Hallo,
eigentlich wollte ich diesen Bericht zur Anregung bzw. Abschreckung (je nachdem) etwaiger 8000er-Aspiranten sowie zum Amusement derjenigen, die sowas auch schon gemacht haben, ja schon viel früher posten, meine Faulheit hat dies aber bisher erfolgreich verhindert. Also, es geht um meinen Gipfeltag am Cho Oyu (26.09.05). Natürlich habe ich das nicht live so mitgeschrieben, aber mehr als 48 Stunden Zeitverzögerung waren es auch nicht. Selbstverständlich trieft der Bericht vor Egozentrik und Überheblichkeit - ist eben fast original (zu 99%, das eine % dient der besseren Lesbarkeit für Leute, die das Gelände nicht kennen) aus meinem Tagebuch. Ihr seid die ersten, die das lesen dürfen bzw. müssen. Sämtliche Schwachstellen des Berichts sind natürlich ausschließlich auf die mangelnde Zurechnungsfähigkeit aufgrund des geringen Sauerstoffpartialdrucks zurückzuführen. Nun denn...
26.09.05 Cho Oyu - Lager 3
"Eine Zeltnacht auf 7350m mit HR (61) als Nachbarn, da weiß man, was man hat: entweder dialektgeschwängerte Debatten über seine Auslegung des Begriffs „Zelthälfte“, unangeforderte Berichte aus der Zeit, in der er die Alpen erschaffen hat, oder übles Geschnarche – eigentlich kann man die Ohrenstöpsel in seiner Gegenwart nonstop drinlassen. Egal, um halb 1 mal in die Gänge kommen auf meinem Drittel Fläche. Schnee schmelzen, Sachen packen, Schuhe anziehen – alles langsam aber machbar. Scheint nicht so superkalt draußen zu sein. HR kriegt die Schuhe von seinem Kindermädchen, d.h. seinem speziell angemieteten Leibsherpa, angezogen. Natürlich macht der auch sein Frühstück und trägt ihm nachher auch das Fläschchen... Gegen halb drei gehen die beiden los. Naja, einen gewissen Altersbonus sollte ich ihm schon einräumen, aber ich gebe zu, dass meine Tränen wohl recht schnell trocknen würden, wenn er es nicht bis oben schaffen sollte – umgekehrt sicher genauso...
So, ich schaffe es tatsächlich um 3 marschbereit zu sein. Außer HR wollen wir es alle ohne Flaschensauerstoff versuchen. GH und HH gehen gerade los, ich hinterher. Windstill, sternenklar, wahrscheinlich –20°C. Auf das dunkle gelbe Band zu. Sieht bedrohlich aus, aber das würde ich wenigstens gerne schaffen. Ein Unbeleuchteter zieht vorbei (CS) und einer ist noch vor GH und HH (DG). GP zieht auch vorbei, sagt aber er wäre nicht so gut drauf. Sie alle arbeiten sich das Band rauf. Dann bin ich dran. Trotz Jümar komme ich ganz schön ins Schnaufen. Wie bei der Eiswand auf 6800m erst links aufwärts queren, dann direkt hoch. Steigeisen auf Fels, aber um 4h58 bin ich tatsächlich oben – wow! Das müssten dann in jedem Fall 7500 sein! Weiter mit Fixseil nach oben, etwa 40° steil. Langsam wird’s hell. Es läuft eigentlich ganz gut. Keine Höhenprobleme, außer natürlich der Kurzatmigkeit. Die anderen verschwinden zwischen den Felsen. Sorgfältig die Fixseile wechseln. Ob ich ’ne Chance bis ganz oben habe? Bin jetzt ganz zuversichtlich. Jetzt erst mal Pause am Seilende. Weiter geht’s mit einem Schneehang. Betrieb im oberen Teil. Links der bekannte Gipfelaufbau. Müsste doch zu schaffen sein. Um 8h45 oben. Nach links zu nächsten Hang. Ein Sherpa sagt, noch 3-4 Stunden! Oh Mist, dachte weniger. Egal, rauf. HR kommt runter (mit blödem Spruch), dann MS, dann CS und DG. 11 Uhr, ich soll runter! Wir sind auf etwa 7900-8000m. Och nö! Kann mich zum Glück durchsetzen. Wetter ist toll, ich fühle mich gut, also weiter! Endlich auf dem Gipfelplateau. 8000m, Wahnsinn! HJH und GP im Abstieg. Große Linkskurve. Dann ein endloser Weg, fast flach. Aber das wird heute geklärt. Ein Scheingipfel bleibt links zurück...
