Hallo,
bei mir geht´s auch mal wieder ein Stück den Berg rauf - und wieder runter...
Mittwoch, 23.7.
Ein Schönwetterfenster für heute und morgen ist angekündigt. Also das Zelt zusammenpacken und los zum Lager 3. Und morgen dann zum Gipfel. Klingt doch gut!
800_MG_2044-002.jpg
Zum dritten Mal den Steilhang rauf, natürlich wieder an der Eisformation vorbei. Im Hintergrund der "Killerhang" rauf zum Razdelnaja.
800_MG_2015-002.jpg
Im "Flachstück" oberhalb des Steihangs. Im Schneckentempo Richtung Fähnchen.
800_MG_2049-002.jpg
Es sind doch nur ein paar Schritte. Warum dauert das dann so lange? Mein ganzes Denken und Handeln konzentriert sich auf dieses blöde Fähnchen. Also, wenn das nicht krank ist...
800_MG_2050-002.jpg
Zum Glück bin ich mit meiner Krankheit nicht allein. Der Pik Lenin als internationales Therapiecamp. Keine Ahnung, was wir da alle kompensieren...
800_MG_2055-002.jpg
Oberhalb des Depots auf 5800m wird´s richtig ernst. Zweiter Versuch am Killerhang. Beneide die beiden Typen oberhalb glühend um die paar Höhenmeter, die sie mir voraus haben. Wie kindisch!
800_MG_2066-002.jpg
Blick nach unten zum Camp 2. Wie werde ich da wieder ankommen? Als Sieger, als Verlierer - oder überhaupt nicht? Die seit knapp zwei Wochen vermisste Tschechin hat sich bestimmt nicht absichtlich auf dem Gipfelplateau verlaufen.
800_MG_2075-002.jpg
Tja, da oben will ich hin. Sieht eigentlich ganz harmlos aus - aber weit...
800_MG_2083-002.jpg
Blick zur anderen Seite. Auch wenn es nur gut 30° steil ist: es kommt mir vor, als ob ich mich eine Wand raufschleppe. Muss immer öfter Pausen machen. Und die Markierungsfähnchen sind gleichzeitig meine besten Freunde und meine schlimmsten Feinde...
800_MG_2087-002.jpg
Kämpfe mich schon über zwei Stunden den Hang hoch. Immerhin zeigt das GPS schon über 6000m an, weit kann es also nicht mehr sein - darf es auch nicht. Schmeiße den großen Rucksack hin und schau mal, wie weit es noch ist. Aha, es wird wieder etwas flacher. Und ein Stück weiter ist das Plateau vom Razdelnaja erreicht - Jippie! Schnell den Rucksack nachholen...
800_MG_2092-002.jpg
... und rüber zum Camp 3. Um kurz nach 6 komme ich beim Lager 3 an. Ein paar Zelte sind schon da. Offenbar ist aber nur ein anderes Zelt bewohnt. Schaufel, schaufel! Um 7 steht die Hütte einigermaßen. Und rein! Das GPS meint 6120m. Sachen auseinanderbreiten, wie üblich. Messung 76/76. Schon ganz schön kalt hier. Rein in den Rab-Schlafsack. Wenn das morgen mit dem Gipfel klappt, will ich mal nicht meckern – aber allzu lange will ich hier oben nicht bleiben. Recht wenig Wind, schön! Lasse das Zelt wie es ist. (PS: Grober Fehler!) Süppchen-Time! Tomate mit Reis. Nicht sehr sättigend. 20h30. Wecker auf 3 Uhr stellen. Gegen 5 los, wenn´s nicht zu kalt ist. Hoffentlich werden die Füße noch warm. Langsam wird´s windiger. Das Zelt ist ja kaum befestigt - hoffentlich wird´s nicht schlimmer...
