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Hochgang über die Platte (18.8.2014)

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  • Hochgang über die Platte (18.8.2014)

    Liebe Freunde der selten begangenen Wege!

    Bereits von Hirschwang aus sieht man ihn, den Hochgang, der sich unmittelbar über Kaiserbrunn erhebt. Die rigorose Absperrpolitik aus Quellschutzgründen und jadlichen Interessen haben dazu geführt, dass es sich um einen kaum besuchten Gipfel handelt, obwohl er ganz beachtliche Wandbildungen aufweist. Aber es gibt eine Schwachstelle, eine geneigte Plattenzone, die die gesamte Wandflucht diagonal durchzieht: die "Platte".
    Da die wenigsten von euch Zugriff auf die Originalliteratur haben dürften, zitiere ich vollständig zwei Beschreibungen.

    Benesch, Spezialführer auf den Schneeberg, 2.Auflage, 1908
    Ein zweiter Weg über den Hochgang führt direkt durch die dem Kaiserbrunn zugekehrten Wände. Diese Wände bestehen aus einem steil aufgerichteten Plattenpanzer, der nach oben durch einen vom Gipfel schräg links herabziehenden senkrechten Wandstreifen begrenzt wird. An der Verschneidung beider Schichtflächen, d.h. immer dicht unter den senkrechten Wänden führt der Weg über die an dieser Stelle weniger steilen Platten empor. Demgemäß bewegt sich der Aufstieg in schräger Linie von links nach rechts gegen den Gipfel längs einer jedem geübten Bergsteigerauge als beste Route erkennbaren Linie. Der ziemlich exponierte Aufstieg über die steilen, rasendurchsetzten Platten erfordert unbedingt Trittsicherheit und Schwindelfreiheit und erinnert in seinem Charakter an den Weg durch den Wasserofen. Jedenfalls aber ist er nicht so harmlos wie dieser.
    Das stimmt soweit, wenn man rechts durch links ersetzt und umgekehrt.

    Reidinger, Schneebergführer, 3.Auflage, 1975
    Platte, I+:
    Von Kaiserbrunn den Weg in den Wasserofen verfolgend, bis bei einer Lichtung im Wald (ehemaliger Holzplatz) links eine Schuttrinne zu den Felsen emporzieht. Bereits von der Lichtung ist der gesamte Anstieg zu überblicken. Er zieht am Ende des Schuttfeldes beginnend, von rechts unten nach links oben über eine breite rasige Schrofenrampe, die unten und oben von steil abfallenden Wänden begrenzt wird.
    Vom Ende der Schuttrinne auf die breite schrofige Rampe, die zuerst gerade hinauf zieht, sich aber bald nach links aufwärts wendet. Über die Rampe, meist am oberen Rand (links der steilen Wand) haltend, in leichter Kletterei empor, bis sie knapp unter dem Gipfel am Gratrücken des Fajkmayerweges endet. Nun nach rechts in wenigen Minuten auf den Gipfel.
    Die Beschreibungen (beide kleingedruckt) lassen nicht gerade einfaches Gelände (langer Schuttzustieg, steile exponierte grasige Schrofen) erwarten. Um so größer die Überraschung, wenn dem dann nicht so ist.

    Der Hochgang vom Parkplatz in Kaiserbrunn. Der Anstieg zieht von rechts unten diagonal nach links oben durch die Wände.

    100_3184.JPG

    Nur ein Wahnsinniger würde die lange Schutthalde hinaufgehen. Ich suche nach Steigspuren und finde welche, die rechts von der Schutthalde beginnen, diese überqueren und dann den linken bewaldeten, felsdurchsetzten Rücken emporführen. Jagdsteig oder Wildfährten? Egal, jedenfalls gut zu gehen.

    100_3185.JPG

    Hoch oben komme ich an diesem Leckstein vorbei. Ich hatte also doch einen Jagdsteig gefunden.