Wann ist endlich Ende? Letzter Gegenverkehr, Engländer. 12h47 – da hinten stehen die Gebetsfahnen! Das krieg ich noch hin jetzt! Kann aber keine fünf Schritte am Stück machen. Allein auf dem Cho Oyu! Leider kommen Wolken von Nepal. Die letzten Meter. Schleich, schleich! Dann um 13h10 am Fahnengipfel! Wenig andere Gipfel zu sehen. Fast wie auf dem Huascaran. 8200m – unglaublich! Oh, Mist! Da hinten ist noch eine höhere Schneedüne! Nur ein paar Meter höher aber eben eindeutig höher als mein „Fahnengipfel“! Mist, Mist, Mist! Da führt auch gar keine Spur hin. Weil es seit Tagen nicht geschneit hat, war demnach auch seit Tagen keiner dort oben, also auch keiner von unserer Gruppe. Muss ich da wirklich noch rübergehen? Es bleibt wohl keine Wahl, ich kenne mich ja. Diese paar Meter würden mich Jahrelang verfolgen und immer wenn mich jemand fragt, ob ich auf dem Cho Oyu gestanden habe, würde ich antworten: „Nein, nicht ganz!“ Verdammter Purismus! Auf jeden Fall muss ich danach zügig bergab. Tja, die monatelangen Vorbereitungen, das viele Geld – alles hierfür. Mal sehen, was die anderen unten sagen. Leichter Husten. Das wird wohl mein höchster Tag bleiben. Also, ich gehe noch die blöde Schneedüne an! Natürlich tiefer Schnee, fast knietief. Aber das muss heute geklärt werden. Wolken bleiben. Weit und breit kein Mensch. Es zieht sich noch superfies, obwohl es wohl nur 50m sind. Ganz langsam kommt die Kuppe näher. Dass ich hier als untrainierter Flachländer mutterseelenallein auf einem Achttausender herumstapfe, wird mir gar nicht so bewusst. Verbissen weiter. Gleich oben! Um 13h59 am höchsten Punkt – 14h00 abwärts. Keine Zeit für Triumphe. Schnauf! So, hinter den Cho Oyu kann ein Häkchen gemacht werden – eine gewisse Genugtuung ist da, der Sturschädel hat seinen Willen bekommen!
Auf dem Boden liegen Gebetsfahnen, es ist also keine temporäre Schneewehe. Um 14h20 wieder am Fahnengipfel und der Autobahn. So, jetzt aber zügig abwärts. Das Wetter hält offenbar. Obwohl ich mich ja durchaus noch in einer riskanten Situation befinde (alleine auf 8100m, die nächsten Menschen rund 800m tiefer) bin ich doch überzeugt, dass ja jetzt eigentlich nichts mehr schief gehen kann, wenn ich keinen Mist baue. Am liebsten würde ich mit Zeit lassen und das Ambiente genießen, aber ich habe Angst vor dem Gruppen-Donnerwetter, das weiter unten auf mich wartet, wenn ich mich nicht beeile. Außerdem mache ich mir Sorgen, wie ich am Gelben Band zurechtkomme. Vorher ist noch keine Entwarnung. Zack, zack über das Plateau aber ohne Verschnaufpausen geht’s nicht. Außerdem will ich wenigstens ein paar Fotos machen. Im Kopf keine großen Gefühle aber bei klarem Verstand. Auch keine Kopfschmerzen, keine Übelkeit, kein Schwindel oder was man sonst so liest. Auch nicht völlig am Ende. Kann gar nicht glauben, dass ich hier mitten durch die vielbeschworene Todeszone latsche. Vielleicht war mein grottenlangsames Aufstiegstempo gerade richtig. So, das Plateau ist zuende, links runter. Vorsichtig über die Stufen. Endlos abwärts. Um 15h23 der obere Hang geschafft. Die Zehen brennen ziemlich – liegt wohl auch an den Plastiktüten im Schuh (meine Vapour-Barrier-Liner sozusagen). Kann leider nicht runterrennen bzw. will nicht das Knie riskieren (seit 2002 angerissenes Kreuzband). Kaum ein Blick zurück, auch keine große Euphorie. Eher Verwunderung darüber, dass ich tatsächlich oben war. Wetter immer noch toll. Um 16h15 ist der untere Hang erreicht – immer mit Blick auf Lager 2. Ob sie mich mit dem Fernglas beobachten? Immer noch „above the clouds“ und viel höher als P. 7570m. Winzige Punkte auf dem Weg zu Lager 2... Am ersten Fixseil wieder mal das Achterproblem (zuviel Zug auf dem Seil), kann das erste Stück aber frei absteigen, dann den Achter rein und abwärts. Pumpe geht heftig aber es klappt ganz gut. Konzentration bei den Wechseln. Bin allein unterwegs aber so gefällt’s mir. Jetzt langsam runter zum Gelben Band. Wie wird das gehen? Erst danach ist Entwarnung. Da unten ist es und dann Lager 3. Achtung jetzt! Gerade runter und dann links – alles paletti! 17h05 unterhalb des Gelben Bandes. Ging überraschend easy. Weiter Richtung Camp. Noch ein paar Fotos. Hier bin ich heute morgen raufgeeiert, jetzt kann ich bequem runterstiefeln. Geschafft!