Es wird schlimmer! Habe Schiss, dass ich gleich mit dem Zelt den Steilhang runtergeweht werde... Mist, der Sturm wird immer stärker! Kriege langsam PANIK! Was jetzt? Es hilft nix, ich muss noch mal raus und die Schneehäringe befestigen. Draußen empfängt mich lauschiges Ambiente. Verdammte Leinen! In den Schnee mit Häringen, schnell, schnell! Drücke sie rein, so tief es geht. KEUCH! Und hastig wieder rein. Etwas besser müsste es jetzt halten – aber hält es genug? Halb sitze ich im Zelt und halb draußen. Geld und Papiere habe ich eingesteckt, denn wenn sich das Zelt doch löst, muss es ganz schnell gehen. Immer wieder Überfallböen. In was für ein Schlamassel bin ich da wieder reingeraten! Ganz in den Schlafsack trau ich mich nicht und an den Gipfel denke ich überhaupt nicht mehr. Es geht nur noch darum diese Nacht zu überstehen – und das ist noch gar nicht sicher...
Donnerstag, 24.7.
Zwischendurch wird´s mal ruhiger, aber spätestens nach zwei Minuten geht´s wieder mit voller Kraft weiter. Fühle mich ziemlich hilflos. Verdammte Sch...! So wie ich hier liege, wird´s natürlich auch nicht warm im Zelt. Zittere mich durch die Stunden und kann mir schon denken, was meine Nicht-Bergsteiger-Freunde jetzt sagen würden... Ich stemme mich gegen die Zeltwand. Bitte aufhören! Tut´s aber höchstens für ein paar Augenblicke. Langsam wird´s hell aber die Sache ist noch längst nicht überstanden. Das Adrenalin fließt immer noch reichlich. Wenn das jetzt tagelang so bleibt... Will nur noch heile runter. Die Sonne kommt, aber es stürmt weiter. Immerhin scheint das Zelt zu halten. Der Sturm lässt jetzt höchstens mal für 10 Sekunden nach. Dann knallt´s wieder los. Was soll ich heute machen – gehen oder bleiben? Mal wieder ne Sch...-Situation. Also, der Berg gibt´s mir aber richtig! Leichtes Kopfweh. Messung 72/70 – auch nicht dolle. Mutig raus und nochmal abspannen. Verrückt: der Himmel ist fast wolkenlos und die Berge sind klar zu sehen. Schnell wieder reinhechten. Tja, womöglich versuche ich doch, den Tag hier auszusitzen. Wenn ich jetzt absteigen würde, wäre der Gipfel wohl gegessen. Ein oder zwei Tage hier gehen ja vielleicht so gerade eben. Sollte mal versuchen, den Kocher anzuwerfen. Mal wieder ein verdünntes Süppchen. Der Sturm scheint sich etwas zu legen. Irgendwann hört er sogar ganz auf, vorerst. Friedliche Stimmung mit tollem Panorama! Kaum zu glauben nach der Horror-Nacht...
Auch am Gipfel sind nur noch kleine Schneefahnen zu erkennen.
800_MG_2097-002.jpg
Das Zelt hat die erste richtige Bewährungsprobe jedenfalls gut überstanden.
800_MG_2108-002.jpg
Blick hinunter auf den Lenin-Gletscher und die Anmarschroute.
800_MG_2115-002.jpg
Hochlager-Stillleben (Teil 3).
800_MG_2121-002.jpg
Im Laufe des Tages kommen 10 Kasachen ins Lager. Wir wollen morgen zusammen losgehen. Zum Dinner gibt es völlig überraschend Suppe - hab ja auch kaum was anderes dabei. Tja, von den letzten 24 Stunden war ich 23 in diesem Zelt. Langsam reicht´s irgendwie. Wäre so schön, wenn das morgen klappen würde, bitte, bitte! Derzeit windet´s aber wieder ganz gut...
Freitag, 25.7.
Wecker um 3. „It´s now or never!“ Die Nacht ging einigermaßen rum. Der wind war insgesamt akzeptabel, es gab nur gelegentliche Überfälle. Messung 70/69, naja. Glitzerndes Innenzelt. Langsam fertig machen. Draußen erste Stimmen. So, nix vergessen! Antwort auf die Handschuhfrage: Daunenfäustel + Fingerlinge.
