
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In der Rinne. Diese zieht nach S (im Aufstiegssinn). Solche Sichtverhältnisse hätte ich diesmal wirklich nicht erwartet. Aber so ist es auf den Bergen, und ich nehme die damit resultierende extra Herausforderung für die Orientierung an.
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Kollegen kommen nach.
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Lonely Tree im Rückblick (da schaue ich ungefähr in Richtung Vestenkogels)
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Lonely Finger Rock in der NO-Wand des zweiten Turms.
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Die Rinne endet bald. Ziel ist das eingeschnittene Schartl rechts, neben der Wand.
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Die letzten Tritte zum Schartl muss man kraxelnd absolvieren. Entweder direkt beim Schartl, oder hier hinauf und dann nach rechts queren.
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Jenseits des Schartls geht es dann 4m/5m steil und etwas brüchig hinab, die letzte zwei Metern abkletternd (etwa II-, mit Steigeisen etwas unangenehm). Rückblick. Rechts des Schartls ist der erste Turm.
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Fortsetzung folgt...
Eine Woche nach der Erkudungstour zwischen Fadensteig und Nandlboden bin ich erneut an der Nordseite des Schneebergs, diesmal für etwas alpiner.
Begleitet werde ich an diesem Tag von zwei sehr guten und erfahrenen Bergkollegen. Schon längere Zeit waren wir nicht mehr gemeinsam am Berg, und eine Generation liegt zwischen uns, und doch einig und lebhaft wie eine Gruppe von Jungs waren wir unterwegs. Das ist auch das besonders schöne am Bergsteigen.
Mir würde die freie Wahl der Tour ermöglicht, und letztendlich (bei der Hinreise!) schlage ich den Langlgrat vor. Dieser ist meinen Kollegen völlig unbekannt. Ich bin den auch noch nie gegangen, aber ich kenne die Beschreibung im 1956 Schneebergkletterführer vom Rudolf Reidinger (der einzige Ort wo man Informationen darüber findet).
Was ist also der Langlgrat (auch Riesgrat genannt)?
Kurz unterhalb 1700m verengt sich plötzlich die Breite Ries, durch zwei aus der Ries emporragenden Felsaufbaus. Rechts (im Aufstiegssinn), der massive Felsaufbau des Vestenkogels. Links, ein gegliederter Felsaufbau, der bis zu den mächtigen Rieswänden hinauf reicht, die senkrechte Abstürze der Hochfläche zwischen Narrendattlrinne und Quellensteig. Dieser Felsaufbau ist fächerförmig und breitet sich aus seinem höchsten Punkt (~1900m, direkt vor den Rieswänden) durch einige in die Breite Ries herabziehende Rinnen und (Grat-)Rücken aus. Der Langlgrat ist jener Grat des Felsaufbaus, der diesen südlich begrenzt (im unteren Teil begrenzt dieser nördlich die Narrendattlrinne).
Obwohl der Langlgrat auch der markanteste Grat des Felsaufbaus ist, und mit drei ausgeprägten Türmen gespickt ist, wenn man in der Breiten Ries steht und schaut, der ist nicht leicht auszumachen, denn der liegt teilweise hinter den anderen Fels-Strukturen des Felsaufbaus bzw. vor den höheren Rieswänden, und ist somit von den erstgenannten ausgeblendet bzw. mit den letztgenannten eingeblendet.
Ein anderes wichtiges Merkmal ist, dass der höchster Punkt des Felsaufbaus durch eine Scharte von den Rieswänden getrennt ist, aus der über eine gemütliche breite Rinne nach NNW in die Breite Ries absteigen kann bzw. über eine durch die Wände genial eingeschnittene Schlucht zur Hochfläche steil ansteigen kann.
Reidinger schildert in seiner Beschreibung des Langlgrats auch den Ausstieg über die Schlucht zur Hochfläche, und klassifiziert die gesamte Route mit II-.
Aber jetzt zur Sache. Wir starten um 11:40 bei der Sessellift Talstation im Losenheim. Es ist noch etwas wolkig, speziell hier unten im Tal, aber der Wetterbericht verspricht freieren Himmel ab dem frühen Nachmittag, und in der Höhe sollte sowieso heute besser sein. Trotz späteren Starts, wir plaudern und gehen gemütlich. Dadurch ist der fade 3Km+400Hm Zustieg zur Breiten Ries kaum wahrzunehmen. Eine Stunde später landen wir in die Breiten Ries.