Kurz vor 6 am Lager 3 – wo ist der rote Teppich? Lina (die schnittige Spanierin) bereitet sich auf den morgigen Gipfelgang vor. Sie hat Angst vor Erfrierungen und will nicht so früh wie wir los. Ein anderer Spanier ist auch zu sehen. Der Nangpai Gosum (7352m) ist wieder ebenbürtig. So, jetzt noch mal zusammennehmen für den Weg zu Lager 2. Ein Sherpa quatscht mich an. Ich soll hier bleiben, es wäre zu spät für den Abstieg, Befehl von unten. Eigentlich sehe ich das ganz anders: Es ist noch hell, mir geht’s prima, der Weg runter ist supereasy und außerdem habe ich ja noch eine Stirnlampe. Tja, andererseits ist eine Nacht hier eine Nacht ohne HR – eine Win-Win-Situation für beide. Nun gut, dann bleibe ich eben! Halte noch einen keinen Schnack mit den Spaniern und einem anderen Deutschen. Wunderschönes Bergpanorama im Abendlicht! Der Blick zurück nach oben macht natürlich besonders viel Spaß... Was es morgen wohl für einen Empfang im BC gibt? Sicher ein ausgewachsenber Anschiss. Egal, ich habe meinen 8000er – und zwar lupenrein. Den Hinweis, dass die anderen ja eigentlich gar nicht „wirklich“ oben waren, verkneife ich mir morgen wohl besser. Kurz nach 7 Nachtruhe – was für ein Tag! Wie gut, dass ich nicht um 11 umgekehrt bin..."
Tja, so war das damals...
LG
Klaas
eigentlich wollte ich diesen Bericht zur Anregung bzw. Abschreckung (je nachdem) etwaiger 8000er-Aspiranten sowie zum Amusement derjenigen, die sowas auch schon gemacht haben, ja schon viel früher posten, meine Faulheit hat dies aber bisher erfolgreich verhindert. Also, es geht um meinen Gipfeltag am Cho Oyu (26.09.05). Natürlich habe ich das nicht live so mitgeschrieben, aber mehr als 48 Stunden Zeitverzögerung waren es auch nicht. Selbstverständlich trieft der Bericht vor Egozentrik und Überheblichkeit - ist eben fast original (zu 99%, das eine % dient der besseren Lesbarkeit für Leute, die das Gelände nicht kennen) aus meinem Tagebuch. Ihr seid die ersten, die das lesen dürfen bzw. müssen. Sämtliche Schwachstellen des Berichts sind natürlich ausschließlich auf die mangelnde Zurechnungsfähigkeit aufgrund des geringen Sauerstoffpartialdrucks zurückzuführen. Nun denn...
26.09.05 Cho Oyu - Lager 3
"Eine Zeltnacht auf 7350m mit HR (61) als Nachbarn, da weiß man, was man hat: entweder dialektgeschwängerte Debatten über seine Auslegung des Begriffs „Zelthälfte“, unangeforderte Berichte aus der Zeit, in der er die Alpen erschaffen hat, oder übles Geschnarche – eigentlich kann man die Ohrenstöpsel in seiner Gegenwart nonstop drinlassen. Egal, um halb 1 mal in die Gänge kommen auf meinem Drittel Fläche. Schnee schmelzen, Sachen packen, Schuhe anziehen – alles langsam aber machbar. Scheint nicht so superkalt draußen zu sein. HR kriegt die Schuhe von seinem Kindermädchen, d.h. seinem speziell angemieteten Leibsherpa, angezogen. Natürlich macht der auch sein Frühstück und trägt ihm nachher auch das Fläschchen... Gegen halb drei gehen die beiden los. Naja, einen gewissen Altersbonus sollte ich ihm schon einräumen, aber ich gebe zu, dass meine Tränen wohl recht schnell trocknen würden, wenn er es nicht bis oben schaffen sollte – umgekehrt sicher genauso...