    100_3186.JPG

    Weit ist es nicht mehr bis zum Einstieg. Der müsste da drüben hinter den Bäumen sein. Ich steige aber am bewaldeten Rücken weiter emor um dem Schutt so lange wie möglich auszuweichen.

    100_3187.JPG

    Bei riesigen Blöcken vor einem wilden Felswinkel stoße ich an die Wand.

    100_3188.JPG

    Jetzt folgt eine kurze Querung direkt am Wandfuß waagrecht nach rechts.

    100_3189.JPG

    Bald gelange ich in eine kurze, steile Schuttrinne, die in ein kleines Schartel in einer von unter heraufziehenden Rippe führt. Ich benutze für den Aufstieg aber gleich die gutgriffigen und festen Felsen links davon.

    100_3190.JPG

    Ich steige die Rippe wenige Meter hoch, bis sie beim letzten Baum an der Wand endet. Das ist der Blick zurück. Unter dem der Wand vorgelagerten Türmchen begann die Querung am Wandfuß.

    100_3192.JPG

    Ich befinde mich jetzt an genau der Stelle, wo mein geübtes Bergsteigerauge (Benesch) die einfachste Möglichkeit erspäht hat, die Wandstufe zu überwinden, um auf die geneigte Plattenrampe zu gelangen. Der Weg führt erst zum Dornbusch empor, dann rechts davon gerade hinauf in Richtung auf den Baum, der schon im Flacheren steht, kurz davor aber nach rechts hinüber zu der dunklen Stelle im Bild. Der Fels ist durchwegs fest und griffig. Die Grasbüschel dazwischen muss man ja nicht angreifen.

    100_3191.JPG

    Und so sieht das Einstiegswandel im Rückblick aus.
    Der Originalweg dürfte von weiter rechts über eine schotterige Rinne herauf kommen. Meine Variante war sicher schöner.

    100_3193.JPG

    --- Fortsetzung folgt ---
    Zuletzt geändert von Rudolf_48; 19.08.2014, 10:55.
    LG Rudolf
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    Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist viel Zeit,
    die wir nicht nutzen. (Seneca)

  • #2
    AW: Hochgang über die Platte (18.8.2014)

    Das ist der untere Teil der Plattenrampe. Sie ist in Wahrheit etwas steiler als auf dem Bild. Ich weiche so gut es geht dem darauf liegenden Schotter aus und steige ziemlich gerade hinauf in Richtung auf die begrenzende Steilwand.

    100_3194.JPG

    Hier ein Bild von weiter oben. Die Steilheit täuscht auch hier. Über den Schuttstreifen links vom Block kann man keineswegs bequem hochsteigen. Ich halte mich auch an dieser Stelle möglichst hoch an der begrenzenden Steilwand. Dort gibt es kaum Schutt sondern nur festen Fels.

    100_3195.JPG

    Im Rückblick kommt die Steilheit des Geländes immer besser raus. Durch den Kaminspalt im Hintergrund führt der Hochgang-Höhlenweg, eine ernste Kletterroute im 4. Grad.

    100_3196.JPG

    Hmmmm, Wasserrillenplatten. Rauhes Gestein, die Reibung passt (auch mit Bergschuhen), ein Genuss.

    100_3197.JPG

    Eine Plattenrampe, wieder einmal steiler als es am Bild aussieht, mit guten festen Griffen in der rechten Wand sorgt für Kletterspaß. Natürlich könnte man diese Stellen alle links im rasigen, schottrigen Gelände umgehen. Aber wer tut so etwas freiwillig?

    100_3198.JPG

    Und noch eine wunderschöne Reibungsplatte.

    100_3199.JPG

    Ein kleines Stück Gehgelände, aber gleich um die Ecke geht es felsig weiter.

    100_3200.JPG

    Blick aus einer höhlenförmigen Nische unter überhängender Wand nach Reichenau und zum Mittagstein.

    100_3201.JPG

    Ein letztes Schmankerl im herrlich rauen, festen und griffigem Fels, bevor die Rampe zu Ende ist. (Kann aber leichter links umgangen werden.)