Die schönen Türme unterhalb des Hahnenriegels.
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Die Wolkendecke ist hinter uns.
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Freierer Himmel nach oben. Ich fotografiere fasziniert den Vestenkogel. Der Langlgrat liegt gerade dort wo die leichte Wolke die Sicht trübt, minimal links der vertikalen Linie oberhalb meinem Kopf. Beim dunkleren (durch Latschen) und etwas freistehenden Klotz darunter befindet sich die Einstiegrinne.
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Dann steigen wir gleich weiter hoch in der Mitte der Breiten Ries. An geeigneter Stelle auf 1420m, kurz bevor die Ries 30º (laut Neigungskarte) aufweist, machen wir eine Pause, ziehen wir uns wärmer (es sind einige Minusgrade, oben sollten so um -7 sein) und Steigeisen an, und nehmen wir die Pickel. Und wieder los. Als wir an Höhe gewinnen, obwohl das Wetter nach oben super aussieht, bildet sich genau über uns und um uns eine Wolke die leider uns bald komplett phagozytieren wird.
Rückblick auf 1620m (etwas linkshaltend in der Ries), mit der gerade bildenden Wolke über uns. Hier ist die Neigung der Ries fast 35º. Die Schneedecke ist sehr hart gefroren, ohne Steigeisen wäre es unmöglich zu gehen. Es sind allerdings immer wieder grosse Streifen mit einer Schicht von pulvrigem/geblasenem Schnee gedeckt, die allerdings bei diesen Lichtverhältnissen schwer zu erkennen sind.
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Und hier ist jetzt der Langlgrat vor uns. Wie gesagt, wegen den oberhalb- und herumliegenden Felsen, der ist schwer auszumachen, umso mehr im Foto. Im Vordergrund links ist allerdings der oben erwähnte Klotz zu erkennen, während knapp rechts der Bildmitte ist die Rinne die Reidinger als Einstieg bezeichnet (diese setzt erst auf 1700m deutlich ein). Man geht diese Rinne bis zu ihrem Ende (man könnte alternativ über die Rippe am linken Rand der Rinne ansteigen), und man erreicht somit den Grat an einem kleinen Schartl hinter des ersten Turms. Die steile Felsen rechts der Rinne gehören zur NO-Wand des zweiten Turms. Dieser ist in der Tat im Foto zu sehen, inklusive seine Spitze im Profil - die Felsen weiter rechts im Profil gehören hingegen zu den Rieswänden. Also, jetzt heißt es schräg ansteigend in die Rinne hinein queren.
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Hier ein Panorama (Verzerrung berücksichtigen!) um das vorherige Foto in "Breiteren" Kontext zu bringen. Wie erwähnt, das Wetter wäre eigentlich toll.
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Innerhalb von zwei Minuten hat uns aber dann die Wolke gefressen. Da hatte ich fast kein Sichtkontakt mehr mit dem Kolleg weiter hinten.
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Rückblick zur Querung zur Einstiegrinne im whiteout Modus.
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In der Rinne. Diese zieht nach S (im Aufstiegssinn). Solche Sichtverhältnisse hätte ich diesmal wirklich nicht erwartet. Aber so ist es auf den Bergen, und ich nehme die damit resultierende extra Herausforderung für die Orientierung an.
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Kollegen kommen nach.
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Lonely Tree im Rückblick (da schaue ich ungefähr in Richtung Vestenkogels)
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Lonely Finger Rock in der NO-Wand des zweiten Turms.
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Die Rinne endet bald. Ziel ist das eingeschnittene Schartl rechts, neben der Wand.
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Die letzten Tritte zum Schartl muss man kraxelnd absolvieren. Entweder direkt beim Schartl, oder hier hinauf und dann nach rechts queren.
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Jenseits des Schartls geht es dann 4m/5m steil und etwas brüchig hinab, die letzte zwei Metern abkletternd (etwa II-, mit Steigeisen etwas unangenehm). Rückblick. Rechts des Schartls ist der erste Turm.
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Fortsetzung folgt...
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