So, ich schaffe es tatsächlich um 3 marschbereit zu sein. Außer HR wollen wir es alle ohne Flaschensauerstoff versuchen. GH und HH gehen gerade los, ich hinterher. Windstill, sternenklar, wahrscheinlich –20°C. Auf das dunkle gelbe Band zu. Sieht bedrohlich aus, aber das würde ich wenigstens gerne schaffen. Ein Unbeleuchteter zieht vorbei (CS) und einer ist noch vor GH und HH (DG). GP zieht auch vorbei, sagt aber er wäre nicht so gut drauf. Sie alle arbeiten sich das Band rauf. Dann bin ich dran. Trotz Jümar komme ich ganz schön ins Schnaufen. Wie bei der Eiswand auf 6800m erst links aufwärts queren, dann direkt hoch. Steigeisen auf Fels, aber um 4h58 bin ich tatsächlich oben – wow! Das müssten dann in jedem Fall 7500 sein! Weiter mit Fixseil nach oben, etwa 40° steil. Langsam wird’s hell. Es läuft eigentlich ganz gut. Keine Höhenprobleme, außer natürlich der Kurzatmigkeit. Die anderen verschwinden zwischen den Felsen. Sorgfältig die Fixseile wechseln. Ob ich ’ne Chance bis ganz oben habe? Bin jetzt ganz zuversichtlich. Jetzt erst mal Pause am Seilende. Weiter geht’s mit einem Schneehang. Betrieb im oberen Teil. Links der bekannte Gipfelaufbau. Müsste doch zu schaffen sein. Um 8h45 oben. Nach links zu nächsten Hang. Ein Sherpa sagt, noch 3-4 Stunden! Oh Mist, dachte weniger. Egal, rauf. HR kommt runter (mit blödem Spruch), dann MS, dann CS und DG. 11 Uhr, ich soll runter! Wir sind auf etwa 7900-8000m. Och nö! Kann mich zum Glück durchsetzen. Wetter ist toll, ich fühle mich gut, also weiter! Endlich auf dem Gipfelplateau. 8000m, Wahnsinn! HJH und GP im Abstieg. Große Linkskurve. Dann ein endloser Weg, fast flach. Aber das wird heute geklärt. Ein Scheingipfel bleibt links zurück...
Wann ist endlich Ende? Letzter Gegenverkehr, Engländer. 12h47 – da hinten stehen die Gebetsfahnen! Das krieg ich noch hin jetzt! Kann aber keine fünf Schritte am Stück machen. Allein auf dem Cho Oyu! Leider kommen Wolken von Nepal. Die letzten Meter. Schleich, schleich! Dann um 13h10 am Fahnengipfel! Wenig andere Gipfel zu sehen. Fast wie auf dem Huascaran. 8200m – unglaublich! Oh, Mist! Da hinten ist noch eine höhere Schneedüne! Nur ein paar Meter höher aber eben eindeutig höher als mein „Fahnengipfel“! Mist, Mist, Mist! Da führt auch gar keine Spur hin. Weil es seit Tagen nicht geschneit hat, war demnach auch seit Tagen keiner dort oben, also auch keiner von unserer Gruppe. Muss ich da wirklich noch rübergehen? Es bleibt wohl keine Wahl, ich kenne mich ja. Diese paar Meter würden mich Jahrelang verfolgen und immer wenn mich jemand fragt, ob ich auf dem Cho Oyu gestanden habe, würde ich antworten: „Nein, nicht ganz!“ Verdammter Purismus! Auf jeden Fall muss ich danach zügig bergab. Tja, die monatelangen Vorbereitungen, das viele Geld – alles hierfür. Mal sehen, was die anderen unten sagen. Leichter Husten. Das wird wohl mein höchster Tag bleiben. Also, ich gehe noch die blöde Schneedüne an! Natürlich tiefer Schnee, fast knietief. Aber das muss heute geklärt werden. Wolken bleiben. Weit und breit kein Mensch. Es zieht sich noch superfies, obwohl es wohl nur 50m sind. Ganz langsam kommt die Kuppe näher. Dass ich hier als untrainierter Flachländer mutterseelenallein auf einem Achttausender herumstapfe, wird mir gar nicht so bewusst. Verbissen weiter. Gleich oben! Um 13h59 am höchsten Punkt – 14h00 abwärts. Keine Zeit für Triumphe. Schnauf! So, hinter den Cho Oyu kann ein Häkchen gemacht werden – eine gewisse Genugtuung ist da, der Sturschädel hat seinen Willen bekommen!