Der Kocher surrt – natürlich ´ne Suppe. Blick nach draußen: Der Berg im Mondlicht. Ganz schön frisch und windig. Geht vielleicht gerade noch. Rein in die Innenschuhe, kämpf, drück! In die Außenschuhe geht´s auch nicht besser. Und noch die Eisen an, schnauf! Die anderen machen sich auch abmarschbereit. So, 5h22 – jetzt gilt´s!
Ein schnelles Foto...
800_MG_2129-002.jpg
Erstmal abwärts in den Tiefschnee. Ist ganz schön stürmisch hier. Bequemes Gelände. Jetzt wieder aufi. Toller Blick zum Dscherschinskogo! Heftiger Spindrift vor der aufgehenden Sonne. Sieht klasse aus, aber für Fotos ist´s jetzt echt zu stürmisch. Komme ganz gut mit den anderen mit. Au weia, ein Steigeisen hat sich gelöst. Toller Zeitpunkt! Das Fixieren ist nicht gerade gut für die Hände. Sind sowieso schon ziemlich kalt. Es wird steiler. Verdammter Sturm! Wenn ich die Stöcke locker anfasse, hängen die sofort waagerecht. Muss die Hände am Körper wärmen. Mache mir langsam Sorgen wegen der Finger. Oh, die Kasachen kommen wieder runter! Der eine meint, er wäre schon 5 mal an Pik Lenin gewesen und der Sturm wäre einfach zu stark. Tja, wenn 10 Kasachen umkehren, sollte man das besser auch tun. Ein paar Minuten stehe ich noch unschlüssig herum. 7h15, Höhe etwa 6200m. Erfrierungen an den Fingern wären schon SEHR ärgerlich. Umkehr ist wohl das Richtige. Langsam runter zum Sattel. Es soll wohl einfach nicht sein. Denke an die 35 Kilo, die ich vom Basecamp hergebracht habe, an den Marsch durch den Eisbruch und an die Horror-Nacht gestern. All for the cat! Wunderschöner Blick auf die sonnenbeschienenen Berge in Tadschikistan. Immer noch zu stürmisch für Fotos, will fingertechnisch nix riskieren. Um kurz nach 8 bin ich wieder am Zelt. Tja, Pik Lenin 2008 – das war´s! Bin natürlich enttäuscht aber da war einfach nix zu machen. Ein windstiller bzw. –armer Tag und die Sache hätte wahrscheinlich geklappt. Höhentechnisch war/bin ich eigentlich ganz gut drauf. Kapitulation vor den Elementen. „Nur kalt“ wäre gegangen und „nur Sturm“ auch – aber nicht beides zusammen.
Pik Lenin mit Umkehrpunkt.
800_MG_2127-002.jpg
Gegen 9 hat der Wind fast komplett aufgehört – na toll! Aber jetzt ist´s zu spät. Gehe noch mal vor´s Zelt und fotografiere etwas. Ist ein tolles Ambiente hier, muss man schon zugeben. Aber so ohne Gipfel...
Blick zum Dscherschinkogo...
800_MG_2151-002.jpg
...nach Tadschikistan...
800_MG_2150-002.jpg
... und zum "Gipfel des XIX. Parteitags der KPdSU". Obelix würde sagen: "Die spinnen, die Russen!"
800_MG_2152-002.jpg
Rückmarsch zum Camp 3
800_MG_2156-002.jpg
Tja, die erste Niederlage an einem hohen Berg (6000+) seit der Spaltengeschichte 2000 am Huascaran. Wie werde ich diesmal damit umgehen? Spontan würde ich sagen, dass es mich nicht sooo runterzieht. Vielleicht, weil ich schon nen 8000er auf dem Konto habe. Wenn ich mir aber überlege, wieviel (Kosten + Mühen, s.o.) ich schon in den Pik Lenin investiert habe, ist es schon ziemlich „schiach“. Naja, acta est fabula. Ob ich nochmal hierhin komme? Gute Frage – in den nächsten Jahren sicher nicht...
bei mir geht´s auch mal wieder ein Stück den Berg rauf - und wieder runter...