    100_3202.JPG

    Um die Ecke, ein Stück hinauf, und dann riecht es plötzlich nach Gipfel.

    100_3203.JPG

    --- Fortsetzung folgt ---
    LG Rudolf
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    • #3
      AW: Hochgang über die Platte (18.8.2014)

      Der höchste Punkt liegt noch weiter hinten und ist total verwachsen. Von diesem zerfallenden Vermessungszeichen hat man aber eine prächtige Aussicht.

      100_3204.JPG

      Beim Abstieg zum Stadelwandsattel schaut zwischen den Bäumen die Stadelwand durch.

      100_3205.JPG

      Wieder einmal suche ich vergebens den Prettschachersteig und steige dann einfach weglos durch den Wald ab. Und plötzlich stehe ich am Steig. Keine Ahnung, von wo er heruntergekommen ist. Dann geht es flott hinüber zur höchsten Erhebung der Brandmäuer. Von hier kann ich nochmals den Aufstieg überblicken.

      100_3206.JPG

      Gleich rechts daneben sehe ich auch das charakteristische Ausstiegsband des Weges durch den Wasserofen...

      100_3209.JPG

      ...und tief unten liegt Kaiserbrunn.

      100_3207.JPG

      Für alle potentiellen Nachahmungstäter habe ich versucht, auf diesem Bild meinen Zustieg (grün) und den Steigverlauf (rot) einzuzeichnen.

      100_3208.JPG

      Ich fasse also nochmals zusammen:
      • So gut wie schotterfreier Zustieg auf undeutlichem aber trotzdem nicht zu verfehlendem Jagdsteig.
      • Eisenfester Fels, kein Bruch.
      • Kaum Schutt auf der Plattenrampe, wenn man sich immer knapp unter der Steilwand hält.
      • Steil, aber nicht wirklich ausgesetzt.
      • 1+ dürfte passen, wobei man um das "Plus" natürlich streiten kann.
      LG Rudolf
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      • #4
        AW: Hochgang über die Platte (18.8.2014)

        Ein Anstieg, den ich auch schon seit geraumer Zeit vorhabe ...
        Ganz brauchbare Fotos von der Platte gibt's hier und auch im Posting davor.

        lg
        Norbert
        Meine Touren in Europa
        ... in Italien
        Meine Touren in Südamerika
        Blumen und anderes

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        • #5
          AW: Hochgang über die Platte (18.8.2014)

          Danke für den instruktiven Bericht!

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          • #6
            AW: Hochgang über die Platte (18.8.2014)

            Ich sag auch danke für den schönen Bericht, vor allem weil es nicht so ein zwielichtiger Grabenruachler ist wie so manch anderer Anstieg aus dem Höllenthal.
            Ich schieb den Hochgang schon eine Zeit lang vor mir her, obwohl ich weiß, dass es da eine ganze Reihe interessanter Anstiege gibt. Die Tour wäre perfekt für die kurzen Spätherbsttage, aber bisher ist mir immer was anderes dazwischengekommen bzw. die ersten Schitouren locken dann schon.
            Aber jetzt dann einmal bald.

            lg Martin.

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            • #7
              AW: Hochgang über die Platte (18.8.2014)

              Sehr interessant!
              In der Ecke war ich überhaupt noch nicht. Danke für den detaillierten Bericht.

              LG, Toni

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              • #8
                AW: Hochgang über die Platte (18.8.2014)

                Ja, die ist nett. Ich hatte es allerdings vor 25 Jahren doch relativ schuttig. Die schönen Rillenplatten haben mich damals aber auch begeistert. Ginge ich auch gerne nochmals falls das jemand will...

                Lg, michl fasan
                Zu seiner Milbe sagt der Milber:
                "Geh bitte, schenk mir einen Zahn aus Silber.
                Damit ich, wenn im Haargewurl
                ich beißen möchte, hab kan Gsturl!"

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