Auf dem Boden liegen Gebetsfahnen, es ist also keine temporäre Schneewehe. Um 14h20 wieder am Fahnengipfel und der Autobahn. So, jetzt aber zügig abwärts. Das Wetter hält offenbar. Obwohl ich mich ja durchaus noch in einer riskanten Situation befinde (alleine auf 8100m, die nächsten Menschen rund 800m tiefer) bin ich doch überzeugt, dass ja jetzt eigentlich nichts mehr schief gehen kann, wenn ich keinen Mist baue. Am liebsten würde ich mit Zeit lassen und das Ambiente genießen, aber ich habe Angst vor dem Gruppen-Donnerwetter, das weiter unten auf mich wartet, wenn ich mich nicht beeile. Außerdem mache ich mir Sorgen, wie ich am Gelben Band zurechtkomme. Vorher ist noch keine Entwarnung. Zack, zack über das Plateau aber ohne Verschnaufpausen geht’s nicht. Außerdem will ich wenigstens ein paar Fotos machen. Im Kopf keine großen Gefühle aber bei klarem Verstand. Auch keine Kopfschmerzen, keine Übelkeit, kein Schwindel oder was man sonst so liest. Auch nicht völlig am Ende. Kann gar nicht glauben, dass ich hier mitten durch die vielbeschworene Todeszone latsche. Vielleicht war mein grottenlangsames Aufstiegstempo gerade richtig. So, das Plateau ist zuende, links runter. Vorsichtig über die Stufen. Endlos abwärts. Um 15h23 der obere Hang geschafft. Die Zehen brennen ziemlich – liegt wohl auch an den Plastiktüten im Schuh (meine Vapour-Barrier-Liner sozusagen). Kann leider nicht runterrennen bzw. will nicht das Knie riskieren (seit 2002 angerissenes Kreuzband). Kaum ein Blick zurück, auch keine große Euphorie. Eher Verwunderung darüber, dass ich tatsächlich oben war. Wetter immer noch toll. Um 16h15 ist der untere Hang erreicht – immer mit Blick auf Lager 2. Ob sie mich mit dem Fernglas beobachten? Immer noch „above the clouds“ und viel höher als P. 7570m. Winzige Punkte auf dem Weg zu Lager 2... Am ersten Fixseil wieder mal das Achterproblem (zuviel Zug auf dem Seil), kann das erste Stück aber frei absteigen, dann den Achter rein und abwärts. Pumpe geht heftig aber es klappt ganz gut. Konzentration bei den Wechseln. Bin allein unterwegs aber so gefällt’s mir. Jetzt langsam runter zum Gelben Band. Wie wird das gehen? Erst danach ist Entwarnung. Da unten ist es und dann Lager 3. Achtung jetzt! Gerade runter und dann links – alles paletti! 17h05 unterhalb des Gelben Bandes. Ging überraschend easy. Weiter Richtung Camp. Noch ein paar Fotos. Hier bin ich heute morgen raufgeeiert, jetzt kann ich bequem runterstiefeln. Geschafft!
Kurz vor 6 am Lager 3 – wo ist der rote Teppich? Lina (die schnittige Spanierin) bereitet sich auf den morgigen Gipfelgang vor. Sie hat Angst vor Erfrierungen und will nicht so früh wie wir los. Ein anderer Spanier ist auch zu sehen. Der Nangpai Gosum (7352m) ist wieder ebenbürtig. So, jetzt noch mal zusammennehmen für den Weg zu Lager 2. Ein Sherpa quatscht mich an. Ich soll hier bleiben, es wäre zu spät für den Abstieg, Befehl von unten. Eigentlich sehe ich das ganz anders: Es ist noch hell, mir geht’s prima, der Weg runter ist supereasy und außerdem habe ich ja noch eine Stirnlampe. Tja, andererseits ist eine Nacht hier eine Nacht ohne HR – eine Win-Win-Situation für beide. Nun gut, dann bleibe ich eben! Halte noch einen keinen Schnack mit den Spaniern und einem anderen Deutschen. Wunderschönes Bergpanorama im Abendlicht! Der Blick zurück nach oben macht natürlich besonders viel Spaß... Was es morgen wohl für einen Empfang im BC gibt? Sicher ein ausgewachsenber Anschiss. Egal, ich habe meinen 8000er – und zwar lupenrein. Den Hinweis, dass die anderen ja eigentlich gar nicht „wirklich“ oben waren, verkneife ich mir morgen wohl besser. Kurz nach 7 Nachtruhe – was für ein Tag! Wie gut, dass ich nicht um 11 umgekehrt bin..."
Tja, so war das damals...
LG
Klaas
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