Mittwoch, 23.7.
Ein Schönwetterfenster für heute und morgen ist angekündigt. Also das Zelt zusammenpacken und los zum Lager 3. Und morgen dann zum Gipfel. Klingt doch gut!
800_MG_2044-002.jpg
Zum dritten Mal den Steilhang rauf, natürlich wieder an der Eisformation vorbei. Im Hintergrund der "Killerhang" rauf zum Razdelnaja.
800_MG_2015-002.jpg
Im "Flachstück" oberhalb des Steihangs. Im Schneckentempo Richtung Fähnchen.
800_MG_2049-002.jpg
Es sind doch nur ein paar Schritte. Warum dauert das dann so lange? Mein ganzes Denken und Handeln konzentriert sich auf dieses blöde Fähnchen. Also, wenn das nicht krank ist...
800_MG_2050-002.jpg
Zum Glück bin ich mit meiner Krankheit nicht allein. Der Pik Lenin als internationales Therapiecamp. Keine Ahnung, was wir da alle kompensieren...
800_MG_2055-002.jpg
Oberhalb des Depots auf 5800m wird´s richtig ernst. Zweiter Versuch am Killerhang. Beneide die beiden Typen oberhalb glühend um die paar Höhenmeter, die sie mir voraus haben. Wie kindisch!
800_MG_2066-002.jpg
Blick nach unten zum Camp 2. Wie werde ich da wieder ankommen? Als Sieger, als Verlierer - oder überhaupt nicht? Die seit knapp zwei Wochen vermisste Tschechin hat sich bestimmt nicht absichtlich auf dem Gipfelplateau verlaufen.
800_MG_2075-002.jpg
Tja, da oben will ich hin. Sieht eigentlich ganz harmlos aus - aber weit...
800_MG_2083-002.jpg
Blick zur anderen Seite. Auch wenn es nur gut 30° steil ist: es kommt mir vor, als ob ich mich eine Wand raufschleppe. Muss immer öfter Pausen machen. Und die Markierungsfähnchen sind gleichzeitig meine besten Freunde und meine schlimmsten Feinde...
800_MG_2087-002.jpg
Kämpfe mich schon über zwei Stunden den Hang hoch. Immerhin zeigt das GPS schon über 6000m an, weit kann es also nicht mehr sein - darf es auch nicht. Schmeiße den großen Rucksack hin und schau mal, wie weit es noch ist. Aha, es wird wieder etwas flacher. Und ein Stück weiter ist das Plateau vom Razdelnaja erreicht - Jippie! Schnell den Rucksack nachholen...
800_MG_2092-002.jpg
... und rüber zum Camp 3. Um kurz nach 6 komme ich beim Lager 3 an. Ein paar Zelte sind schon da. Offenbar ist aber nur ein anderes Zelt bewohnt. Schaufel, schaufel! Um 7 steht die Hütte einigermaßen. Und rein! Das GPS meint 6120m. Sachen auseinanderbreiten, wie üblich. Messung 76/76. Schon ganz schön kalt hier. Rein in den Rab-Schlafsack. Wenn das morgen mit dem Gipfel klappt, will ich mal nicht meckern – aber allzu lange will ich hier oben nicht bleiben. Recht wenig Wind, schön! Lasse das Zelt wie es ist. (PS: Grober Fehler!) Süppchen-Time! Tomate mit Reis. Nicht sehr sättigend. 20h30. Wecker auf 3 Uhr stellen. Gegen 5 los, wenn´s nicht zu kalt ist. Hoffentlich werden die Füße noch warm. Langsam wird´s windiger. Das Zelt ist ja kaum befestigt - hoffentlich wird´s nicht schlimmer...
Es wird schlimmer! Habe Schiss, dass ich gleich mit dem Zelt den Steilhang runtergeweht werde... Mist, der Sturm wird immer stärker! Kriege langsam PANIK! Was jetzt? Es hilft nix, ich muss noch mal raus und die Schneehäringe befestigen. Draußen empfängt mich lauschiges Ambiente. Verdammte Leinen! In den Schnee mit Häringen, schnell, schnell! Drücke sie rein, so tief es geht. KEUCH! Und hastig wieder rein. Etwas besser müsste es jetzt halten – aber hält es genug? Halb sitze ich im Zelt und halb draußen. Geld und Papiere habe ich eingesteckt, denn wenn sich das Zelt doch löst, muss es ganz schnell gehen. Immer wieder Überfallböen. In was für ein Schlamassel bin ich da wieder reingeraten! Ganz in den Schlafsack trau ich mich nicht und an den Gipfel denke ich überhaupt nicht mehr. Es geht nur noch darum diese Nacht zu überstehen – und das ist noch gar nicht sicher...
Donnerstag, 24.7.
Zwischendurch wird´s mal ruhiger, aber spätestens nach zwei Minuten geht´s wieder mit voller Kraft weiter. Fühle mich ziemlich hilflos. Verdammte Sch...! So wie ich hier liege, wird´s natürlich auch nicht warm im Zelt. Zittere mich durch die Stunden und kann mir schon denken, was meine Nicht-Bergsteiger-Freunde jetzt sagen würden... Ich stemme mich gegen die Zeltwand. Bitte aufhören! Tut´s aber höchstens für ein paar Augenblicke. Langsam wird´s hell aber die Sache ist noch längst nicht überstanden. Das Adrenalin fließt immer noch reichlich. Wenn das jetzt tagelang so bleibt... Will nur noch heile runter. Die Sonne kommt, aber es stürmt weiter. Immerhin scheint das Zelt zu halten. Der Sturm lässt jetzt höchstens mal für 10 Sekunden nach. Dann knallt´s wieder los. Was soll ich heute machen – gehen oder bleiben? Mal wieder ne Sch...-Situation. Also, der Berg gibt´s mir aber richtig! Leichtes Kopfweh. Messung 72/70 – auch nicht dolle. Mutig raus und nochmal abspannen. Verrückt: der Himmel ist fast wolkenlos und die Berge sind klar zu sehen. Schnell wieder reinhechten. Tja, womöglich versuche ich doch, den Tag hier auszusitzen. Wenn ich jetzt absteigen würde, wäre der Gipfel wohl gegessen. Ein oder zwei Tage hier gehen ja vielleicht so gerade eben. Sollte mal versuchen, den Kocher anzuwerfen. Mal wieder ein verdünntes Süppchen. Der Sturm scheint sich etwas zu legen. Irgendwann hört er sogar ganz auf, vorerst. Friedliche Stimmung mit tollem Panorama! Kaum zu glauben nach der Horror-Nacht...
Auch am Gipfel sind nur noch kleine Schneefahnen zu erkennen.
800_MG_2097-002.jpg
Das Zelt hat die erste richtige Bewährungsprobe jedenfalls gut überstanden.
800_MG_2108-002.jpg
Blick hinunter auf den Lenin-Gletscher und die Anmarschroute.
800_MG_2115-002.jpg
Hochlager-Stillleben (Teil 3).
800_MG_2121-002.jpg
Im Laufe des Tages kommen 10 Kasachen ins Lager. Wir wollen morgen zusammen losgehen. Zum Dinner gibt es völlig überraschend Suppe - hab ja auch kaum was anderes dabei. Tja, von den letzten 24 Stunden war ich 23 in diesem Zelt. Langsam reicht´s irgendwie. Wäre so schön, wenn das morgen klappen würde, bitte, bitte! Derzeit windet´s aber wieder ganz gut...
Freitag, 25.7.
Wecker um 3. „It´s now or never!“ Die Nacht ging einigermaßen rum. Der wind war insgesamt akzeptabel, es gab nur gelegentliche Überfälle. Messung 70/69, naja. Glitzerndes Innenzelt. Langsam fertig machen. Draußen erste Stimmen. So, nix vergessen! Antwort auf die Handschuhfrage: Daunenfäustel + Fingerlinge.
Der Kocher surrt – natürlich ´ne Suppe. Blick nach draußen: Der Berg im Mondlicht. Ganz schön frisch und windig. Geht vielleicht gerade noch. Rein in die Innenschuhe, kämpf, drück! In die Außenschuhe geht´s auch nicht besser. Und noch die Eisen an, schnauf! Die anderen machen sich auch abmarschbereit. So, 5h22 – jetzt gilt´s!
Ein schnelles Foto...
800_MG_2129-002.jpg
Erstmal abwärts in den Tiefschnee. Ist ganz schön stürmisch hier. Bequemes Gelände. Jetzt wieder aufi. Toller Blick zum Dscherschinskogo! Heftiger Spindrift vor der aufgehenden Sonne. Sieht klasse aus, aber für Fotos ist´s jetzt echt zu stürmisch. Komme ganz gut mit den anderen mit. Au weia, ein Steigeisen hat sich gelöst. Toller Zeitpunkt! Das Fixieren ist nicht gerade gut für die Hände. Sind sowieso schon ziemlich kalt. Es wird steiler. Verdammter Sturm! Wenn ich die Stöcke locker anfasse, hängen die sofort waagerecht. Muss die Hände am Körper wärmen. Mache mir langsam Sorgen wegen der Finger. Oh, die Kasachen kommen wieder runter! Der eine meint, er wäre schon 5 mal an Pik Lenin gewesen und der Sturm wäre einfach zu stark. Tja, wenn 10 Kasachen umkehren, sollte man das besser auch tun. Ein paar Minuten stehe ich noch unschlüssig herum. 7h15, Höhe etwa 6200m. Erfrierungen an den Fingern wären schon SEHR ärgerlich. Umkehr ist wohl das Richtige. Langsam runter zum Sattel. Es soll wohl einfach nicht sein. Denke an die 35 Kilo, die ich vom Basecamp hergebracht habe, an den Marsch durch den Eisbruch und an die Horror-Nacht gestern. All for the cat! Wunderschöner Blick auf die sonnenbeschienenen Berge in Tadschikistan. Immer noch zu stürmisch für Fotos, will fingertechnisch nix riskieren. Um kurz nach 8 bin ich wieder am Zelt. Tja, Pik Lenin 2008 – das war´s! Bin natürlich enttäuscht aber da war einfach nix zu machen. Ein windstiller bzw. –armer Tag und die Sache hätte wahrscheinlich geklappt. Höhentechnisch war/bin ich eigentlich ganz gut drauf. Kapitulation vor den Elementen. „Nur kalt“ wäre gegangen und „nur Sturm“ auch – aber nicht beides zusammen.
Pik Lenin mit Umkehrpunkt.
800_MG_2127-002.jpg
Gegen 9 hat der Wind fast komplett aufgehört – na toll! Aber jetzt ist´s zu spät. Gehe noch mal vor´s Zelt und fotografiere etwas. Ist ein tolles Ambiente hier, muss man schon zugeben. Aber so ohne Gipfel...
Blick zum Dscherschinkogo...
800_MG_2151-002.jpg
...nach Tadschikistan...
800_MG_2150-002.jpg
... und zum "Gipfel des XIX. Parteitags der KPdSU". Obelix würde sagen: "Die spinnen, die Russen!"
800_MG_2152-002.jpg
Rückmarsch zum Camp 3
800_MG_2156-002.jpg
Tja, die erste Niederlage an einem hohen Berg (6000+) seit der Spaltengeschichte 2000 am Huascaran. Wie werde ich diesmal damit umgehen? Spontan würde ich sagen, dass es mich nicht sooo runterzieht. Vielleicht, weil ich schon nen 8000er auf dem Konto habe. Wenn ich mir aber überlege, wieviel (Kosten + Mühen, s.o.) ich schon in den Pik Lenin investiert habe, ist es schon ziemlich „schiach“. Naja, acta est fabula. Ob ich nochmal hierhin komme? Gute Frage – in den nächsten Jahren sicher nicht...
Kommentar